Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 IV 3



128 IV 3

2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. S. gegen
Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.317/2001 vom 22. Januar 2002

Regeste

    Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 und 2 StGB; Täuschung richterlichen Vertrauens;
Widerruf des bedingten Strafvollzugs.

    Der Widerrufsgrund der Vertrauenstäuschung kann selbst bei Begehung
zahlreicher Übertretungen durch den Verurteilten nur zur Anwendung
gelangen, wenn sich die Bewährungsprognose während der Probezeit so sehr
verschlechtert hat, dass der Vollzug der Strafe als die voraussichtlich
wirksamere Sanktion erscheint (E. 4e).

Sachverhalt

    A.- Das Kreisgericht X Thun verurteilte S. am 20. März 1997 wegen
Urkundenfälschung, Erschleichens einer Falschbeurkundung, leichtsinnigen
Konkurses, ungetreuer Geschäftsführung, unwahrer Angaben über eine
Handelsgesellschaft und Unterlassung der Buchführung zu 10 Monaten
Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit
von 3 Jahren.

    B.- S. beging in der Probezeit weitere Delikte. Dabei handelte es sich
ausschliesslich um Übertretungen, konkret um Widerhandlungen gegen das SVG
(SR 741.01). Im ersten aufgrund mehrerer SVG-Verurteilungen durchgeführten
Widerrufsverfahren wurde der ihm gewährte bedingte Strafvollzug mit Urteil
vom 18. September 1998 nicht widerrufen. S. wurde jedoch verwarnt, und die
Probezeit wurde um 1 Jahr verlängert. Nach zwei weiteren Verurteilungen
wegen Strassenverkehrsdelikten wurde ein zweites Widerrufsverfahren
gegen S. durchgeführt. Mit Urteil vom 21. Mai 1999 wurde der am 20. März
1997 gewährte bedingte Strafvollzug nicht widerrufen, S. wurde jedoch
nachdrücklich verwarnt und die Probezeit nochmals um ein halbes Jahr
auf insgesamt 4 1/2 Jahre verlängert. Auch im durch zahlreiche weitere
Strassenverkehrsdelikte notwendig gewordenen dritten Widerrufsverfahren
gegen S. wurde der ihm gewährte bedingte Strafvollzug mit Urteil vom
31. März 2000 nicht widerrufen. S. wurde jedoch wiederum verwarnt.

    Aufgrund weiterer Verurteilungen wegen Strassenverkehrsdelikten wurde
schliesslich ein viertes Widerrufsverfahren gegen S. durchgeführt. Mit
Urteil des Kreisgerichts X Thun vom 1. Dezember 2000 wurde der ihm mit
Urteil vom 20. März 1997 gewährte bedingte Strafvollzug widerrufen.

    Auf Appellation von S. hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern,
1. Strafkammer, am 23. März 2001 in Anwendung von Art. 41 Ziff. 3 StGB
den Widerruf des S. mit Urteil des Kreisgerichts X Thun vom 20. März 1997
für eine Gefängnisstrafe von 10 Monaten gewährten bedingten Strafvollzugs.

    C.- S. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag,
das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern sei aufzuheben und die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder
Vergehen, handelt er trotz förmlicher Mahnung des Richters

einer ihm erteilten Weisung zuwider, entzieht er sich beharrlich der
Schutzaufsicht oder täuscht er in anderer Weise das auf ihn gesetzte
Vertrauen, so lässt der Richter die Strafe vollziehen (Art. 41 Ziff. 3
Abs. 1 StGB). Wenn begründete Aussicht auf Bewährung besteht, kann
der Richter in leichten Fällen stattdessen, je nach den Umständen, den
Verurteilten verwarnen, zusätzliche Massnahmen nach Art. 41 Ziff. 2 StGB
anordnen und die im Urteil bestimmte Probezeit um höchstens die Hälfte
verlängern (Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB).

