Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 II 355



128 II 355

42. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen
Abteilung i.S. Bundesamt für Justiz gegen Nicola Bortone
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    1A.159/2002 vom 18. September 2002

Regeste

    Art. 55 Abs. 2 IRSG; Art. 1, Art. 2 Ziff. 1, Art. 3 Ziff. 1 und
Art. 9 EAUe; Art. 1 lit. f und Art. 2 Ziff. 3 EÜBT; Art. 260ter Ziff. 1
StGB; Auslieferung eines mutmasslichen Angehörigen der "Brigate Rosse"
an Italien.

    Anwendbares Recht (E. 1).

    Zuständigkeit und Verfahren für die materielle Beurteilung des
Auslieferungsersuchens im Falle der Einrede des politischen Deliktes
gemäss Art. 55 Abs. 2 IRSG (E. 1.1).

    Zuständigkeit und Verfahren für die Prüfung von Haftentlassungsgesuchen
des Verfolgten (E. 1.2).

    Beidseitige Strafbarkeit betreffend den Vorwurf der Unterstützung
(bzw. Beteiligung an) einer kriminellen Organisation, Art. 260ter Ziff. 1
StGB (E. 2).

    Einrede des politischen Deliktes (E. 4).

    Grundsatz "ne bis in idem" (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Gestützt auf ein italienisches Verhaftsersuchen vom 6. Oktober 1998
wurde Nicola Bortone am 10. März 2002 in Zürich festgenommen. Anlässlich
seiner Einvernahme vom 11. März 2002 widersetzte sich Nicola Bortone
einer vereinfachten Auslieferung im Sinne von Art. 54 IRSG. Gleichentags
erliess das Bundesamt für Justiz (BJ) einen Auslieferungshaftbefehl. Am
22. März 2002 übermittelte die italienische Botschaft in Bern dem BJ
das Ersuchen um Auslieferung von Nicola Bortone sowie Sachauslieferung
beschlagnahmter Gegenstände und Vermögenswerte. Das Ersuchen stützt
sich auf einen Haftbefehl des Tribunale di Roma vom 12. September 1989,
mit welchem der Verfolgte wegen Förderung, Gründung und Organisation der
terroristischen Gruppierung "Brigate Rosse" gesucht wird, und auf das
Urteil der Corte di Assise di Roma vom 18. September 2001, welche den
Verfolgten wegen Beteiligung an einer subversiven Vereinigung gegen die
Verfassungsordnung und Beteiligung an einer bewaffneten Bande zu fünf
Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilte.

    B.- Am 10. Juli 2002 stellte Nicola Bortone beim BJ ein Gesuch um
Haftentlassung. Am 23. Juli 2002 stellte das BJ beim Bundesgericht
den Antrag, "die Auslieferung für die dem Verfolgten im Urteil des
Schwurgerichtes (Corte di Assise) in Rom vom 18. September 2001
vorgeworfenen Straftaten sei zu bewilligen, eventuell in einem vom
Bundesgericht festzulegenden Umfang". Hinsichtlich des hängigen
Haftentlassungsbegehrens führte es aus, nach Art. 50 Abs. 3 und 4 IRSG
sei zwar das BJ für die Behandlung des Gesuches um Entlassung aus der
Auslieferungshaft zuständig. Indessen gehe die Zuständigkeit aufgrund der
"devolutiven Wirkung" im Rahmen des gestellten Antrages gemäss Art. 55
Abs. 2 IRSG auf das Bundesgericht über. Mit Teilentscheid vom 29. Juli
2002 wies das Bundesgericht das Haftentlassungsgesuch ab.

    C.- Der Verfolge beantragte die Verweigerung der Auslieferung. Die
Auslieferung wird vom Bundesgericht bewilligt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.  Die Beurteilung von Auslieferungsersuchen der Republik Italien
richtet sich zunächst nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom
13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) sowie dem Zweiten Zusatzprotokoll zum
EAUe vom 17. März 1978 (SR 0.353.12), welchen beide Staaten beigetreten
sind. Soweit dem Verfolgten die Beteiligung an einer terroristischen
Vereinigung vorgeworfen wird, ist sodann das Europäische Übereinkommen
vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (EÜBT; SR 0.353.3)
zu berücksichtigen, welches von Italien und der Schweiz ebenfalls
ratifiziert wurde (vgl. BGE 125 II 569 E. 9a S. 577). Soweit die genannten
Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, kommt das
schweizerische Landesrecht zur Anwendung, namentlich das Bundesgesetz
vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG;
SR 351.1) und die dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV;
SR 351.11; vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a IRSG).

