Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 III 305



129 III 305

51. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. A. gegen B. und
C. (Berufung)

    5C.212/2002 vom 24. April 2003

Regeste

    Behandlung der Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen im Erbfall.

    Die Leistungen der beruflichen Vorsorge (Säule 2a und 2b) fallen
nicht in den Nachlass; sie unterliegen auch nicht der Herabsetzung
(E. 2). Nicht anders verhält es sich mit den Freizügigkeitsleistungen;
diese werden in der entsprechenden Reihenfolge an die in Art. 15 FZV
aufgeführten Destinatäre ausbezahlt (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Der Erblasser, D., verstarb kurz nach Auflösung seiner zweiten Ehe
am 21. April 1997. Er hinterliess zwei volljährige Töchter aus erster Ehe
und eine minderjährige Tochter aus zweiter Ehe. Weil D. damals arbeitslos
war, befand sich sein Pensionskassenguthaben auf einem Freizügigkeitskonto.
Ansonsten besass er kein Vermögen, weshalb die Tochter aus zweiter Ehe die
Erbschaft am 30. Mai 1997 ausschlug, während die beiden anderen Töchter
sie annahmen.

    Am 31. Oktober 1997 teilte die Freizügigkeitsstiftung X.  den beiden
Töchtern aus erster Ehe mit, gestützt auf ihr Reglement erfülle
einzig die minderjährige Tochter die Anspruchsvoraussetzungen für die
Freizügigkeitsleistung. In der Folge überwies sie dieser am 3. Dezember
1997 den Betrag von Fr. 157'650.50, wovon Fr. 82'858.90 aus obligatorischer
und Fr. 74'791.60 aus überobligatorischer Vorsorge herrührend.

    B.- Die beiden Töchter aus erster Ehe stellten sich auf den
Standpunkt, die Freizügigkeitsleistung, jedenfalls soweit sie aus
der überobligatorischen Vorsorge stamme, gehöre in die Erbmasse, und
sie verlangten mit Klage vom 12. November 1999 die Verurteilung der
Beklagten zur Bezahlung von Fr. 74'791.60, unter Nachklagevorbehalt für
Fr. 82'858.90.

    Das Kantonsgericht Schaffhausen erwog, Leistungen aus der
obligatorischen beruflichen Vorsorge (Säule 2a) seien nicht zum
Nachlass zu rechnen; ebenso wenig sei es auf Grund des Vorsorgezweckes
das entsprechende Freizügigkeitskapital. Anders verhalte es sich mit
der Austrittsleistung der überobligatorischen beruflichen Vorsorge
(Säule 2b), weil die Vorsorgevereinbarung hier als privatrechtlicher
Vertrag zu qualifizieren sei. Des Weiteren befand das Kantonsgericht,
die Ausschlagung des Erbes durch die Beklagte sei irrtümlich erfolgt
und deshalb unbeachtlich. Ausgehend von diesen Erwägungen verurteilte
es die Beklagte zur Bezahlung von Fr. 46'895.80 (von den Klägerinnen
bezahlte Nachlassschulden von Fr. 19'000.- zuzüglich je ein Viertel des
Nettonachlasses von Fr. 55'791.60 als Pflichtteil).

    Das Obergericht des Kantons Schaffhausen schloss sich dieser
Auffassung an und verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 30. August
2002 zur Bezahlung von Fr. 46'895.80 an die Klägerinnen. Es erwog
dabei im Wesentlichen, die aus der überobligatorischen Vorsorge
herrührenden Leistungen seien in (zumindest analoger) Anwendung von
Art. 476 ZGB herabzusetzen, umso mehr als die vom Erbrecht abweichende
Begünstigtenordnung gemäss Art. 15 der Verordnung vom 3. Oktober 1994
über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV; SR 831.425) auf keiner
genügenden gesetzlichen Grundlage basiere, nicht self-executing sei und
auf einem elementaren Wertungsfehler beruhe.

    C.- Dagegen hat die Beklagte am 3. Oktober 2002 Berufung eingereicht
mit den Begehren um Aufhebung des angefochtenen Urteils und um Abweisung
der Herabsetzungs- und Erbteilungsklage. Mit Berufungsantwort vom 3. Januar
2003 haben die Klägerinnen auf Abweisung der Berufung geschlossen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.

