Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 II 131



128 II 131

16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. B. gegen
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

    6A.111/2001 vom 4. März 2002

Regeste

    Art. 16 Abs. 2 SVG; Geschwindigkeitsüberschreitungen auf
Autobahnausfahrten, Entzug des Führerausweises.

    Für Geschwindigkeitsüberschreitungen auf Autobahnausfahrten gelten in
der Regel die von der Rechtsprechung für Ausserortsstrecken entwickelten
Grundsätze (BGE 124 II 259).

    Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 26
bis 29 km/h liegt ungeachtet der konkreten Umstände ein mittelschwerer
Fall vor, der grundsätzlich einen Führerausweisentzug nach Art. 16 Abs. 2
SVG nach sich zieht (E. 2).

Sachverhalt

    Am 5. September 1998 gegen Mitternacht fuhr B. auf der Autobahnausfahrt
in Pregny-Chambésy mit seinem Auto mit einer rechtlich massgebenden
Geschwindigkeit von 86 km/h anstelle der signalisierten Geschwindigkeit
von 60 km/h. Am 18. November 1998 wurde B. deswegen in Anwendung von
Art. 90 Ziff. 1 SVG (SR 741.01) wegen Überschreitens der signalisierten
Höchstgeschwindigkeit zu einer Busse von Fr. 480.- verurteilt.

    Das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau entzog B. am 25. März 1999
den Führerausweis für die Dauer von einem Monat. Am 4. Juli 2000 wies
das Departement des Innern des Kantons Aargau eine Verwaltungsbeschwerde
des Betroffenen ab. Eine dagegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde
wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 25. September 2001 ab.

    B. erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei lediglich zu verwarnen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 31 bis 34 km/h
auf Autobahnen ist der Führerausweis, und zwar selbst bei günstigen
Umständen (günstige Verkehrsverhältnisse und guter automobilistischer
Leumund), gestützt auf Art. 16 Abs. 2 Satz 1 SVG zu entziehen (BGE
123 II 106 E. 2c S. 113). Ein mittelschwerer Fall mit der Rechtsfolge
eines fakultativen Führerausweisentzugs liegt ebenso vor, wenn die
zulässige Höchstgeschwindigkeit ausserorts von 80 km/h um 26 bis 29 km/h
überschritten wird (BGE 124 II 259 E. 2c).

    b) Wie das Bundesamt für Strassen (ASTRA) zutreffend ausführt,
kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer Autobahnausfahrt
nicht mit einer Überschreitung auf der Autobahn selbst, der Stammlinie,
gleichgesetzt werden. Die Stammlinie weist beispielsweise in aller
Regel weitere Kurvenradien auf als eine Ausfahrtsstrecke mit einer
verhältnismässig tiefen zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Gerade die
relativ engen Kurvenradien auf Autobahnausfahrten, die je nach Bepflanzung
oder Verbauungen die Sicht nach vorne oft stark beeinträchtigen, erhöhen
die Gefahr von Auffahrkollisionen bei Stau erheblich. Diese Gefahrenlage
besteht - dank der relativ weiten Sicht - kaum auf Autobahnen. Auch kommt
auf einer Autobahn eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
auf 60 km/h nur in seltenen Ausnahmefällen, zum Beispiel einer sehr
schwierig zu befahrenden Baustelle, in Betracht. Zudem wird die gesetzliche
Höchstgeschwindigkeit von

120 km/h auf Autobahnen auf der Autobahnausfahrt nicht unvermittelt
auf 60 km/h herabgesetzt. Denn Art. 22 der Signalisationsverordnung
vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) schreibt in solchen Fällen eine
stufenweise Senkung der Höchstgeschwindigkeit vor.

    Eine Autobahnausfahrt ist daher hinsichtlich des Gefahrenpotentials
mit einer Ausserortsstrecke vergleichbar und nicht mit einer Autobahn. Das
bedeutet, dass bezüglich Geschwindigkeitsüberschreitungen im Regelfall
die von der Rechtsprechung für Ausserortsstrecken entwickelten Grundsätze
anzuwenden sind. Danach liegt bei einer Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit um 26 bis 29 km/h ungeachtet der konkreten Umstände
ein mittelschwerer Fall vor, der grundsätzlich einen Führerausweisentzug
nach Art. 16 Abs. 2 SVG nach sich zieht (BGE 124 II 259). Besondere
Verhältnisse, die ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen könnten
(BGE 118 Ib 229 ff.), liegen nicht vor. Damit erweist sich die Beschwerde
in diesem Punkt als unbegründet.