    1.1  Wie sich aus den Akten ergibt, hat der Verfolgte ausdrücklich
geltend gemacht, dass sich im vorliegenden Fall die Frage einer
Strafverfolgung wegen eines "politischen Deliktes" stelle.

    1.1.1  Über ausländische Auslieferungsersuchen entscheidet das BJ
(Art. 55 Abs. 1 IRSG). Macht der Verfolgte geltend, er werde eines
politischen Deliktes bezichtigt, oder ergeben sich bei der Instruktion
ernsthafte Gründe für den politischen Charakter der Tat, so entscheidet
das Bundesgericht (darüber) auf Antrag des Bundesamtes und nach Einholung
einer Stellungnahme des Verfolgten (Art. 55 Abs. 2 IRSG). Das Verfahren
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Art. 25 IRSG bzw. Art. 97 ff. OG)
ist sinngemäss anwendbar (Art. 55 Abs. 3 IRSG).

    1.1.2  Aus dem Wortlaut von Art. 55 Abs. 2 IRSG geht nicht ohne
weiteres hervor, ob das Bundesgericht in Fällen, in denen sich die
Frage eines politischen Delikts stellt, über sämtliche Voraussetzungen
der Auslieferung als erste und einzige Instanz zu entscheiden hat oder
ob diese Zuständigkeit auf die Frage des politischen Delikts beschränkt
ist. Die bisherige Rechtsprechung gibt hierüber keine klare und eindeutige
Antwort. In gewissen Fällen prüfte das Bundesgericht auf Einrede des
politischen Deliktes hin sämtliche Aspekte des Auslieferungsfalles als
erste und einzige Instanz, in anderen beschränkte es sich auf die Prüfung
des politischen Charakters der Straftat (vgl. BGE 125 II 569 E. 9 S. 577;
122 II 373 E. 1d S. 376; 111 Ib 138 E. 1 S. 140 f.; 110 Ib 280 f.). Zum
Teil wurde das Bundesgericht als Rechtsmittelinstanz mit der Frage
des politischen Delikts konfrontiert; es fasste in diesen Fällen den
angefochtenen Entscheid, soweit dieser das Vorliegen eines politischen
Delikts verneinte, als Antrag des Bundesamtes auf (vgl. BGE 122 II 373 E.
1d S. 376).

    Es kann grundsätzlich nicht Aufgabe des Bundesgerichts sein,
in Auslieferungs- und Sachauslieferungsentscheiden die notwendigen
Sachabklärungen selber zu treffen. Auch in Fällen, bei denen Einreden des
politischen Delikts erfolgen oder sich bei der Instruktion entsprechende
Fragen stellen, hat das Bundesamt die Sachabklärungen hinsichtlich
aller Auslieferungsvoraussetzungen vollumfänglich vorzunehmen. Deswegen
wäre es naheliegend, die erst- und einziginstanzliche Zuständigkeit des
Bundesgerichts auf die Frage des politischen Delikts zu beschränken und
im Übrigen die Entscheidungsbefugnis beim Bundesamt zu belassen. Dafür
würden auch Rechtsschutzgründe bzw. die dem IRSG zugrunde liegende
Aufgabenteilung zwischen dem Bundesamt als verfügender Fachbehörde und
dem Bundesgericht als Rechtspflegeinstanz sprechen (vgl. Art. 17 Abs. 2,
Art. 25 und Art. 55 Abs. 1 IRSG).

    1.1.3  Im Bundesgerichtsurteil A.164/1987 vom 10. Juli 1987 (E. 1b)
wurde entschieden, dass das Bundesgericht nur über die Einsprache des
politischen Deliktes als erste und einzige Instanz entscheidet. In
solchen Fällen habe das Bundesamt einen Entscheid über die übrigen
Voraussetzungen der Auslieferung zu erlassen. Dieser Entscheid könne
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde (nach Art. 25 IRSG) beim Bundesgericht
angefochten werden. Der Auslieferungsentscheid des Bundesamtes erfolge
in solchen Fällen unter dem Vorbehalt des bundesgerichtlichen Entscheides
über die Einsprache des politischen Deliktes (vgl. auch BGE 110 Ib 280 f.
sowie Urteil A.189/1986 vom 1. Oktober 1986, E. 1a).

