Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 129 III 230



129 III 230

38. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. AG gegen B. AG
(Berufung)

    4C.309/2002 vom 24. Januar 2003

Regeste

    Gerichtsstand der Widerklage (Art. 6 Abs. 1 und Art. 38 GestG;
Art. 30 Abs. 2 BV).

    Erfordernis der Konnexität mit der Hauptklage nach Art. 6 GestG;
blosse Verrechenbarkeit der streitigen Ansprüche genügt nicht (E. 3).

    Vereinbarkeit des nach Art. 38 GestG massgebenden kantonalen
Widerklagegerichtsstandes mit Art. 30 Abs. 2 BV (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Die A. AG (Klägerin) mit Sitz in X. machte am 20. Oktober
2000 beim Kantonsgericht Zug eine Klage gegen die B. AG (Beklagte)
mit Sitz in Zug hängig. Sie verlangte die Bezahlung von US$ 825'212.25
nebst 5% Zins seit 11. September 1998. Ihre Forderung leitete sie aus
einer Garantieerklärung vom 22. Juli 1998 ab, mit der die Beklagte
die Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen der C. Ldt. aus einem
Kaufvertrag über Eisenmaterial vom 25. Juni 1998 garantiert habe. Die
Beklagte erhob am 15. Dezember 2000 Widerklage mit den Anträgen, die
Klägerin sei zu verpflichten (a) ihr das gerichtlich festzustellende,
zu viel bezahlte Honorar für die Jahre 1998 und 1999 zurückzubezahlen,
(b) ihr US$ 258'974.44 nebst 9% Zins seit 12. Dezember 2000 zu bezahlen
sowie (c) ihr US$ 2'553'787.43 sowie US$ 264'585.46 zu bezahlen, unter
gleichzeitiger Abtretung der Forderung der B. AG im Konkurs der D. AG, an
die Klägerin. Die Klägerin erhob in der Widerklageantwort die Einrede der
örtlichen Unzuständigkeit mit der Begründung, es bestehe kein hinreichender
sachlicher Zusammenhang zwischen Klage und Widerklage.

    B.- Mit Beschluss vom 28. November 2001 trat das Kantonsgericht
Zug auf die Widerklage ein (Dispositivziffer 1) und auferlegte
die Verfahrens- und Parteikosten der Klägerin (Dispositivziffer 2
und 3). Das Gericht führte zur Begründung aus, Klage und Widerklage
beruhten zwar auf unterschiedlichen Rechtsgründen, es stehe jedoch der
gleiche Sachverhalt zur Beurteilung. Das Gericht stützte sich dabei auf
den Vortrag der Beklagten, wonach die Klägerin als Tochtergesellschaft
der russischen Eisenmine Y. gegründet worden sei, welche später im Zuge
einer Kapitalerhöhung die Kontrolle über die Klägerin verloren habe. Der
Verantwortliche der Eisenmine Y. habe darauf mit Angestellten der Beklagten
vereinbart, dass diese die E. AG gründen und deren Aktien auf die Beklagte
übertragen würden. Dies sei in der Absicht geschehen, dass die Beklagte
über die E. AG die Geschäfte der Y. abwickeln sollte. Dieses Vorgehen
sei in die Tat umgesetzt worden. Dabei habe die Klägerin am 31. März 1998
nach der Gründung der E. AG, jedoch vor Übertragung deren Aktien auf die
Beklagte, mit der E. AG den Kooperationsvertrag abgeschlossen. Diesen
Vertrag habe die Klägerin nicht gehörig erfüllt, woraus die Ansprüche
gemäss Widerklage resultierten, welche die E. AG der Beklagten am
7. November 2000 abgetreten habe. Da nach Darstellung der Klägerin die
Garantieerklärung vom 22. Juli 1998 auf den Kontakten beruhte, welche
die Parteien im Zusammenhang mit dem Verkauf der Aktien der E. AG und
der vereinbarten Kooperation der E. AG mit der Klägerin gehabt hätten,
bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen der Garantieerklärung, auf
welche sich die Klage stütze, und dem Kooperationsvertrag, aus welchem
die Beklagte die Ansprüche gemäss Widerklage ableite.

