Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 IV 25



128 IV 25

6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. M. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)

    6S.558/2001 vom 20. Dezember 2001

Regeste

    Art. 197 Ziff. 1 und 3 StGB; Herstellung harter Pornographie zum
eigenen Konsum.

    Wer kinderpornographische Originalbilder, die sich bereits in seinem
Besitz befinden, zum eigenen Gebrauch abfotografiert, zum Teil vergrössert
aufnimmt und die Filme mit Hilfe eines Fotolabors entwickelt, macht sich
der Herstellung von harter Pornographie strafbar (E. 3b).

Sachverhalt

    A.- M. stellte im Juni 2000 an seinem Wohnort ab bestehenden Fotos von
Mädchen unter 16 Jahren, auf denen die primären Geschlechtsteile sichtbar
waren, mit einer Fotokamera Vergrösserungen der primären Geschlechtsteile
im Ausmass von 100% bis 400% her, welche er in der Folge in einem Fotolabor
entwickeln liess.

    B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Horgen
erklärte M. mit Urteil und Verfügung vom 24. November 2000 der Herstellung
von Pornographie im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 in Verbindung mit Art. 197
Ziff. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 600.-,
bedingt löschbar nach Ablauf einer Probezeit von einem Jahr. Ferner
entschied er über die Einziehung der Fotos und der entwickelten Filme sowie
die weiteren Nebenpunkte. Eine hiegegen vom Verurteilten erhobene Berufung
wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 22. Mai 2001 ab.

    C.- M. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der
er beantragt, er sei vom Vorwurf der Herstellung von Pornographie
vollumfänglich freizusprechen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Vorinstanz nimmt für den Kassationshof verbindlich an
(Art. 277bis Abs. 1 BStP [SR 312.0]), der Beschwerdeführer habe die
Originalfotos nicht selber aufgenommen und habe die von ihm angefertigten
Vergrösserungen ausschliesslich zum Eigengebrauch erstellt. Sie geht
ferner davon aus, die fraglichen Fotos hätten einen ersichtlichen
Nutzen - bei entsprechenden Neigungen des Betrachters - einzig zur
sexuellen Stimulation. Es sei daher nicht ernstlich zu bezweifeln, dass
der Beschwerdeführer die Vergrösserungen zu diesem Zweck, und nicht
etwa aus fotografisch-technischem bzw. anatomischem Interesse, wie er
selber vorbringe, hergestellt habe. In rechtlicher Hinsicht gelangt die
Vorinstanz zum Schluss, Nacktfotos seien pornographisch, wenn sie durch
eine übermässige Betonung des Genitalbereichs darauf angelegt seien,
den Betrachter sexuell aufzureizen. Dies sei jedenfalls bei den Fotos in
Urk. 4/1-3 und 4/5 klarerweise der Fall. Bei den erstgenannten Bildern
handle es sich um Nahaufnahmen des weiblichen Genitalbereichs, wobei der
Bezug zur Sexualität noch dadurch verstärkt werde, dass das Mädchen seine
Scheide mit den Händen spreize. Bei dem Foto in Urk. 4/5 befänden sich die
Genitalien des Kindes zwar eher am Rand des Bildes, würden aber dadurch
in den Mittelpunkt gerückt, dass das Mädchen den Slip zur Seite ziehe,
um den Blick auf die entblösste Scheide zu ermöglichen. Die Vorinstanz
nimmt weiter an, das abgebildete Kind vollziehe auf den fraglichen Fotos
an sich selbst eine Handlung, die zumindest aus der Sicht eines objektiven
Betrachters unzweifelhaft der sexuellen Aufreizung diene. Ob das Kind
selbst den Bezug zur Sexualität erkannt habe, sei ohne Bedeutung.

