Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 II 114



129 II 114

13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. Kraftwerk Reckingen AG gegen Regierungsrat des Kantons Zürich,
Schweizerischer Bundesrat und Rekurskommission des Eidgenössischen
Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    2A.51/2002 vom 10. Oktober 2002

Regeste

    Art. 49 Abs. 1 Satz 3 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über
die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG); Änderung des Wasserzinses;
notwendige Abstimmung im internationalen Verhältnis.

    Was ist unter "notwendiger Abstimmung" gemäss Art. 49 Abs. 1 Satz 3
WRG zu verstehen?

    Auslegung dieser Bestimmung nach dem Wortlaut (insbesondere des
französischen und italienischen Textes), der Entstehungsgeschichte (E. 3)
sowie aufgrund der gewohnheits- und völkerrechtlichen Verpflichtungen
betreffend die Wassernutzung am Hochrhein (E. 4). Die Wasserzinse für
das Kraftwerk Reckingen AG können grundsätzlich nur im Einvernehmen mit
dem Land Baden-Württemberg erhöht werden. Gutheissung der Beschwerde.

Sachverhalt

    A.- Am 16. März 1926 erteilte der Bundesrat zwei bestehenden
Gesellschaften zuhanden einer noch zu gründenden Aktiengesellschaft
die Konzession zur Errichtung einer Wasserkraftanlage am Rhein bei
Rekingen. Gemäss Art. 17 Abs. 1 der Verleihungsurkunde wurde die
nutzbar gemachte Wasserkraft derart verteilt, dass je die Hälfte auf
das schweizerische und auf das badische Staatsgebiet entfällt. Der
Anteil des Kantons Zürich an der schweizerischen Hälfte betrug 37,5
Prozent, derjenige des Kantons Aargau 62,5 Prozent (Art. 17 Abs. 2 der
Verleihungsurkunde). Für die Überlassung der Wassernutzungsrechte hat
die Konzessionärin den Kantonen Zürich und Aargau eine einmalige Gebühr
und einen jährlichen Wasserzins nach der jeweiligen schweizerischen
Gesetzgebung zu leisten. Die Höhe des Wasserzinses vermindert sich um den
Betrag einer Sondersteuer auf Wasserkräfte oder daraus erzeugter Energie
(Art. 19 der Verleihungsurkunde).

    In der Folge erliess der Bundesrat am 28. April 1938 und am 9. Oktober
1956 zugunsten der inzwischen gegründeten Kraftwerk Reckingen AG zwei
Zusatzverleihungen, worin die verliehene Wassermenge schrittweise von
425 m3/sec auf 560 m3/sec erhöht wurde. Die zweite Zusatzverleihung
vom 9. Oktober 1956 enthielt ebenfalls eine Neuaufteilung der auf
das schweizerische Staatsgebiet entfallenden Wasserkraft unter den
Kantonen. Neu betrug der Anteil des Kantons Zürich 34,4 Prozent und
derjenige des Kantons Aargau 65,5 Prozent (Art. 5 der Zusatzverleihung
vom 9. Oktober 1956). Für den schweizerischen Anteil an der gewonnenen
Mehrleistung hat das Kraftwerkunternehmen den Kantonen Zürich und Aargau
die einmalige Verleihungsgebühr und den jährlichen Wasserzins nach den
kantonalen Vorschriften zu entrichten (Art. 7 der Zusatzverleihung vom
9. Oktober 1956). Die Konzession läuft noch bis zum 10. Oktober 2020
(Art. 2 der Zusatzverleihung vom 9. Oktober 1956).

    Mit der am 1. Mai 1997 in Kraft getretenen Änderung des Bundesgesetzes
vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte
(Wasserrechtsgesetz, WRG; SR 721.80) wurde der bundesrechtliche
Höchstansatz für den Wasserzins von Fr. 54.- auf Fr. 80.- pro Kilowatt
Bruttoleistung (BkW) erhöht (Art. 49 Abs. 1 WRG). Gemäss derselben
Bestimmung sorgt der Bund im internationalen Verhältnis bei jeder Änderung
des Wasserzinsmaximums für die notwendige Abstimmung (Art. 49 Abs. 1 Satz
3 WRG).

