Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 III 702



129 III 702

108. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. AG gegen
A. (Berufung)

    4C.136/2003 vom 23. September 2003

Regeste

    Kumulative Schuldübernahme (Art. 143 OR) oder Bürgschaft (Art. 492 OR)?

    Allgemeine Abgrenzung (E. 2.1).

    Unterschiede hinsichtlich Formerfordernis und Rechtsgrund der
Mitverpflichtung (E. 2.2).

    Grundsätzliche Wahlfreiheit zwischen den beiden Rechtsinstituten
(E. 2.3).

    Vertragsauslegung. Bedeutung eines klaren Wortlauts der
Parteierklärungen bei geschäftsgewandten und nicht geschäftsgewandten
Beteiligten (E. 2.4).

    Vertragsqualifikation nach dem rechtlichen und wirtschaftlichen Zweck
des Sicherungsgeschäfts (E. 2.5-2.8).

    Interesse am sicherzustellenden Hauptgeschäft als wichtiges
Abgrenzungskriterium (E. 2.6).

Sachverhalt

    A.- B. ist Inhaber der im Handelsregister eingetragenen
Einzelfirma "Y.". Neben B. ist seine Tochter, A. (Klägerin),
als einzelunterschriftsberechtigt im Handelsregister eingetragen.
Am 6. März 1996 schloss die X. AG (Beklagte) mit B. als Leasingnehmer
einen Leasingvertrag über einen Kleinbus für 15 Personen. Am gleichen Tag
unterzeichnete B. gegenüber der Beklagten eine Schuldanerkennung für die
Leasingraten. Ausser dem Leasingnehmer unterzeichneten den Leasingvertrag
sowie die Schuldanerkennung "solidarisch" bzw. als "Solidarschuldner"
die Klägerin sowie C., die Ehefrau von B. Die Schuldanerkennung gibt
den Wortlaut der Artikel 143, 144 und 147 OR wieder.

    Am 11. Mai 1996 erlitt der Leasingnehmer mit dem geleasten Fahrzeug
in Österreich einen Unfall. Er unterschrieb in der Folge mit der Klägerin
eine Schuldanerkennung gegenüber der Beklagten über Fr. 22'000.-, zahlbar
in 48 Monatsraten à Fr. 450.- und eine Schlussrate von Fr. 400.-. Die
Klägerin kam dieser Zahlungspflicht nicht nach und wurde daher von der
Beklagten betrieben. Am 11. Juni 2001 erteilte der Vizepräsident 1 des
Bezirksgerichts Baden der Beklagten provisorische Rechtsöffnung für den
Betrag von Fr. 22'000.- nebst Zins.

    B.- Eine Aberkennungsklage der Klägerin wurde vom Bezirksgericht Baden
am 26. Februar 2002 zunächst abgewiesen. Am 27. Februar 2003 hiess jedoch
das Obergericht des Kantons Aargau die Klage im Appellationsverfahren gut.

    C.- Die Beklagte führt gegen dieses Urteil eidgenössische Berufung,
mit dem Begehren, es sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin
beantragt die Abweisung der Berufung.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.  Die Beklagte rügt einzig, die Vorinstanz habe die seitens der
Klägerin eingegangene Verpflichtung zu Unrecht nicht als kumulative
Schuldübernahme qualifiziert, sondern als Bürgschaft, die mangels
Einhaltung der Formvorschriften ungültig sei.

    2.1  Mit der Bürgschaft übernimmt der Interzedent gegenüber
dem Gläubiger die Pflicht, für die Erfüllung der Schuld eines
Dritten, des Hauptschuldners, einzustehen (Art. 492 Abs. 1 OR). Die
Bürgschaftsverpflichtung setzt den Bestand einer anderen (der
sicherzustellenden) Verpflichtung voraus. Sie ist dieser beigeordnet und
hängt in Bestand und Inhalt notwendigerweise von ihr ab; die Bürgschaft
ist akzessorisch. Sie sichert die Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder
die Erfüllung eines Vertrages (BGE 113 II 334 E. 2a; 111 II 279 E. 2b).