    C.- Mit Urteil vom 30. August 2002 bestätigte das Obergericht
des Kantons Zug, Justizkommission, den Eintretensentscheid des
Kantonsgerichts. Mit eidgenössischer Berufung vom 3. Oktober 2002 stellt
die Klägerin die Anträge, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug sei
aufzuheben und in dem Sinne abzuändern, dass die Beschwerde gutzuheissen,
die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit der Gerichte des Kantons Zug
zu schützen und dementsprechend auf die Widerklage nicht einzutreten
sei. Die Klägerin rügt die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 lit. b GestG
(SR 272) sowie von Art. 6 Abs. 1 GestG. Das Bundesgericht heisst die
Berufung der Klägerin gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.  Nach Art. 6 Abs. 1 GestG kann beim Gericht der Hauptklage
Widerklage erhoben werden, wenn die Widerklage mit der Hauptklage in einem
sachlichen Zusammenhang steht. Der Gerichtsstand der Widerklage dient
dem Zweck, widersprüchliche Urteile zu verhindern, sowie eine rasche und
effiziente gesamthafte Erledigung zusammenhängender Streitsachen zwischen
denselben Parteien zu ermöglichen (MÜLLER, in: Müller/Wirth, Kommentar zum
Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, Zürich 2001, N. 1 und
6 zu Art. 6 GestG; DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale sur les fors
en matière civile, Bern 2001, N. 2 zu Art. 6 GestG; KELLERHALS/GÜNGERICH,
in: Kellerhals/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgesetz über den
Gerichtsstand in Zivilsachen, Bern 2001, N. 1 zu Art. 6 GestG).

    3.1  Ein sachlicher Zusammenhang ist nach der Botschaft zum
Gerichtsstandsgesetz (Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über den
Gerichtsstand in Zivilsachen vom 18. November 1998, Botschaft GestG, BBl
1999 S. 2829 ff.) gegeben, wenn beide Klagen auf dem gleichen sachlichen
oder rechtlichen Grund beruhen, sich insbesondere auf denselben Vertrag
stützen oder ihnen derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt (Botschaft
GestG, S. 2847). In der Botschaft wird klargestellt, dass entgegen
einzelnen kantonalen Prozessrechten die blosse Verrechenbarkeit der
Ansprüche nicht genügt, sondern dass es zur Begründung des Gerichtsstands
der Widerklage einer Konnexität mit der Hauptklage bedarf, wie dies
die Rechtsprechung zu Art. 59 aBV verlangt hatte (BGE 93 I 549 E. 2
S. 552; 87 I 126 E. 3 S. 130; 71 I 344 E. 2; 58 I 165 E. 3 S. 169,
je mit Hinweisen). Die Konnexität ist nach der Botschaft gleich zu
verstehen wie im internationalen Recht, insbesondere gemäss Art. 8
IPRG, aber auch Art. 6 Ziff. 3 LugÜ (SR 0.275.11; Botschaft GestG,
S. 2846). In der Rechtsprechung zu Art. 59 aBV wurde als ungenügend
erachtet, dass es sich bloss um gleichartige Klagen handelt (BGE 71 I
344 E. 3 betreffend zwei Klagen je auf Löschung gleichartiger Marken),
oder dass lediglich Gründe der Prozessökonomie für ihre gemeinsame
Beurteilung sprechen (BGE 71 I 344 E. 2; vgl. KELLERHALS/GÜNGERICH,
aaO, N. 25 zu Art. 6 GestG). Konnexität wurde dagegen bejaht, wenn
die beidseitigen Ansprüche das gleiche Rechtsgeschäft betreffen (BGE
80 I 200 S. 204: Forderung auf Verzugszins für die verspätete Bezahlung
der Kaufpreisforderung und Widerklage auf Rückforderung eines Teils des
Kaufpreises wegen Minderung; BGE 93 I 549: Klage auf Herausgabe der bei
einer Bank hinterlegten Summe und Widerklage auf Zahlung des Werklohnes,
wobei sich beide Forderungen auf denselben Werkvertrag stützten), oder aus
dem gleichen Tatbestand abgeleitet werden (vgl. KELLERHALS/GÜNGERICH, aaO,
N. 17 ff. zu Art. 6 GestG). Als hinreichend wurde ausserdem angesehen,
dass sie Ausfluss eines gemeinsamen Rechtsverhältnisses sind oder doch
eine enge rechtliche Beziehung zueinander haben (MÜLLER, aaO, N. 17 zu
Art. 6 GestG; SPÜHLER, in: Spühler/Tenchio/Infanger, Bundesgesetz über den
Gerichtsstand in Zivilsachen, Basel 2001, N. 11 zu Art. 6 GestG; ebenso
SPÜHLER/VOCK, Gerichtsstandsgesetz, Zürich 2000, N. 2 zu Art. 6 GestG;
DONZALLAZ, aaO, N. 23 zu Art. 6 GestG; HOHL, Procédure civile, Bd. II,
Bern 2002, Rz. 1575). Dies wurde z.B. bejaht bei einer Forderungsklage
nach dahingefallenem Arrest und der Widerklage auf Schadenersatz aus
demselben, als ungerechtfertigt behauptetem Arrest (BGE 47 I 176 E. 4),
oder bei Ansprüchen aus verschiedenen Verträgen, die nach dem Willen
der Parteien eine Einheit bilden sollten (BGE 34 I 755 E. 5 S. 774
f.). Nach der Lehre soll Art. 8 IPRG, der ebenfalls einen sachlichen
Zusammenhang (connexité entre les deux demandes, domande materialmente
connesse) verlangt, im Sinne dieser Rechtsprechung interpretiert werden
(vgl. BERTI, Basler Kommentar, N. 8 ff. zu Art. 8 IPRG; VOLKEN, in:
Heini et al., IPRG Kommentar, Zürich 1993, N. 15 zu Art. 8 IPRG; DUTOIT,
Droit international privé suisse, 3. Aufl., Basel 2001, N. 3 zu Art. 8
IPRG). Art. 6 Ziff. 3 LugÜ verlangt dagegen, dass sich die Widerklage
auf denselben Vertrag oder Sachverhalt stützt wie die Klage selbst. Die
Voraussetzungen dieser Bestimmung sind nach dem Wortlaut nicht erfüllt,
wenn sich die Widerklage auf einen andern Vertrag stützt als die Klage,
es sei denn, es läge ihnen derselbe Sachverhalt zugrunde, was z.B. in
der französischen Rechtsprechung für die auf den Rahmenvertrag gestützte
Widerklage eines Vertragshändlers gegen die auf einzelne Kaufverträge
gestützte Hauptklage des Unternehmers bejaht worden ist (KROPHOLLER,
Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Heidelberg 2002, N. 38 zu Art. 6
EuGVO, insbes. Fn. 72). Mit dem Erfordernis desselben Sachverhalts bei
Klagen, die sich auf unterschiedliche Verträge stützen, dürfte Art. 6
Ziff. 3 LugÜ enger zu verstehen sein als die Konnexität nach der bisherigen
Rechtsprechung zu Art. 59 aBV und die entsprechende Voraussetzung nach
Art. 8 IPRG (MÜLLER, aaO, N. 33 zu Art. 6 GestG; DONZALLAZ, aaO, N. 24
zu Art. 6 GestG). Inwieweit ein enger rechtlicher Zusammenhang auch
abgesehen von einem gemeinsamen rechtserheblichen Sachverhalt für die
Konnexität nach Art. 6 Abs. 1 GestG genügt, braucht im vorliegenden Fall
jedoch nicht abschliessend erörtert zu werden.

    3.2  Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, Klage und Widerklage
beruhten auf dem gleichen Sachverhalt; sie verwarfen die Ansicht der
Klägerin, dass die in Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche
weder tatsächlich auf derselben Grundlage beruhten noch ein enger
rechtlicher Zusammenhang zwischen ihnen bestehe.

