Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 II 368



128 II 368

43. Auszug aus dem Teilurteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
i.S. Bergbrunnen-Miteigentümer Urtenen-Schönbühl gegen Schweizerische
Bundesbahnen (SBB) und Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 6
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    1E.3/2002 vom 25. September 2002

Regeste

    Beeinträchtigung einer Quelle durch den Bahnbau; Anspruch auf
Realersatz im Enteignungsverfahren.

    Nimmt die Ergiebigkeit einer Quelle infolge eines Tunnelbaus ab,
für den der Bahnunternehmung das Enteignungsrecht zusteht, so können
die Quellenrechtsberechtigten aus den nachbarrechtlichen Bestimmungen
von Art. 706 und Art. 707 ZGB keine Ansprüche herleiten, sondern nur
Einsprache gemäss Art. 10 EntG erheben sowie eine enteignungsrechtliche
Entschädigung - Geld- oder Realersatz - verlangen (E. 2).

    Über ein Begehren um Ersatz an Wasser im Sinne von Art. 10 EntG hat
wie über alle Begehren nach den Artikeln 7-10 EntG die Einsprachebehörde
zu entscheiden. Im Verfahren vor der Schätzungskommission können Begehren
um Sachleistung allein gestützt auf Art. 18 EntG erhoben werden (E. 3).

    Naturalersatz ist nach Art. 18 EntG nur ausnahmsweise zu leisten. Die
Voraussetzungen für eine Realersatzleistung von Wasser sind im vorliegenden
Fall nicht erfüllt (E. 4).

Sachverhalt

    Die Bergbrunnen-Quelle liegt im Waldgebiet südlich von
Urtenen-Schönbühl, am Abhang des Röduberges. Die Quelle wird durch drei
Sickerstränge von einer Länge von 80 bis 260 m gefasst, die 1 bis 4 m
unter der Erdoberfläche verlaufen und zur Hauptbrunnenstube führen. Von
da aus wird das Quellwasser nach Urtenen ins Verteilnetz geleitet.

    An der Bergbrunnen-Quelle besteht ein selbständiges und dauerndes
Recht, das seit 1889 im Grundbuch (Grundstück Nr. 873) eingetragen
ist. Das Quellwasser diente ursprünglich der Hauptwasserversorgung der
Gemeinde Urtenen. Heute wird das Wasser nicht mehr zur allgemeinen Trink-
und Gebrauchswasserversorgung der Gemeinde verwendet, sondern hauptsächlich
zur Versorgung von Brunnen (Selbsttränke, Reinigung von Milchgeschirr) und
offenbar auch zur Versorgung von 10 Hauswasseranlagen. Die Schüttungsmenge
ist in 60 Wasserteile und Bruchteile davon unterteilt, die zur Zeit auf
33 Bezüger entfallen.

    In den Jahren 1988 bis 1993 erstellten die Schweizerischen Bundesbahnen
(SBB) den Grauholztunnel, der rund 10 m unter dem Bergbrunnen-Quellgebiet
verläuft. Da bekannt war, dass der Tunnel verschiedene Quellgebiete
unterqueren würde und diese durch die Bauarbeiten beeinträchtigt werden
könnten, liessen die SBB im vermuteten Einflussbereich bereits ab Mitte
1983 bis Mai 1998 sämtliche bekannten Quellen und Grundwasserfassungen
überwachen.

    Während der Planauflage für die neue Linie erhoben die
"Bergbrunnen-Miteigentümer Urtenen-Schönbühl" im Februar 1988 Einsprache
und verlangten, dass die Bergbrunnenquelle und die übrigen Quellgebiete am
Röduberg unbedingt geschützt würden. Im Falle einer Beeinträchtigung hätten
die SBB auf unabsehbare Zeit hinaus für gleichwertiges Ersatzquellwasser
aufzukommen und dieses in die Hauptleitung einzuspeisen. An der
Einigungsverhandlung vom 14. April 1988 sicherte der Vertreter der SBB
der Bergbrunnengemeinschaft gemäss Protokoll zu, dass "in Anwendung
von Art. 10 EntG qualitativ und quantitativ gleichwertiges Wasser
geliefert werde". Im Anschluss an die Einigungsverhandlungen stellte der
Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 6, sämtliche
Einspracheverfahren, in denen Entschädigungs- oder Realersatzbegehren
für mögliche künftige Beeinträchtigungen gestellt worden waren, bis nach
Inbetriebnahme des Grauholztunnels ein.