    2.1  Bei der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Säule 2a) ist
das Rechtsverhältnis zwischen Vorsorgenehmer und Vorsorgeeinrichtung
öffentlich-rechtlicher Natur; es entsteht als zwingende Nebenfolge des
Arbeitsverhältnisses (Art. 2 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge [BVG; SR 831.40]). Die Ansprüche der Hinterbliebenen
gemäss Art. 18 ff. BVG stehen nach einhelliger Meinung vollständig
ausserhalb des Erbrechts: Weder fallen sie in den Nachlass noch unterliegen
sie der erbrechtlichen Herabsetzung. Dies wird damit begründet, dass
das BVG gegenüber dem ZGB ein zeitlich jüngeres Spezialgesetz ist (lex
specialis posterior derogat legi generali priori).

    2.2  Im Bereich der freiwilligen, der vor- und der vorliegend
interessierenden überobligatorischen beruflichen Vorsorge (Säule 2b)
wird das Rechtsverhältnis zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem
Vorsorgenehmer durch einen privatrechtlichen Vorsorgevertrag begründet,
der rechtsdogmatisch den Innominatverträgen zuzuordnen ist (BGE 118
V 229 E. 4b S. 232; 122 V 142 E. 4b S. 145). Der Vorsorgevertrag ist
funktional verwandt mit dem Lebensversicherungsvertrag im Sinne des VVG
(SR 221.229.1). So wie die Begünstigten ihren Anspruch gegenüber einer
Lebensversicherungsgesellschaft aus eigenem Recht (iure proprio) und
nicht aus Erbrecht (iure hereditatis) erwerben (Art. 78 VVG; BGE 112
II 157 E. 1a S. 159 f.), haben die Anspruchsberechtigten auch bei der
Säule 2b einen eigenen Anspruch gegen die Vorsorgeeinrichtung. Dieser
basiert auf Art. 112 Abs. 2 OR, und entsprechend fallen die Leistungen der
Vorsorgeeinrichtung nicht in die Erbmasse (BGE 112 II 38 E. 3 S. 39; 116
V 218 E. 2 S. 222). Indes ist in der Lehre umstritten, ob die Leistungen
aus der überobligatorischen Vorsorge oder jedenfalls die theoretische
Austrittsleistung per Todestag in sinngemässer Anwendung von Art.
476 und 529 ZGB für die Berechnung der verfügbaren Quote zum Nachlass
hinzuzurechnen seien (dafür: PIOTET, Prestations des institutions de
prévoyance et droit successoral, in: ZBJV 117/1981 S. 292 ff., insb. S. 298
f.; ders., Stipulations pour autrui, prévoyance professionnelle
et droit successoral, in: AJP 1997 S. 538; RIEMER, Das Recht der
beruflichen Vorsorge in der Schweiz, Bern 1985, S. 122; REBER/MEILI,
Todesfallleistungen aus über- und ausserobligatorischer beruflicher
Vorsorge und Pflichtteilsschutz, in: SJZ 92/1996 S. 121 ff.; NUSSBAUM, Die
Ansprüche der Hinterlassenen nach Erbrecht und aus beruflicher Vorsorge
bzw. gebundener Selbstvorsorge, in: SZS 1988 S. 200; dagegen: Bundesamt
für Justiz, in: ZBGR 70/1989 S. 283; WEIMAR, in: Berner Kommentar, N. 45
zu Art. 476 ZGB; KOLLER, Privatrecht und Steuerrecht, Bern 1993, S. 210;
ders., Familien- und Erbrecht und Vorsorge, in: recht, Studienheft 4,
S. 24; GEISER, Güter- und erbrechtliche Planung und Vorsorgeeinrichtungen,
in: Güter- und erbrechtliche Planung, Bern 1999, S. 96 ff.; AEBI-MÜLLER,
Die optimale Begünstigung des überlebenden Ehegatten, Diss. Bern 2000,
S. 40; dies., Gedanken zur Begünstigung des überlebenden Ehegatten, in:
ZBJV 135/1999 S. 512; MOSER, Die zweite Säule und ihre Tragfähigkeit,
Diss. Basel 1993, S. 175 f.; IZZO, Lebensversicherungsansprüche und
-anwartschaften bei der güter- und erbrechtlichen Auseinandersetzung,
Diss. Freiburg 1999, S. 329 f.; vermittelnd: STAEHELIN, Basler Kommentar,
N. 19 zu Art. 476 ZGB).

