Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 II 286



129 II 286

28. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. A.,
B. und IP-Suisse gegen Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
(ETHZ) und Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) sowie
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
(UVEK) (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    1A.39/2003 vom 12. März 2003

Regeste

    Entzug der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen
Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem Weizen (Art. 55 Abs. 2
VwVG); Parteistellung und -rechte im Verwaltungsverfahren (Art. 6 und
Art. 26 ff. VwVG).

    Zur Anfechtung der Zwischenverfügung sind alle Personen legitimiert,
deren Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen worden ist, ohne
Rücksicht auf ihre Legitimation in der Hauptsache (E. 1.3).

    Prüfung, ob "überzeugende Gründe" für den Entzug der aufschiebenden
Wirkung vorliegen (E. 3).

    Ist der Rückweisungsentscheid des UVEK an das BUWAL als
Grundsatzentscheid in der Hauptsache und damit prozessual als Endentscheid
zu qualifizieren? Zulässigkeit eines Teilentscheids gemäss Art. 19 Abs. 3
FrSV (E. 4.2)?

    Können zahlreiche Personen durch ein Gesuch berührt werden, muss
diesen Gelegenheit gegeben werden, ihre Parteistellung geltend zu machen
und darüber eine Entscheidung zu erhalten. Diesen rechtsstaatlichen
Ansprüchen genügt das Verfahren gemäss Art. 18 FrSV nicht (E. 4.3).

Sachverhalt

    Am 4. Januar 2001 reichte die Eidgenössische Technische Hochschule
Zürich (ETHZ) dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL)
ein Gesuch für einen Freisetzungsversuch mit transgenem "KP4-Weizen"
ein. Sie möchte auf ihrem Forschungsgelände in Lindau (Kanton Zürich) auf
einer Fläche von 8 m2 die fungizide Wirkung von gentechnisch verändertem
Weizen gegenüber dem samenbürtigen Erreger des Weizenstinkbrandes
(Tilletia tritici) unter Feldbedingungen überprüfen. Die vorgesehene
Versuchsfläche misst insgesamt ca. 90 m2. Die Weizenpflanzen enthalten
im Vergleich zum Wildtyp drei zusätzliche Gene (KP4-Gen als Nutzgen,
das für das sog. Killer-Protein 4 codiert; bar-Gen als Markergen für
eine Toleranz gegen das Herbizid Phosphinothricin; bla-Gen als Markergen
für eine Antibiotikaresistenz gegen Ampicillin).

    Am 30. Januar 2001 wurde der Eingang des Gesuchs in Form eines
Kurzbeschriebs im Bundesblatt publiziert (BBl 2001 S. 388) und das
Dossier ohne vertrauliche Unterlagen während 30 Tagen zur Einsichtnahme
aufgelegt. Mit Verfügung vom 20. November 2001 (publiziert in BBl 2001
S. 6294) wies das BUWAL das Gesuch ab.

    Am 12. September 2002 hiess das Eidgenössische Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die dagegen gerichtete Beschwerde
der ETHZ gut und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurück. Gegen diesen Beschwerdeentscheid des UVEK wurden keine Rechtsmittel
ergriffen.

    Mit Verfügung vom 20. Dezember 2002 bewilligte das BUWAL das
Freisetzungsgesuch unter Auflagen und Bedingungen. Die Bewilligung wurde
am 14. Januar 2003 im Bundesblatt publiziert (BBl 2003 S. 74).

    Gegen diese Verfügung erhoben u.a. A., B. und die Schweizerische
Vereinigung integriert produzierender Bauern und Bäuerinnen (IP-Suisse)
Beschwerde an das UVEK. Auf Antrag der ETHZ entzog das UVEK mit
prozessleitender Verfügung vom 20. Februar 2003 den Beschwerden die
aufschiebende Wirkung.

    Gegen diese Verfügung erhoben A., B. und die IP-Suisse
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragen,
der Zwischenentscheid der Vorinstanz sei aufzuheben und es sei die
aufschiebende Wirkung der gegen die Verfügung des BUWAL vom 20. Dezember
2002 eingereichten Beschwerden wiederherzustellen.