    Nachdem der Beschwerdeführer während seiner (zweimalig verlängerten)
Probezeit ausschliesslich Übertretungen begangen hat, widerruft die
Vorinstanz den bedingten Strafvollzug in Anwendung der in Art. 41 Ziff. 3
Abs. 1 StGB enthaltenen Generalklausel der Vertrauenstäuschung.

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer führt eingangs allgemein zu der von der
Vorinstanz zur Anwendung gebrachten Generalklausel aus, diese sollte nur
mit äusserster Zurückhaltung angewandt werden, zudem nur wenn die neue
Verhaltensweise in einem sachlich engen Bezug zu demjenigen Deliktsbereich
stehe, für welchen dem Angeschuldigten der bedingte Strafvollzug gewährt
worden sei, und wenn es sich nicht um Bagatellstrafsachen handle. Heute
werde einhellig die früher vertretene Auffassung abgelehnt, der Verurteilte
müsse sich in sämtlichen Lebensbereichen wohl verhalten und bewähren.

    b) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Vorinstanz
habe den Widerruf des bedingten Strafvollzugs zu Unrecht auf eine
ungünstige Prognose gestützt. Die Prognose spiele keine Rolle bei
der Frage, ob die Generalklausel von Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB zur
Anwendung komme. Die Vorinstanz gehe in Abweichung von den von ihr
eigens aufgestellten Grundsätzen davon aus, der Verurteilte müsse sich
in sämtlichen Lebensgebieten als rechtstreuer Bürger erweisen und sich
in der Probezeit allgemein bewähren.

    c) Der Beschwerdeführer macht im Weiteren geltend, die Vorinstanz
habe ohne weitere Begründung einen leichten Fall mit günstiger Prognose
verneint. Gemäss Lehre und Rechtsprechung seien Freiheitsstrafen bis
zu drei Monaten als leicht im Sinne von Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB
anzusehen. Von einem Widerruf des bedingten Strafvollzugs wäre deshalb
selbst dann abzusehen, wenn die Generalklausel zur Anwendung käme.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer übersieht, dass die Vorinstanz in ihrem Urteil
hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Generalklausel der Täuschung
richterlichen Vertrauens in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB einleitend nicht
ihre eigene Meinung, sondern die

Rechtsprechung der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons
Bern wiedergibt. Gemäss dieser Praxis ist der bedingte Vollzug nur zu
widerrufen, wenn die neue Verhaltensweise in einem sachlich engen Bezug mit
der strafbaren Handlung steht, für welche dem Verurteilten der bedingte
Vollzug gewährt worden ist, so dass sie auch einen Hinweis dafür abgibt,
er werde sich in Bezug auf diesen Deliktsbereich nicht bewähren.

    Die Vorinstanz führt anschliessend aus, bei uneingeschränkter Anwendung
dieser Rechtsprechung käme vorliegend mangels sachlich engem Bezug
zwischen den Probezeit- bzw. Anlassdelikten und den neuerlichen Delikten
ein Widerruf des bedingten Strafvollzugs nie in Frage. Aufgrund der
"besonderen Krassheit" des zu beurteilenden Falles und des Umstandes, dass
der Beschwerdeführer "im Bereich der SVG-Übertretungen ein unbelehrbarer
Wiederholungstäter in 22 Fällen mit entsprechend hochgradig ungünstiger
Prognose" sei, relativiert die Vorinstanz die oben zitierte Rechtsprechung
der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern, d.h. sie verzichtet
im vorliegenden Fall "ausnahmsweise" auf den sachlich engen Bezug
zwischen den Anlassdelikten und den Rückfalldelikten und widerruft,
nachdem sie das Vorliegen eines leichten Falles und die Möglichkeit von
Ersatzmassnahmen ausgeschlossen hat, den dem Beschwerdeführer gewährten
bedingten Strafvollzug.