    1.1.4  Namentlich funktionelle Gesichtspunkte legen es nahe, die
Zuständigkeitsregelung von Art. 55 IRSG im Sinn des soeben zitierten
Präjudizes auszulegen. Einerseits kann dem Rechtsschutz besser Rechnung
getragen werden, und andererseits lässt sich eine aufgabengerechte
Abgrenzung der Zuständigkeiten vornehmen, welche auch in verfahrensmässiger
Hinsicht zu befriedigen vermag. Es ist in allen Fällen, in denen
sich die Frage des politischen Delikts stellt, auf die im zitierten
Entscheid A.164/1987 beschriebene Weise vorzugehen. Demnach müsste die
vorliegende Angelegenheit an das Bundesamt zurückgewiesen werden, damit
dieses zuerst über das Auslieferungsersuchen - unter dem Vorbehalt der
Frage des politischen Delikts - entscheiden würde. Ausnahmsweise ist
davon abzusehen. Die bisherige Rechtsprechung war - wie gezeigt - nicht
eindeutig. Es rechtfertigt sich deshalb, im Interesse der Prozessökonomie
und angesichts des Beschleunigungsgebots in Auslieferungssachen eine
Ausnahme zu machen und das streitige Auslieferungsersuchen direkt und
abschliessend durch das Bundesgericht zu beurteilen. Es wird jedoch
inskünftig auf die dargelegte Weise vorzugehen sein.

    1.2  Das Bundesgericht hat mit Teilentscheid vom 29.  Juli 2002
(aus Beschleunigungsgründen) über das Haftentlassungsgesuch entschieden,
welches vom Verfolgten am 10. Juli 2002 beim BJ gestellt worden war. Zur
Zuständigkeit in Haftprüfungssachen ist hier Folgendes festzuhalten:

    Der in Auslieferungshaft Versetzte kann jederzeit ein
Haftentlassungsgesuch stellen und ablehnende Verfügungen des BJ an die
Anklagekammer des Bundesgerichtes weiterziehen (Art. 50 Abs. 3 Satz 2
i.V.m. Art. 48 Abs. 2 IRSG). Während eines vor Bundesgericht hängigen
Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahrens betreffend Auslieferung bzw. nach
Einreichung eines Antrages im Sinne von Art. 55 Abs. 2 IRSG durch das
BJ ist die I. öffentlichrechtliche Abteilung für die Behandlung von
Beschwerden gegen die Abweisung von Haftentlassungsgesuchen zuständig
(BGE 117 IV 359 E. 1a S. 360 f.).

    Im vorliegenden Fall hat der Verfolgte das Haftentlassungsgesuch am
10. Juli 2002 beim BJ eingereicht. Damals lag die Verfahrensherrschaft und
damit auch die Zuständigkeit zur Beurteilung des Haftentlassungsgesuches
beim BJ. Dieses war gehalten, so rasch wie möglich darüber zu entscheiden
(vgl. Art. 31 Abs. 4 BV, Art. 5 Ziff. 4 EMRK [SR 0.101]). Den Antrag gemäss
Art. 55 Abs. 2 IRSG stellte das BJ erst am 23. Juli 2002. Es ging daher
nicht an, das Haftentlassungsgesuch solange unbehandelt zu lassen und es
zusammen mit dem Auslieferungsantrag dem Bundesgericht zu überweisen.

Erwägung 2

    2.  Im Auslieferungsantrag vertritt das Bundesamt für Justiz
den Standpunkt, dass die Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen
Strafbarkeit erfüllt sei. Das dem Verfolgten vorgeworfene Verhalten
falle nach schweizerischem Recht unter die Tatbestände von Art. 260ter
und Art. 275ter StGB.

    2.1  Nach Massgabe des EAUe sind die Vertragsparteien grundsätzlich
verpflichtet, einander Personen auszuliefern, die von den Justizbehörden
des ersuchenden Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt oder
zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sichernden Massnahme gesucht
werden (Art. 1 EAUe). Auszuliefern ist wegen Handlungen, die sowohl
nach dem Recht des ersuchenden als auch nach demjenigen des ersuchten
Staates mit einer Freiheitsstrafe (oder die Freiheit beschränkenden
sichernden Massnahme) im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit
einer schwereren Strafe bedroht sind. Ist im Hoheitsgebiet des ersuchenden
Staates eine Verurteilung zu einer Strafe erfolgt, so muss deren Mass
mindestens vier Monate betragen (Art. 2 Ziff. 1 EAUe; vgl. auch Art. 35
Abs. 1 IRSG).