    Die kumulative Schuldübernahme (auch Schuldbeitritt oder
Schuldmitübernahme) ist dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldübernehmer
eine eigene, zur Verpflichtung eines Schuldners hinzutretende, selbständige
Verpflichtung begründet, somit die Drittschuld persönlich und direkt
mitübernimmt (BGE 113 II 434 E. 2 S. 435 f. mit Hinweis; Urteil 4C.191/1999
vom 22. September 1999, E. 1a, publ. in: SJ 2000 I S. 305; WEBER, Zürcher
Kommentar, N. 89/94 zu Art. 111 OR; SPIRIG, Zürcher Kommentar, N. 281
in Vorbem. zu Art. 175-183 OR; PESTALOZZI, Basler Kommentar, N. 32 zu
Art. 111 OR). Sie ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich
aber als rechtliche Gestaltungsmöglichkeit aus der Regelung von Art. 143
OR. Im Gegensatz zum Garantieversprechen nach Art. 111 OR (dazu BGE 125 III
305 E. 2b mit Hinweisen) hängt die kumulative Schuldübernahme ebenfalls
vom Bestand der mitübernommenen Schuld ab, ist aber insofern nicht
akzessorisch, als nicht jeder Wegfall der Verpflichtung des Hauptschuldners
diejenige des Mitschuldners untergehen lässt. Ob die Solidarverpflichtung
bei Wegfall der Primärschuld dahinfällt, beurteilt sich nach den Regeln der
Solidarität (Art. 147 OR). Die Tilgung der Schuld bewirkt den Untergang
der Mitverpflichtung. Der Gläubiger kann gegenüber jedem Schuldner über
seine Forderung unabhängig verfügen. Grundsätzlich berührt ein Erlass
der Forderung gegenüber dem bisherigen Schuldner die Verpflichtung des
kumulativen Übernehmers nicht. Auch Kündigung und Mahnung wirken nur
gegenüber jenem Schuldner, gegen den sie der Gläubiger ausgesprochen
hat (vgl. zum Ganzen die Urteile des Bundesgerichts 4C.154/2002 vom
10./17. Dezember 2002, E. 3.1 und 4C.218/1995 vom 9. Juli 1996, E. 2a
mit Hinweisen; GIOVANOLI, Berner Kommentar, N. 17 zu Art. 492 OR;
SCHNYDER, Basler Kommentar, N. 1 f. zu Art. 143 OR; TSCHÄNI, Basler
Kommentar, N. 2 zu Art. 176 OR; SCYBOZ, Garantievertrag und Bürgschaft,
in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. VII/2, Basel 1979, S. 315 ff., 342;
KLEINER, Bankgarantie, 4. Aufl., Zürich 1990, Rz. 11.20).

    2.2  Bürgschaft wie kumulative Schuldübernahme bewirken eine
Verstärkung der Position des Gläubigers und beruhen insoweit oftmals auf
identischen wirtschaftlichen Überlegungen. Sie unterscheiden sich indes
namentlich in den Formerfordernissen. So ist die Schuldübernahme formfrei
gültig. Für die Bürgschaft hat der Gesetzgeber dagegen zum Schutz der sich
verpflichtenden Partei unter anderem strenge Formvorschriften erlassen;
es sollte damit einerseits der unbedachten Begründung von Bürgschaften
entgegengewirkt und andererseits dem Bürgen zumindest der Inhalt der
eingegangenen Verpflichtung bewusst gemacht werden (Art. 493 OR; vgl. dazu
BGE 113 II 434 E. 2b; WIEGAND, Die Bürgschaft im Bankengeschäft, in:
Berner Bankrechtstagung 1997, Personalsicherheiten, Bern 1997, S. 185;
PESTALOZZI, aaO, N. 1 zu Art. 493 OR; BYDLINSKI, Die Stellung des Bürgen
im Spannungsfeld zwischen Privatautonomie und Sozialschutzgedanken,
recht 12/1994 S. 250 f., 262).

    Die Abgrenzung von Bürgschaft und Schuldmitübernahme ist
fliessend. Auszugehen ist in rechtlicher Hinsicht davon, dass Inhalt und
Rechtsgrund der Bürgenschuld von denjenigen der Hauptschuld verschieden
sind, wogegen der Mitübernehmer sich gleich dem ursprünglichen Schuldner
verpflichtet, diesem als Gesamtschuldner beitritt (HANS REICHEL, Die
Schuldmitübernahme, München 1909, S. 68 ff.). Rechtsgrund der Verpflichtung
ist im ersten Fall das Einstehen für die Leistungsfähigkeit des
Hauptschuldners, im zweiten die eigenständige Befriedigung des Gläubigers
(vgl. BGE 111 II 276 E. 2a; Urteile 4C.154/2002 vom 10./17. Dezember
2002, E. 3.1 und 4C.218/1995 vom 9. Juli 1996, E. 2b). Im Gegensatz
zur Bürgschaft darf die Sicherung nicht das wesentliche Element im
Rechtsgrund der Schuld aus Mitübernahme darstellen, wenn auch in jeder
Schuldmitübernahme ein gewisser Sicherungseffekt liegt (KLEINER, aaO, Rz.
11.18).