    Mit Verfügung vom 27. Oktober 1997 nahm der
Schätzungskommissions-Präsident das Verfahren betreffend die
Bergbrunnen-Quelle wieder auf, nachdem die Quellberechtigten Festhalten an
ihrer Einsprache erklärt hatten. In der Folge legten die SBB die Ergebnisse
der Quellüberwachung vor. Nach diesen betrug die Gesamtergiebigkeit
der Quelle in den Jahren 1983 bis 1988 440 bis 650 l/min und erreichte
der Medianwert (Wassermenge, die während mindestens 6 Monaten pro Jahr
geschüttet wird) in dieser Zeit 528 l/min. Ab Sommer 1988 sei ein stetiger
Rückgang des Quellergusses festgestellt worden, der einerseits auf die
trockene Witterung und andererseits auf die Arbeiten am Grauholztunnel
zurückzuführen sei. Seit Abschluss der Arbeiten sei wieder ein Anstieg zu
beobachten und liege die Gesamtergiebigkeit nunmehr im Bereich von 300
bis 350 l/min. Im nachfolgenden Verfahren vor der Schätzungskommission
wurden zusätzliche Abklärungen betreffend eine Ersatzwasserbeschaffung
vorgenommen. Dabei ergab sich, dass der werkbedingte Wasserverlust,
der vom Experten auf 50 bis 100 l/min geschätzt wurde, am einfachsten
durch Tieferlegung des bestehenden Sickerstranges 1 ersetzt werden
könnte. Allerdings wären die Kosten für eine solche Neufassung - vor allem
wegen des schwierigen Baugrundes - relativ hoch und würden sich auf rund
Fr. 588'000.- belaufen.

    Nach Durchführung weiterer Vergleichsverhandlungen, die alle
erfolglos blieben, verpflichtete die Eidgenössische Schätzungskommission
die SBB mit Urteil vom 28. November 2001, den Enteigneten eine
Enteignungsentschädigung von total Fr. 100'000.- (Fr. 85'000.- als
Entschädigung für die Teilenteignung des Quellenrechts sowie Fr. 15'000.-
als Inkonvenienzentschädigung) zu entrichten. Gegen dieses Urteil haben
die Enteigneten Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und verlangt,
dass die SBB verpflichtet würden, den Enteigneten durch Ausführung
des Tieferlegungsprojekts qualitativ und quantitativ gleichwertiges
Wasser zu liefern bzw. einen Schüttungsmedianwert von mindestens 528
l/min sicherzustellen. Eventuell seien die SBB zu verurteilen, an die
Enteigneten einen Betrag von Fr. 588'000.- (zuzüglich Bauteuerung seit
März 2000) und einen Betrag für die Inkonvenienzen der Bauarbeiten nach
gerichtlichem Ermessen zu bezahlen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.  In der Beschwerde wird geltend gemacht, entgegen der Meinung der
Schätzungskommission sei im vorliegenden Fall nicht nur in Nachbarrechte
eingegriffen worden; die Quellenrechtsinhaber würden durch die
bahnbaubedingten Beeinträchtigungen in Eigentümerbefugnissen und nicht
bloss in nachbarrechtlichen Abwehransprüchen betroffen. Dem kann jedoch
nicht beigepflichtet werden.

    2.1  Gegenstand der Enteignung bilden - abgesehen von den persönlichen
Rechten der Mieter und Pächter - dingliche Rechte an Grundstücken sowie
die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte (Art. 5 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung [EntG; SR 711]).
Enteignungsobjekt können somit sämtliche dinglichen und nachbarlichen
Rechte sein, die im ZGB oder in den gemäss Art. 686 ZGB den Kantonen
vorbehaltenen privatrechtlichen Bauvorschriften umschrieben sind (vgl. BGE
106 Ib 231 E. 3 S. 36 mit Hinweisen). Dagegen können auf dem Enteignungsweg
keine Rechte entzogen oder geschaffen werden, die das Zivilrecht nicht
vorsieht oder sogar ausdrücklich verbietet (BGE 105 Ib 187 E. 4a S. 191;
s. auch BGE 112 Ib 124 E. 3).