    Nach Durchführung einer öffentlichen Parteiverhandlung hiess das
Bundesgericht am 12. März 2003 die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und
hob den angefochtenen Zwischenentscheid auf.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.

    1.3  Zur Anfechtung der Zwischenverfügung sind diejenigen
Personen legitimiert, deren Beschwerde die aufschiebende Wirkung
entzogen worden ist, d.h. alle Beschwerdeführer des hängigen
Verwaltungsbeschwerdeverfahrens, und zwar ohne Rücksicht auf ihre
Legitimation in der Hauptsache. Gemäss Art. 55 Abs. 1 VwVG kommt
jeder Verwaltungsbeschwerde aufschiebende Wirkung zu, bis ihr die
aufschiebende Wirkung entzogen oder über die Beschwerde entschieden
worden ist. Über die Legitimation entscheidet die Beschwerdeinstanz im
Endentscheid. Bis dahin hat jeder Beschwerdeführer Anspruch darauf, dass
ihm effektiver Rechtsschutz gewährt und die aufschiebende Wirkung seiner
Beschwerde nicht in ermessensfehlerhafter Weise entzogen wird. Er kann
daher den Zwischenentscheid, allein gestützt auf seine Parteistellung im
Verwaltungsbeschwerdeverfahren, vor Bundesgericht anfechten. Die fehlende
Legitimation in der Hauptsache kann jedoch, sofern sie eindeutig ist,
im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, d.h. bei der
materiellen Beurteilung der Beschwerde (vgl. unten, E. 3).

    (...)

Erwägung 3

    3.  Nach Art. 55 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerde aufschiebende
Wirkung. Hat die Verfügung nicht eine Geldleistung zum Gegenstand, so kann
die Vorinstanz als verfügende Behörde einer Beschwerde die aufschiebende
Wirkung entziehen; dieselbe Befugnis steht der Beschwerdeinstanz oder,
wenn es sich um eine Kollegialbehörde handelt, ihrem Vorsitzenden nach
Einreichung der Beschwerde zu (Abs. 2).

    Ob im Einzelfall der Suspensiveffekt zu belassen oder zu entziehen ist,
beurteilt sich aufgrund einer Interessenabwägung. Es ist zu prüfen, ob die
Gründe, welche für die sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung sprechen,
gewichtiger sind als jene, die für die gegenteilige Lösung angeführt werden
können. Der vermutliche Ausgang des Verfahrens fällt dabei lediglich
in Betracht, soweit die Aussichten eindeutig sind (BGE 106 Ib 115 E. 2a
S. 116; 99 Ib 215 E. 5 S. 221). Bei dieser Interessenabwägung kommt der
Behörde ein erheblicher Spielraum zu. Das Bundesgericht kontrolliert,
ob die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat, und
hebt deren Entscheid nur auf, wenn sie wesentliche Interessen ausser
Acht gelassen oder offensichtlich falsch bewertet hat oder die getroffene
Lösung den Sachentscheid in unzulässiger Weise präjudiziert und damit im
Ergebnis Bundesrecht vereitelt (BGE 107 Ib 395 E. 1a S. 397 unten).

    3.1  In der Praxis des EVG und vieler Bundesbehörden wird zusätzlich
verlangt, dass "überzeugende Gründe" für den Entzug der aufschiebenden
Wirkung vorliegen (BGE 124 V 82 E. 6a S. 89; 117 V 185 E. 2b S. 191;
VPB 59/1995 Nr. 3 S. 33, E. 2a). ALFRED KÖLZUnd ISABELLE HÄNER
(Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl.,
Zürich 1998, Rz. 650 S. 233 f.) und ihnen folgend das UVEK (vgl. E. 3 S. 6
des angefochtenen Entscheids) legen dieses Erfordernis dahingehend aus,
dass ein schwerer Nachteil drohen muss, würde die aufschiebende Wirkung
nicht entzogen.