    Mit Schreiben vom 25. November 1997 wandte sich das Bundesamt für
Wasserwirtschaft (heute: Bundesamt für Wasser und Geologie) an die Bau-
und Energiedirektionen der Hochrheinanlieger-Kantone und forderte diese
auf, im Sinne einer Übergangslösung Fr. 54.- übersteigende Wasserzinsen
ausschliesslich für den schweizerischen Anteil an der Energieproduktion
einzufordern, bis die internationale Abstimmung nach Art. 49 Abs. 1 Satz
3 WRG durchgeführt sei.

    B.- Am 2. Dezember 1997 stellte das Amt für Gewässerschutz und
Wasserbau des Kantons Zürich der Kraftwerk Reckingen AG Rechnung für die
noch nicht bezahlte Differenz des früheren Wasserzinses zum Maximalansatz
von Fr. 80.- seit Mai 1997. Nachdem sich die Kraftwerk Reckingen AG mit
dieser Rechnung nicht einverstanden erklärt hatte, erliess die Baudirektion
des Kantons Zürich am 24. Februar 1998 eine anfechtbare Verfügung, mit
der die Rechnung vom 2. Dezember 1997 bestätigt wurde.

    In der Folge fand ein Rechtsmittelverfahren statt, das mit dem
bundesgerichtlichen Urteil vom 4. Dezember 2000 endete. Das Bundesgericht
hielt darin unter anderem fest, der Kanton Zürich habe sich mit seiner
Verfügung vom 24. Februar 1998 nicht Rechte angemasst, die gemäss Art. 52
WRG dem Bund zustehen würden. Vielmehr habe er lediglich den in der
Konzession festgesetzten bzw. bestimmbaren Zins bezogen. Bei der Frage,
welche Tragweite der in Art. 49 Abs. 1 WRG erwähnten Abstimmung mit dem
Ausland zukomme, handle es sich um einen Streit zwischen Konzessionärin
und Verleihungsbehörde, über den die Rekurskommission des Departements
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) als Schiedsbehörde
zu befinden habe (Art. 71 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 WRG).

    C.

    C.a  Nach Eröffnung des Verfahrens durch die Schiedskommission UVEK
stellte die Kraftwerk Reckingen AG mit Eingabe vom 14. Mai 2001 das
Begehren, der Wasserzinsbescheid des Kantons Zürich vom 2. Dezember 1997
sei aufzuheben. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, Art. 49
Abs. 1 Satz 3 WRG schreibe bei jeder Änderung des maximalen Wasserzinses
eine Abstimmung mit dem Ausland vor, welche bisher nicht erfolgt sei.

    C.b  Mit Entscheid vom 11. Dezember 2001 wies die Rekurskommission UVEK
die Klage ab, soweit sie darauf eintrat und auferlegte die Verfahrenskosten
der Kraftwerk Reckingen AG.

    D.- Gegen diesen Entscheid führte die Kraftwerk Reckingen AG
mit Eingabe vom 25. Januar 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und
dem Begehren der Beschwerdeführerin vom 14. Mai 2001 zu entsprechen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Über Streitigkeiten zwischen dem Konzessionär und der
Verleihungsbehörde über die sich aus dem Konzessionsverhältnis
ergebenden Rechte und Pflichten entscheidet die Rekurskommission UVEK
als Schiedskommission, wenn die Konzession - wie im vorliegenden Fall
- vom Bundesrat erteilt worden ist (Art. 71 Abs. 2 in Verbindung mit
Abs. 1 WRG). Gegen den Entscheid der Rekurskommission UVEK ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art.
71 Abs. 2 WRG).

Erwägung 2

    2.