    2.2  Die Rechtsverhältnisse an Quellen sind im ZGB speziell geregelt:

    Nach Art. 667 Abs. 2 ZGB umfasst das Eigentum an Grund und Boden auch
die Quellen. Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur
zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden
(Art. 704 Abs. 1 ZGB). Dagegen kann durch Errichtung einer Servitut ein
Recht an Quellen auf fremden Boden begründet werden (Art. 704 Abs. 2
ZGB). Ein solches Recht an einer Quelle belastet das Quellengrundstück
mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers
(Art. 780 Abs. 1 ZGB). Ist das Quellenrecht selbständig und dauernd,
so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden (Art. 780
Abs. 3 ZGB). Das Quellenrecht ermächtigt in der Regel auch zum Bau der
zur Wasserfassung und -ableitung nötigen Anlagen, die im Eigentum der
Berechtigten stehen (LEEMANN, Berner Kommentar, N. 6 f., 21 zu Art. 780
ZGB; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, Zürcher Kommentar, N. 9 zu Art. 704 ZGB;
HANS MICHAEL RIEMER, Die beschränkten dinglichen Rechte, 2. Aufl. 2000,
S. 83).

    Die Bestimmungen von Art. 706 und 707 ZGB gewährleisten den Schutz
der Quellen vor fremden Einwirkungen. Werden Quellen, die zum Zwecke
der Verwertung gefasst worden sind, zum Nachteil des Eigentümers
oder Nutzungsberechtigten durch Bauten, Anlagen oder Vorkehrungen
anderer Art abgegraben, beeinträchtigt oder verunreinigt, so kann
dafür Schadenersatz verlangt werden (Art. 706 Abs. 1 ZGB). Werden
Quellen, die für die Bewirtschaftung oder Bewohnung eines Grundstücks
oder für Trinkwasserversorgungen unentbehrlich sind, abgegraben oder
verunreinigt, so kann, soweit überhaupt möglich, nach Art. 707 Abs. 1
ZGB die Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangt werden. In
den anderen Fällen kann die Wiederherstellung nur verlangt werden, wo
besondere Umstände sie rechtfertigen (Art. 707 Abs. 2 ZGB).

    Art. 706 und 707 ZGB gehören zu den nachbarrechtlichen Vorschriften,
obschon sie nicht unter dem Randtitel "Nachbarrecht" eingereiht
sind (BGE 57 II 58 E. 1; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, aaO, N. 17 zu
Art. 704 ZGB, N. 4 und 13 zu Art. 706/707 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER,
Les droits réels, Bd. II, 3. Aufl. 2002, N. 685, 1804, 1875; HEINZ
REY, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 2. Aufl. 2000,
N. 1101). Dementsprechend steht den Quellenrechtsinhabern nicht
nur ein Schadenersatzanspruch, sondern aufgrund von Art. 679 ZGB bei
drohender Beeinträchtigung auch die Unterlassungsklage zu (BGE 96 I 350
E. 6 S. 361; LEEMANN, aaO, N. 20 zu Art. 706/707 ZGB; HAAB/SIMONIUS/
SCHERRER/ZOBL, aaO, N. 17 zu Art. 706/707 ZGB; STEINAUER, aaO,
N. 1881 f.). Gehen jedoch die quellenbeeinträchtigenden Einwirkungen
von einem Werk aus, das im öffentlichen Interesse liegt und für das dem
Werkeigentümer das Enteignungsrecht zusteht, so werden die Abwehrrechte
der Quellenrechtsinhaber unterdrückt und können diese nur noch eine
enteignungsrechtliche Entschädigung (Geld- oder Realersatz) verlangen
(so ausdrücklich auch LEEMANN, aaO, N. 47 zu Art. 706/707 ZGB). Der
in Art. 707 ZGB gewährte Anspruch auf Wiederherstellung des früheren
Zustandes fällt ebenfalls dahin bzw. bleibt nur insoweit bestehen, als er
sich mit dem enteignungsrechtlichen Anspruch auf Realersatz deckt. Der
Quellenrechtsberechtigte ist insofern nicht anders gestellt als der
Eigentümer oder dinglich Berechtigte, der sich aufgrund von Art. 684 oder
Art. 685 ZGB gegen übermässige Immissionen oder schädigende Grabungen des
Nachbarn zur Wehr setzen kann, diesen Schutz aber gegenüber dem mit dem
Enteignungsrecht ausgestatteten Unternehmen verliert und sich mit einer
Enteignungsentschädigung begnügen muss (vgl. etwa BGE 112 Ib 176 E. 3;
113 Ib 34 E. 2; 119 Ib 334 E. 3b S. 341; 123 II 481 E. 7a S. 490 f.,
je mit Hinweisen).