    3.2  Das UVEK nahm an, die Finanzierung des Freisetzungsversuchs
durch den Schweizerischen Nationalfonds sei nach dem Jahr 2003 nicht
mehr gesichert. Es lasse sich deshalb nicht mit Sicherheit sagen, ob der
Versuch auch im Jahr 2004 oder später noch durchgeführt werden könne oder
nicht. Es wertete diese unsichere Aussicht auf das Jahr 2004 (oder später)
im Vergleich zur jetzigen Lage (gesicherten Finanzierung für das Jahr 2003)
als bedeutenden Nachteil. Die Beschwerdeführer sind dagegen der Auffassung,
die unsicheren Finanzierungsaussichten im Jahr 2004 und danach stellten
keinen schweren Nachteil für die Beschwerdegegnerin dar.

    Dabei überdehnen sie jedoch die Anforderungen an einen "schweren
Nachteil" im Sinne der eben zitierten Praxis: Zwar hat der Gesetzgeber
in Art. 55 Abs. 1 VwVG die Grundsatzentscheidung getroffen, wonach der
Verwaltungsbeschwerde von Gesetzes wegen Suspensiveffekt zukomme. Diese
allgemeine Regel bedeutet jedoch nicht, dass nur ganz aussergewöhnliche
Umstände den Entzug zu rechtfertigen vermöchten (Urteil K 105/96 vom
24. Dezember 1996, E. 5a nicht publ. in BGE 122 V 412; BGE 110 V 40 E. 5b
S. 45; 105 V 266 E. 2 S. 268; 99 Ib 215 E. 5 S. 220 f.). Es besteht
auch ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der mit der Verfügung
angestrebte Zweck tatsächlich noch erreicht werden kann und nicht durch
ein langes Verfahren mit Suspensiveffekt hintertrieben wird (GEROLD
STEINMANN, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsbeschwerdeverfahren
und im Verwaltungsgerichtsverfahren, ZBl 94/1993 S. 141-155,
insbes. S. 149/150). Im vorliegenden Fall besteht zumindest die Gefahr,
dass der Freisetzungsversuch der ETHZ nicht mehr durchgeführt werden kann,
wenn die Aussaat nicht in diesem Jahr, d.h. im Zeitraum vom 1. bis 15. März
2003, erfolgt. Dann aber stellt es für die ETHZ einen nicht unbedeutenden
Nachteil dar, wenn sie das schon seit Jahren geplante Freisetzungsvorhaben
in diesem Jahr nicht realisieren kann.

    3.3  Damit ist jedoch nur erstellt, dass der Entzug der
aufschiebenden Wirkung nicht von vornherein, mangels überzeugender Gründe,
ausgeschlossen ist. Eine andere Frage ist, ob der der ETHZ drohende
Nachteil so gewichtig ist, dass er - eventuell zusammen mit anderen, für
die sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung sprechenden Interessen -
die öffentlichen und privaten Interessen überwiegt, die für die Gewährung
der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde angeführt werden können. Dies
ist im Folgenden zu prüfen.

Erwägung 4

    4.  Die Beschwerdeführer rügen, die Interessenabwägung des UVEK sei
unvollständig gewesen: Die durch den Freisetzungsversuch gefährdeten
öffentlichen Interessen, namentlich der Schutz der Umwelt und der
menschlichen Gesundheit, seien nicht berücksichtigt worden.

    4.1  Das UVEK ging im angefochtenen Entscheid davon aus, dass
über die grundsätzliche Zulässigkeit des Freisetzungsversuchs bereits
mit Beschwerdeentscheid vom 12. September 2002 entschieden worden
sei. Dieser Entscheid sei nicht angefochten worden und sei somit
rechtskräftig geworden. Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten
Bedenken umweltrechtlicher, gesundheitlicher und veterinärrechtlicher
Natur gegen den geplanten Freisetzungsversuch hätten bereits in jenem
Entscheid ausgeräumt werden können, weshalb sie im vorliegenden Verfahren
nicht erneut zu berücksichtigen seien.