Die Bilder seien daher der verbotenen Kinderpornographie zuzuordnen. Die
Vorinstanz führt im Weiteren aus, Kopien kinderpornographischer Bilder
eigneten sich zur Befriedigung der Nachfrage nach pornographischen
Erzeugnissen mit Darstellungen von Kindern nicht weniger als
Originalprodukte. Dass es im zu beurteilenden Fall nicht um die
originäre Herstellung des pornographischen Materials gehe, sei nicht
massgeblich. Hersteller von Kinderpornographie sei nicht nur, wer selber
Kinder bei sexuellen Handlungen fotografiere, sondern auch wer solche
Bilder auf irgendeine Art reproduziere. Dabei sei belanglos, ob die Kopien
genau dem Original entsprächen oder durch ausschnittweise Vergrösserung
neue, andersartige Bilder entstünden. Die Herstellung von Kopien ab den
Originalfotos erfüllten daher den objektiven Tatbestand von Art. 197
Ziff. 3 Abs. 1 StGB.

    b) Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf eine abweichende
Minderheitsmeinung der Vorinstanz geltend, die Herstellung harter
Pornographie zum Eigenkonsum sei straflos, soweit es sich nicht um die
originäre Herstellung des pornographischen Materials handle, die zwingend
den persönlichen Einbezug von Kindern voraussetze und deshalb geeignet
sei, deren ungestörte sexuelle Entwicklung zu beeinträchtigen. Beim
blossen Kopieren bereits bestehender pornographischer Fotos bestehe
diesbezüglich keine Gefahr. Solange dies ausschliesslich zum eigenen
Gebrauch geschehe, entstehe auch kein zusätzliches Angebot auf dem Markt
für Kinderpornographie, den der Gesetzgeber bekämpfen wolle. Ferner
rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz begründe nicht, inwieweit ein
Kopieren von Fotos etwas mit dem Markt für pädophile Pornographie zu tun
habe. Wenn die abstrakte Gefährdung derart weit ausgedehnt werden sollte,
so müsste der Erwerb und Besitz von solchen Produkten zum Eigengebrauch
ebenfalls strafbar sein, da auch in diesem Falle eine abstrakte Gefährdung
vorliegen würde. Eine derartige Ausweitung der Strafbarkeit habe der
Gesetzgeber aber ausgeschlossen.

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss Art. 197 Ziff. 3 StGB wird mit Gefängnis oder mit
Busse bestraft, wer pornographische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen,
Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornographische
Vorführungen, die u.a. sexuelle Handlungen mit Kindern zum Inhalt haben,
herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt,
anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht.

    Die in Art. 197 Ziff. 3 StGB enthaltene Aufzählung strafbarer
Verhaltensweisen gilt als abschliessend. Sowohl der Erwerb als auch der
Besitz harter Pornographie zum eigenen Konsum sind nach

geltendem Recht daher straflos (BGE 124 IV 106 E. 3b mit Hinweisen;
vgl. nunmehr die von den Eidgenössischen Räten verabschiedete Änderung
des Schweizerischen Strafgesetzbuches [Strafbare Handlungen gegen
die sexuelle Integrität; Verbot des Besitzes harter Pornographie]
vom 5.10.2001, BBl 2001 S. 5741). Als zentrales Rechtsgut von Art. 197
Ziff. 3 StGB erscheint die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen. Insofern handelt es sich bei dieser Vorschrift um
ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Daneben dient die Bestimmung auch
dem Schutz der Erwachsenen. Dem liegt - ähnlich wie beim Tatbestand
der Gewaltdarstellungen gemäss Art. 135 StGB - der Gedanke zugrunde,
dass sich die im Gesetz genannten Darstellungen und Vorführungen auf den
Verbraucher korrumpierend auswirken können, mithin an sich geeignet sind,
beim Betrachter u.a. die Bereitschaft zu erhöhen, das Geschehen selbst
nachzuahmen. In diesem Sinne weckt der Konsum kinderpornographischer
Erzeugnisse die Nachfrage für die Herstellung solcher Produkte und schafft
den finanziellen Anreiz zur Begehung schwerer Straftaten. Insofern
trägt er mittelbar zum sexuellen Missbrauch von in solchen Machwerken
zur Schau gestellten Kindern bei. Die Bestimmung von Art. 197 Ziff.
3 StGB will daher insbesondere auch die potentiellen "Darsteller"
harter Pornographie vor sexueller Ausbeutung, Gewalt und erniedrigender
bzw. menschenunwürdiger Behandlung bewahren. Auch insoweit geht es
letzten Endes in jedem Fall um eine aus dem Konsum harter Pornographie
resultierende abstrakte Rechtsgutsgefährdung (BGE 124 IV 106 E. 3c/aa
mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch die Botschaft über die Änderung des
Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes [Strafbare
Handlungen gegen die sexuelle Integrität/Verjährung bei Sexualdelikten
an Kindern und Verbot des Besitzes harter Pornographie] vom 10.5.2000,
BBl 2000 S. 2943, 2977]).