    2.2  Gemäss Art. 260ter Ziff. 1 StGB wird mit Zuchthaus bis zu
fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft, wer sich an einer Organisation
beteiligt, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim
hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich
mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern. Ebenso macht sich strafbar,
wer eine solche Organisation in ihrer verbrecherischen Tätigkeit
unterstützt. Art. 260ter Ziff. 1 StGB ist grundsätzlich auch auf
terroristische Vereinigungen anwendbar (BGE 125 II 569 E. 5c S. 574;
s. Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und
des Militärstrafgesetzes [Revision des Einziehungsrechts, Strafbarkeit der
kriminellen Organisation, Melderecht des Financiers], BBl 1993 III 277 ff.,
296; vgl. GUNTHER ARZT, Kommentar Einziehung, organisiertes Verbrechen,
Geldwäscherei, Bd. I, Zürich 1998, Art. 260ter StGB N. 17 f.; MARC FORSTER,
Kollektive Kriminalität, Das Strafrecht vor der Herausforderung durch das
organisierte Verbrechen, Bibliothek zur Zeitschrift für Schweizerisches
Recht, Beiheft 27, Basel 1998, S. 9; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen,
4. Aufl., Bern 1995, § 40 N. 21). Nach der Praxis des Bundesgerichtes
stellen namentlich die "Brigate Rosse" eine terroristische verbrecherische
Organisation im Sinne von Art. 260ter Ziff. 1 StGB dar (vgl. BGE 125 II
569 E. 5c-d S. 574 f.).

    2.3  Dem Verfolgten wird vorgeworfen, er sei von 1985 bis September
1989 als Gründer, Mitglied und Förderer der "Brigate Rosse" in Rom,
Florenz, Mailand, Forlì und Neapel tätig gewesen. Er sei in Italien
bei mehreren Treffen von Führungsmitgliedern der "Brigate Rosse"
anwesend gewesen und habe sich auch heimlich nach Frankreich begeben,
um von der Leitung der terroristischen Organisation Instruktionen
entgegenzunehmen. Für die Finanzierung der Reise und des Aufenthaltes habe
der Verfolgte von der Organisation LIT 3 Mio. erhalten bzw. mitgeführt. In
der von ihm benutzten Wohnung an der Pariser rue de Faubourg Saint-Antoine
seien (neben internen Dokumentationen der "Brigate Rosse") drei
kugelsichere Westen sowie Munition gefunden worden. Zwar erscheine er
nicht als einer der führenden "Drahtzieher" und Organisatoren der "Brigate
Rosse". Er sei jedoch deren Mitglied gewesen, habe ihnen unterstützend
zur Verfügung gestanden und sich bei seiner Verhaftung als militanter
Revolutionär ausdrücklich zur Organisation bekannt.

    2.4  Als Beteiligte im Sinne von Art.  260ter Ziff. 1 Abs. 1 StGB
sind alle Personen anzusehen, welche funktionell in die kriminelle
Organisation eingegliedert sind und im Hinblick auf deren verbrecherische
Zweckverfolgung Aktivitäten entfalten. Diese Aktivitäten brauchen (für
sich allein) nicht notwendigerweise illegal bzw. konkrete Straftaten
zu sein. Es genügen namentlich auch logistische Vorkehren, die dem
Organisationszweck unmittelbar dienen (wie z.B. Auskundschaften, Planen
oder Bereitstellen der operativen Mittel, insbesondere Beschaffen
von Fahrzeugen, Kommunikationsmitteln oder Finanzdienstleistungen
usw.). Die Beteiligung setzt auch keine massgebliche Funktion innerhalb
der Organisation voraus. Sie kann informeller Natur sein oder auch geheim
gehalten werden (vgl. BBl 1993 III 301; FORSTER, aaO, S. 11).

    Bei Personen, die nicht in die Organisationsstruktur integriert sind,
kommt nur die Tatvariante der Unterstützung in Frage. Diese verlangt
einen bewussten Beitrag zur Förderung der verbrecherischen Aktivitäten der
kriminellen Organisation. Im Gegensatz zur Gehilfenschaft zu spezifischen
Straftaten (Art. 25 StGB) ist für die Unterstützung nach Art. 260ter
Ziff. 1 Abs. 2 StGB der Nachweis von kausalen Tatbeiträgen im Hinblick auf
ein konkretes Delikt nicht erforderlich (vgl. FORSTER, aaO, S. 11, 24;
STRATENWERTH, aaO, § 40 N. 26). So können namentlich das blosse Liefern
von Waffen an eine terroristische oder mafiaähnliche Organisation, das
Verwalten von Vermögenswerten oder andere logistische Hilfeleistungen von
Aussenstehenden unter den Organisationstatbestand von Art. 260ter Ziff. 1
Abs. 2 StGB fallen. Dementsprechend besteht zwischen der Beihilfe zu
konkreten Straftaten und dem Organisationstatbestand auch grundsätzlich
echte Konkurrenz (vgl. BBl 1993 III 304; FORSTER, aaO, S. 13). Der
subjektive Tatbestand von Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB verlangt jedoch,
dass der Unterstützende weiss oder zumindest in Kauf nimmt, dass sein
Beitrag der verbrecherischen Zweckverfolgung der kriminellen Organisation
dienen könnte. Was das Verwalten von Vermögenswerten betrifft, setzt
der Organisationstatbestand (im Gegensatz zum Geldwäschereitatbestand,
Art. 305bis Ziff. 1 StGB) allerdings nicht voraus, dass der Unterstützende
weiss oder annehmen muss, dass die Vermögenswerte aus einem konkreten
Verbrechen herrühren. Blosse Sympathisanten oder "Bewunderer" von
terroristischen oder mafiaähnlichen Vereinigungen fallen demgegenüber
nicht unter den Organisationstatbestand (vgl. BBl 1993 III 302; ARZT,
aaO, Art. 260ter StGB N. 163 f.; FORSTER, aaO, S. 11).