    Im Folgenden ist zu prüfen, ob die von der Vorinstanz angenommene
prozessuale Ausgangslage zutrifft. Geht es, wie das UVEK und die ETHZ
geltend machen, im hängigen Verwaltungsbeschwerdeverfahren "nur" noch um
die vom BUWAL festgesetzten Begleitmassnahmen, sind die öffentlichen und
privaten Interessen, die für den Suspensiveffekt sprechen, geringer zu
gewichten als wenn die Zulässigkeit des Freisetzungsversuchs an sich noch
streitig ist. Zusätzliche Auflagen und Bedingungen könnten vorsorglich, mit
verfahrensleitender Verfügung, angeordnet oder noch nachträglich, zwischen
der Aussaat des Weizens und seiner Blüte, ergänzt werden. Ist dagegen
über die Zulässigkeit des Freisetzungsversuchs und seine Gefährlichkeit
für Gesundheit und Umwelt noch nicht rechtskräftig entschieden, würde
der Entzug der aufschiebenden Wirkung eine unzulässige Präjudizierung des
Hauptsacheentscheids bedeuten und käme von vornherein nicht in Betracht.

    4.2  In seinem Beschwerdeentscheid vom 12. September 2002 hat das UVEK
die angefochtene Verfügung des BUWAL vom 20. November 2001 aufgehoben und
die Sache "im Sinne der Erwägungen" an die Vorinstanz zurückgewiesen mit
der Präzisierung, dass die Vorinstanz "bei der Gutheissung des Gesuchs der
Beschwerdeführerin" die erforderlichen Auflagen und Bedingungen festzulegen
habe (Disp.-Ziff. 2). Dieses Dispositiv ist unter Berücksichtigung der
für die Vorinstanz verbindlichen Erwägungen des Rückweisungsentscheids
auszulegen. Darin stellt das UVEK die grundsätzliche Zulässigkeit des
Freisetzungsversuchs fest und weist das BUWAL an, die "technischen
Einzelheiten über die adäquaten Begleitmassnahmen" festzulegen, unter
Berücksichtigung der Vorschläge der in der Freisetzungsverordnung genannten
Fachstellen (E. 3 S. 34). Dies spricht dafür, Ziff. 2 des Dispositivs
als Anweisung zu verstehen, das Freisetzungsgesuch gutzuheissen und
nur noch die notwendigen Auflagen und Bedingungen festzulegen (so auch
BUWAL-Verfügung vom 20. Dezember 2002, Sachverhalt, Abschnitt 6 S. 3).

    Bei dieser Auslegung enthält der Rückweisungsentscheid des UVEK einen
Grundsatzentscheid in der Hauptsache, der prozessual einem Endentscheid
gleichzustellen ist, d.h. selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Bundesgericht angefochten werden kann (BGE 120 Ib 97 E. 1b S. 99;
118 Ib 196 E. 1b S. 198 f.; 117 Ib 325 E. 1b S. 327; 107 Ib 219
E. 1 S. 221; KÖLZ/HÄNER, aaO, Rz. 895 S. 318). Dementsprechend wurde
in der Rechtsmittelbelehrung des UVEK eine 30-tägige Frist für die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht genannt.

    Fraglich ist allerdings, ob ein derartiges Vorgehen zulässig ist. Die
Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, dass die Bewilligung der
Freisetzung einerseits und die Bedingungen sowie Auflagen andererseits
untrennbar miteinander verbunden seien, weshalb eine Aufspaltung in einen
Grundsatz- und einen Folgeentscheid prinzipiell ausgeschlossen sei. Dem
ist grundsätzlich zuzustimmen: Gemäss Art. 19 Abs. 3 der Verordnung vom 25.
August 1999 über den Umgang mit Organismen in der Umwelt (FrSV; SR 814.911)
verknüpft das BUWAL die Bewilligung mit den erforderlichen Bedingungen
und Auflagen zum Schutz des Menschen und der Umwelt. Die Bewilligung und
die Festsetzung der Auflagen und Bedingungen haben somit grundsätzlich
in einem Rechtsakt zu erfolgen. Erst, wenn die konkreten Auflagen und
Bedingungen bekannt sind, lässt sich das mit dem Versuch verbundene Risiko
bewerten und die Zulässigkeit des Freisetzungsvorhabens beurteilen.

    Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass das
UVEK nicht abstrakt über die Zulässigkeit des Freisetzungsversuchs
entschieden hat, sondern über die Frage, ob das Gesuch mit den von der
Gesuchstellerin vorgeschlagenen und den von den Fachbehörden, namentlich
der Eidgenössischen Fachkommission für biologische Sicherheit, zusätzlich
verlangten Auflagen und Bedingungen bewilligungsfähig sei. Insofern lag
bereits dem Entscheid des UVEK ein Konzept über Sicherheitsmassnahmen
zugrunde, das allerdings vom BUWAL noch konkretisiert und ausformuliert
werden musste.

    4.3  Die Qualifikation des UVEK-Entscheids vom 12. September 2002 kann
jedoch offen bleiben, wenn die Beschwerdeführer an diesen nicht gebunden
sind, weil sie nicht Parteien des Verwaltungsbeschwerdeverfahrens waren und
auch nach Treu und Glauben nicht zur Anfechtung des Beschwerdeentscheids
verpflichtet waren.

    4.3.1  Gemäss Art. 6 VwVG gelten als Parteien Personen, deren
Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll oder andere Personen,
Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung
zusteht. Die Parteien haben Anspruch auf Akteneinsicht (Art. 26 ff.
VwVG) und auf rechtliches Gehör (Art. 29 VwVG). Die Behörde hört die
Parteien an, bevor sie verfügt (Art. 30 Abs. 1 VwVG) und eröffnet ihnen
Verfügungen in der Regel schriftlich (Art. 34 VwVG) oder, in den Fällen
gemäss Art. 36 VwVG, durch Veröffentlichung in einem amtlichen Blatt.

    Die Beschwerdeführer waren weder im Verfahren vor dem BUWAL,
das mit Verfügung vom 20. November 2001 abgeschlossen wurde, noch im
anschliessenden Beschwerdeverfahren vor dem UVEK Partei. Sie wurden
in keinem dieser Verfahren angehört. Der Beschwerdeentscheid vom
12. September 2002 wurde ihnen weder zugestellt, noch wurde er im
Bundesblatt veröffentlicht. Dies stellt eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs dar, sofern den Beschwerdeführern Parteistellung zukommen sollte.

    4.3.2  Die Eheleute A. und B. sind Landwirte, die nach eigenen
Angaben in 350 bis 400 m Entfernung zum Versuchsfeld der ETHZ Weizen
anbauen; nach Angaben der ETHZ beträgt der Abstand rund 500 m. Ihre
Legitimation wird von der ETHZ bestritten unter Hinweis auf das nur 200
m grosse Einflussgebiet des Freisetzungsversuchs. Allerdings darf der
Perimeter der Beschwerdeberechtigung bei neuen Technologien mit schwer
abschätzbaren Gefahren nicht zu eng gezogen werden; dies gilt erst recht,
wenn die Ausdehnung des Einflussgebiets eines Freisetzungsversuchs und
damit auch des Perimeters allfälliger Notfallmassnahmen noch umstritten
ist. Jedenfalls kann die Parteistellung der Eheleute A. und B. nicht von
vornherein ausgeschlossen werden. Insofern erscheint der Ausgang des
hängigen Verwaltungsbeschwerdeverfahrens, in dem u.a. eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs gerügt wird, als offen. Ob auch der IP-Suisse
Parteistellung zukommt bzw. deren fehlende Legitimation offensichtlich ist,
braucht deshalb nicht näher geprüft zu werden.

    4.3.3  Ein nach rechtsstaatlichen Prinzipien geführtes Verfahren
setzt voraus, dass in Fällen, in denen zahlreiche Personen durch ein
Gesuch berührt sein können, diesen die Möglichkeit gegeben wird, ihre
Parteistellung geltend zu machen und darüber eine Entscheidung zu erhalten.

