Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 III 646



129 III 646

101. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Z. gegen
Y. (Berufung)

    5C.109/2003 vom 16. Oktober 2003

Regeste

    Ungerechtfertigte Bereicherung. Klage des Registervaters gegen den
Erzeuger für geleisteten Kindesunterhalt.

    Wird das rechtliche Kindesverhältnis zum Registervater durch
Anfechtungsklage beseitigt, entfällt dessen Unterhaltsverpflichtung
rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung, während gleicherweise das
rechtliche Kindesverhältnis zum anerkennenden leiblichen Vater rückwirkend
auf den Zeitpunkt der Geburt entsteht. Als Folge hat der Registervater
gegen den leiblichen einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
(Ersparnisbereicherung).

Sachverhalt

    A.- Y. und X. lebten von Mitte 1980 bis Frühling 1982 im Konkubinat
in Weinfelden. Am 6. Juli 1981 brachte sie den Sohn W. zur Welt und
Y. anerkannte ihn am 10. Juli 1981 als sein Kind. Am 18. September 1981
schloss er mit dem eingesetzten Beistand einen Unterhaltsvertrag, den auch
die Kindsmutter unterschrieb. Nachdem sich die Konkubinatspartner getrennt
hatten, brach der Kontakt zwischen Y. und W. mehr oder weniger ab, wobei
er weiterhin die indexierten Alimente gemäss Unterhaltsvertrag bezahlte.

    Nach Eintritt der Mündigkeit erhob W. beim Bezirksgericht Wil Klage
auf Aberkennung der Vaterschaft von Y. und auf Feststellung derjenigen
von Z. Er berief sich dabei auf eine vor Gericht abgegebene Erklärung
seiner Mutter, wonach sie in der Empfängniszeit mit beiden Männern
Geschlechtsverkehr gehabt habe. Nachdem sich aus den DNA-Gutachten die
Vaterschaft von Z. ergeben hatte, übernahm dieser rückwirkend ab März
2000 die Bezahlung der Unterhaltsbeiträge.

    B.- Für die noch nicht absolut verjährten Unterhaltsbeiträge
von Fr. 78'787.50 erhob Y. gegen Z. am 29. November 2000 Klage aus
ungerechtfertigter Bereicherung. Das Bezirksgericht Arbon auferlegte dem
Kläger den Beweis, dass er bei der Anerkennung von W. irrtümlich von seiner
natürlichen Vaterschaft ausgegangen sei und in der fraglichen Zeit den
geforderten Betrag an Alimenten bezahlt habe. Dem Beklagten eröffnete es
den Gegenbeweis, insbesondere dafür, dass der Kläger vorschnell bzw. wider
besseres Wissen eine höchst ungewisse Vaterschaft anerkannt habe, um
seine labile Beziehung zur Kindsmutter aufbauen und konsolidieren zu
können. Mit Urteil vom 3. Oktober/14. Dezember 2001 verpflichtete es den
Beklagten zur Bezahlung von Fr. 73'620.- an den Kläger. Am 12. September
2002 bestätigte das Obergericht des Kantons Thurgau dieses Urteil.

    C.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Beklagte sowohl
staatsrechtliche Beschwerde als auch Berufung erhoben. Mit Letzterer
verlangt er dessen Aufhebung und die Abweisung der Klage. Es ist keine
Berufungsantwort eingeholt worden. Mit Entscheid heutigen Datums wird
die staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1  Der Beklagte hält Art. 7 ZGB für verletzt, weil
obligationenrechtliche Bestimmungen in unzulässiger Weise auf einen
familienrechtlichen Sachverhalt angewandt worden seien.

    2.2  Gemäss Art. 7 ZGB finden die allgemeinen Bestimmungen des
Obligationenrechts über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der
Verträge auch Anwendung auf andere zivilrechtliche Verhältnisse. Dieser
Wortlaut ist insofern zu eng, als grundsätzlich sämtliche Bestimmungen des
Allgemeinen Teils des OR auf andere zivilrechtliche Verhältnisse Anwendung
finden können (BGE 124 III 370 E. 3a S. 371), soweit nicht das ZGB oder
das übrige Privatrecht eine Materie abschliessend regeln (vgl. etwa
BGE 127 III 506 E. 3b S. 510) oder die Anwendung obligationenrechtlicher
Bestimmungen sogar ausdrücklich untersagen (z.B. Ausschluss der Verjährung
in Art. 790 Abs. 1 und Art. 807 ZGB). Im Übrigen erfolgt die Anwendung der
obligationenrechtlichen Vorschriften immer sinngemäss. Dem Richter obliegt
es, den Sinn der betreffenden Vorschrift des OR sowie die Besonderheiten
des zivilrechtlichen Verhältnisses, auf das sie anzuwenden ist, zu
ergründen und entsprechend zu entscheiden. Im Rahmen dieser Wertung
können die Besonderheiten eines zivilrechtlichen Verhältnisses zu einer
Einschränkung oder Modifizierung der anzuwendenden Vorschrift des OR führen
(BGE 119 II 12 E. 2c/bb S. 14).