Erwägung 4

    4.- a) Das Bundesgericht hat in BGE 124 IV 280 E. 3b festgehalten, ein
bestimmtes Verhalten, das etwa wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals,
einer objektiven Strafbarkeitsbedingung oder einer Prozessvoraussetzung
nicht strafbar sei, dürfe nicht kurzerhand als Täuschung des Vertrauens in
anderer Weise im Sinne von Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB zum Widerruf des
bedingten Strafvollzugs führen. Ansonsten hatte das Bundesgericht seit
mehr als zwei Jahrzehnten keine Gelegenheit mehr, sich zur Generalklausel
der Vertrauenstäuschung zu äussern. Nach der älteren Rechtsprechung
des Bundesgerichts verlangt das Gesetz in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB
allgemein ein das Vertrauen des Richters enttäuschendes Verhalten als
Grund zum Vollzug der Strafe und damit, dass der unter Bewährung stehende
Verurteilte sich überhaupt keines Verhaltens schuldig mache, in dessen
Voraussicht der Strafvollzug nicht aufgeschoben worden wäre, gleichgültig,
ob es strafbar ist oder nicht, vorausgesetzt, dass sich der Verurteilte
der Pflichtwidrigkeit seines Handelns auch ohne besondere Mahnung bewusst
sein musste und dass seine Verfehlung von einer Schwäche zeugt, die er
mit Rücksicht auf die Bewährungsprobe hätte meistern können und sollen

(BGE 90 IV 177 S. 178; BGE 85 IV 121; 77 IV 1 S. 3 mit Verweisungen). Eine
Täuschung des Vertrauens kann dementsprechend erst recht vorliegen, wenn
der Verurteilte eine Übertretung begangen hat (BGE 72 IV 145 S. 147 f.). In
BGE 85 IV 121 S. 122 hat es das Bundesgericht ausdrücklich abgelehnt, eine
Täuschung des richterlichen Vertrauens nur anzunehmen, wenn die Schwere
des neues Fehltritts in Relation zu derjenigen der früheren Straftat
steht, weil dieses Erfordernis auf eine ungerechtfertigte Privilegierung
derjenigen Verurteilten hinauslaufen würde, die sich besonders schwer
vergangen haben. Das Bundesgericht hat bislang insbesondere keinen sachlich
engen Zusammenhang zwischen Anlasstat und Rückfalltat verlangt, jedoch
in BGE 95 IV 1 S. 3 die Täuschung des Vertrauens beim dort vorliegenden
sachlich engen Zusammenhang zwischen Anlasstat und Rückfalltat (beides
waren Strassenverkehrsdelikte) als umso erheblicher bezeichnet.

    Diese ältere Rechtsprechung zur Vertrauenstäuschung hat sich auf die
alte, bis am 30. Juni 1971 geltende Fassung von Art. 41 StGB bezogen,
gemäss welcher nur die vorsätzliche Begehung eines Verbrechens oder
Vergehens ein obligatorischer Widerrufsgrund war und von einem Widerruf nur
in besonders leichten Fällen abgesehen werden konnte. Das Bundesgericht
hat diese Praxis in Bezug auf die revidierte, nun seit 1. Juli 1971
geltende Fassung von Art. 41 StGB in einer unveröffentlichten Erwägung
in BGE 103 IV 138 (vgl. aaO E. 3) unter Verweisung auf BGE 90 IV 178 ohne
weitere Prüfung bestätigt.

    b) Nachdem sich in den beiden letzten Jahrzehnten die Auffassungen
zur Verhängung von (bedingten und unbedingten) Freiheitsstrafen stark
verändert haben und heute insbesondere an der Generalklausel in Art. 41
Ziff. 3 Abs. 1 StGB Kritik geübt wird (vgl. SCHULTZ, Einführung in
den Allgemeinen Teil des Strafrechts, 2. Bd., 4. Aufl. 1982, S. 114;
STRATENWERTH, Strafrecht AT II, 1989, N. 118 ff., insbesondere N. 127 zu §
4 und TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kommentar, 2. Aufl. 1997,
N. 52 zu Art. 41), besteht Anlass zu einer Überprüfung der oben zitierten
bundesgerichtlichen Rechtsprechung.