    2.5  Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob die gegen den
Verfolgten erhobenen Vorwürfe nach schweizerischem Recht unter die
Tatvariante der Beteiligung an oder unter diejenige der Unterstützung
einer kriminellen Organisation fielen. Gemäss der Sachverhaltsdarstellung
des Ersuchens wird dem Verfolgten nicht bloss das Sympathisieren mit den
"Brigate Rosse" vorgeworfen. Zwar sei er nicht als einer der führenden
Organisatoren der terroristischen Vereinigung anzusehen. Er habe sich
jedoch ausdrücklich als deren militantes Mitglied bekannt und sei ihr
auch als Gründer und Unterstützer aktiv zur Verfügung gestanden. Als
Indizien dafür werden u.a. seine Anwesenheit bei verschiedenen Treffen
von führenden Leitungsorganen der terroristischen Vereinigung im In- und
Ausland genannt sowie das Entgegennehmen eines namhaften Geldbetrages der
Organisation bzw. von logistischen Instruktionen. Ausserdem seien in einer
vom Verfolgten (als letztem) benutzten Pariser Wohnung diverses Material
der "Brigate Rosse" (interne Berichte, Protokolle von konspirativen
Treffen, psychologische Tests usw.), drei kugelsichere Westen sowie
umfangreiche Munition (darunter 230 Schuss des Kalibers 9 mm "Parabellum")
gefunden worden. Als Verbrechen, die den "Brigate Rosse" zuzurechnen seien,
werden namentlich mehrere Mordanschläge gegen Politiker und Personen des
öffentlichen Lebens genannt.

    2.6  Bei dieser Sachlage fielen die gegen den Verfolgten erhobenen
Vorwürfe grundsätzlich unter den Tatbestand von Art. 260ter Ziff. 1
StGB. Wie bereits dargelegt, setzt dieser nicht den Nachweis voraus, dass
sich der Verfolgte selbst an illegalen Aktionen bzw. an Straftaten der
"Brigate Rosse" beteiligt hätte. Ebenso wenig braucht der Verfolgte in
führender Position für die Zweckverfolgung der Organisation aktiv gewesen
zu sein. Nach Einschätzung der Corte di Assise di Roma handelt es sich
beim Verfolgten um einen Beteiligten, der in der Struktur der Organisation
integriert war ("si trattava comunque di soggetti sicuramente interni alle
BR"; "pieno inserimento nell'organizzazione criminosa"). Als eigentlicher
Organisator sei er jedoch nicht anzusehen ("esclusa per quest'ultimo la
qualità di organizzatore"). Das Vorbringen des Verfolgten, wonach er weder
der Organisation angehört, noch sie unterstützt, sondern sich lediglich
"dazu entschlossen" habe, ihre "politische Linie zu studieren und sich mit
ihr auseinanderzusetzen", widerspricht der Sachdarstellung des Ersuchens
bzw. den Erwägungen im Urteil der Corte di Assise.

    Nach dem Gesagten kann offen bleiben, ob der inkriminierte Sachverhalt
nach schweizerischem Recht zusätzlich unter den Tatbestand von Art. 275ter
StGB (staatsgefährdende rechtswidrige Vereinigung) fiele.

    2.7  Der dem Verfolgten vorgeworfene Sachverhalt ist gemäss
den Beilagen zum Ersuchen (Urteil der Corte di Assise di Roma vom
18. September 2001) auch nach italienischem Recht strafbar (nämlich als
"partecipazione ad associazione eversiva dell'ordine costituzionale"
bzw. als "partecipazione a banda armata", Art. 270bis bzw. Art. 306 des
italienischen Codice penale; vgl. dazu auch BGE 125 II 569 E. 5a, b S. 571
f.). Der Verfolgte wurde zu fünf Jahren und sechs Monaten Zuchthaus
verurteilt. Damit ist das Auslieferungserfordernis der beidseitigen
Strafbarkeit erfüllt (vgl. Art. 2 Ziff. 1 EAUe). Dieses verlangt nicht,
dass die verfolgten Delikte nach dem Recht beider Staaten unter gleich
lautende Straftatbestände fallen müssten (vgl. BGE 117 Ib 337 E. 4a
S. 342).