    2.3  Das ZGB enthält keine Regeln über die Rückforderung von
Kindesalimenten. Indes lassen die Materialien weder auf ein qualifiziertes
Schweigen des Gesetzgebers noch auf eine abschliessende Regelung der
Materie schliessen (vgl. insb. BBl 1974 II 1 ff.). Entsprechend plädiert
die Lehre denn auch einstimmig für eine Anwendung der Bestimmungen über
die ungerechtfertigte Bereicherung (vgl. HEGNAUER, Hat der Registervater
Anspruch auf Rückerstattung der bis zur Aufhebung des Kindesverhältnisses
bezahlten Unterhaltsbeiträge?, ZVW 1987 S. 142 ff.; GEISER, Rückforderung
von Unterhaltsbeiträgen, ZVW 2001, Sonderausgabe, S. 29 ff.; HEGNAUER,
Berner Kommentar, N. 121 ff. zu Art. 256 ZGB, N. 16 ff. zu Art. 277 ZGB;
STETTLER, Schweizerisches Privatrecht, Bd. III/2, S. 191 f.; SCHWENZER,
Basler Kommentar, N. 17 zu Art. 256 ZGB; BREITSCHMID, Basler Kommentar,
N. 6 zu Art. 277 ZGB; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl.,
N. 6.29). Soweit der Registervater (wie vorliegend) nicht die Mutter
oder das Kind, sondern den Erzeuger ins Recht fasst, stellte sich im
Übrigen die Frage, ob Art. 7 ZGB überhaupt zum Tragen kommt (betreffend
Geschäftsführung ohne Auftrag bei freiwilligen Zahlungen Dritter: BGE 123
III 161 E. 4c S. 164) oder nicht vielmehr die obligationenrechtlichen
Bestimmungen unmittelbar zur Anwendung gelangen: Zwar ist die Klage
aus ungerechtfertigter Bereicherung auch hier auf familienrechtliche
Ansprüche zurückzuführen, aber zwischen dem Registervater und dem Erzeuger
besteht weder ein familienrechtliches noch ein sonst wie geartetes
(Rechts-)Verhältnis.

Erwägung 3

    3.

    3.1  Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern
bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten (Art. 62
Abs. 1 OR). Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand
ohne jeden gültigen Grund (sine causa) oder aus einem nicht verwirklichten
(causa non secuta) oder nachträglich weggefallenen Grund (causa finita)
eine Zuwendung erhalten hat (Art. 62 Abs. 2 OR). Wie die Vorinstanzen
richtig erkannt haben, ist vorliegend der Leistungsgrund mit der Aufhebung
des Kindesverhältnisses (dazu E. 4.1) nachträglich weggefallen.

    3.2  Wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, kann das Geleistete nur
dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die
Schuldpflicht im Irrtum befunden hat (Art. 63 Abs. 1 OR). Unfreiwillig ist
die Leistung namentlich, wenn sie unter Betreibungszwang (vgl. Art. 63
Abs. 3 OR), in einer Notlage (Art. 21 OR) oder gegründeter Furcht (Art. 29
f. OR) erfolgt. Mit dem zusätzlichen Erfordernis des Irrtumsnachweises bei
freiwilliger Zahlung besteht für den Bereich der Leistungskondiktion eine
gegenüber der allgemeinen Regel von Art. 62 OR abweichende Spezialregelung
(BGE 123 III 101 E. 3a S. 107).