    2.3  Die Vorsorgeeinrichtung hat für die (öffentlich-rechtliche)
obligatorische und die (dem Zivilrecht unterstehende) überobligatorische
Vorsorge getrennte Rechnung oder jedenfalls eine Schattenrechnung zu führen
(BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Bern 1989,
S. 255; HELBLING, Personalvorsorge und BVG, Bern 2000, S. 436), wenn sie
beide Bereiche abdeckt (sog. umhüllende Vorsorgeeinrichtung). Oft ist
der Vorsorgenehmer auch bei zwei verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen
versichert, so zum Beispiel, wenn der obligatorische Teil an eine
Drittgesellschaft übertragen ist und die Vorsorgeeinrichtung des
Arbeitgebers nur den überobligatorischen Bereich abdeckt (REBER/MEILI,
aaO, S. 119; BRÜHWILER, aaO, S. 255 f.). In rechtlicher Hinsicht
untersteht die überobligatorische Vorsorge im Unterschied zur
obligatorischen (Art. 2 BVG) und der freiwilligen (Art. 4 BVG) nicht
(bzw. nur punktuell, vgl. Art. 49 Abs. 2 BVG) dem BVG, sondern den Regeln
des OR (RIEMER, Vorsorge-, Fürsorge- und Sparverträge der beruflichen
Vorsorge, in: Innominatverträge, Zürich 1998, S. 238 ff.). Namentlich die
Begünstigtenordnung richtet sich nicht nach Art. 18 ff. BVG, sondern nach
dem Reglement der Vorsorgeeinrichtung und dem privatautonom ausgestalteten
Vorsorgevertrag, dessen Abschluss und dessen Inhalt wenigstens in der
Theorie auf den freien Willen des Vorsorgenehmers zurückzuführen sind.

    Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vorsorgevertrag
in der Praxis allenfalls bei höheren Kadern und gegebenenfalls beim
Unternehmer individuell ausgestaltet wird (dazu E. 2.7). Demgegenüber
hat der ganz überwiegende Teil der Arbeitnehmer faktisch gar keine Wahl,
ob und in welchem Umfang er im überobligatorischen Bereich eine Vorsorge
treffen will (AEBI-MÜLLER, ZBJV, aaO, S. 512; REBER/MEILI, aaO, S. 119;
MOSER, aaO, S. 176; IZZO, aaO, S. 329). Der Arbeitnehmer unterzeichnet in
der Regel auch nur einen einzigen Vorsorgevertrag, der vielfach direkt im
Arbeitsvertrag integriert ist (oft durch blossen Verweis auf das Reglement
der Vorsorgeeinrichtung) und der kaum je auf eine obligatorische und eine
überobligatorische Vorsorgekomponente hinweist. Die Leistungsmodalitäten
und namentlich auch der Kreis der anspruchsberechtigten Hinterlassenen
werden im Reglement der Vorsorgeeinrichtung generell-abstrakt
umschrieben. Lässt es der Arbeitsvertrag nicht bei einem Verweis auf
dieses Reglement bewenden, sondern enthält er Bestimmungen über die
Vorsorge oder wird ein separater Vorsorgevertrag abgeschlossen, handelt
es sich in der Regel um eine unveränderte Übernahme des im Reglement
vorgesehenen Standards (zu den Ausnahmen siehe E. 2.7). In diesem Sinn
ist die Vertragsautonomie eine einseitige und der Vorsorgenehmer verfügt
richtig besehen weder über Abschluss- oder Partnerwahl- noch über Inhalts-
oder gar Begünstigungsfreiheit (REBER/MEILI, aaO, S. 119; MOSER, aaO,
S. 176). Hierin besteht ein wesentlicher Unterschied nicht nur zur
gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a), bei der völlige Partnerwahl-
und Abschlussfreiheit besteht, bei der die jährlichen Einzahlungen je
nach Ausgestaltung des Vertrages beliebig ausgesetzt und bei der für
den Todesfall die Begünstigten frei bestimmt werden können, sondern
insbesondere auch zum Lebensversicherungsvertrag, der frei nach den
Wünschen des Versicherten ausgestaltet und bei dem die Begünstigten nach
dessen freier Willkür bezeichnet werden können.