    2.3  Es ist als Inkohärenz der Rechtsordnung zu werten, dass das
gleiche wirtschaftliche Ziel der Verstärkung der Gläubigerposition mit
zwei (bzw. mehreren) rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten erreicht werden
kann, indessen nur die Bürgschaft zum Schutz der sich verpflichtenden
Partei an besondere Formvorschriften geknüpft ist. Daraus ergibt sich ein
Spannungsverhältnis zwischen der aus der Vertragsfreiheit fliessenden
Wahlfreiheit zwischen zwei Rechtsinstituten und dem Erfordernis,
einer Umgehung der nur für das eine Rechtsinstitut vorgesehenen
Formvorschriften entgegenzutreten. So ist zu prüfen, ob Rechtsgeschäfte,
die gleiche oder ähnliche Charakteristiken wie die Bürgschaft aufweisen,
dem Bürgschaftsrecht unterstellt werden müssen.

    Wie GUTZWILLER (Wahlfreiheit zwischen Bürgschaft und Garantie, ZSR
103/1984 I S. 119 ff., 127, mit Hinweisen auf die Materialien) nachgewiesen
hat, war sich der Gesetzgeber beim Erlass der Bürgschaftsrechtsreform
vom 10. Dezember 1941, in der die Formvorschriften verschärft wurden, zwar
der Möglichkeit der Umgehung der entsprechenden Regeln, z.B. durch Abgabe
einer Garantieerklärung, bewusst. Indessen setzte sich im Nationalrat und,
ihm folgend, im Ständerat die Auffassung durch, dass sich die für die
Bürgschaft vorgesehene Formvorschrift nicht rechtfertige, wo der Wille
der Parteien wirklich auf den Abschluss eines Garantievertrages gehe. In
anderen Fällen komme die Vorschrift von Art. 18 OR über die Auslegung der
Verträge und über die Simulation zur Anwendung (allgemein zur Reform:
WIEGAND, aaO, S. 175 ff., 185 f.; SCYBOZ, aaO, S. 349 f.). Damit
hat sich der Gesetzgeber klar dafür entschieden, trotz der erkannten
Abgrenzungsproblematik zwischen Bürgschaft und anderen persönlichen
Sicherungsversprechen, mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zuzulassen, ohne
die Formvorschriften über die Bürgschaft hinaus auszudehnen. Lehre und
Rechtsprechung haben daraus geschlossen, dass die Parteien nach ihrem
freien Willen entscheiden dürfen, ob ein Sicherungsziel mit Bürgschaft,
Garantie oder kumulativer Schuldübernahme erreicht werden soll. Eine
Beschränkung der Privatautonomie ist insofern zu verneinen (Urteil
4C.436/1997 vom 9. Juli 1998, E. 2; GUTZWILLER, aaO, S. 128; ZOBL,
Die Bankgarantie im schweizerischen Recht, in: Berner Bankrechtstagung
1997, Personalsicherheiten, Bern 1997, S. 31, 35; TUTO ROSSI, Garantie
ou cautionnement?, SJ 1986 S. 406 f.). Dass die Parteien nach freiem
Willen bestimmen können, welche Form von Sicherungsgeschäft sie wählen,
rechtfertigt sich denn auch insofern, als namentlich im internationalen
Handels- und Kreditgeschäft aus praktischen Gründen ein hohes Bedürfnis
nach einem Rückgriff auf formfreie Sicherungsgeschäfte anstelle der
formgebundenen Bürgschaft besteht, wie GUTZWILLER (aaO, S. 124 f.)
überzeugend darlegt. Als Grund für die Wahl eines formfreien Geschäfts
fällt namentlich der - in erster Linie im internationalen Verkehr
vorkommende - Wille zur Begründung einer von der ursprünglichen
Verpflichtung unabhängigen Sicherheit in Betracht (vgl. ZOBL, aaO,
S. 25 f.; GUTZWILLER, aaO, S. 124; YVES NOËL, Droit du cautionnement;
les pièges de la protection du faible, in: Festschrift François Gilliard,
Lausanne 1987, S. 113). Ein formfreies Geschäft kann aber beispielsweise
auch gewählt werden zur Vermeidung von Notariatskosten, wegen Dringlichkeit
des Vertragsabschlusses, wegen Beurkundungsproblemen bei Vertragstexten in
ausländischer Sprache oder aufgrund von Schwierigkeiten bei der Bestimmung
des zahlenmässig bestimmten Höchstbetrages in der Urkunde selbst (vgl. dazu
GUTZWILLER, aaO, S. 124 f.).