    In Beendigung seiner bis dahin schwankenden Praxis hat das
Bundesgericht festgehalten, dass der Irrtum, aus dem eine Nichtschuld
bezahlt wird, nicht entschuldbar zu sein braucht; vielmehr berechtigt jede
Art, Rechtsirrtum oder Tatirrtum, entschuldbarer oder unentschuldbarer
Irrtum, zur Rückforderung (BGE 64 II 121 E. 5f S. 129 f.). Zur Begründung
hat es angeführt, das Institut der ungerechtfertigten Bereicherung
bezwecke die Korrektur einer mit dem materiellen Recht in Widerspruch
stehenden, eben "ungerechtfertigten" Bereicherung. Der irrtümlich
erfolgten Leistung fehle die innere Rechtfertigung, und nicht der Irrtum
als solcher, sondern vielmehr die Grundlosigkeit der Leistung begründe
den Rückforderungsanspruch.

    3.3  Entgegen den Behauptungen des Beklagten hatte der Kläger bei der
Anerkennung des Kindes und beim Abschluss des Unterhaltsvertrages nach
den - gemäss E. 1 ohne Verletzung von Bundesrecht erfolgten - kantonalen
Sachverhaltsfeststellungen keine Veranlassung, an seiner Vaterschaft
zu zweifeln. Die Begründung der Unterhaltsverpflichtung erfolgte somit
irrtümlich.

    3.4  Der Registervater kann die Anerkennung längstens während fünf
Jahren anfechten - und damit auch die Unterhaltspflicht beseitigen -, wenn
er das Kind unter Einfluss einer Drohung oder in einem Irrtum anerkannt hat
(Art. 260a Abs. 2 i.V.m. Art. 260c Abs. 1 ZGB). Indes trifft ihn entgegen
den sinngemässen Ausführungen des Beklagten keine Pflicht zur Anfechtung
der einmal anerkannten Vaterschaft, vermögen doch spätere Zweifel ganz
allgemein weder eine - aus welchen Gründen auch immer eingegangene -
Obligation zu beseitigen noch den Schuldner zu verpflichten, deren
Beseitigung anzustrengen. So spricht Art. 260a Abs. 2 ZGB denn auch von
einem Klagerecht, nicht von einer Klagepflicht.

    Immerhin wäre unter bestimmten Voraussetzungen eine indirekte Pflicht
bzw. eine Obliegenheit zur Erhebung einer Anfechtungsklage denkbar,
insofern nämlich, als der Kläger die Folgen aus einer unterlassenen
Anfechtung zu tragen hätte, wenn er in geradezu treuwidriger Weise - was
ihm der Beklagte letztlich auch vorwirft - nichts unternommen hätte, um
alsdann den geleisteten Unterhalt beim leiblichen Vater einzufordern. Für
einen eigentlichen Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sind
allerdings hohe Massstäbe anzulegen, weil dem Registervater nach sozialer
Anschauung nur in eindeutigen Fällen zuzumuten ist, gegen ein einmal
anerkanntes Kind zu klagen. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen
jedenfalls nicht erfüllt: Es konnte vom Kläger nicht erwartet werden,
dass er die Anerkennung allein deshalb anfechte, weil der Grossvater
einmal über dem Bild von W. gependelt hat und zum Schluss gekommen ist,
dieser müsse einen anderen Vater haben. Daran ändert auch nichts, dass
der Kläger offenbar kurz vor Ablauf der Fünfjahresfrist einen Anwalt
aufgesucht hat und sich dort rechtlich beraten liess.

    3.5  Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der Kläger bei
der Anerkennung des Kindes einem Irrtum erlegen ist und bis zum Ablauf
der Anfechtungsfrist keine Ereignisse eingetreten sind, die ihn unter
dem Blickwinkel von Treu und Glauben zur Erhebung einer Aberkennungsklage
verpflichtet hätten.

Erwägung 4

    4.

    4.1  Für die Rückforderung von Kindesalimenten ist vom
Grundsatz auszugehen, dass nicht der Erzeuger, sondern diejenige
Person für das Kind unterhaltspflichtig ist, zu der ein rechtliches
Kindesverhältnis besteht. Wird dieses durch ein die Anfechtungsklage
gutheissendes Gestaltungsurteil beseitigt, entfällt entsprechend die
Unterhaltsverpflichtung, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer
Entstehung und damit auf den Geburtszeitpunkt (HEGNAUER, Berner Kommentar,
N. 126 und 129 zu Art. 260a ZGB i.V.m. N. 121 ff. zu Art. 256 ZGB, N. 15
zu Art. 277 ZGB; SCHWENZER, aaO, N. 10 zu Art. 260a ZGB i.V.m. N. 17 zu
Art. 256 ZGB).