    2.1  Streitig ist vorliegend die Höhe des Wasserzinses. Die Konzession
verweist diesbezüglich auf die jeweilige schweizerische Gesetzgebung, was
- wie das Bundesgericht schon in seinem Entscheid vom 4. Dezember 2000
ausgeführt hat - als Verweis auf das jeweilige Wasserzinsmaximum gemäss
Art. 49 WRG zu verstehen ist. Art. 49 Abs. 1 Satz 3 WRG hält allerdings
fest, dass im internationalen Verhältnis der Bund bei jeder Änderung
des Wasserzinsmaximums für die notwendige Abstimmung sorgt. Gestützt
darauf sowie auf entsprechende völkerrechtliche Verpflichtungen macht
die Beschwerdeführerin und Kraftwerkbetreiberin geltend, mangels
internationaler Abstimmung dürfe der Wasserzins nicht erhöht werden.

    2.2  Art. 49 Abs. 1 WRG hat folgenden Wortlaut:

      "Der Wasserzins darf jährlich 80 Franken pro Kilowatt Bruttoleistung

    nicht übersteigen. Davon kann der Bund höchstens 1 Franken pro Kilowatt

    Bruttoleistung zur Sicherstellung der Ausgleichsleistungen an Kantone

    und Gemeinden nach Artikel 22 Absätze 3-5 beziehen. Im internationalen

    Verhältnis sorgt der Bund bei jeder Änderung des Wasserzinsmaximums

    für die notwendige Abstimmung."

    Der dritte Satz, die Abstimmung im internationalen Verhältnis
betreffend, ist gleichzeitig mit der Erhöhung des Wasserzinsmaximums neu
ins Gesetz aufgenommen worden. In der französischen und italienischen
Fassung lautet dieser Satz wie folgt:

      "Si les rapports internationaux sont touchés, la Confédération veille

    à ce que chaque modification du taux maximal de la redevance
hydraulique

    fasse l'objet d'un accord international."

      "Nei rapporti internazionali, la Confederazione provvede affinché

      ogni

    modifica dell'aliquota massima del canone annuo sia oggetto di un

    accordo internazionale."

    2.3  Im angefochtenen Entscheid wird ohne Bezug auf den französischen
und italienischen Gesetzestext gestützt auf ein dem Bundesamt für Wasser
und Geologie erstattetes Ergänzungsgutachten vom 9. April 1999 von
Tomas Poledna und Isabelle Häner ausgeführt, bereits aus dem Wortlaut
der Bestimmung ergebe sich, dass nicht jede Erhöhung des Wasserzinses
zu einer Abstimmung im internationalen Verhältnis führen müsse, sondern
nur, wenn eine solche "notwendig" sei. Ob dies aber zutreffe, liege im
aussenpolitischen Ermessen des Bundes. Art. 49 Abs. 1 Satz 3 WRG beschlage
einzig das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen und ermögliche dem
Bund, in die Gewässerhoheit der Kantone einzugreifen, soweit er dies mit
Rücksicht auf die Interessen des Nachbarlandes für geboten erachte. Eine
Pflicht zur Abstimmung des Wasserzinses im internationalen Verhältnis
bestehe nicht, und die Kraftwerke könnten sich darauf nicht berufen.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der
Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene
Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht
werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente; dabei kommt es
namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zu Grunde liegenden
Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die
Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen
aber als Hilfsmittel, den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 125 II 192 E. 3a
S. 196 mit Hinweisen).

    3.2  Der deutsche Gesetzestext kann von seinem Wortlaut her
unterschiedlich verstanden werden. Zunächst ist ein Verständnis möglich,
wonach im internationalen Verhältnis eine Abstimmung für notwendig
vorausgesetzt wird, wobei deren Durchführung dem Bund obliegen soll. Nicht
ausschliessen lässt sich aber auch, dass der Gesetzgeber ausdrücken
wollte, der Bund solle für die internationale Abstimmung sorgen, sofern
und so weit sich eine solche als notwendig erweise. Die Mehrdeutigkeit des
deutschen Wortlauts besteht im französischen und italienischen Text nicht.
Hier wird klar gesagt, dass im internationalen Verhältnis jede Änderung
des Wasserzinsmaximums Gegenstand eines "accord international" bzw. eines
"accordo internazionale" sein soll, wofür der Bund besorgt sein soll.