    2.4  Die Vorinstanz hat vorliegend keine Feststellungen darüber
getroffen, ob die Parteien tatsächlich eine Bürgschaft oder eine kumulative
Schuldübernahme vereinbaren wollten (Art. 18 OR). Für die Auslegung des
Vertrages ist somit das Vertrauensprinzip massgebend. Danach sind zur
Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Willenserklärungen der
Parteien so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang
sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten
(BGE 127 III 248 E. 3f S. 255; 126 III 119 E. 2a S. 120, je mit
Hinweisen). Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung
von Willenserklärungen im Berufungsverfahren als Rechtsfrage (BGE 127
III 248 E. 3a S. 253 mit Hinweisen), wobei es an Feststellungen des
kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das Wissen und
Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 63 Abs. 2 OG;
BGE 125 III 435 E. 2a/aa S. 436; 123 III 165 E. 3a S. 168; 121 III 414 E.
2a S. 418 mit Hinweisen).

    2.4.1  Davon ausgehend, dass die gewählten Bezeichnungen von den
Vertragsparteien gewöhnlich in ihrer objektiven Bedeutung verwendet
werden und den korrekten Sinn der Erklärung wiedergeben, hat ein klarer
Wortlaut bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip Vorrang vor weiteren
Auslegungsmitteln. Auch wenn der Wortlaut - wie im vorliegenden Fall -
auf den ersten Blick klar erscheint, darf es allerdings nicht bei einer
reinen Wortauslegung sein Bewenden haben (Art. 18 Abs. 1 OR). So kann
sich aus den anderen Vertragsbestimmungen, aus dem von den Parteien
verfolgten Zweck und aus weiteren Umständen ergeben, dass der Wortlaut
der strittigen Bestimmung nicht genau den Sinn der Vereinbarung
unter den Parteien wiedergibt (BGE 128 III 265 E. 3a; 127 III 444
E. 1b S. 445). Dementsprechend misst die Rechtsprechung dem Umstand,
dass die Parteien präzise juristische Bezeichnungen verwendet haben,
für sich allein keine entscheidende Bedeutung zu (anders insbesondere
BGE 111 II 284 E. 2 S. 287 und darauf gestützt PESTALOZZI [aaO, N. 32
zu Art. 111 OR], SCHNYDER [aaO, N. 2 zu Art. 143 OR] sowie WEBER [aaO,
N. 92 zu Art. 111 OR]). Insbesondere darf nicht ohne weitere Prüfung auf
einen entsprechenden Wortlaut abgestellt werden, wenn die verpflichtende
Partei eine ausländische Person ist oder die Willenserklärung von ihr
in einer Fremdsprache abgegeben wurde. Gegenüber geschäftserfahrenen,
im Gebrauch von Fachbegriffen gewandten Personen, kann allerdings eine
strikte Auslegung nach dem Wortlaut angezeigt sein (vgl. BGE 125 III 305
E. 2b/c S. 308 f.; 113 II 434 E. 2c und 3a S. 438).