    Die Lehre hält übereinstimmend dafür, der Registervater könne nach
der Aufhebung des Kindesverhältnisses seine Klage aus ungerechtfertigter
Bereicherung sowohl gegen den Erzeuger, als auch gegen die Mutter oder
das Kind richten, wobei die Klage gegen das Kind in der Regel an dessen
fehlender Leistungsfähigkeit und der Entreicherungseinrede gemäss Art. 64
OR scheitern werde (HEGNAUER, ZVW 1987 S. 143 f.; GEISER, aaO, S. 31;
HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 125 zu Art. 256 ZGB; STETTLER, aaO,
S. 191 f.).

    4.2  Vorliegend wurde der Erzeuger eingeklagt. Dabei ergibt sich -
anders als beim Kind als Gläubiger der Unterhaltsleistung (Art. 289 Abs. 1
ZGB) - das Problem, dass nicht der Empfänger der grundlosen Leistung ins
Recht gefasst ist. Der Beklagte macht denn auch geltend, zwischen den
klägerischen Leistungen und seiner (ohnehin bestrittenen) Bereicherung
bestehe kein Kausalzusammenhang, weil die allenfalls ihm obliegende
Verpflichtung mit der klägerischen nicht identisch sei bzw. nicht den
gleichen Rechtsgrund habe.

    Zwischen der erbrachten Leistung und der Bereicherung muss
ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen (BGE 73 II 109). Mit
diesem Erfordernis soll ausgeschlossen werden, dass positive und
negative Vermögensveränderungen, die zwar auf eine gemeinsame Ursache
zurückgehen, unter sich jedoch keinen direkten Zusammenhang aufweisen,
in die Betrachtung einbezogen werden (dazu BUCHER, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 659). Entgegen der
Argumentation des Beklagten bedarf es hingegen keines rechtlichen
Zusammenhanges. Verfehlt ist auch die Rüge, Art. 110 OR sei verletzt:
Der Bereicherungsanspruch ist selbständig; es handelt sich dabei nicht
um den auf den Kläger übergegangenen Unterhaltsanspruch des Kindes.

    Entgegen den sinngemässen Ausführungen des Beklagten ist im Übrigen
nicht ausschlaggebend, ob oder dass eine Person ungerechtfertigt
eine Leistung erhalten hat (hier: das Kind), sondern dass jemand
ungerechtfertigt bereichert ist. Der Bereicherungsanspruch setzt
m.a.W. nicht voraus, dass zwischen dem Bereicherungsgläubiger und
dem Bereicherungsschuldner eine unmittelbare Vermögensverschiebung
stattgefunden hat; auszugleichen ist vielmehr die Bereicherung, die der
Schuldner auf Kosten eines anderen (im französischen Gesetzestext von
Art. 62 Abs. 1 OR: aux dépens d'autrui) erlangt hat (BGE 129 III 422 E. 4
S. 425 m.w.H.).

    Die Bereicherung besteht in der Differenz zwischen dem jetzigen und
demjenigen Vermögensstand, der ohne das bereichernde Ereignis vorläge. Die
Vermögensdifferenz kann sich nicht nur aus einer Vergrösserung (lucrum
emergens), sondern auch aus einer Nichtverminderung des Vermögens
(damnum cessans) ergeben. Im zweiten Fall liegt eine so genannte
Ersparnisbereicherung vor, die entweder auf einer Nichtverminderung der
Aktiven oder einer Nichterhöhung der Passiven beruht (SCHULIN, Basler
Kommentar, N. 5 ff. zu Art. 62 OR).