    2.4  Hinsichtlich der praktischen Durchführung gilt es zu bedenken,
dass die Berechnung der zukünftigen Rentenleistung namentlich beim
überlebenden Ehegatten, aber auch bei Kindern, deren Ausbildungsdauer noch
ungewiss ist, mit grossen Schwierigkeiten verbunden wäre. Mit einem Teil
der Lehre statt die Rentenleistungen die rechnerische Austrittsleistung
per Todestag der Herabsetzung zu unterstellen (so namentlich REBER/MEILI,
aaO, S. 121 f.), wäre kein gangbarer Ausweg: Die Austrittsleistung
richtet sich nach dem angesparten Vorsorgekapital (Beitragsprimat) und
gegebenenfalls nach der Beitragsdauer (Leistungsprimat), während sich die
Höhe der insgesamt ausbezahlten Rentensumme massgeblich aus der Dauer der
Bezüge ergibt. Dieser Mechanismus würde beispielsweise dann zu unhaltbaren
Ergebnissen führen, wenn ein kurz vor der Volljährigkeit stehendes Kind für
eine hohe Austrittsleistung einstehen müsste - es wäre diesfalls gegenüber
seinen Geschwistern geradezu für das infolge des Kollektivitätsprinzips
bei der Vorsorgeeinrichtung verbleibende Kapital herabsetzungspflichtig.

    2.5  Nebst den bereits erwähnten Elementen ist entscheidend, dass
zwischen den Säulen 2a und 2b versicherungstechnisch kein Unterschied
besteht. Beide sind an die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der
Rechtsgleichheit sowie an das Willkürverbot gebunden (BGE 115 V 103 E. 4b
S. 109; 119 V 283 E. 2a) und beide folgen den Prinzipien der Planmässigkeit
und Angemessenheit sowie der Solidarität und Kollektivität (BGE 120 Ib
199 E. 3c und d S. 202). Die beiden letztgenannten Prinzipien bedeuten,
dass das verbleibende Kapital der Vorsorgeeinrichtung verfällt und für die
Leistungserbringung an die übrigen Vorsorgenehmer verwendet wird, wenn der
Vorsorgenehmer stirbt, ohne nach Reglement anspruchsberechtigte Personen
zu hinterlassen; dies im Unterschied zur gebundenen Selbstvorsorge, bei
der die Versicherungsleistung oder das angesparte Kapital in jedem Fall an
jemanden ausbezahlt wird (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. b BVV 3 [SR 831.461.3]).

    Ebenso wenig besteht zwischen den Säulen 2a und 2b ein
funktionaler Unterschied: Während die AHV/IV-Leistungen (Säule 1a)
sowie die Ergänzungsleistungen (Säule 1b) der Existenzsicherung im
Alter dienen, will die berufliche Vorsorge in ihrer Gesamtheit die
Fortführung der bisherigen Lebenshaltung nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit
garantieren. So ist denn die Bevorzugung der Witwe (und je nach Reglement
des Witwers) sowie der unterhaltsberechtigten Waisen gegenüber den
anderen Pflichtteilsberechtigten auch im überobligatorischen Bereich
ein wesentliches Merkmal des Vorsorgevertrages (WEIMAR, aaO, N. 45
zu Art. 476 ZGB). Eben dieser Vorsorgezweck könnte ernsthaft in Frage
gestellt sein, wenn die vom Vorsorgenehmer unterstützten Personen nach
dessen Tod gegenüber den anderen gesetzlichen und den testamentarischen
Erben herabsetzungspflichtig wären (vgl. etwa KOLLER, recht, aaO, S. 24).