    3.2.1  Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift (welche gemäss Art. 64
Abs. 2 OG beizuziehen ist) dargelegt, dass sie am 9. März 1994 als
Tochtergesellschaft der russischen Y. gegründet wurde, die ihrerseits
eine Eisengrube betreibt. Die Klägerin beschäftigt sich mit dem Handel
des aus der Grube ihrer Muttergesellschaft geförderten Eisens. Die
Beklagte ist gemäss Klageschrift am 22. September 1993 gegründet worden
und im internationalen Handel tätig, vor allem im Handel mit Mangan und
Nahrungsmittelprodukten aus Kasachstan. Die ersten Kontakte zwischen
den Parteien gingen nach Darstellung der Klägerin auf April 1998 zurück
und hatten den Verkauf des Aktienpakets der kurz zuvor gegründeten Firma
E. AG zum Gegenstand. Die Organe der Klägerin seien gleichzeitig Organe
der E. AG gewesen. Die Y. habe der Beklagten die Aktien der E. AG im
Mai 1998 verkauft. Hauptaktionär der Beklagten sei F. gewesen und sei
dies wahrscheinlich immer noch. Jedenfalls habe F. die Stellung eines
faktischen Organs der Beklagten versehen, als er für die Beklagte das
der Klage zugrunde liegende Schreiben vom 22. Juli 1998 unterzeichnet
habe, in dem sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet habe,
die Kaufpreisforderung gegenüber der C. Ldt., Zypern, auf schriftliches
Ersuchen der Klägerin und unter Verzicht auf jegliche Einreden oder
Einwendungen zu bezahlen.

    3.2.2  Die Widerklageforderung, welche sich die Beklagte von ihrer
Tochtergesellschaft E. AG (in Liquidation) hatte abtreten lassen, stützt
sich auf einen Zusammenarbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der E. AG,
den diese vor dem Verkauf der Aktien am 31. März 1998 abgeschlossen
hatten und in dem sich die Klägerin verpflichtet, der E. AG von deren
Gründung an bis auf weiteres die eigene Infrastruktur zur Verfügung zu
stellen. Die entsprechenden Dienstleistungen sollten von der Klägerin
der E. AG vierteljährlich in Rechnung gestellt und entsprechend dem
Umsatz der verwalteten Gesellschaften nach dem Jahresabschluss definitiv
bemessen werden. Die Beklagte behauptet, ihre Tochtergesellschaft E. AG
habe der Klägerin aus diesem Vertrag zu viel Honorar bezahlt und ausserdem
habe die Klägerin ihre vertraglichen Verpflichtungen schlecht erfüllt,
indem sie ihre Stellung als Beauftragte insbesondere missbraucht habe,
um eine Kaufpreisforderung selbst einzukassieren bzw. ein schlechtes
Risiko auf die E. AG abzuwälzen.

    3.2.3  Die Vorinstanz hat festgestellt, dass zwischen der Y. und der
Klägerin, der Beklagten sowie der E. AG enge Verflechtungen bestanden
hätten. Die Klägerin führt nach den Erwägungen der Vorinstanz in der
Klageschrift aus, dass der Kaufvertrag der C. Ldt. bzw. der behauptete,
von F. unterzeichnete Garantievertrag, aus dem sie ihre Forderung
herleite, auf den Kontakt der Parteien im Zusammenhang mit dem Kauf der
Aktien zurückzuführen sei, der wiederum mit der Vereinbarung zwischen
der Klägerin und der E. AG verbunden gewesen sei. Da die Organe der
Klägerin ebenfalls Verwaltungsratsmitglieder und Bevollmächtigte der E. AG
gewesen und beide Gesellschaften der Y. nahe gestanden seien, kam die
Vorinstanz zum Schluss, aufgrund der engen Beziehungen der Parteien zur
E. AG und zur Y. im fraglichen Zeitpunkt und der sich daraus ergebenden
vertraglichen Verflechtungen, könne - entgegen der Ansicht der Klägerin
- nicht gesagt werden, Haupt- und Widerklage basierten nicht auf dem
gleichen Sachverhalt und zwischen diesen Forderungen bestände kein enger
rechtlicher Zusammenhang.

    3.3  Ein Zusammenhang tatsächlicher oder rechtlicher Art besteht nicht
bereits, wenn die streitigen Vertragsbeziehungen der Parteien in einen
gewissen Zusammenhang gebracht werden können. Es genügt für die Konnexität
gemäss Art. 6 Abs. 1 GestG ebenso wenig wie nach Art. 59 aBV, dass die in
Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche auf Rechtsverhältnissen
beruhen, die ihrerseits in weiterem Sinne auf personellen Verflechtungen
gründen, oder dass die Beteiligten anderweitig in Geschäftsbeziehung
stehen.

    3.3.1  Nach der Behauptung der Klägerin hat F. ihr gegenüber als
faktisches Organ der Beklagten eine Garantie für einen Kaufpreis Dritter
abgegeben, für den sie üblicherweise ein Akkreditiv verlangt hätte,
und die sie statt des Akkreditivs nur akzeptierte, weil die Käuferin
von F. eingeführt wurde, mit dem sie auch sonst zusammenarbeitete. Das
Motiv der Klägerin, die behauptete Garantieerklärung des angeblichen
faktischen Organs der Beklagten als Sicherheit anzunehmen, mag in der
vertraglichen Beziehung des Kooperationsvertrages oder in der engen
personellen Verflechtung der Beteiligten liegen. Daraus ergibt sich jedoch
entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht, dass derselbe Sachverhalt
für die umstrittenen Ansprüche gemäss Klage und Widerklage massgebend
sei. Vielmehr ist ohne weiteres möglich, den für die Beurteilung der
Klage massgebenden Sachverhalt ohne Rücksicht auf die tatsächlichen
Grundlagen zum Kooperationsvertrag abzuklären, welche für die in der
Widerklage geltend gemachten Ansprüche erheblich sind; es bedarf für die
Beurteilung der Widerklage zusätzlicher und anderer Sachverhaltselemente
als für die Entscheidung der Klage. Damit fehlt es an der Voraussetzung
eines gemeinsamen rechtserheblichen Sachverhaltes.

    3.3.2  Auch eine enge rechtliche Beziehung zwischen den beiden
Forderungen aus Klage und Widerklage ist aufgrund der Feststellungen
der Vorinstanz nicht ersichtlich. Zunächst ist nicht erkennbar,
dass die Ansprüche aus dem Zusammenarbeitsvertrag der Klägerin mit
der Tochtergesellschaft der Beklagten einerseits, und des angeblichen
Garantieversprechens der Beklagten anderseits, rechtlich widersprüchlich
beurteilt werden könnten, wenn sie unabhängig voneinander entschieden
werden. Zudem besteht auch sonst kein enger rechtlicher Zusammenhang. Die
Ansprüche aus Klage und Widerklage haben verschiedene Entstehungsgründe;
sie beruhen weder auf demselben Vertrag noch hängen sie indirekt etwa in
der Weise zusammen, dass sie auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis
wie einem Rahmenvertrag beruhen würden. Sie bestehen vielmehr aufgrund
zweier unabhängiger Vertragsverhältnisse, die auch keinen hinreichend
engen rechtlichen Bezug aufweisen würden, wenn sie unter denselben
Parteien geschlossen worden wären. Der eingeklagte Anspruch aus der
angeblichen Garantie betrifft einen Kauf, den die Klägerin mit Dritten
abgeschlossen hat. Dieser Vertrag wurde von der Klägerin unabhängig
vom Zusammenarbeitsvertrag mit der Tochtergesellschaft der Beklagten
abgeschlossen. Ein rechtlicher Zusammenhang wird dadurch, dass der
entsprechende Umsatz allenfalls für die Berechnung der Infrastrukturkosten
gemäss diesem Zusammenarbeitsvertrag in Betracht fällt, nicht begründet,
zumal mit der eingeklagten Forderung nicht der Kaufpreis selbst, sondern
die angebliche Garantie dafür geltend gemacht wird. Die Beklagte bringt
auch nicht vor, die von ihr widerklageweise geltend gemachten Forderungen
hingen vom Ausgang des Hauptklageverfahrens ab.