Erwägung 4

    4.  Der Verfolgte macht sodann geltend, die "Brigate Rosse" hätten zwar
"ihren Kampf für eine sozialistische Revolution bewaffnet geführt" und
"politische Gewalt als Mittel des Kampfes" eingesetzt. Dennoch seien die
gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe grundsätzlich als politisches Delikt zu
qualifizieren. Das Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus
sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da dem Verfolgten keine konkreten
Delikte im Sinne dieses Übereinkommens vorgeworfen würden.

    4.1  Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die strafbare
Handlung, derentwegen sie begehrt wird, vom ersuchten Staat als eine
politische oder eine mit einer solchen zusammenhängende strafbare Handlung
angesehen wird (Art. 3 Ziff. 1 EAUe; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 IRSG).

    Gemäss Art. 2 Ziff. 1 EÜBT, dem Italien und die Schweiz beigetreten
sind, kann der ersuchte Staat im Falle von Auslieferungsgesuchen
entscheiden, dass eine schwere Gewalttat gegen das Leben, die körperliche
Unversehrtheit oder die Freiheit einer Person nicht als politische oder
mit einer solchen zusammenhängende Straftat angesehen wird (sofern die
Tat nicht ohnehin unter Art. 1 EÜBT fällt). Analoges gilt für den Versuch,
eine solche schwere Gewalttat zu begehen, oder für die Beteiligung daran
als Mittäter oder Gehilfe (Art. 2 Ziff. 3 EÜBT).

    Keine politische Straftat im Sinne des EÜBT liegt namentlich
bei schweren Straftaten vor, die in einem Angriff auf das Leben, die
körperliche Unversehrtheit oder die Freiheit völkerrechtlich geschützter
Personen einschliesslich Diplomaten bestehen (Art. 1 lit. c EÜBT). Das
gleiche gilt für Entführungen, Geiselnahmen, schwere widerrechtliche
Freiheitsentziehungen oder für Straftaten, bei deren Begehung eine Bombe,
eine Handgranate, eine Rakete, eine automatische Schusswaffe oder ein
Sprengstoffbrief oder -paket verwendet wird, wenn dadurch Personen
gefährdet werden (Art. 1 lit. d und e EÜBT). Keine politische Straftat
stellt schliesslich der Versuch dar, eine der genannten Straftaten zu
begehen, oder die Beteiligung daran als Mittäter oder Gehilfe (Art. 1
lit. f EÜBT).

    4.2  In der Praxis des Bundesgerichtes wird zwischen so
genannten "absolut" politischen und "relativ" politischen Delikten
unterschieden. "Absolut" politische Delikte stehen in unmittelbarem
Zusammenhang mit politischen Vorgängen. Darunter fallen namentlich
Straftaten, welche sich ausschliesslich gegen die soziale und politische
Staatsorganisation richten, wie etwa Angriffe gegen die verfassungsmässige
Ordnung, Landes- oder Hochverrat (BGE 125 II 569 E. 9b S. 578; 115
Ib 68 E. 5a S. 85; 113 Ib 175 E. 6a S. 179, je mit Hinweisen). Ein
"relativ" politisches Delikt liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn
einer gemeinrechtlichen Straftat im konkreten Fall ein vorwiegend
politischer Charakter zukommt. Der vorwiegend politische Charakter
ergibt sich aus der politischen Natur der Umstände, Beweggründe und
Ziele, die den Täter zum Handeln bestimmt haben und die in den Augen des
Rechtshilferichters vorherrschend erscheinen. Das Delikt muss stets im
Rahmen eines Kampfes um die Macht im Staat begangen worden sein und in
einem engen Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Kampfes stehen (BGE 125
II 569 E. 9b S. 578; 124 II 184 E. 4b S. 186 ff.; 117 Ib 64 E. 5c S. 89;
115 Ib 68 E. 5 S. 84 ff.; 113 Ib 175 E. 6b S. 180, je mit Hinweisen;
vgl. CLAUDE ROUILLER, L'évolution du concept de délit politique en droit
de l'entraide internationale en matière pénale, in: ZStrR 103/1986 S.
23 ff.; ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en
matière pénale, Bern 1999, N. 385 S. 300 f.). Darüber hinaus müssen die
fraglichen Rechtsgüterverletzungen in einem angemessenen Verhältnis zu den
angestrebten Zielen stehen, und die auf dem Spiel stehenden politischen
Interessen müssen wichtig und legitim genug sein, um die Tat zumindest
einigermassen verständlich erscheinen zu lassen (BGE 125 II 569 E. 9b
S. 578; 110 Ib 280 E. 6d S. 285). Zu denken ist hier namentlich an den
Einsatz von illegalen Mitteln gegen diktatorische oder systematisch
die Menschenrechte verletzende Regimes. Bei schweren Gewaltverbrechen,
namentlich Tötungsdelikten, wird der politische Charakter in aller
Regel verneint. Ausnahmen könnten allenfalls bei eigentlichen offenen
Bürgerkriegsverhältnissen gegeben sein, oder wenn das betreffende Delikt
(etwa im Falle eines "Tyrannenmordes") das einzige praktikable Mittel zur
Erreichung wichtiger humanitärer Ziele darstellen würde (vgl. BGE 109 Ib
64 E. 6a S. 71 f.; ROUILLER, aaO, S. 31; ZIMMERMANN, aaO, N. 385 S. 301).