    Entstehungsgeschichtlich geht die Bestimmung auf den
Vernehmlassungsentwurf von 1993 für ein neues Bundesgesetz über die
Bewirtschaftung und Nutzung der Gewässer zurück, wo der entsprechende
Artikel lautete:

      "Art. 66 Höchstansatz (...) Im internationalen Verhältnis bedarf

      jede Änderung des

    Wasserzinses einer vorgängigen internationalen Abstimmung."

    Die Botschaft des Bundesrates für die Teilrevision des Gesetzes
enthielt alsdann die schliesslich Gesetz gewordene Formulierung:
"Im internationalen Verhältnis sorgt der Bund bei jeder Änderung des
Wasserzinsmaximums für die notwendige Abstimmung" (BBl 1995 IV 1024), wozu
als Kommentar in der Botschaft ausgeführt wurde (BBl 1995 IV 1010): "Absatz
1 wurde durch einen Vorbehalt betreffend internationale Anlagen ergänzt.
Demzufolge bedarf die Änderung des Wasserzinsmaximums im internationalen
Verhältnis einer Abstimmung. Für diese ist der Bund zuständig."

    Der ursprüngliche Vernehmlassungsentwurf sah noch klar vor, dass
jede Änderung des Wasserzinsmaximums im internationalen Verhältnis der
vorgängigen internationalen Abstimmung bedürfe. Die Umformulierung in
Entwurf und Botschaft des Bundesrates hat seinen Grund offensichtlich
darin, dass der Gesetzestext zusätzlich zum Erfordernis der internationalen
Abstimmung auch festhalten sollte, dass die Zuständigkeit hierfür beim Bund
liegt. Die Einfügung des Adjektivs "notwendig", welche im französischen und
italienischen Text nicht gemacht wurde, geschah wohl aus rein sprachlichen
Gründen, ohne dass damit eine Veränderung des Normsinns bezweckt worden
wäre. Dies bestätigt sich anhand des bundesrätlichen Kommentars, der klar
festhält, dass es im internationalen Verhältnis einer internationalen
Abstimmung bedarf. Dabei wird ergänzt, die Zuständigkeit liege beim
Bund, d.h. genau das, was mit dem gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf
veränderten Wortlaut ausgedrückt werden sollte.

    Aus dem Gesagten lässt sich schliessen, dass der französische und
italienische Wortlaut sich deckt mit der Intention des ursprünglichen
Vernehmlassungsentwurfs und dem Kommentar, den der Bundesrat in der
Botschaft gegeben hat. Dem Adjektiv "notwendig", wie es im deutschen
Gesetzeswortlaut verwendet wird und das bei isolierter Betrachtung
unterschiedlich interpretiert werden könnte, kommt keine massgebende
Bedeutung zu. Vielmehr legt der französische und italienische Wortlaut,
der von den Vorarbeiten bestätigt wird, nahe, dass der Gesetzgeber eine
internationale Abstimmung grundsätzlich für erforderlich erachtete.

    3.3  Im deutschen Gesetzestext wird eine internationale Abstimmung
verlangt, im französischen und italienischen Text wird der Begriff
"accord" bzw. "accordo" verwendet. Damit ist nicht notwendigerweise ein
völkerrechtlicher Vertrag gemeint. Der Begriff wird auch für mündliche
Abmachungen verwendet, ja selbst für die blosse Übereinstimmung in den
Auffassungen (GEORGES J. PERRIN, Droit international public, Zürich 1999,
S. 86 f. Fn. 31, S. 90). Im vorliegenden Kontext erscheint daher als
hinreichend, zugleich aber notwendig, dass für die Wasserzinserhöhung
soweit Übereinstimmung erzielt wird, dass der beteiligte andere Staat
jedenfalls keine Einwendungen gegen die Erhöhung erhebt und sich damit
abfindet.