    4.3  Gemäss den für das Berufungsverfahren verbindlichen kantonalen
Sachverhaltsfeststellungen hätte die Kindsmutter für den Fall, dass
seinerzeit das Kindesverhältnis zum Beklagten festgestellt worden
wäre, nicht auf Kindesunterhalt verzichtet. Sodann ist unbestritten,
dass der Beklagte inzwischen W. als sein Kind anerkannt hat. Mit der
Anerkennung ist nicht nur das entsprechende Kindesverhältnis, sondern
als Folge davon auch die Unterhaltspflicht des Beklagten rückwirkend auf
die Geburt entstanden (HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 170 zu Art. 260
ZGB; SCHWENZER, aaO, N. 21 zu Art. 260 ZGB). An diesem grundsätzlichen
Unterhaltsanspruch ändert insbesondere auch der Umstand nichts, dass das
Kind klageweise nicht bis zum Geburtszeitpunkt zurück Unterhalt verlangen
kann (dazu E. 5.2). Wie die Vorinstanzen richtig festgehalten haben, ist
von einer auf Nichtverminderung des Vermögens des Beklagten basierenden
Ersparnisbereicherung auszugehen. Wenn der Beklagte dies als sach- und
systemwidrig kritisiert und im Hinblick auf die Möglichkeit des Kindes,
die Vaterschaft bis zum vollendeten 19. Altersjahr anzufechten oder
einzuklagen (Art. 260c Abs. 2 bzw. Art. 263 Ziff. 2 ZGB), behauptet, mit
der Konstruktion der Ersparnisbereicherung würde eine Haftung eingeführt
für einen Sachverhalt (Zeugung), der mehr als 19 Jahre zurückliege, womit
er nicht habe rechnen müssen, überspielt er den Umstand, dass der Unterhalt
des Kindes bis zu dessen Mündigkeit oder gegebenenfalls auch darüber
hinaus (vgl. Art. 277 ZGB) normalerweise, d.h. beim Kindesverhältnis mit
dem leiblichen Vater, die natürliche Folge einer jeden Zeugung ist.

    4.4  Ebenso wenig hilft dem Beklagten der Hinweis, dass er während
all den Jahren nie die Chance gehabt habe, eine Vater-Sohn-Beziehung zu
leben, während dies dem Kläger (wenigstens theoretisch) möglich gewesen
wäre. Es kann offen bleiben, ob eine Forderung aus ungerechtfertigter
Bereicherung auch bei einer gelebten Vaterschaft gegeben bzw.
durchsetzbar wäre. Vorliegend hat sich die Rolle des Klägers
unbestrittenermassen auf diejenige eines Zahlvaters beschränkt. Geht es
somit um den bereicherungsrechtlichen Ausgleich zwischen Register- und
leiblichem Vater, von denen keiner ein effektives Elternverhältnis zum
Kind hatte, dominiert jedenfalls das Element der Zeugung. Aus welchen
Gründen die Kontakte unterblieben sind, ist ohne Bedeutung, da der
Bereicherungsanspruch im Unterschied zu demjenigen aus unerlaubter Handlung
verschuldensunabhängig ist (BGE 129 III 422 E. 4 S. 425; BUCHER, aaO,
S. 653), was der Beklagte mit seiner gegenteiligen Behauptung verkennt.
Das Verhalten des Klägers müsste sich geradezu als treuwidrig erweisen,
damit der Bereicherungsanspruch entfiele. Davon kann im vorliegenden Fall
nicht die Rede sein:

    Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen
des Obergerichts liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Kläger
das Kind nach der Geburt direkt abgelehnt hätte; im Gegenteil habe
er es den Aussagen der Kindsmutter zufolge gern gehabt. Die primäre
Ursache für den Abbruch der Beziehung habe im schwierigen Umgang mit den
Vormundschaftsbehörden und der damaligen komplizierten Betreuungssituation
(Fremdplatzierung) gelegen. Wenn schon die Kindsmutter Schwierigkeiten
mit der Ausübung des Besuchsrechts gehabt habe, sei die Schilderung des
Klägers glaubhaft, der damalige Chef der Sozialdienste Frauenfeld habe
ihm klipp und klar erklärt, er habe nur eine Pflicht, nämlich zu zahlen,
ein Besuchsrecht bei der Pflegefamilie komme ihm nicht zu. Dass sich der
Kläger nach dieser unverschuldeten Entfremdung zu einem späteren Zeitpunkt,
als der Sohn wieder bei der Kindsmutter lebte, offenbar nicht mehr um
Kontakte bemüht hat, lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten
nicht als geradezu treuwidrig bezeichnen, zumal die Kontaktaufnahme nicht
unterblieb, um später gegen diesen einen Bereicherungsanspruch zu haben.

Erwägung 5

    5.

    5.1  Es ist unbestritten, dass der in günstigeren finanziellen
Verhältnissen lebende Beklagte zu mindestens gleich hohen Kindesalimenten
verpflichtet worden wäre. Insofern ist seine Ersparnisbereicherung nicht
kleiner als die vom Kläger erbrachte Leistung.

    5.2  Hingegen beruft sich der Beklagte auf eine (isolierte)
Lehrmeinung, nach welcher der Erzeuger sich eine Ausgabe nicht erspart hat,
weil der Registervater für den Unterhalt aufgekommen, sondern weil er erst
viel später als Vater eingeklagt worden ist. Bereichert sei der leibliche
Vater - wenn überhaupt - auf Kosten des Kindes, nicht auf diejenigen des
Registervaters (GEISER, aaO, S. 33 f.).