    2.4.2  Als geschäftsgewandt in diesem Sinn anzusehen sind
Gesellschaften, die sich in der täglichen Praxis mit Sicherungsgeschäften
befassen, wie etwa international tätige Firmengruppen oder schweizerische
Bankinstitute (BGE 125 III 305 E. 2b; vgl. auch WEBER, aaO, N. 80
f. zu Art. 111 OR; PESTALOZZI, aaO, N. 26 zu Art. 111 OR), wobei eine
Schuldmitübernahme durch Banken eine eher seltene Erscheinung darstellt
(KLEINER, aaO, Rz. 11.17). Auch Privatpersonen, die als Verwaltungsräte
oder Direktoren oft mit Sicherungsverträgen gekoppelte Geschäfte
behandeln, müssen den gewählten Wortlaut gegen sich persönlich gelten
lassen (PESTALOZZI, aaO, N. 26 zu Art. 111 OR), ebenso wie die von ihnen
vertretene Gesellschaft (Urteil 4C.31/1999 vom 27. Mai 1999, E. 2b/cc). In
der jüngeren Rechtsprechung wurde ein Geschäftsmann als geschäftserfahren
angesehen, der Verwaltungsratspräsident einer Gesellschaft war, die
sich mit der Beratung und der Beschaffung von finanziellen Mitteln
(Kreditbeschaffung) für ihre Kunden befasste, und der erklärt hatte,
"persönlich, kumulativ neben" der Gesellschaft haften zu wollen (Urteil
4C.154/2002 vom 10./17. Dezember 2002, E. 3.3). Ebenso müssen sich
Personen, die über eine in der Schweiz erworbene juristische Ausbildung
verfügen, den objektiven juristischen Sinn der verwendeten Ausdrücke
entgegenhalten lassen, insbesondere, wenn eine gegenteilige Auslegung zur
Ungültigkeit des Vertrages führen würde (Urteil 4C.436/1997 vom 9. Juli
1998, E. 2). Das gilt auch für denjenigen, der sich beim Vertragsabschluss
von einer solchen Person beraten lässt, sofern feststeht, dass diese ihm
den Sinn der verwendeten Begriffe klar gemacht hat (BGE 125 III 305 E. 2c
S. 310; 101 II 323 E. 1b S. 326). Keine Geschäftsgewandtheit ist dagegen
aufgrund des blossen Umstandes anzunehmen, dass eine Privatperson,
wie dies vorliegend der Fall ist, für ein kleines Unternehmen, das
im täglichen Geschäft nichts mit Sicherungsgeschäften zu tun hat, als
einzelzeichnungsberechtigt im Handelsregister eingetragen ist.

    2.4.3  Bei nicht geschäftsgewandten Vertragsbeteiligten darf nicht
ohne weiteres vertrauenstheoretisch von einem klaren Vertragswortlaut auf
den Willen geschlossen werden. Wollen solche Parteien tatsächlich eine
kumulative Schuldübernahme oder eine Garantie anstelle einer Bürgschaft
wählen, was ihnen nach dem vorstehend (Erwägung 2.3) Dargelegten frei
steht, ist für die Kundgebung ihres klaren diesbezüglichen Willens mehr
erforderlich als die blosse Verwendung präziser juristischer Fachausdrücke
wie "Garantie" oder "solidarische Mitverpflichtung", allenfalls gekoppelt
mit Zitaten der entsprechenden Gesetzesbestimmungen, damit es bei
einer grammatikalischen Auslegung des Vertrages sein Bewenden haben kann
(vgl. PESTALOZZI, aaO, N. 27 zu Art. 111 OR). Die Vorinstanz hat insofern
zutreffend erwogen, die Schutzklausel von Art. 493 OR könnte viel zu
leicht umgangen werden, wenn es genügen würde, bloss einen juristischen
Ausdruck wie "solidarisch" oder "Vertrag zu Lasten eines Dritten" auf
einem Vertragsformular aufzuführen, das dem Vertragspartner, der oft
die Bedeutung der Begriffe nicht kennt, zur Unterschrift vorgelegt wird
(vgl. BGE 125 III 305 E. 2b). In solchen Fällen ist daher zum Schutze der
sich verpflichtenden Partei erforderlich, dass im Vertrag selber für die
nicht geschäftsgewandte Partei klar verständlich und in individueller,
d.h. nicht formularmässiger Weise, dargelegt wird, dass sich der
Interzedent der Tragweite der eingegangenen Verpflichtung bewusst ist
und aus welchen Gründen auf die Wahl der Rechtsform einer Bürgschaft
verzichtet wird (vgl. dazu die vorstehende Erwägung 2.3).