    Die in der Lehre geäusserte Kritik hat mittlerweile insbesondere
dazu geführt, dass im Entwurf zur Änderung des Allgemeinen Teils des
Strafgesetzbuches die Generalklausel der Vertrauenstäuschung ersatzlos
gestrichen wurde (vgl. die Botschaft zur Änderung des Schweizerischen
Strafgesetzbuches vom 21. September 1998, BBl 1999 S. 1979 ff., 2055
ff. sowie S. 2309 f. und 2331). Die nun

verbleibenden Widerrufsgründe sollen nur symptomatische Bedeutung
haben. Nicht etwa die Begehung einer neuen Straftat als solche soll aber
der Widerrufsgrund sein, sondern allein der Rückschluss auf wesentlich
geringere als die ursprünglich angenommenen Bewährungsaussichten könne
einen Widerruf rechtfertigen. Der Täter bewährt sich gemäss diesem
Entwurf nicht, wenn er während der Probezeit ein neues Verbrechen oder
Vergehen begeht (Art. 46 Abs. 1 des Entwurfs zum StGB, Nichtbewährung)
oder sich der Bewährungshilfe entzieht bzw. gegen Weisungen verstösst
(Art. 46 Abs. 4 i.V.m. Art. 95 Abs. 3-5 des Entwurfs zum StGB). Begeht
der Verurteilte in der Probezeit Übertretungen, so soll dies nur zum
Widerruf führen, wenn dieses Verhalten damit zusammenhängt, dass der
Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder Weisungen missachtet und
zudem aufgrund dieses Verhaltens eine erhebliche Gefahr entstanden ist,
dass er weitere Straftaten begeht (Art. 95 Abs. 5 des Entwurfs zum StGB;
vgl. Botschaft S. 2056 f. und S. 2331). Der Entwurf verzichtet - anders
als der Vorentwurf - darauf, grundsätzlich Gleichartigkeit von Rückfalltat
und Anlasstat zu verlangen. Gemäss der Botschaft ist alleiniges Kriterium
für den Widerruf die Prognose. Diese könne nie das gesamte zukünftige
Verhalten des Täters zum Gegenstand haben, jedoch allenfalls eine Aussage
darüber machen, wie der Täter in einer gleichen oder ähnlichen zukünftigen
Zwangslage reagieren werde. Erneute Delinquenz deute demnach auf eine
Wiederholungsgefahr bezüglich der ersten Straftat hin, wenn die beiden
Taten als gleichermassen typische Reaktionen des Täters auf dasselbe
Problem zu qualifizieren seien. Dazu sei nicht erforderlich, dass es sich
um dieselbe Deliktsart handle (Botschaft S. 2057). Die Botschaft beruft
sich hinsichtlich der Neuregelung der Nichtbewährung auch auf die neuere
Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Auslegung von Art. 41 Ziff. 3 StGB
(BGE 118 IV 330 und 117 IV 97) und stellt fest, diese nähere sich dem
Revisionskonzept an (Botschaft S. 2056 oben und Fn. 184).

    c) Gemäss dem Entwurf zur Revision des Widerrufs des bedingten
Strafvollzugs bzw. der Nichtbewährung (Art. 46 und Art. 95 Abs. 3-5 des
Entwurfs zum StGB) wäre wie oben ausgeführt die Begehung von Übertretungen
nicht mehr Grund genug für einen Widerruf, sondern die Übertretungen
müssten damit im Zusammenhang stehen, dass der Verurteilte sich der
Bewährungshilfe entzieht oder Weisungen missachtet. Zudem müsste aufgrund
des Verhaltens des Täters eine erhebliche Gefahr entstanden sein, dass
er weitere Verbrechen oder Vergehen begeht, und sich die

Bewährungsprognose während der Probezeit so sehr verschlechtert haben,
dass nunmehr der Vollzug der Strafe als die voraussichtlich wirksamere
Sanktion erschiene (vgl. Botschaft S. 2055 f. und 2131).