    2.6  Die bisherigen Erwägungen stehen denn auch in Einklang
mit den Grundgedanken des erbrechtlichen Pflichtteilsschutzes: Die
"Überschreitung der Verfügungsbefugnis durch den Erblasser" bzw. eine
"unentgeltliche Zuwendung" setzt einerseits Verfügungsfreiheit des
Erblassers, andererseits willentliche Bevorzugung gewisser Personen
und einen animus donandi voraus. Dies ist bei der Säule 2b ebenso
wenig der Fall wie bei der Säule 2a: Wie vorstehend ausgeführt, ist der
Vorsorgenehmer faktisch zum Abschluss der überobligatorischen Vorsorge
gezwungen und der Kreis der Begünstigten für den Fall seines Todes
wird nicht von ihm, sondern durch das Reglement der Vorsorgeeinrichtung
bezeichnet. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern der
Vorsorgenehmer erbrechtliche Pflichtteile verletzen könnte, und in diesem
Sinn trifft auch das von den Befürwortern der erbrechtlichen Herabsetzung
vorgebrachte Argument der "kalten Enterbung" nicht zu, umso weniger als
das Vorsorgekapital lebzeitig gebunden und nicht frei übertragbar ist
(AEBI-MÜLLER, Begünstigung, aaO, S. 40; dies., ZBJV, aaO, S. 512).

    2.7  Das Gesagte lässt es als angezeigt erscheinen, die Säule 2b
in erbrechtlicher Hinsicht gleich zu behandeln wie die Säule 2a und die
entsprechenden Leistungen nicht der Herabsetzung zu unterstellen. Dies gilt
jedenfalls für den Normalfall, dass der Arbeitnehmer hinsichtlich Abschluss
und Ausgestaltung der Vorsorge faktisch unfrei ist und ein Reglement in
generell-abstrakter Weise die Leistungsmodalitäten sowie die Destinatäre
bezeichnet. Wie es sich mit individuell ausgestalteten (RIEMER, aaO,
S. 237) oder mit den wesentlich über die normale Vorsorge hinausgehenden
(IZZO, aaO, S. 330 f.) Vorsorgeverträgen für höhere Kader und vor allem
für Unternehmer verhält, kann vorliegend offen bleiben. Immerhin sind die
Stiftungsorgane auch bei den individuellen Verträgen an den Vorsorgezweck
gebunden (IZZO, aaO, S. 329; MOSER, aaO, S. 171 und 175) und müssen prüfen,
ob die Prinzipien der Rechtsgleichheit, der Verhältnismässigkeit und des
Willkürverbots eingehalten sind (KOLLER, recht, aaO, S. 24).

Erwägung 3

    3.

    3.1  Versicherte, welche die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor
ein Vorsorgefall eingetreten ist (Freizügigkeitsfall), haben Anspruch auf
eine Austrittsleistung (Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember
1993 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge [Freizügigkeitsgesetz, FZG; SR 831.42]). Kann diese
nicht an eine neue Vorsorgeeinrichtung überwiesen werden und ist auch kein
Barzahlungstatbestand gemäss Art. 5 FZG gegeben, muss der Vorsorgeschutz
in anderer Form erhalten werden (Art. 4 Abs. 1 FZG), sei es mit einer
Freizügigkeitspolice, sei es mit einem Freizügigkeitskonto (Art. 10
Abs. 1 FZV). Tritt der Versicherte wieder in ein Vorsorgeverhältnis
ein, hat die Freizügigkeitseinrichtung das Vorsorgekapital an die neue
Vorsorgeeinrichtung zu überweisen (Art. 4 Abs. 2bis FZG), soweit es für
die Finanzierung der Eintrittsleistung benötigt wird (Art. 13 Abs. 1 FZG).

    3.2  Im Unterschied zu den Vorsorgeeinrichtungen unterliegen die
Freizügigkeitseinrichtungen weder den Grundsätzen der Planmässigkeit
und Angemessenheit noch dem Kollektivitätsprinzip; insofern besteht
eine gewisse Nähe zur gebundenen Selbstvorsorge (BGE 122 V 320 E. 3b
S. 326; KOLLER, recht, aaO, S. 25; REBER/MEILI, aaO, S. 122; IZZO,
aaO, S. 329): Stirbt der Versicherte, bleibt das Kapital nicht bei
der Freizügigkeitseinrichtung, sondern es wird an die in Art. 15 FZV
kaskadenartig aufgelisteten Destinatäre ausbezahlt, zu denen in letzter
Linie - vom Vorsorgegedanken her atypisch (KOLLER, recht, aaO, S. 25) -
sämtliche gesetzlichen Erben gehören.