    2.5  Wo - wie vorliegend - der Vertragstext keine entsprechende
Erklärung enthält und erhebliche Zweifel bestehen, ob die sich
mitverpflichtende Person die rechtliche Bedeutung und die praktische
Tragweite der verwendeten juristischen Bezeichnungen "Garantie" oder
"solidarische Haftung" verstanden und insbesondere die Unterschiede
zum Gehalt einer "Bürgschaft" erfasst hat, kann nicht davon gesprochen
werden, dass sie von der ihr zustehenden autonomen Wahlfreiheit zwischen
verschiedenen Sicherungsabreden (Erwägung 2.3 vorne) Gebrauch gemacht hat.
Dies gilt in besonderem Masse, wenn der Vertragstext nicht von ihr, sondern
von der Gegenpartei verfasst worden ist. In diesen Fällen ist zu prüfen,
ob das Geschäft seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Zweck nach nicht
entgegen seinem klaren Wortlaut als Bürgschaft zu qualifizieren ist,
um den zum Schutz des Bürgen aufgestellten, zwingenden Formvorschriften
zum Durchbruch zu verhelfen (vgl. BGE 81 II 520 E. 3c S. 525 f.). Die
Formvorschriften des Bürgschaftsrechts können nicht dadurch umgangen
werden, dass eine Vertragsbezeichnung gleich einer Kulisse vorgeschoben
wird, um die wahre Natur des Sicherungsgeschäfts zu verdecken (vgl. BGE
125 III 305 E. 2b). Um den Formvorschriften zum Durchbruch zu verhelfen,
ist auch in Zweifelsfällen für Bürgschaft zu entscheiden (vgl. BGE 113
II 434 E. 2c S. 438; 111 II 276 E. 2b S. 279; 101 II 323 E. 1d S. 328;
66 II 26 E. a).

    2.6  Die akzessorische Bürgschaft unterscheidet sich von der
kumulativen Schuldübernahme als selbständiger Verpflichtung indiziell
darin, dass der Verpflichtende bei der Schuldübernahme, nicht aber bei
der Bürgschaft regelmässig ein erkennbares eigenes Interesse am Geschäft
hat, das zwischen dem Hauptschuldner und dem Gläubiger geschlossen wurde,
und nicht bloss ein Sicherungsinteresse an der Erfüllung der Urschuld
(BGE 81 II 520 E. 3d; 66 II 26 E. a; Urteil 4C.191/1999 vom 22. September
1999, aaO, E. 1a; SPIRIG, aaO, N. 312 f. in Vorbem. zu Art. 175-183 OR;
OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, N. 50 zu Art. 492 OR; WEBER, aaO,
N. 93 zu Art. 111 OR; PESTALOZZI, aaO, N. 32 zu Art. 111 OR S. 625 f.;
TERCIER, Les contrats spéciaux, 3. Aufl., 2003, N. 5954 f.; SCHWENZER,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Bern
2000, Rz. 91.33 [Das Interesse des Garanten am Geschäft ist auch ein
wichtiges Indiz zur Abgrenzung von Bürgschaft und Garantie: BGE 128
III 295 E. 2d/bb S. 303; 125 III 305 E. 2b S. 309; 111 II 276 E. 2b
S. 280; 101 II 323 E. 1a S. 325 f.; KLEINER, aaO, Rz. 11.20 f.; ZOBL,
aaO, S. 34 f.; MERZ, Garantievertrag oder Bürgschaft, ZBJV 125/1989
S. 229]). Darin, dass bei der Bürgschaft ein solches Eigeninteresse fehlt
und es sich um ein uneigennütziges Geschäft handelt, das typischerweise
zur Sicherstellung einer Verpflichtung von Familienangehörigen oder
engen Freunden eingegangen wird, liegt denn auch der Grund, dass sie
besonderen Formvorschriften unterstellt wurde (WIEGAND, aaO, S. 175 f.;
HANDSCHIN, Zur Abgrenzung von Garantievertrag und Bürgschaft, SZW 1994
S. 228, 230; BYDLINSKI, aaO, S. 250; ROSSI, aaO, S. 410). Damit auf
kumulative Schuldübernahme geschlossen werden kann, ist erforderlich,
dass der Übernehmer ein unmittelbares und materielles Interesse hat,
in das Geschäft einzutreten und es zu seinem eigenen zu machen, indem
er - für die Gegenpartei erkennbar - direkt von der Gegenleistung des
Gläubigers profitiert, wie bei der Miete einer gemeinsam genutzten
Wohnung, dem Leasing eines vom Mitübernehmer mitbenutzten Fahrzeuges zu
privaten Zwecken oder bei der gemeinsamen Geldaufnahme durch Ehegatten für
gemeinsame Bedürfnisse (vgl. BGE 116 II 707 E. 3). Ein eigenes Interesse
ist auch zu bejahen, wenn der Promittent mit dem Schuldner zusammen
eine einfache Gesellschaft bildet und es um eine Sicherheit für ein
Geschäft geht, das zur Erreichung des Gesellschaftszwecks eingegangen
wurde (Urteil 4C.191/1999 vom 22. September 1999, aaO, E. 1d). Gleich
verhält es sich, wenn dem Gläubiger bekannt ist, dass der Promittent
eine stille Beteiligung am Geschäft oder der Personengesellschaft hält,
deren Schuld sichergestellt wird (vgl. BGE 81 II 520 E. 3d). Für die
Qualifikation als Schuldmitübernahme genügt es dagegen nicht, wenn der
Übernehmer nur irgendeinen undefinierten Vorteil daraus zieht, dass er
zugunsten des Hauptschuldners beitritt. Er muss sich erkennbar aufgrund
des gleichen Rechtsgrundes für den gleichen Vertrag wie der Hauptschuldner
verpflichten wollen (vgl. WEBER, aaO, N. 94 zu Art. 111 OR; PESTALOZZI,
aaO, N. 32 zu Art. 111 OR S. 625 f.; SCHNYDER, aaO, N. 7 zu Art. 143 OR;
SCYBOZ, aaO, S. 344). Dementsprechend genügt der hier vorliegende Umstand,
dass die Klägerin als einzelunterschriftsberechtigt im Handelsregister
einer Einzelfirma eingetragen ist, für sich allein nicht, um anzunehmen,
sie habe ein genügendes und erkennbares Interesse am zu sichernden
Geschäft zwischen der Einzelfirma und dem Gläubiger, dass sie sich neben
dem Hauptschuldner selbständig verpflichten wollte.

