Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 II 90



128 II 90

11. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. Flugplatzgenossenschaft Biel und Umgebung gegen A. und B. sowie
Rekurskommission des Eidg. Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie
und Kommunikation (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    1A.92/2001 vom 9. November 2001

Regeste

    Kosten- und Entschädigungsregelung im Plangenehmigungsverfahren;
Art. 63 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 3 VwVG.

    Der Gesuchsteller im Plangenehmigungsverfahren kann sich im
Beschwerdeverfahren, das durch Einsprecher veranlasst wird und in
welchem es um den Bestand der Plangenehmigung geht, seiner Kosten- und
Entschädigungspflicht nicht dadurch entledigen, dass er keine Anträge
stellt (E. 2).

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Mit Plangenehmigungsverfügung vom 17. Oktober 2000 bewilligte das
Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) auf Gesuch der Flugplatzgenossenschaft
Biel und Umgebung die Erstellung eines Flugplatzrestaurants auf dem
Flugfeld Biel-Kappelen. Gegen diese Plangenehmigung erhoben sowohl
die Nachbarn A. und B. als auch die Einwohnergemeinde Kappelen bei
der Rekurskommission des Eidgenössischen Departements für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Verwaltungsbeschwerde. Die
Beschwerdeführer machten geltend, es handle sich beim Bauvorhaben nicht
um eine Flugplatzanlage im Sinne von Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (LFG; SR 748.0) in der Fassung
vom 18. Juni 1999, sondern um eine Nebenanlage, die in die kantonale
Baubewilligungskompetenz falle. Im Verfahren vor der Rekurskommission UVEK
verzichtete die Flugplatzgenossenschaft auf eine Beschwerdeantwort. Auf
Aufforderung der Rekurskommission erteilte sie dieser jedoch mit Schreiben
vom 15. Februar 2001 Auskunft über das Passagieraufkommen, das angestellte
Personal sowie die Anzahl Flugbewegungen, wobei sie in "abschliessenden
Bemerkungen" noch auf das grosse Interesse der Flugbegeisterten am
Bauvorhaben hinwies und um "wohlwollende Prüfung" ersuchte.

    Die Rekurskommission UVEK hiess am 9. April 2001 die Beschwerde gut und
hob die Plangenehmigungsverfügung des BAZL vom 17. Oktober 2000 auf. Die
Kosten des Verfahrens vor der Rekurskommission in Höhe von Fr. 1'500.-
wurden der Flugplatzgenossenschaft Biel und Umgebung auferlegt (Dispositiv
Ziffer 3). Diese wurde ausserdem verpflichtet, den beschwerdeführenden
Privaten eine Parteientschädigung von Fr. 4'841.35 zu bezahlen

(Dispositiv Ziffer 5). Zur Begründung ihres Kostenentscheides
verwies die Rekurskommission auf Art. 63 Abs. 1 VwVG (SR 172.021). Zur
Entschädigungsregelung hielt sie fest, der ganz oder teilweise obsiegenden
Partei könne in Anwendung von Art. 64 Abs. 1 VwVG von Amtes wegen
oder auf Gesuch eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und
verhältnismässig hohe Kosten zugesprochen werden. Die Entschädigung werde
der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die
Vorinstanz verfügt habe, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei
auferlegt werden könne. Der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden
Privaten habe eine Parteientschädigung verlangt und ordnungsgemäss eine
Kostennote eingereicht, gegen die nichts eingewendet werden könne. Da sich
die Beschwerdegegnerin implizit mit selbständigen Begehren am Verfahren
beteiligt habe, müsse sie den obsiegenden Privaten eine der Kostennote
entsprechende Parteientschädigung entrichten. Die beschwerdeführende
Gemeinde habe sich dagegen nicht anwaltlich vertreten lassen; ihr seien
deshalb keine notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten im Sinne von
Art. 64 VwVG entstanden, so dass kein Grund für die Ausrichtung einer
Parteientschädigung bestehe.

    Die Flugplatzgenossenschaft Biel und Umgebung ficht die von der
Rekurskommission UVEK getroffene Kosten- und Entschädigungsregelung mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Sie stellt den Antrag, die Ziffern
3 und 5 des Beschwerdeentscheides seien derart abzuändern, dass die
Flugplatzgenossenschaft von der Pflicht zur Bezahlung von Verfahrenskosten
und einer Parteientschädigung befreit werde.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin wendet zunächst gegen die Kostenauflage ein,
diese widerspreche jahrelanger konstanter Praxis der Bundesbehörden. Als
unterliegende Partei im Sinne von Art. 63 Abs. 1 VwVG sei seit jeher nur
jene Partei verstanden worden, welche sich mit selbständigen Anträgen
am Verfahren beteiligt habe; insofern finde Art. 64 Abs. 3 VwVG auch bei
der Verlegung der Verfahrenskosten Anwendung. Sie sei in diesem Sinne im
Verfahren vor der Rekurskommission nicht Partei gewesen, da sie bewusst
auf eine Teilnahme am Verfahren und auf die Stellung von eigenen Anträgen
verzichtet habe.