    Die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches ist zwar
noch nicht abgeschlossen, aber die Streichung des Widerrufsgrundes der
Täuschung richterlichen Vertrauens sowie das Abstellen auf die Prognose
waren in beiden Räten unbestritten (AB 1999 S S. 1104 ff., 1118, 1134; AB
2001 N S. 560 ff., 563, 589; AB 2001 S S. 507 ff., 513). Bei der Auslegung
des geltenden Rechts kann auf laufende Revisionen Bezug genommen werden
(vgl. BGE 110 II 293 E. 2a, e und f sowie E. 3a; 117 IV 276 E. 3c, d
und e; 118 IV 52 E. 2c und d; 127 IV 97 E. 1b sowie BGE 128 IV 25). Es
rechtfertigt sich, auf die Revisionsarbeiten insofern Bezug zu nehmen,
als der in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB noch enthaltene Widerrufsgrund der
Täuschung richterlichen Vertrauens mit noch grösserer Zurückhaltung als
bis anhin angewendet und dabei - wie in der Botschaft - darauf abgestellt
wird, ob sich die Bewährungsprognose für den Verurteilten während der
Probezeit so sehr verschlechtert hat, dass nunmehr der Vollzug der Strafe
als die voraussichtlich wirksamere Sanktion erscheint. Dabei wird auch dem
Kriterium der kriminalpolitischen Zweckmässigkeit (vgl. STRATENWERTH,
aaO, N. 106 zu § 4) Rechnung getragen (vgl. dazu BGE 118 IV 330 E. 3d
betreffend Widerrufsgrund der Nichtbefolgung einer Weisung).

    d) Angesichts der insgesamt 22 Verurteilungen wegen SVG-Übertretungen
kann man nicht sagen, der Beschwerdeführer habe sich in der (2-mal
verlängerten) Probezeit allgemein bewährt. Es lässt sich auch nach den
Erläuterungen des Beschwerdeführers hiezu nicht nachvollziehen, warum
dieser trotz 3-maliger Verwarnung und 2-maliger Verlängerung der Probezeit
in notorischer Art und Weise weiter SVG-Übertretungen begangen hat. Der
Beschwerdeführer wurde angesichts seiner wiederholten Verfehlungen im
SVG-Bereich jeweilen zu Haftstrafen von bis zu 13 Tagen, insgesamt gar
zu 100 Tagen Haft verurteilt.

    Die Vorinstanz stellt dem Beschwerdeführer gestützt darauf eine
(hochgradig) ungünstige Prognose hinsichtlich der Begehung von weiteren
SVG-Übertretungen - dies obwohl sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt
der Urteilsfällung seit mehr als einem Jahr nichts mehr hat zu Schulden
kommen lassen und auch den Fahrzeugausweis und die Kontrollschilder
seines Autos abgegeben hat. Die Vorinstanz trifft keine tatsächlichen
Feststellungen dazu, ob die Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer
künftig Verbrechen oder