Erwägung 4

    4.

    4.1  Diese sich aus dem schweizerischen Wasserrecht ergebende
Rechtslage reflektiert die schweizerische Auffassung der völkerrechtlichen
Verpflichtungen. An internationalen Gewässern besteht die Pflicht, dem
anderen Staat nicht erheblichen Schaden zu verursachen (no-harm-rule)
und bei der Nutzung einen gerechten und billigen Ausgleich zwischen
den beteiligten Staaten herbeizuführen (equitable and reasonable
utilization). Diese materiellen Grundsätze, die sich in erster Linie
zwar auf die physische Nutzung des Wassers beziehen, gelten heute
als gewohnheitsrechtlich anerkannt (STEPHEN C. MCCAFFREY, The law of
international watercourses, Oxford 2001, S. 324 ff.; LUCIUS CAFLISCH,
Règles générales du droit des cours d'eau internationaux, in: Recueil
des cours, Bd. 219, 1989-VII, S. 133 ff.). Sie sind jüngst in der
Convention on the Law of the Non-navigational Uses of International
Watercourses kodifiziert worden, welche von der UN-Generalversammlung
1997 verabschiedet worden ist. Das Bundesgericht seinerseits führte
schon zu einer Streitigkeit zwischen den Kantonen Zürich und Aargau
aus dem Jahre 1878 (BGE 4 S. 34 ff.) aus, dass bei Gewässern, welche
sich auf mehrere Kantone erstreckten, von der Gleichberechtigung der
Kantone auszugehen sei. Daraus folge, dass nicht der eine Kanton zu
Lasten des anderen Vorkehren treffen dürfe, welche ihm die Ausübung
der in seiner Wasserhoheit liegenden Befugnisse verunmöglichen und
die Gemeinschaft des Gebrauches ausschliessen (BGE 4 S. 34, 46). Jedem
Kanton stehe die Berechtigung zu, die zu einer rationellen und seinen
Bedürfnissen entsprechenden Nutzbarmachung der öffentlichen Gewässer
notwendigen Massnahmen zu treffen, sofern nur dadurch der Gemeingebrauch
des Gewässers nicht ausgeschlossen, sondern den übrigen Kantonen in
gleicher Weise belassen werde (BGE 4 S. 34, 47). Der angestrebte materielle
Ausgleich der Interessen bei der Nutzung der Gewässer setzt entsprechende
Verfahrenspflichten voraus. Gewohnheitsrechtlich als anerkannt darf
diesbezüglich jedenfalls gelten, dass die Staaten zu gegenseitiger
Information und Konsultation verpflichtet sind (MCCAFFREY, aaO, S.
397 ff.; ASTRID EPINEY, Nachbarrechtliche Pflichten im internationalen
Wasserrecht, Archiv des Völkerrechts 39/2001 S. 35 ff.), verbunden mit
der grundsätzlichen Bereitschaft, vorgebrachte Einwände tatsächlich zu
berücksichtigen (EPINEY, aaO, S.17).