    Zur Entschädigungsregelung wird in der Beschwerde ausgeführt,
der Anspruch der rekurrierenden Privaten auf Ausrichtung einer
Parteientschädigung werde nicht bestritten, doch sei diese nicht von ihr,
der Beschwerdeführerin, zu bezahlen. Nach dem klaren und

unmissverständlichen Wortlaut von Art. 64 Abs. 3 VwVG bestehe die Pflicht
zur Ausrichtung einer Parteientschädigung nur, wenn sich die unterliegende
Gegenpartei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt habe. Das
habe sie gerade nicht getan. Auch in das Schreiben vom 15. Februar 2001
könne nicht hineininterpretiert werden, die Flugplatzgenossenschaft habe
sich "implizit mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt". Sie
habe mit jenem Schreiben einzig und allein die Fragen der instruierenden
Behörde beantwortet, wozu sie nach dem massgebenden Verfahrensrecht
verpflichtet gewesen sei.

    a) Es ist unbestritten, dass der Entscheid über die Prozesskosten
und die Parteientschädigungen im Verfahren vor der Rekurskommission
UVEK nach den Bestimmungen des VwVG zu treffen ist. In Art. 1 Abs. 1 und
Abs. 2 lit. d VwVG wird dieses Gesetz generell auf das erstinstanzliche
oder Beschwerdeverfahren in Verwaltungssachen vor den eidgenössischen
Kommissionen anwendbar erklärt. Nach Art. 71a Abs. 1 und 2 VwVG
in der Fassung vom 4. Oktober 1991 bestimmt sich das Verfahren vor
den eidgenössischen Rekurskommissionen als Beschwerdeinstanzen nach
diesem Gesetz. Zu den Prozesskosten hält Art. 26 der Verordnung vom
3. Februar 1993 über Organisation und Verfahren eidgenössischer Rekurs-
und Schiedskommissionen (SR 173.31) ausdrücklich fest, dass sich die
Verfahrenskosten nach Art. 63 VwVG und, mit Ausnahme von Artikel 6
Abs. 2, nach der Verordnung vom 10. September 1969 über Kosten und
Entschädigungen im Verwaltungsverfahren (SR 172.041.0) richten. Auch aus
der massgeblichen Spezialgesetzgebung ergibt sich nichts anderes. Da die
Halter von Flugfeldern nicht über das Enteignungsrecht verfügen, fällt hier
insbesondere die Anwendung der enteignungsrechtlichen Sonderregeln über
die Kosten und Parteientschädigung ausser Betracht (vgl. Art. 37a LFG in
der Fassung vom 18. Juni 1999). Es ist daher in der Tat nur zu prüfen,
ob die Rekurskommission UVEK die Kostenregeln des VwVG, insbesondere
die Bestimmungen von Art. 63 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 3 VwVG, unrichtig
angewendet habe.

    b) Die Beschwerdeführerin vertritt die Meinung, sie sei im
Beschwerdeverfahren nicht (unterliegende) Partei gewesen und könne daher
nicht kostenpflichtig werden. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen.

    Nach Art. 63 Abs. 1 VwVG auferlegt die Beschwerdeinstanz die
Verfahrenskosten in der Regel der unterliegenden Partei. Wer im