Vergehen begehen wird. Sie gelangt zum Schluss, es komme in einem solchen
(Ausnahme-)Fall wie dem vorliegenden nicht darauf an, ob es Hinweise
dafür gebe, dass sich der Verurteilte auch in demjenigen Deliktsbereich
bewähren werde oder nicht, für welchen ihm der bedingte Strafvollzug
gewährt worden ist. Die Vorinstanz begründet den Widerruf des bedingten
Strafvollzugs damit, Probezeit bedeute, dass sich der Verurteilte
auf sämtlichen Lebensgebieten als rechtstreuer Bürger erweisen solle,
weshalb massgebend sei, ob sich der Verurteilte in der Probezeit allgemein
bewährt habe. Sie räumt dann ein, für die Bejahung eines Widerrufsgrundes
genüge selbstverständlich nicht die Begehung einzelner oder weniger
Übertretungen, die in keinem sachlich engen Bezug zur Anlasstat stünden
und damit auch keinen Hinweis dafür abgäben, der Verurteilte werde
sich in Bezug auf den Deliktsbereich nicht bewähren, für den ihm der
bedingte Strafvollzug gewährt wurde. Damit anerkennt sie prinzipiell die
nachträgliche Veränderung der Prognose als Widerrufsgrund, erkennt hier
jedoch aufgrund der besonderen Umstände auf einen Ausnahmefall.

    e) Das Bundesgericht hat bislang auch allgemein verwerfliches
Verhalten, insbesondere die Begehung einzelner Übertretungen für einen
Widerruf genügen lassen, vorausgesetzt, dass sich der Verurteilte der
Pflichtwidrigkeit seines Handelns auch ohne besondere Mahnung bewusst sein
musste und dass seine Verfehlung von einer Schwäche zeugt, die er mit
Rücksicht auf die Bewährungsprobe hätte meistern können und sollen (BGE
90 IV 177 S. 178). Wer während seiner (verlängerten) Probezeit in derart
notorischer Weise wie der Beschwerdeführer Übertretungen begeht, dem muss
dieses Verhalten als Ausdruck einer Schwäche ausgelegt werden, die er mit
Rücksicht auf die Bewährungsprobe hätte meistern können und sollen. Die
Vorinstanz hat den Widerruf des bedingten Strafvollzuges im Sinne der
bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Vertrauenstäuschung
ausgesprochen.

    Stellt man hingegen für den Widerruf neu auf die Prognose ab,
gelangt man zu einem anderen Resultat. Aufgrund des von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhaltes lässt sich nicht sagen, dass die vom
Beschwerdeführer begangenen Übertretungen als gleichermassen typische
Reaktionen auf dasselbe Problem zu qualifizieren sind, so dass sie auf
eine Wiederholungsgefahr bezüglich der Straftaten hindeuten, zu der der
Beschwerdeführer am 20. März 1997 zu einer bedingten Gefängnisstrafe
von 10 Monaten verurteilt worden war. Es lässt sich auch nicht sagen,
dass sich die Bewährungsprognose

für den Beschwerdeführer so sehr verschlechtert hat, dass nunmehr
der Vollzug der Strafe als die voraussichtlich wirksamere Sanktion
erscheint. Dahingegen hat die Vorinstanz, wie der Beschwerdeführer zu Recht
geltend macht, bei der Prognose dem Umstand keine Rechnung getragen, dass
die letzte dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung am 8. Februar
2000 begangen wurde und somit zum Zeitpunkt der Urteilsfällung durch die
Vorinstanz bereits mehr als dreizehn Monate zurücklag. Ebensowenig hat sie
berücksichtigt, dass der Entscheid in seinem dritten Widerrufsverfahren
erst am 31. März 2000 ergangen ist und der Beschwerdeführer nach der
dabei ausgesprochenen Verwarnung keine neuen Übertretungen begangen,
diese Verwarnung also offenbar gewirkt hat.

    Die Vorinstanz hat auch zu Unrecht das Vorliegen eines leichten Falles
gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB verneint. Leichte Fälle liegen nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich vor, wenn die Strafe drei
Monate nicht übersteigt (BGE 117 IV 97 S. 101 f.). Dem Beschwerdeführer
werden als Rückfalltaten ausschliesslich Übertretungen vorgeworfen. Die
Höchststrafe für Übertretungen beträgt drei Monate (Art. 101 und 39
StGB), auch bei wiederholter Begehung (Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB).
Übertretungen sind somit grundsätzlich leichte Fälle.