    3.3  Freizügigkeitsguthaben beruhen jedoch, dies im Unterschied zur
gebundenen Selbstvorsorge, nicht auf Freiwilligkeit; vielmehr ist die
Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die damit einhergehende Gebundenheit
des Guthabens gesetzlich vorgesehen. Die Freizügigkeitseinrichtungen
gehören denn auch zur beruflichen Vorsorge im weiteren Sinn, und
Freizügigkeitspolicen bzw. -konti haben in der Regel eine blosse
Überbrückungsfunktion (KOLLER, recht, aaO, S. 25), indem sie primär für
die Finanzierung der Eintrittsleistung in die neue Vorsorgeeinrichtung
bestimmt sind.

    Hinterlässt der Versicherte einen Ehegatten oder unmündige Kinder,
aber auch andere Personen, für die er aufgekommen ist, löst sein Ableben
in der Regel eine klassische Vorsorgesituation aus. Es erscheint unbillig,
den bedürftig gewordenen Hinterbliebenen die Vorsorge zu entziehen, die
ihnen zu Teil geworden wäre, wenn das Vorsorgekapital nicht infolge
Arbeitslosigkeit des Vorsorgenehmers oder aus anderen Gründen an
eine Freizügigkeitseinrichtung überwiesen worden wäre. Es drängt sich
deshalb auf, dieses für die Zeit, während der der Versicherte keiner
Vorsorgeeinrichtung angehört, nicht anders zu behandeln, als wenn
ein Vorsorgeverhältnis bestünde (GEISER, aaO, S. 102; AEBI-MÜLLER,
Begünstigung, aaO, S. 41; dies., ZBJV, aaO, S. 513; IZZO, aaO, S. 333;
a.M.: KOLLER, recht, aaO, S. 25).

    Es ist nicht zu übersehen, dass sich dabei Konstellationen ergeben
können, die auf den ersten Blick stossend wirken. So könnte - wie im
vorliegenden Fall - ein kurz vor der Volljährigkeit stehendes Kind bei
einem Freizügigkeitskonto die ganze Leistung für sich beanspruchen,
während seine volljährigen Geschwister leer ausgingen. Umgekehrt
würde jedoch ein Kind, das noch über Jahre vorsorgebedürftig ist und
durch den verstorbenen Versicherten versorgt worden wäre, bei einem
Freizügigkeitskonto ebenfalls (nur) die gleiche Summe erhalten. Das
allenfalls stossende Moment liegt demnach nicht darin begründet, dass
die Freizügigkeitsleistung am Erbrecht vorbeigeht, denn die volljährigen
Geschwister könnten ja ebenso wenig Ansprüche geltend machen, wenn das
Vorsorgeverhältnis des Verstorbenen noch bestünde (dazu E. 2); vielmehr
ist es auf den Umstand zurückzuführen, dass sich das ausbezahlte Kapital
bei den Freizügigkeitskonti und den Kapitalpolicen - im Unterschied
zu den Renten bei der beruflichen Vorsorge - nicht nach der effektiven
Versorgungsbedürftigkeit der Anspruchsberechtigten richtet.

    3.4  Massgebend für die erbrechtliche Behandlung von
Freizügigkeitsleistungen ist schliesslich, dass Art. 15 FZV die
Begünstigungsfrage abschliessend regelt. Entgegen gewissen Lehrmeinungen
(etwa KOLLER, Die neue Begünstigtenordnung bei Freizügigkeitspolicen und
Freizügigkeitskonti, in: AJP 1995 S. 742; REBER/MEILI, aaO, S. 122),
denen sich die Vorinstanz angeschlossen hat, beruht die entsprechende
Norm auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage, und es lässt sich auch
nicht von einer füllungsbedürftigen Lücke sprechen:

    Art. 29 Abs. 3 BVG bestimmte in der ursprünglichen Fassung vom
25. Juni 1982, dass der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice
oder in anderer gleichwertiger Form zu erhalten sei, wenn die
Austrittsleistung weder einer neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen
noch bei der alten belassen werden könne (AS 1983 S. 803). Der damalige
Art. 29 Abs. 4 BVG ermächtigte den Bundesrat, die Errichtung, den Inhalt
und die Rechtswirkungen der Freizügigkeitspolicen und der anderen
Erhaltungsformen zu regeln. Gestützt auf diese Ermächtigungsnorm hat
der Bundesrat am 12. November 1986 die Verordnung über die Erhaltung des
Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit erlassen (AS 1986 S. 2008). Art. 6
Abs. 1 lit. b dieser Verordnung erklärte als Begünstigte für den Todesfall
die Hinterlassenen nach Art. 18-22 BVG (Ziff. 1), die übrigen Kinder,
den Witwer und die Personen, die vom Vorsorgenehmer in erheblichem Masse
unterstützt worden sind (Ziff. 2) sowie die übrigen Erben (Ziff. 3).

    Mit dem Freizügigkeitsgesetz ist der seinerzeitige Art. 29 BVG
ersatzlos aufgehoben worden (Anhang zum FZG, Ziff. 3). Dafür bestimmt
nunmehr Art. 26 Abs. 1 FZG, dass der Bundesrat die Ausführungsvorschriften
erlasse und die zulässigen Formen der Erhaltung des Vorsorgeschutzes
regle. Gestützt hierauf ist am 1. Januar 1995 gleichzeitig mit dem FZG
die FZV in Kraft gesetzt worden, deren Art. 15 die Begünstigtenregelung
von Art. 6 der früheren Verordnung - mit einer vorliegend irrelevanten
Einschränkung in Ziff. 3 - übernommen hat. In der Botschaft zum FZG ist auf
die alte Verordnung hingewiesen worden; diese müsse den neuen Verhältnissen
angepasst werden, wobei insbesondere die Führung der Freizügigkeitskonti
durch die Auffangeinrichtung neu zu regeln sei (BBl 1992 III 602).

    Wenn auch die Delegationsnorm von Art. 26 Abs. 1 FZG allgemein
gehalten ist, muss sie vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des
Freizügigkeitsrechts gelesen werden. Diese lässt keinen anderen Schluss
zu, als dass der Gesetzgeber des FZG, der die Begünstigtenregelung der
früheren Verordnung kannte, davon ausgehen durfte und musste, diese
würde durch Überführung in die neue Verordnung gleich oder jedenfalls
nicht wesentlich anders ausfallen. Indem der Gesetzgeber auf eine eigene
Regelung im FZG verzichtet hat, billigte er konkludent die seit 1987 auf
Verordnungsstufe bestehende. Als dergestalt vom Gesetzgeber sanktionierte
Spezialregelung geht sie den älteren und allgemeinen Bestimmungen des
Erbrechts vor. Ausser Zweifel steht schliesslich, dass die Vorschriften
des FZG auf alle beruflichen Vorsorgeverhältnisse anwendbar sind und
insbesondere auch den überobligatorischen Bereich umfassen (BBl 1992 III
570). Nichts anderes gilt für die vom Bundesrat erlassene FZV (Bericht
der Arbeitsgruppe Freizügigkeit in der beruflichen Vorsorge, Bern 1990,
S. 126 Fn. 17).

    3.5  Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Freizügigkeitsleistungen
weder in den Nachlass fallen noch der erbrechtlichen Herabsetzung
unterliegen.

Erwägung 4

    4.  Bei diesem Ergebnis wird die Frage, ob die Beklagte mit
Schreiben vom 12. September 2000 ihre Ausschlagungserklärung vom
30. Mai 1997 rechtsgültig habe widerrufen können, mit Bezug auf die
Freizügigkeitsleistung gegenstandslos. Sie bleibt jedoch insoweit von
Bedeutung, als es um die Tragung der Erbschaftsschulden geht.