    2.3  Für den Bau des Grauholztunnels sind weder die
quellenrechtsbelasteten Grundstücke beansprucht, noch ist das
Quellenrecht selbst enteignet worden. Ebenso wenig ist auf die im
Eigentum der Berechtigten stehenden Anlagen zur Fassung und Ableitung
der Bergbrunnen-Quelle gegriffen worden. Vielmehr hat der Tunnelbau
der SBB dazu geführt, dass der Quellfluss vermindert und zumindest
zeitweise ein Teil des Quellwassers verschmutzt worden ist. Es liegt
mit anderen Worten ein Eingriff vor, wie er in Art. 706 ZGB (und
allenfalls Art. 707 ZGB) umschrieben ist. Die SBB verfügen von Gesetzes
wegen über das Enteignungsrecht (Art. 3 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes
vom 20. Dezember 1957 [EBG; SR 742.101]). Die Enteignerin ist als
Überbauberechtigte (Art. 674 Abs. 1 und 2 ZGB) oder Baurechtsinhaberin
(Art. 675 ZGB) Eigentümerin der Grauholz-Tunnelröhre; als solche trägt
sie gegenüber den Eigentümern und Servitutsberechtigten der unterquerten
Grundstücke nachbarrechtliche Verantwortung (vgl. Urteil E.14/1994 vom 31.
Dezember 1996, E. 4a, ZBl 99/1998 S. 235 f.; s. auch BGE 119 Ib 334 E. 3
S. 341 ff.). Die Eidgenössische Schätzungskommission ist somit zu Recht
davon ausgegangen, dass es hier um eine Enteignung nachbarrechtlicher
Abwehrrechte geht und hierfür Geld- oder Realersatz zu leisten ist. Die
Entschädigungspflicht der Eisenbahnen für nachbarrechtswidrige Eingriffe
ergibt sich übrigens nicht nur aus dem Enteignungsgesetz selbst, sondern
auch aus der eisenbahnrechtlichen Spezialbestimmung von Art. 20 EBG,
wonach Bahnunternehmungen für schädigende, nachbarrechtlich nicht zu
duldende Eingriffe in fremde Rechte nach Massgabe der Bundesgesetzgebung
über die Enteignung Ersatz zu leisten haben, sofern es sich beim Eingriff
um eine unvermeidliche oder nicht leicht abzuwendende Folge des Baues
oder Betriebes der Bahn handelt.

Erwägung 3

    3.  Die Beschwerdeführer stellen vor Bundesgericht gleich wie im
Verfahren vor der Schätzungskommission eine sich auf Art. 10 EntG stützende
Realersatzforderung. Ein solches Begehren ist aber im Schätzungsverfahren
unzulässig.

    3.1  Nach Art. 10 EntG können Rechte an Brunnen, Quellen und
anderen Wasserläufen, die für ein Grundstück, eine Wasserversorgung
oder eine andere dem allgemeinen Wohl dienende wasserbauliche Anlage
unentbehrlich sind, nur enteignet werden, wenn der Enteigner genügenden
Ersatz an Wasser leistet. Art. 10 EntG zählt zu den Vorschriften über
die Beschränkungen der Enteignung und gilt als Spezialbestimmung zu
Art. 7 EntG, wonach der Enteigner die geeigneten Vorkehren zu treffen
hat, um die Fortbenützung bestehender öffentlicher Einrichtungen (wie
Wege, Brücken, Leitungen usw.) zu gewährleisten und die benachbarten
Grundstücke vor Beeinträchtigungen durch sein Unternehmen zu schützen
(vgl. HEINZ HESS/HEINRICH WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, Bd. I,
N. 1 und 16 in fine zu Art. 10 EntG). Einwendungen gegen die Enteignung,
die sich auf die Bestimmungen von Art. 7 bis 10 EntG stützen, sind
wie die Einsprachen im engeren Sinne und die Planänderungsbegehren
im enteignungsrechtlichen Einspracheverfahren zu erheben (Art. 30
Abs. 1 und Art. 35 EntG). Über Streitigkeiten betreffend die Art und
den Umfang solcher Schutz- und Ersatzvorkehren sowie über die Frage,
ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine Enteignung überhaupt
erfüllt seien, hat die Einsprachebehörde zu entscheiden (vgl. Art. 50
und 55 EntG). Dagegen hat sich die Schätzungskommission oder deren
Präsident weder mit der Instruktion der Begehren nach Art. 7 bis 10
EntG zu befassen, noch diese materiell zu prüfen oder gar Schutz- oder
Ersatzvorkehren anzuordnen. Der Schätzungskommission obliegt allein,
im Anschluss an den Einspracheentscheid darüber zu befinden, ob trotz
allfälliger Ersatzmassnahmen des Enteigners ein Schaden entstanden und
hierfür Entschädigung zu leisten sei (vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. c EntG;
BGE 111 Ib 280 E. 2; 116 Ib 241 E. 3a S. 246; 122 II 12 E. 1a S. 14 f.).