    4.3  Da weder das EAUe noch das EÜBT den Begriff des politischen
Deliktes näher definieren, verfügen die Vertragsstaaten hier über ein
weites Ermessen. Das Bundesgericht prüft die Frage, ob ein politisches
Delikt vorliegt, welches eine Auslieferung ausschliesst, mit freier
Kognition (BGE 125 II 569 E. 9b S. 577 f.). Das schweizerische Strafrecht
unterscheidet zwischen kriminellen Organisationen (Art. 260ter StGB),
staatsgefährdenden rechtswidrigen Vereinigungen (Art. 275ter StGB) sowie
gemeinrechtlichen Formen kollektiver Kriminalität bzw. der Teilnahme an
Straftaten (vgl. dazu FORSTER, aaO, S. 8 ff., 15 ff.). Unter den Begriff
der kriminellen Organisationen fallen (wie in E. 2.2 erwähnt) neben den
mafiaähnlichen Verbrechersyndikaten auch hochgefährliche terroristische
Gruppierungen. Nicht zu den kriminellen Organisationen gezählt werden
hingegen (grundsätzlich) extremistische Parteien, oppositionelle politische
Gruppen sowie Organisationen, die mit angemessenen (nicht verbrecherischen)
Mitteln um die politische Macht in ihrem Heimatland ringen oder
einen Freiheitskampf gegen diktatorische Regimes führen (vgl. BBl
1993 III 296; FORSTER, aaO, S. 9 f.; STEFAN TRECHSEL, StGB-Kommentar,
2. Aufl., Zürich 1997, N. 2 zu Art. 260ter StGB; s. rechtsvergleichend
auch KAY HAILBRONNER/VOLKER OLBRICH, Internationaler Terrorismus und
Auslieferungsrecht, in: Archiv des Völkerrechts 24/1986 S. 434 ff.,
437 f., 445 f.). Die "Brigate Rosse" gehören nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtes zu den kriminellen terroristischen Organisationen (vgl. BGE
125 II 569 E. 5c-d S. 574 f.) und nicht zu den Gruppierungen, die sich
mit angemessenen (oder zumindest noch vertretbaren) Mitteln am Kampf um
die politische Macht in ihrer Heimat beteiligen. Nach dem Gesagten ist die
Beteiligung an (bzw. die Unterstützung) dieser Organisation grundsätzlich
nicht als "politisches" Delikt im Sinne von Art. 3 Ziff. 1 EAUe anzusehen.

    Im vorliegenden Fall wird dem Verfolgten nicht nur eine Beteiligung
an Staatsschutzdelikten bzw. an "staatsgefährdenden Umtrieben"
vorgeworfen. Italien ersucht vielmehr um Auslieferung des Verfolgten wegen
dessen Beteiligung an einer für schwere Gewaltverbrechen verantwortlichen
terroristischen Organisation.

    4.4  Nach dem Gesagten braucht nicht geprüft zu werden, ob darüber
hinaus eine Auslieferung gestützt auf Art. 1 bzw. Art. 2 EÜBT zulässig
erschiene (vgl. BGE 125 II 569 E. 9c, d S. 578 ff.). Immerhin ist
darauf hinzuweisen, dass Art. 1 lit. f und Art. 2 Ziff. 3 EÜBT auch die
"Beteiligung" an terroristischen Gewalttaten "als Mittäter oder Gehilfe"
als Ausschlussgrund für ein politisches Delikt nennen und dass die
Beteiligung an bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
nach schweizerischem Recht (Art. 260ter StGB) eine teilnahmerechtliche
"lex specialis" darstellt (vgl. BBl 1993 III 304; FORSTER, aaO, S. 24).

Erwägung 5

    5.  Im Antrag des Bundesamtes für Justiz wird dargelegt, dass zwar
bereits ein französisches Strafurteil (der 10e Chambre correctionelle
du Tribunal de Grande Instance de Paris) vom 23. April 1992 vorliege,
gemäss dem der Verfolgte zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Die
dem Urteil zugrunde liegenden inkriminierten Sachverhalte seien jedoch
mit denjenigen des italienischen Auslieferungsersuchens nicht identisch.