    Nach der Rechtsprechung stellt Art. 197 Ziff. 3 StGB Tathandlungen
unter Strafe, von denen die Gefahr der Weiterverbreitung ausgehen kann
("herstellt, einführt"), oder die auf eine Verbreitung harter Pornographie
ausgerichtet sind ("lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt,
anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht"). Dabei erfasst die
Bestimmung auch blosse Vorbereitungshandlungen. Verbreitungsabsicht
ist als subjektives Tatbestandsmerkmal aber nicht erforderlich. Die
Tathandlungen des Herstellens und des Einführens sind nicht ausschliesslich
deshalb strafbar, weil sie Vorbereitungshandlungen zur Verbreitung der
Erzeugnisse sein können. Vielmehr begründet nach

der Rechtsprechung auch derjenige, der ausschliesslich im Hinblick
auf seinen eigenen Konsum harte Pornographie herstellt oder einführt,
jedenfalls eine abstrakte Rechtsgutsgefährdung im oben umschriebenen
Sinne. Insbesondere der vom Gesetzgeber hervorgehobene Gedanke
der potentiell korrumpierenden Wirkung solcher Erzeugnisse auf den
Verbraucher steht dem Ansinnen entgegen, die Strafbarkeit der fraglichen
Tathandlungen generell auf die Fälle einzuschränken, in denen der Täter
mit Verbreitungsabsicht gehandelt hat (so BGE 124 IV 106 E. 3c/bb). Aus
diesem Grund hat das Bundesgericht angenommen, aus der Straflosigkeit
des Erwerbs und des Besitzes harter Pornographie zum eigenen Konsum
könne nicht geschlossen werden, dass auch das Herstellen und Einführen
solcher Erzeugnisse zu diesem Zweck straflos bleiben müssten (BGE 124
IV 106 E. 3c). Dementsprechend hat es die Einfuhr harter Pornographie
auf dem Postweg im Hinblick auf den eigenen Konsum sowie die Herstellung
derartiger Erzeugnisse zum eigenen Gebrauch als strafbar erachtet (BGE
124 IV 106 Regest, E. 3c/bb und dd).

    b) Der Schuldspruch der Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht. Der
Beschwerdeführer hat bestehende Originalfotos, die sich bereits in seinem
Besitz befanden, mit einer Bildkamera abfotografiert und dabei insbesondere
die Geschlechtsteile der abgebildeten Mädchen vergrössert aufgenommen. Dass
die Vorlagen und damit auch die vom Beschwerdeführer neu hergestellten
Fotos im Sinne von Art. 197 StGB pornographisch sind, steht ausser Frage
und ist auch nicht bestritten. Nicht zu beanstanden ist auch der Schluss,
die Handlungsweise des Beschwerdeführers falle unter die Tathandlung
des Herstellens im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 StGB. Das Fotografieren
sowie das Entwickeln und Vergrössern der bereits vorhandenen Bilder
mit Hilfe des Fotolabors, an welches die Filme eingeschickt wurden,
erfüllt ebenso wie das blosse Vervielfältigen, d.h. das Anfertigen
weiterer Stücke eines bereits vorfabrizierten Exemplars, die Tathandlung
des Herstellens im Sinne des Tatbestands. Dies gilt ungeachtet dessen,
dass der Beschwerdeführer hier die Fotos ausschliesslich zum eigenen
Gebrauch hergestellt hat. Denn wie die Vorinstanz zutreffend annimmt,
stellt sich bei dieser Konstellation die korrumpierende Wirkung nicht
anders dar als bei der Einfuhr solcher Erzeugnisse zum Eigengebrauch. Eine
unterschiedliche Behandlung rechtfertigt sich daher nicht. Die Beschwerde
erweist sich als unbegründet.