    4.2  Bezüglich des Hochrheins ist zunächst auf die Übereinkunft vom
10. Mai 1879 zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden betreffend
den Wasserverkehr auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basels
(SR 0.747.224.32) zu verweisen, welche sich zwar grundsätzlich auf die
Schifffahrt bezieht, doch notwendigerweise auch die Erstellung von Bauten
zum Gegenstand hat, die sich auf die Schifffahrt auswirken können. In
Art. 5 der Übereinkunft verpflichten sich die beiden Regierungen denn auch,
sich gegenseitig Pläne zur Erstellung von Anlagen und Bauten, die sich auf
den Wasserabfluss auswirken könnten, "zur tunlichsten Herbeiführung eines
Einverständnisses" mitzuteilen. In einem weiteren Vertrag vom 28. März
1929 zwischen der Schweiz und Deutschland über die Regulierung des
Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein (SR 0.747.224.052.1) sagt der
Schweizerische Bundesrat zu, "die Verhandlungen betreffend die Erteilung
neuer Konzessionen für Kraftwerke zwischen Basel und dem Bodensee nach
den bisherigen Grundsätzen gemeinsam mit der badischen Regierung zu führen
und möglichst zu beschleunigen" (Art. 6 Abs. 3 Ziff. 1). Mit dem Verweis
auf die "bisherigen Grundsätze", welche weiterhin beachtet werden sollen,
wird Bezug auf die konstante Praxis genommen, die sich zu Art. 5 des
Übereinkommens von 1879 gebildet hat (WALTER BLUDAU, Die völkerrechtliche
Stellung der schweizerisch-deutschen Grenzkraftwerke, Diss. Basel 1956,
S. 71 f.). Der Bundesrat hielt diesbezüglich 1954 in seinem Bericht
zur Rheinauinitiative fest, dass Konzessionen nur gemeinsam erteilt und
aufeinander abgestimmt würden, die Rechtswirksamkeit der einen Konzession
von derjenigen der anderen abhängig sei und ein Rückzug der Konzessionen
nur gemeinsam vorgenommen werden könne (BBl 1954 I 763 f.) Die gegenseitige
Abhängigkeit der Konzessionen ergibt sich für das Kraftwerk Reckingen
übrigens auch aus Art. 37 der einschlägigen Verleihungsurkunde selber.

    4.3  Durch die in gegenseitigem Einvernehmen erfolgte Erteilung von
formell zwar unabhängigen, inhaltlich aber weitgehend übereinstimmenden
Konzessionen, ist zwischen den beteiligten Staaten eine völkerrechtliche
Bindung entstanden, welche der Bundesrat in seinem Bericht zur
Rheinauinitiative als "nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis"
bezeichnete. Danach ist die einseitige Verfügung eines Uferstaates über
seine Konzession ausgeschlossen, wenn diese zu einer Schädigung des
anderen Staates führen würde (BBl 1954 I 766). Keiner der beteiligten
Staaten ist danach befugt, einseitige Massnahmen zu treffen, welche die
Situation des Konzessionärs verändern, ohne dass der andere Staat damit
einverstanden ist (GEORGES SAUSER-HALL, L'utilisation industrielle des
fleuves internationaux, Recueil des cours, Bd. 83, 1953-II, S. 573 f.).
Was nun die Abgaben betrifft, so ist die gleichmässige fiskalische
Belastung durch die beiden Uferstaaten für diese von hervorragender
Bedeutung (BLUDAU, aaO, S. 120 f.). In der schweizerischen Konzession
für das Kraftwerk Reckingen ist in Art. 19 festgehalten, dass sich die
Höhe des Wasserzinses nach der jeweiligen schweizerischen Gesetzgebung
richte. Der entsprechende Art. 19 der badischen Verleihungsurkunde
bestimmt, dass das jährliche Entgelt im Rahmen der in der Schweiz am
1. Februar 1925 geltenden Bestimmungen festgesetzt wird; des Weiteren
ist festgehalten, dass schärfere Bestimmungen, die in der Schweiz während
der Verleihungsdauer erlassen würden, auch für das badische Entgelt als
Höchstgrenze massgebend sein sollten. Es handelt sich um eine Form der
gegenseitigen Abstimmung des Entgelts, die auch für andere Kraftwerke
zur Anwendung gebracht wurde (vgl. BLUDAU, aaO, S. 120 f.).