    5.1  Der Verfolgte wendet dagegen ein, die Vorwürfe der italienischen
Behörden (gestützt auf das Urteil der Corte di Assise di Roma) würden sich
"exakt" mit dem Sachverhalt decken, der dem Verfolgten "schon in Paris eine
mehrjährige (und vollstreckte) Strafe" eingebracht habe. In jedem Fall
sei ihm der Strafvollzug in Frankreich (im Rahmen einer "Gesamtstrafe")
anzurechnen.

    5.2  Gemäss dem in Art. 9 EAUe verankerten Grundsatz "ne bis in idem"
wird die Auslieferung nicht bewilligt, wenn der Verfolgte wegen Handlungen,
derentwegen um Auslieferung ersucht wird, von den zuständigen Behörden des
ersuchten Staates rechtskräftig abgeurteilt worden ist. Die Auslieferung
kann auch abgelehnt werden, wenn die zuständigen Behörden des ersuchten
Staates entschieden haben, wegen derselben Handlungen kein Strafverfahren
einzuleiten oder ein bereits eingeleitetes Strafverfahren einzustellen.

    Art. 4 des Protokolles Nr. 7 zur EMRK vom 22. November 1984 (SR
0.101.07; für die Schweiz in Kraft seit 1. November 1988) bestimmt,
dass niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach
dem Gesetz oder dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig
verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren
desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden darf
(Abs. 1). Der Grundsatz "ne bis in idem" ergibt sich auch aus Art. 14
Abs. 7 des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche
und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2). Er gilt nach der Praxis
des Bundesgerichtes ausserdem als Grundsatz des Bundesstrafrechts und lässt
sich direkt aus der Bundesverfassung ableiten (vgl. BGE 120 IV 10 E. 2b
S. 12). Gemäss IRSG wird einem Rechtshilfeersuchen nicht entsprochen,
wenn der Richter den Verfolgten in der Schweiz oder im Tatortstaat
freigesprochen oder wenn er das Verfahren aus materiellrechtlichen Gründen
eingestellt hat (Art. 5 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 IRSG).

    5.3  Wie den Rechtshilfeakten zu entnehmen ist, wurde dem Verfolgten
von den französischen Behörden vorgeworfen, er habe von Juni 1989 bis
2. September 1989 (Verhaftung in Paris) auf französischem Boden bzw. in
Paris als Angehöriger einer Bande konkrete Delikte gegen Personen und
Vermögensgegenstände vorbereitet ("d'avoir ensemble et de concert
à Paris et sur le territoire français, participé à une association
formée ou à une entente établie en vue de la préparation concrétisée
par un ou plusieurs faits matériels d'un ou plusieurs crimes contre
les personnes et les biens"). Ausserdem wurde er beschuldigt, er habe
im gleichen Zeitraum in Paris ein illegales Munitionslager unterhalten
("détenu un dépôt de munitions des première et quatrième catégories; en
l'espèce: deux cent trente cartouches de calibre 9 mm Parabellum, cent
cartouches de marque Frocchi, cinquante cartouches de calibre 357 Magnum
et soixante-dix cartouches de calibre 45 HP"). Dafür wurde der Verfolgte
von der 10e Chambre correctionelle du Tribunal de Grande Instance de
Paris am 23. April 1992 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

    Im Gegensatz zum französischen Urteil werden dem Verfolgten
im Strafurteil der Corte di Assise di Roma vom 18. September
2001 keine konkreten illegalen Handlungen auf französischem Boden
vorgeworfen. Vielmehr wurde er verurteilt, weil er von 1985 bis 1989 in
Rom, Florenz, Mailand, Forlì und Neapel als Gründer, Mitglied und Förderer
der terroristischen Vereinigung "Brigate Rosse" tätig gewesen sei. Im
Strafurteil der Corte di Assise di Roma wird dem französischen Strafurteil
vom 23. April 1992 im Übrigen ausdrücklich Rechnung getragen. Nach
dem Gesagten steht das französische Urteil einer Auslieferung nach
Italien (wo die "Brigate Rosse" ihre Hauptstützpunkte hatten und auch
ihre primären verbrecherischen Aktivitäten ausübten) nicht im Wege.
Inwieweit der Grundsatz "ne bis in idem" allenfalls eine Anrechnung von
bereits vollzogener Untersuchungshaft oder Strafe gebieten würde, ist
nicht vom Rechtshilferichter, sondern von den Behörden des ersuchenden
Staates zu prüfen.