    Das bedeutet allerdings nicht, dass nicht auch im
Entschädigungsverfahren vor der Schätzungskommission - z.B. für
werkbedingte Beeinträchtigungen von Quellen - Sachleistung statt
Geldleistung verlangt werden könnte. Solche Begehren um Naturalersatz,
die grundsätzlich ebenfalls bereits innert der Eingabefrist anzumelden sind
(Art. 36 lit. c EntG), können sich jedoch allein auf Art. 18 EntG stützen
(vgl. Art. 64 Abs. 1 lit. a EntG).

    3.2  Nach dem Gesagten hätten die Beschwerdeführer im vorliegenden
Fall an der Behandlung ihrer Einsprache durch das zuständige Departement
festhalten und einen Einspracheentscheid über ihr Begehren nach Art. 10
EntG erwirken müssen. Dem kann - wider die Meinung der Beschwerdeführer -
auch nicht entgegengehalten werden, es sei an der Einigungsverhandlung
ein Vergleich über die Realersatzleistung geschlossen worden, an den
die Enteignerin gebunden sei. Zwar hat der Vertreter der SBB gemäss
Protokoll an der Verhandlung erklärt, der Bergbrunnengemeinschaft "in
Anwendung von Art. 10 EntG qualitativ und quantitativ gleichwertiges
Wasser" liefern zu wollen. In dieser Erklärung kann jedoch - wie
auch die Schätzungskommission bemerkt - nur die Zusicherung gesehen
werden, dass Ersatzwasser geliefert werden soll, falls und soweit die
Voraussetzungen von Art. 10 EntG gegeben seien. Hätte die Enteignerin die
Realersatzleistung voraussetzungslos zusichern und mit den Einsprechern
eine Vereinbarung schliessen wollen, so hätte diese - um gültig zustande
zu kommen - nach Art. 49 lit. c EntG von beiden Parteien unterzeichnet
werden müssen (vgl. auch Art. 12 Abs. 3 der Verordnung vom 24. April 1972
für die eidgenössischen Schätzungskommissionen [SR 711.1]). Ein solcher
unterzeichneter Vergleich oder eine unterzeichnete Erklärung liegt aber
nicht vor. Übrigens hätte das Einspracheverfahren, wäre tatsächlich ein
Vergleich zustande gekommen, ohne weiteres abgeschrieben werden können und
hätte nicht sistiert werden müssen. Die Beschwerdeführer können demnach
aus dem Verhalten der Enteignerin an der Einigungsverhandlung keinen
Realersatzanspruch im Sinne von Art. 10 EntG für sich ableiten.

Erwägung 4

    4.  Das im bundesgerichtlichen Verfahren erneuerte Realersatzbegehren
ist somit allein im Lichte von Art. 18 EntG zu prüfen.

    4.1  Nach Art. 18 Abs. 1 EntG kann an Stelle der Geldleistung ganz
oder teilweise eine Sachleistung treten, so insbesondere, wenn infolge
der Enteignung ein landwirtschaftliches Gewerbe nicht mehr fortgeführt
werden kann, ferner bei der Enteignung von Wasser und Wasserkraft, bei
Störung von Wegverbindungen und Leitungen.