    Im Verhältnis zum Konzessionär gilt demnach, dass das Land
Baden-Württemberg die Wasserzinsen anpassen kann, wenn aufgrund
von Gesetzesänderungen durch die Schweiz höhere Wasserzinsen erhoben
werden. Für das Verhältnis zwischen den beiden Staaten kann demgegenüber
nicht unterstellt werden, dass es im Belieben der schweizerischen Seite
läge, die Wasserzinsen zu erhöhen. Aufgrund des nachbarrechtlichen
Gemeinschaftsverhältnisses ist vielmehr anzunehmen, dass sich die
beiden Staaten bei einem solchen Schritt verständigen würden. Es ist
erneut festzuhalten, dass in Art. 6 Abs. 3 Ziff. 1 des Vertrages vom
28. März 1929 zwischen der Schweiz und Deutschland über die Regulierung
des Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein auf die "bisherigen
Grundsätze" verwiesen wird, welche sich ausgehend von einem Abkommen,
das am 20. Dezember 1890 in Rheinfelden unterzeichnet wurde (BLUDAU, aaO,
S. 88 f.), gebildet haben und die Verwaltungspraxis zwischen den beiden
Staaten prägten (BLUDAU, aaO, S. 71 f.). Zu den schon damals vereinbarten
Grundsätzen gehört, dass die Konzessionsbedingungen in allen Punkten,
welche die beiderseitigen Interessen gleichzeitig berühren und daher einer
gleichmässigen Regelung bedürfen, übereinstimmend gestaltet werden (Ziff. 1
des zitierten Übereinkommens vom 20. Dezember 1890; vgl. BLUDAU, aaO,
S. 137). Bezüglich der Wasserzinsen für das Kraftwerk Reckingen kommt diese
übereinstimmende Ausgestaltung in den beiden Verleihungsurkunden deutlich
zum Ausdruck. Mit Fug lässt sich überdies sagen, dass das gegenseitige
Einvernehmen Leitgedanke der langjährigen Praxis zur Kraftnutzung
am Hochrhein ist. Das lässt sich unschwer den Protokollauszügen der
jeweiligen Verhandlungen entnehmen, wo immer wieder das "Einverständnis"
und "Einvernehmen" betont wird. Das gemeinsame und einvernehmliche Vorgehen
wird auch im Staatsvertrag von 1929 hervorgehoben, wenn dort festgehalten
ist, dass die Verhandlungen nach den "bisherigen Grundsätzen, gemeinsam"
(Art. 6 Abs. 3 Ziff. 1) zu führen seien (BLUDAU, aaO, S. 138 f.).

    Dass die Wasserzinse einseitig von einem Staat ohne Absprache mit dem
anderen festgelegt werden könnten, widerspräche somit dem Sinn und Geist
der geübten langjährigen Praxis der Wasserkraftnutzung am Hochrhein. Die
Schweizerische Eidgenossenschaft erachtet diese für verbindlich. Das
in Art. 49 Abs. 1 WRG verankerte Abstimmungserfordernis bezüglich der
Erhöhung des Wasserzinsmaximums ist Ausdruck dieser Auffassung.

Erwägung 5

    5.  Demnach ergibt sich, dass die Wasserzinse für das Kraftwerk
Reckingen nicht ohne Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg erhöht
werden können. Nach der Aktenlage ist zwar ein Abstimmungsverfahren
eingeleitet worden. Dieses hat jedoch bisher noch zu keinem Ergebnis
geführt. Wenn die Meinungsunterschiede durch Verhandlung zu beheben sind,
so bedeutet dies nicht, dass dem Land Baden-Württemberg gewissermassen ein
Vetorecht zustünde. Vielmehr sind die Verhandlungen in guten Treuen so zu
führen, dass für beide Seiten ein zufrieden stellendes Ergebnis resultiert
(CHRISTIAN ULE, Das Recht am Wasser, Baden-Baden 1997, S. 182), wobei die
beiden Staaten gehalten sind, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen
(ULE, aaO, S. 210). Sollte ihnen dies trotz redlichem Bemühen nicht
möglich sein, wären sie auf internationale Streitbeilegungsmechanismen
zu verweisen (vgl. auch BLUDAU, aaO, S. 132 ff.), wie insbesondere
auf den Schiedsgerichts- und Vergleichsvertrag vom 3. Dezember 1921
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich
(SR 0.193.411.36).

Erwägung 6

    6.  Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im
Sinne der Erwägungen gutzuheissen, der Entscheid der Rekurskommission
UVEK aufzuheben und festzustellen, dass die Wasserzinserhöhung für das
Kraftwerk Reckingen der Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg bedarf.
(...)