    Die Ersparnisbereicherung gründet indes nicht auf dem Umstand, dass
der Sohn bislang keine Klage gegen den Beklagten erhoben hat und dies
nur für ein Jahr zurück tun könnte (vgl. Art. 279 Abs. 1 ZGB); vielmehr
ergibt sie sich aus der Tatsache, dass die Unterhaltsverpflichtung bei
demjenigen, der geleistet hat, mit der Auflösung des Kindesverhältnisses
rückwirkend auf den Geburtszeitpunkt dahingefallen und beim anerkennenden
Erzeuger - ein Anspruch gegen diesen entsteht ja nur für den Fall, dass
er tatsächlich anerkennt (Art. 260 Abs. 1 ZGB) oder durch richterliches
Urteil ein Kindesverhältnis begründet wird (Art. 261 Abs. 1 und 2 ZGB) -
mit der Begründung eines Kindesverhältnisses eine Unterhaltsverpflichtung
rückwirkend auf den Geburtszeitpunkt entstanden ist (so auch HEGNAUER,
Berner Kommentar, N. 127 zu Art. 256 ZGB; ders., ZVW 1987 S. 144;
vgl. sodann ders., Berner Kommentar, N. 17 zu Art. 277 ZGB). Massgeblich
ist mit anderen Worten der materiell-rechtliche Unterhaltsanspruch und
nicht der Umstand, dass dieser Anspruch auf dem Gerichtsweg durchgesetzt
werden muss, weil der Schuldner seiner materiell bestehenden Schuld nicht
freiwillig nachkommt.

    5.3  Ebenso wenig vermag die Tatsache, dass sich der Kläger wegen der
Abzugsfähigkeit geleisteter Kindesalimente allenfalls Steuern erspart hat,
die Erstattungspflicht des Beklagten zu mindern: Herauszugeben ist nach
dem klaren Wortlaut von Art. 62 Abs. 1 OR die - in der Differenz zwischen
dem jetzigen und dem hypothetischen Vermögensstand ohne das bereichernde
Ereignis bestehende - Bereicherung, soweit nicht ausnahmsweise die
Entreicherungseinrede gemäss Art. 64 OR Platz greift. Auch wenn die
Steuerbehörde nicht mehr auf rechtskräftige Veranlagungen des Klägers
zurückkommen und allfällige Differenzbeträge nachfordern könnte, hätte dies
auf die Bereicherung des Beklagten keinen Einfluss. Ob umgekehrt allenfalls
teilweise eine Entreicherungseinrede des Beklagten möglich wäre, indem
dieser ursprüngliche Alimentenzahlungen steuerlich hätte abziehen können,
nicht jedoch das nunmehr an den Kläger zu zahlende Korrelat, braucht nicht
des Näheren erörtert zu werden, da solches nicht geltend gemacht wird.

    5.4  Gleich verhält es sich mit den IV-Kinderrenten, die der Kläger
erhalten hat: Hier handelt es sich ebenfalls um ein öffentlich-rechtliches
Verhältnis zwischen Sozialversicherung und Kläger, das für die
Ersparnisbereicherung des Beklagten belanglos ist. Damit erübrigt es
sich auch, auf die Ausführungen des Beklagten im Zusammenhang mit der
Verjährung des Rückerstattungsanspruchs der IV einzugehen.

    5.5  Nichts anderes ergibt sich mit Bezug auf den Unterhaltsvertrag,
den der Kläger seinerzeit unterzeichnet hat; zu Unrecht geht der Beklagte
davon aus, die fehlende Anfechtung dieses Vertrages durch den Kläger
schliesse dessen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aus: Auch
hier handelt es sich um ein Verhältnis zwischen Drittpersonen, das die
Ersparnisbereicherung des Beklagten in keiner Weise beeinflusst. Wie die
Vorinstanzen richtig festgehalten haben, folgt der Unterhaltsanspruch
im Übrigen aus dem Kindesverhältnis. Fällt dieses und mit ihm der
Unterhaltsanspruch rückwirkend dahin, wird der Unterhaltsvertrag
gegenstandslos, da ihm die materiell-rechtliche Grundlage entzogen ist
(vgl. auch HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 129 zu Art. 260a ZGB). Eben aus
dem Wegfall des Kindesverhältnisses ergibt sich sodann die condictio ob
causam finitam.