    Das Bundesgericht hat sich mit der Auslegung dieser Bestimmung in zwei
Entscheiden vom 27. Juni 1979 (BGE 105 Ib 88) und vom 23. April 1992
(E.36/1988) eingehend befasst. In beiden Fällen hat es die von den
Enteigneten erhobene Behauptung, ein Anspruch auf Realersatz bestehe nicht
nur ausnahmsweise, sondern immer dann, wenn eine Sachleistung möglich sei,
klar zurückgewiesen. Wohl sei bei der Gesetzesberatung vor dem Nationalrat
das Wort "ausnahmsweise" aus dem Text des Art. 18 EntG gestrichen worden,
doch ändere dies nichts daran, dass der Realersatz gegenüber dem in
Art. 17 EntG festgelegten Grundsatz der Geldentschädigung eine Ausnahme
bilde. Dieser Schluss ergebe sich aus der Systematik des Gesetzes selbst
und aus den weiteren Gesetzesmaterialien. Er liege auch deshalb nahe,
weil in der Regel dem Enteigner das Enteignungsrecht nicht zur Verfügung
stehe, um sich die für eine Sachleistung notwendigen Ersatzgüter
zu verschaffen. Ob sich aus Art. 18 EntG überhaupt ein eigentlicher
Rechtsanspruch des Enteigneten auf Realersatz herleiten lasse, sei in der
Lehre umstritten. Selbst wenn aber von einem solchen auszugehen wäre,
so könnte ihm kein unbedingter und absoluter Charakter zukommen. Eine
Verpflichtung des Enteigners zur Leistung von Realersatz falle nur dann
in Betracht, wenn wesentliche Interessen des Enteigneten auf dem Spiele
stünden, so etwa, wenn zufolge der Enteignung ein landwirtschaftliches
Gewerbe nicht mehr fortgeführt werden könnte. Jedenfalls könne nicht
allein ausschlaggebend sein, dass der Enteigner tatsächlich in der
Lage sei, Realersatz zu leisten. Vielmehr sei eine Abwägung der sich
gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen (vgl. BGE 105 Ib 88 E. 2 und
3, mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien und die Lehre). Im Urteil
E.36/1988 vom 23. April 1992 ist beigefügt worden, aus der beispielhaften
Erwähnung der Realersatzleistung von Wasser und Wasserkraft in Art. 18 EntG
könne nicht geschlossen werden, dass ein solcher Verlust stets in natura
ersetzt werden müsse, wenn dies für den Enteigner möglich sei. Art. 18
EntG sei eine "Kann-Vorschrift" und setze, wie bereits dargelegt, eine
Abwägung der Interessen des Enteigners und der Enteigneten voraus (E. 1b).

    Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

    4.2  Die Interessenabwägung, die die Schätzungskommission hinsichtlich
der Realersatzleistung vorgenommen hat, lässt sich - abgesehen davon, dass
sie unter Berufung auf Art. 10 EntG erfolgt ist - nicht beanstanden. Im
angefochtenen Entscheid wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die
verbleibende Ergiebigkeit der Quelle zur Versorgung der Berechtigten noch
genügend gross ist und das Wasser lediglich während der heissesten Zeit
des Jahres nicht mehr zur Reinigung von Milchgeschirr verwendet werden
kann. Das Quellwasser wird denn auch grösstenteils nur für laufende Brunnen
oder Viehtränken verwendet und deckt keine lebenswichtigen Bedürfnisse
der Berechtigten. Gemäss den Akten sind deren Liegenschaften entweder
bereits an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen oder könnten
ohne Schwierigkeiten angeschlossen werden. Auf der anderen Seite müsste
die Enteignerin, die schon erhebliche Aufwendungen zur Schadensbegrenzung
getätigt hat, zur Gewährleistung der früheren Ergiebigkeit der Quelle
bauliche Massnahmen treffen, deren Kosten eine halbe Million Franken
weit überstiegen. Die Schätzungskommission hat diese Kosten angesichts
der verbleibenden Schüttungsmenge und des Verwendungszwecks des Wassers zu
Recht als unverhältnismässig hoch bezeichnet. Das Interesse der Enteigneten
an Quellwasserersatz vermag daher das Interesse der Enteignerin,
unverhältnismässig hohe Aufwendungen für das im öffentlichen Interesse
liegende Werk zu vermeiden, nicht zu überwiegen. Dem Realersatzbegehren der
Enteigneten kann in Anwendung von Art. 18 EntG nicht stattgegeben werden.