    4.1  Die Vorinstanz hat diesbezüglich ausgeführt, die blossen
Meinungsäusserungen der Klägerinnen hätten die massgebliche Rechtslage
nicht verbindlich zu klären vermocht und die Beklagte habe sich angesichts
der kontroversen Lehre auf die von der Freizügigkeitsstiftung vertretene
Auffassung verlassen dürfen, dass das Freizügigkeitskapital keine
erbrechtliche Relevanz aufweise; erst an der Hauptverhandlung vom 29. Mai
2000 sei sie von der wahren Rechtslage in Kenntnis gesetzt worden. Gemeint
ist damit offensichtlich der Vergleichsvorschlag des Kantonsgerichts
Schaffhausen, der gleich lautete und gleich begründet worden ist wie
schliesslich das Urteil (HV-Protokoll, p. 67 unten). Bei der Unterbreitung
des Vergleichsvorschlages hat das Kantonsgericht im Übrigen ausgeführt,
die Beklagte habe sich bei der Ausschlagung in einem Grundlagenirrtum
befunden; die Frist für dessen Anfechtung beginne erst mit den jetzigen
Erläuterungen durch das Gericht zu laufen und der Irrtum könne deshalb
beim Vergleichsvorschlag berücksichtigt werden (HV-Protokoll, p. 67 oben).

    4.2  Während sich die Beklagte in ihrer Berufung zur Frage der
Rechtsverbindlichkeit des Widerrufs bzw. der Anfechtung nicht äussert -
sie hat lediglich ein Begehren um vollständige Abweisung der Herabsetzungs-
und Erbschaftsklage gestellt -, wird diese Möglichkeit von den Klägerinnen
in der Berufungsantwort vehement bestritten: Zum einen handle es sich bei
der Ausschlagungserklärung um ein widerrufsfeindliches Gestaltungsrecht,
zum anderen sei Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR nur auf Verträge anwendbar.

    4.3  Die Ausschlagungserklärung wird in der Lehre fast einhellig
als prinzipiell unwiderruflich bezeichnet (EUGEN HUBER, Erläuterungen
zum Vorentwurf des ZGB, Bd. I, Bern 1914, S. 441; TUOR/PICENONI,
Berner Kommentar, N. 6 zu Art. 570 ZGB; ESCHER, Zürcher Kommentar,
N. 7 zu Art. 570 ZGB; SCHWANDER, Basler Kommentar, N. 4 zu Art. 566 ZGB;
RUSCH, Die erbrechtlichen Gestaltungsrechte nach Eröffnung des Erbganges,
Diss. Zürich 1983, S. 57). Aus rechtsdogmatischer Sicht ist dies zwingend,
weil ein Gestaltungsrecht mit seiner Ausübung untergeht.

    Hingegen befürworten die Kommentatoren, die Ausschlagungserklärung in
sinngemässer Anwendung von Art. 23 ff. OR der Anfechtung zu unterstellen
(TUOR/PICENONI, aaO, N. 6 zu Art. 570 ZGB; ESCHER, aaO, N. 8 zu
Art. 570 ZGB; SCHWANDER, aaO, N. 4 zu Art. 566 ZGB). Wie es sich damit
im Einzelnen verhält, kann vorliegend offen gelassen werden: Angesichts
der Kontroverse über die Frage, wie die überobligatorische Vorsorge und
die Freizügigkeitsleistung erbrechtlich zu behandeln seien, musste die
Beklagte über die Vor- und Nachteile der Ausschlagung abwägen. Indem
sie sich für die Ausschlagung entschied, nahm sie das Risiko in Kauf,
die Freizügigkeitsleistung oder jedenfalls den aus der überobligatorischen
Vorsorge stammenden Teil im Klagefall herausgeben zu müssen. Wäre sie bei
ihrem Entscheid einem (Rechts-)irrtum erlegen, hätte es sich somit nicht
um einen Grundlagen-, sondern um einen unbeachtlichen Motivirrtum gemäss
Art. 24 Abs. 2 OR gehandelt. Abgesehen davon geht der Meinungsäusserung
eines erstinstanzlichen Gerichts zu einer hochkontroversen Frage anlässlich
der Präsentation eines unverbindlichen Vergleichsvorschlages von vornherein
jede Eignung ab, einen Rechtsirrtum "aufzudecken".

    4.4  Zusammenfassend ergibt sich, dass die Ausschlagungserklärung der
Beklagten vom 30. Mai 1997 weder widerruflich noch anfechtbar (gewesen)
ist.