    2.7  Nach dem angefochtenen Urteil sind vorliegend auch keine anderen
Umstände gegeben, die auf ein unmittelbares Interesse der Klägerin am
abgeschlossenen Geschäft schliessen liessen und damit auf eine kumulative
Schuldübernahme hinweisen würden. Die von der Beklagten einzig geltend
gemachte Erbberechtigung der Klägerin gegenüber ihrem Vater hat die
Vorinstanz zu Recht nicht als wesentlich angesehen, da keinerlei Anzeichen
dafür bestünden, dass sich der Erbfall in naher Zukunft realisieren könnte.
Ebenso wenig ist dargetan, dass die Klägerin für die Beklagte erkennbar
an der Einzelfirma bzw. ihrem Geschäftserfolg beteiligt ist oder aus
einer anderweitigen besonderen Stellung im Unternehmen neben dem Inhaber
ein besonderes Interesse an seinem Geschäftsgang hat, oder dass sie am
Leasinggegenstand selber interessiert sein könnte. Vielmehr erachtete es
die Vorinstanz nach den Darlegungen der Klägerin und ihres Vaters als
erwiesen, dass der Klägerin die Zeichnungsbefugnis für die Einzelfirma
lediglich aufgrund ihrer Deutschkenntnisse eingeräumt worden sei; sie
habe zwar die Korrespondenz geführt, mit dem Leasinggegenstand, der dem
Reiseunternehmen ihres Vaters diente, an sich aber nichts zu tun gehabt.

    2.8  Der einzige Grund, weshalb die Beklagte eine zusätzliche
Sicherheit verlangte und es zur "solidarischen Verpflichtung" der Klägerin
(und ihrer Mutter) kam, liegt nach den vorinstanzlichen Feststellungen
darin, dass der Beklagten das Einkommen des Leasingnehmers als zu unsicher
erschien und sie seine Kreditwürdigkeit als ungenügend einstufte. Eine
solche Einschätzung wird zwar allen Sicherungsgeschäften zugrunde
liegen. Ist aber, wie vorliegend, der Sicherungszweck der alleinige
Rechtsgrund für die Verpflichtung des Interzedenten, so spricht dies
für eine Bürgschaft, namentlich wenn die Verpflichtung für einen nahen
Verwandten eingegangen wurde und damit die Vermutung nahe liegt, es sei
dem Bürgen allein darum gegangen, ihm zu helfen (vorstehende Erwägungen 2.2
a.E. und 2.6; Urteil 4C.274/2001 vom 9. April 2002, E. 3, publ. in: SJ 2002
I S. 574). Nach den gesamten Umständen hat die Vorinstanz kein Bundesrecht
verletzt, indem sie die Verpflichtung als Bürgschaft qualifizierte.