    In vielen Verfahrensgesetzen wird hierzu die Durchführung eines
Einspracheverfahrens vorgesehen und bestimmt, dass derjenige, der
keine Einsprache erhebt, vom weiteren Verfahren ausgeschlossen wird
(z.B. Art. 126f des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung
[MG; SR 510.10], Art. 62e des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung
der Wasserkräfte [WRG; SR 721.80], Art. 27d des Bundesgesetzes über die
Nationalstrassen [NSG; SR 725.11], Art. 16f des Bundesgesetzes betreffend
die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen [EleG; SR 734.0], Art. 18f
des Eisenbahngesetzes [EBG; SR 742.101], Art. 22a des Bundesgesetzes über
Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn-
oder Treibstoffe [RLG; SR 746.1], Art. 37f des Bundesgesetzes über die
Luftfahrt [LFG; SR 748.0]). Dem Einspracheverfahren kommt jedoch nicht
nur Ausschluss-, sondern auch Einschlusswirkung zu: Wer rechtzeitig
Einsprache erhebt, kann sich, soweit die Anforderungen von Art. 6 VwVG
erfüllt sind, in den nachfolgenden Verfahren als Partei beteiligen,
d.h. ihm sind Parteirechte gemäss den Art. 26 ff. VwVG zu gewähren. Ist
die Parteistellung streitig, kann darüber bereits in einem frühen
Verfahrensstadium entschieden werden.

    Daneben sieht Art. 30a VwVG für Verfügungen, die wahrscheinlich
zahlreiche Personen berühren, oder für Fälle, in denen sich die
Parteien ohne unverhältnismässigen Aufwand nicht vollzählig bestimmen
lassen, ein besonderes Einwendungsverfahren vor. Danach wird das
Gesuch oder die beabsichtigte Verfügung ohne Begründung in einem
amtlichen Blatt veröffentlicht und das Gesuch oder die beabsichtigte
Verfügung mit Begründung öffentlich aufgelegt. Die Behörde macht in
ihrer Veröffentlichung auf die Verpflichtung der Parteien aufmerksam,
gegebenenfalls eine Vertretung zu bestellen und Verfahrenskosten sowie
Parteientschädigung zu zahlen, und setzt ihnen eine angemessene Frist
für Einwendungen.

    Für die Bewilligung von Freisetzungsversuchen ist jedoch weder
ein Einspracheverfahren noch ein Einwendungsverfahren i.S.v. Art. 30a
VwVG vorgesehen. Zwar wird der Eingang des Gesuchs im Bundesblatt
angezeigt und werden die nicht vertraulichen Akten beim BUWAL und in der
betroffenen Gemeinde während 30 Tagen zur Einsicht aufgelegt (Art. 18
Abs. 2 FrSV). Während der Auflagefrist kann jedoch jede Person zu den
Akten Stellung nehmen (Art. 18 Abs. 3 FrSV). Anders als das Einsprache-
oder Einwendungsverfahren i.S.v. Art. 30a VwVG steht das Verfahren gemäss
Art. 18 FrSV also jedermann offen; es dient in erster Linie der Information
der Öffentlichkeit i.S.v. Art. 29e Abs. 2 lit. c USG (SR 814.01)
und deren Konsultation. Zwar ermöglicht es auch denjenigen Personen,
welche Parteistellung im Verfahren beanspruchen, ihre Anhörungsrechte
wahrzunehmen (HANS-JÖRG SEILER, USG-Kommentar, N. 54 zu Art. 29e USG). Da
jedoch sämtliche Stellungnahmen entgegengenommen werden, ohne Rücksicht
darauf, ob der Einwender Parteistellung im Sinne von Art. 6 VwVG hat oder
nicht, kann das Einreichen einer solchen Stellungnahme keine Parteirechte
begründen (SEILER, aaO, N. 54). Die Veröffentlichung des Gesuchs durch
das BUWAL vom 31. Januar 2001 (BBl 2001 S. 388) enthielt denn auch keine
besonderen Hinweise oder Aufforderungen an die Parteien i.S.v. Art. 30a
Abs. 2 und 3 VwVG.