    3.3.3  Zwischen dem eingeklagten Anspruch aus der angeblichen
Garantie der Beklagten und der vereinbarten Zusammenarbeit der Klägerin
mit der Tochtergesellschaft der Beklagten besteht weder tatsächlich noch
rechtlich ein derartiger Zusammenhang, dass zur Vermeidung tatsächlich
oder rechtlich widersprechender Urteile die Zusammenlegung der Verfahren
erforderlich wäre. Abgesehen von der Verrechenbarkeit der Ansprüche
ist kein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem eingeklagten Anspruch
aus der behaupteten Garantie der Beklagten für eine Kaufpreisforderung
der Klägerin gegenüber einer Kundin und dem Zusammenarbeitsvertrag der
Tochtergesellschaft der Beklagten mit der Klägerin ersichtlich. Die
Verrechenbarkeit genügt für die Konnexität nach Art. 6 Abs. 1
GestG ebenso wenig wie die prozessökonomische Absicht, sämtliche
streitigen Rechtsbeziehungen unter den Parteien möglichst umfassend zu
bereinigen. Die Klägerin bringt zutreffend vor, dass der erforderliche
sachliche Zusammenhang der Widerklage mit der Hauptklage im Sinne von
Art. 6 Abs. 1 GestG fehlt.

Erwägung 4

    4.  Da die Gerichte des Kantons Zug für die Widerklage gemäss
Gerichtsstandsgesetz nicht zuständig sind, wäre zu prüfen, ob sich
allenfalls eine Zuständigkeit aus dem bisherigen kantonalen Recht
ergäbe (Art. 38 GestG; BGE 129 III 80 E. 1). Die beiden Vorinstanzen
haben den Gerichtsstand gemäss Art. 6 Abs. 1 GestG bejaht, und daher die
Zuständigkeit für die Widerklage gemäss bisherigem kantonalem Recht nicht
geprüft. Die Streitsache müsste somit an die Vorinstanz zurückgewiesen
werden. Auf die Rückweisung kann jedoch ausnahmsweise verzichtet werden,
da eine allfällige Zuständigkeit gemäss kantonalem Recht nicht mit Art. 30
Abs. 2 BV (Art. 59 aBV) vereinbar wäre. Haupt- und Widerklage sind
nicht konnex im Sinne von Art. 30 Abs. 2 BV; die blosse Verrechenbarkeit
der Forderungen genügt gemäss der Rechtsprechung nicht, damit ein nach
kantonalem Recht begründeter Gerichtsstand der Widerklage vor Art. 30
Abs. 2 BV (Art. 59 aBV) standhalten würde (BGE 28 I 21 E. 3; 12 S. 520
E. 2 S. 522 ff., je mit Hinweisen). Ein Grossteil der Lehre folgt dieser
ablehnenden Haltung (VOGEL/SPÜHLER, Grundriss des Zivilprozessrechts,
7. Aufl., Bern 2001, 7. Kapitel, Rz. 58; WALDER, Zivilprozessrecht,
4. Aufl., Zürich 1996, § 7 Rz. 34; LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI,
Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl., Bern 2000, N. 3 zu
Art. 33 ZPO/BE; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Kommentar zur Zivilprozessordnung
des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N. 3 zu Art. 35 ZPO/SG; BÜHLER, in:
Bühler/Edelmann/Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung,
2. Aufl., Aarau 1998, N. 5 zu § 36 ZPO/AG; MÜLLER, aaO, N. 20 zu Art. 6
GestG; KELLERHALS/GÜNGERICH, aaO, N. 27 zu Art. 6 GestG). Andere Autoren
lassen hingegen die Verrechenbarkeit von Haupt- und Gegenanspruch
genügen, um einen Gerichtsstand für die Widerklage bei interkantonalen
Verhältnissen zu begründen (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht,
3. Aufl., Zürich 1979, S. 101 Fn. 89; STAEHELIN/SUTTER, Zivilprozessrecht,
Zürich 1992, § 13 Rz. 30). Für die verbleibende intertemporalrechtlich
bedeutsame Zeit besteht angesichts der überwiegenden Lehrmeinung kein
Anlass von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, auch
wenn dies aus prozessökonomischen Überlegungen sinnvoll sein könnte.
Prozessökonomische Gründe genügen ohnehin nicht für die Rechtfertigung
des Ausnahmegerichtsstandes der Widerklage (BGE 71 I 344 E. 3).