Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 IV 46



128 IV 46

11. Auszug aus dem Beschluss des Kassationshofes i.S. G. gegen
Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.626/2001 vom 27. November 2001

Regeste

    Art. 272 Abs. 7 BStP; Vollzugshemmung.

    Zuständigkeit zur Verfügung der Vollzugshemmung zwischen
der Fällung des angefochtenen Entscheids und der Einreichung der
Nichtigkeitsbeschwerde. Anforderungen an die Begründung eines Gesuches
um Vollzugshemmung (E. 1).

Sachverhalt

    Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte G.  am 14. September 2001
wegen Vergehen gegen das BetmG zu sechs Monaten Gefängnis und verweigerte
den bedingten Strafvollzug. Die begründete Fassung des im Dispositiv
eröffneten Urteils liegt noch nicht vor.

    G. wendet sich ans Bundesgericht und stellt das Gesuch, der Vollzug der
durch das Obergericht verhängten Gefängnisstrafe sei bis zum Entscheid
über die nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung noch zu
erhebende eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde aufzuschieben.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Urteil des Obergerichts ist grundsätzlich vollstreckbar. Eine
Beschwerde, die dem Bundesgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der
vollständigen Ausfertigung des Entscheids einzureichen ist, hemmt den
Vollzug des Urteils nur, wenn der Kassationshof oder sein Präsident es
verfügt (Art. 272 Abs. 1 und 7 BStP [SR 312.0]). Nach dem Wortlaut von
Art. 272 Abs. 7 BStP ist die Zuständigkeit des Kassationshofes oder seines
Präsidenten zum Entscheid über ein Gesuch um aufschiebende Wirkung erst
mit der Einreichung der Nichtigkeitsbeschwerde gegeben.

    Gemäss dem früheren, bis zum 1. Januar 2001 geltenden Art.  272 Abs. 1
aBStP war die Beschwerde innert zehn Tagen seit der nach dem kantonalen
Recht massgebenden Eröffnung des angefochtenen Entscheids anzumelden,
womit der Kassationshof mit der Sache befasst war (vgl. zur Frage der
aufschiebenden Wirkung im alten Recht ERHARD SCHWERI, Eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, Bern 1993, N. 351 ff.). Im neuen
Recht ist diese Anmeldung der Beschwerde nicht mehr vorgesehen. Die
Nichtigkeitsbeschwerde muss vielmehr erst 30 Tage nach Zustellung der
schriftlichen Urteilsbegründung erhoben werden. Das hat zur Folge,
dass von der Urteilsfällung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist unter
Umständen einige Zeit verstreichen kann. Da die Beschwerdeanmeldung
beim Bundesgericht entfällt, fragt sich, an wen sich der Rechtssuchende
wenden muss, um in diesem Zeitraum einen Aufschub der Vollstreckung des
kantonalen Urteils zu beantragen. Das Bedürfnis für eine solche Massnahme
kann sich daraus ergeben, dass der Verurteilte das kantonale Urteil beim
Bundesgericht anfechten und eine geringere Strafe oder die Gewährung
des bedingten Strafvollzugs verlangen will (vgl. MARTIN SCHUBARTH,
Nichtigkeitsbeschwerde 2001, Bern 2001, N. 233).

    Soweit das kantonale Recht eine Möglichkeit vorsieht, um den
Aufschub der Vollstreckung des Strafurteils zu beantragen, ist davon
Gebrauch zu machen. Kennt jedoch das kantonale Recht kein entsprechendes
Instrument, sind die Rechtsschutzbedürfnisse wie unter dem alten Recht
vom Bundesgericht abzudecken. Denn der Gesetzgeber beabsichtigte mit der
jüngsten Revision offensichtlich nicht, den Rechtsschutz des Betroffenen
einzuschränken.

    Soll mangels eines kantonalen Behelfs das Bundesgericht um Aufschub
der Vollstreckung des letztinstanzlichen kantonalen Strafurteils ersucht
werden, hat der Betroffene eine summarisch begründete

Nichtigkeitsbeschwerde einzureichen und darin anzugeben, welche Punkte des
Urteils er anfechten will. Zudem hat er ein Gesuch um aufschiebende Wirkung
zu stellen, in dem er einlässlich darlegt, weshalb die Vollzugshemmung im
Lichte der vorzunehmenden Interessenabwägung als notwendig und im Blick
auf die Rechtsbegehren und deren Erfolgsaussichten als gerechtfertigt
erscheint. Wie unter dem alten Recht sind an die Begründung eines solchen
Gesuchs besonders hohe Anforderungen zu stellen (SCHWERI, aaO, N. 356).

    Anschliessend wird in der Regel der Präsident (und ausnahmsweise der
Kassationshof) über das Gesuch befinden.