    Dann aber wäre es Aufgabe der zuständigen Behörden gewesen,
d.h. des BUWAL bzw. im Beschwerdeverfahren des UVEK, potentielle
Drittbetroffene über den Stand des Verfahrens in Kenntnis zu setzen
und zu fragen, ob sie sich als Partei daran beteiligen wollen,
unter Hinweis auf die mit der Parteistellung verbundenen Rechte und
Pflichten und auf allfällige Verwirkungsfolgen bei Verzicht (ISABELLE
HÄNER, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess,
Zürich 2000, S. 190 ff. Ziff. 358 ff.; MICHAEL MERKER, Rechtsmittel,
Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die
Verwaltungsrechtspflege, Zürich 1998, § 41 Rz. 33). Im vorliegenden
Fall wurden die Eheleute A. und B., soweit aus den dem Bundesgericht
vorliegenden Akten ersichtlich, weder vom BUWAL noch vom UVEK eingeladen,
sich am Verfahren zu beteiligen bzw. ihre Parteistellung zu begründen.

    Deshalb kann den Beschwerdeführern kein Vorwurf gemacht werden, dass
sie nicht früher Parteistellung beansprucht haben und davon absahen, den
Beschwerdeentscheid des UVEK vom 12. September 2002 anzufechten, soweit
er ihnen aus der Presse oder anderen Informationsquellen bekannt war.
Immerhin reagierten sie auf die Verfügung des BUWAL vom 20. Dezember 2002,
die unter Hinweis auf Art. 36 VwVG mit Rechtsmittelbelehrung im Bundesblatt
veröffentlicht worden war, und erstmals auch die erforderlichen Bedingungen
und Auflagen und damit eine vollständige Bewilligung i.S.v. Art.
19 FrSV enthielt.

    4.4  Nach dem Gesagten wird das UVEK im hängigen
Verwaltungsbeschwerdeverfahren erstmals über die Parteistellung der
Beschwerdeführer entscheiden müssen. Ist diese zu bejahen, wird das UVEK
prüfen müssen, ob eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt und ob
dies im Beschwerdeverfahren geheilt werden kann. In diesem Fall wäre die
Zulässigkeit des Freisetzungsversuchs neu zu prüfen, unter Berücksichtigung
der Vorbringen der Beschwerdeführer, d.h. das Verfahren wäre nicht auf
die vom BUWAL festgesetzten Auflagen und Bedingungen beschränkt. Bei
dieser Sachlage aber muss, wie bereits oben E. 4.1 dargelegt wurde, der
Beschwerde die aufschiebende Wirkung belassen werden, weil deren Entzug
den Ausgang des Verfahrens in unzulässiger Weise präjudizieren würde.

    4.5  In künftigen Bewilligungsverfahren wird das BUWAL bei der
Publikation des Gesuchs um Bewilligung eines Freisetzungsversuchs
(Art. 18 Abs. 2 FrSV) sachgerechterweise gestützt auf Art. 30 Abs. 1
i.V.m. Art. 30a VwVG diejenigen Personen, die sich im nachfolgenden
Verfahren als Partei im Sinne von Art. 6 VwVG beteiligen wollen,
auffordern, dies dem BUWAL während der dreissigtägigen Auflagefrist -
zusammen mit der Stellungnahme zum Gesuch - mitzuteilen. Wer es dann
unterlässt, während der Auflage des Gesuchs seine Parteistellung geltend
zu machen, ist vom weiteren Verfahren grundsätzlich ausgeschlossen. Auf
diese Ausschlusswirkung wird das BUWAL bei der Publikation ebenfalls
aufmerksam machen.

    Es wäre im Interesse der Rechtssicherheit und der Klarheit
des Verfahrensablaufs sinnvoll, durch einen formellen Erlass für
Freisetzungsversuche ein Einsprache- oder besonderes Einwendungsverfahren
mit Ausschlusswirkung festzulegen. Verfahrensrechtliche Schwierigkeiten,
wie sie in der vorliegenden Angelegenheit aufgetreten sind, wären damit
von vornherein ausgeschlossen.