bundesrechtlichen Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren Partei ist, wird
in Art. 6 VwVG umschrieben. Danach gelten als Parteien die Personen,
deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere
Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die
Verfügung zusteht. Nun ist hier das verwaltungs- bzw. luftfahrtrechtliche
Verfahren, das zur Erteilung der Plangenehmigung geführt hat, auf
Begehren und im Interesse der Flugplatzgenossenschaft Biel und Umgebung
durchgeführt worden. Mit der Plangenehmigung ist dieser das Recht zum
Bau eines Flugplatzrestaurants eingeräumt und sind die dagegen erhobenen
Einsprachen abgewiesen worden. Die Flugplatzgenossenschaft ist somit
als Gesuchstellerin im Plangenehmigungsverfahren im Sinne von Art. 5
VwVG als (Haupt-)Partei aufgetreten. Dieser Parteistellung kann sie
sich im nachfolgenden Beschwerdeverfahren, das durch die Einsprecher
veranlasst wird, jedenfalls insoweit nicht entledigen, als es auch
dort um die Hauptsache geht, das heisst um die durch die Plangenehmigung
erteilten Rechte. Bleibt aber die Baugesuchstellerin im Beschwerdeverfahren
notwendigerweise Partei, so bleibt auch ihre Kostenpflicht bestehen, sofern
sie - wenn auch nur stillschweigend - an ihrem Vorhaben festhält. Selbst
ein Verzicht auf ihr Bauvorhaben im Laufe des von Dritten veranlassten
Beschwerdeverfahrens liesse die Pflicht zur Bezahlung von Kosten
grundsätzlich nicht untergehen (vgl. beispielsweise die Regelung in der
bernischen Verwaltungsrechtspflege: THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH
HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton
Bern, Bern 1997, N. 2-5 zu Art. 110 VRPG). Jedenfalls kann der Umstand
allein, dass die Baugesuchstellerin ihr anhaltendes Interesse am Projekt
nicht durch ausdrückliche Anträge bekundet hat, keinen Einfluss auf die
Parteistellung und damit auch auf die Kostenregelung haben. Sonst könnten
sich die im erstinstanzlichen Verfahren obsiegenden Gesuchsteller im
Beschwerdeverfahren, in dem es um den Bestand der erteilten Bewilligung
geht, von ihrem Kostenrisiko stets durch Stillschweigen befreien. Im
vorliegenden Fall muss daher die Beschwerdeführerin, die ihren Willen
auf Festhalten am Projekt im Schreiben vom 15. Februar 2001 sinngemäss
bestätigt hat, im Beschwerdeverfahren angesichts des für sie nachteiligen
Ausgangs - der Aufhebung der Plangenehmigung - die Kostenpflicht
übernehmen.

    Aus ähnlichen Überlegungen hat übrigens das Eidgenössische
Versicherungsgericht in einem neueren Entscheid zu Art. 156 Abs. 1 OG
festgestellt, dass im Verwaltungsgerichtsverfahren die

Gerichtskosten aufgrund der Anträge der beschwerdeführenden Partei,
gemessen am Ergebnis der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids -
und somit ohne Rücksicht auf die Anträge der Gegenpartei - zu verlegen
sind (BGE 123 V 156). Da Art. 63 Abs. 1 Satz 1 VwVG der Bestimmung von
Art. 156 Abs. 1 OG inhaltlich entspricht, kann eine übereinstimmende
Auslegung und Anwendung der beiden Normen in vergleichbaren Verfahren
nicht bundesrechtswidrig sein. Offen bleiben kann dagegen, ob in einem
Mehrparteienverfahren wie dem vorliegenden Plangenehmigungsverfahren gleich
zu entscheiden wäre, wenn nicht die Plangenehmigung selbst, sondern eine
rein prozessrechtliche Frage Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildete
(vgl. BGE 120 V 265 E. 3 S. 270 mit Hinweisen; 123 V 156 E. 3a).

    c) Die soeben angestellten Erwägungen haben auch ihre Bedeutung für
die Entschädigungsregelung. Wohl sieht Art. 64 Abs. 3 VwVG ausdrücklich
vor, dass die unterliegende und an sich leistungsfähige Partei nur dann
zur Bezahlung einer Parteientschädigung angehalten werden kann, wenn
sie sich mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat. Auch in
diesem Zusammenhang darf jedoch berücksichtigt werden, ob der Verzicht
auf selbständige Anträge auf das fehlende oder geringe Interesse an der
Mitwirkung am Beschwerdeverfahren oder nur auf die Absicht zurückzuführen
ist, sich der Entschädigungspflicht zu entschlagen. Liegt das Interesse
der Gegenpartei am Verfahrensausgang auf der Hand, so darf bei der
Entschädigungsregelung von der Voraussetzung, dass diese ausdrücklich
Antrag gestellt habe, abgesehen werden (anders und wohl etwas zu
undifferenziert: ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren
und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., N. 703 und 707,
sowie MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, aaO, N. 3 zu Art. 108 VRPG). Die
fragliche Bedingung, die erst im Laufe des parlamentarischen Verfahrens
ins Gesetz eingefügt worden ist (vgl. Art. 58 des Entwurfes für das
Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, BBl 1965 II 1390; AB 1967 S
185 f., 1968 N 613 f.) kann nicht bezwecken, der im Beschwerdeverfahren
unterliegenden Hauptpartei die Möglichkeit zu verschaffen, die prozessuale
Entschädigungspflicht trotz ihrer Leistungsfähigkeit auf die Behörden zu
überwälzen. Dass hier die Beschwerdeführerin nicht leistungsfähig sei,
wird von ihr selbst nicht geltend gemacht.

    d) Der Kosten- und Entschädigungsentscheid der Rekurskommission
UVEK erweist sich mithin als bundesrechtmässig und die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet.