Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 III 401



128 III 401

73. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. GmbH gegen Stadt
Luzern (Berufung)

    4C.9/2002 vom 23. Juli 2002

Regeste

    Art. 29 Abs. 2 ZGB; Namensschutz. Verwendung eines Städtenamens in
einer Internet-Adresse durch eine Privatperson.

    Wann stellt die Verwendung eines fremden Namens in einer
Internet-Adresse eine unbefugte Namensanmassung nach Art. 29 ZGB
dar? Erscheinungsformen der Verwechslungsgefahr in diesem Zusammenhang
(E. 5).

    Ist der Städtename als solcher, wie vorliegend der Name Luzern
ohne den Zusatz "Stadt", für ein Gemeinwesen individualiserungs- und
kennzeichnungskräftig, kann es ihn namensrechtlich für sich in Anspruch
nehmen (E. 6). Es darf von einer Gemeinde grundsätzlich nicht verlangt
werden, dass sie unter einer Internet-Adresse auftritt, in der ihrem
Namen der Zusatz "Stadt" oder "Gemeinde" beigefügt ist (E. 7.2.3).

    Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei Verwendung des Domain-Namens
"luzern.ch" durch einen privaten Anbieter. Entscheidend ist die
Beschaffenheit der Adresse als solche und nicht der Inhalt und die
Gestaltung des damit bezeichneten Web-Sites (E. 7.2.2).

Sachverhalt

    A.- Die X. GmbH (Beklagte) mit Sitz in Luzern liess im Jahre 1996
den Domain-Namen "www.luzern.ch" durch die Stiftung SWITCH in Zürich
registrieren und führt unter dieser Adresse einen Web-Site.

    Als die Stadt Luzern (Klägerin) im Jahre 1999 ihren Internetauftritt
vorbereitete, stellte sie fest, dass der erwähnte Domain-Name bereits
von der Beklagten besetzt war. Sie wandte sich am 10. Februar 1999 an die
Beklagte und verlangte, dass diese ihr die Internet-Adresse "luzern.ch"
unentgeltlich abtrete (Art. 64 Abs. 2 OG). Die Beklagte lehnte dieses
Begehren ab.

    B.- Am 23./28. September 1999 gelangte die Klägerin an das Amtsgericht
Luzern-Stadt.

    Dieses verpflichtete die Beklagte mit Urteil vom 4. Dezember 2000,
sämtliche Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um den Domain-Namen
"www.luzern.ch" entschädigungslos auf die Klägerin zu übertragen,
unter Androhung von Ungehorsamsstrafe für den Widerhandlungsfall. Das
Obergericht des Kantons Luzern bestätigte dieses Urteil am 13. November
2001 unter Abweisung der von der Beklagten dagegen erhobenen Appellation.

    C.- Die Beklagte führt mit Eingabe vom 4.  Januar 2002 eidgenössische
Berufung. Sie stellt den Hauptantrag, das Urteil des Obergerichts vom
13. November 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Eventuell sei die
Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.  Nach Art. 29 Abs. 2 ZGB kann, wer dadurch beeinträchtigt wird, dass
ein anderer sich seinen Namen anmasst, auf Unterlassung dieser Anmassung
klagen. Diese Bestimmung schützt auch die Namen juristischer Personen
und insbesondere diejenigen von öffentlichrechtlichen Körperschaften
(vgl. BGE 112 II 369 betreffend den Namen eines Kantons und BGE 72 II 145
über den Schutz eines Gemeindenamens; ROLAND BÜHLER, Basler Kommentar,
N. 7 zu Art. 29 ZGB). Sie setzt voraus, dass die Namensanmassung unbefugt
erfolgt, das heisst durch Beeinträchtigung rechtlich schützenswerter
Interessen des Namensträgers. Diese Voraussetzung ist u.a. erfüllt,
wenn die Aneignung des Namens seitens eines Dritten die Gefahr einer
Verwechslung oder Täuschung bewirkt oder wenn sie geeignet ist, zufolge
einer blossen Gedankenassoziation in der Meinung des Publikums eine in
Wirklichkeit nicht bestehende Beziehung zwischen dem bisherigen Träger
des Namens und dem anmassenden Dritten herzustellen. Nach einer andern
Umschreibung liegt eine unbefugte Namensanmassung auch vor, wenn die
Kennzeichnungswirkung eines fremden Namens für eigene Zwecke missbraucht,
das heisst, wenn der Anschein erweckt wird, der fremde Name habe etwas mit
dem neuen Namensträger persönlich oder mit seinem Geschäft zu tun oder es
bestehe eine enge - persönliche, ideelle, geistige oder geschäftliche -
Verbindung, die in Tat und Wahrheit fehlt oder gar nur aus Gegensätzen
besteht. Eine Beeinträchtigung kann daher insbesondere auch darin liegen,
dass ein Namensträger durch Gedankenverbindungen in nicht vorhandene
Beziehungen hineingestellt wird, die er ablehnt und vernünftigerweise
auch ablehnen darf. Die Durchsetzung des Namensrechts setzt keine
Beeinträchtigung vermögenswerter Interessen voraus; auch bloss ideelle
Interessen sind geschützt (BGE 116 II 463 E. 3b; 112 II 369 E. 3b, je
mit Hinweisen).

    Der Begriff der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts für das gesamte Kennzeichenrecht einheitlich zu umschreiben
(BGE 127 III 33 E. 4, 160 E. 2a S. 165, je mit Hinweis). Massgebend ist,
ob mit der Verwendung eines ähnlichen oder gleichlautenden Namens für
einen Internet-Site durch einen schlechter Berechtigten die Gefahr von
Fehlzurechnungen des Sites geschaffen wird, d.h. einer Fehlidentifikation
der hinter dem Site stehenden Person, oder dass falsche Zuammenhänge
vermutet werden. Es genügt dabei auch die Gefahr einer bloss vorläufigen
Fehlzurechnung, mit der Folge, dass es zu ungewollten Zugriffen auf
den Site durch Personen kommt, welche die Homepage des berechtigten
Namensträgers besuchen wollten. Dabei hängt die Gefahr von Fehlzurechnungen
von den gesamten Umständen ab, unter denen die Adressaten die Zeichen
wahrnehmen, und von der Art, wie sie die Zeichen verstehen und in der
Erinnerung behalten (vgl. BGE 127 III 160 E. 2a S. 166; 122 III 382
E. 1 S. 385, je mit Hinweisen). Entscheidend ist das Bestehen einer
Verwechslungsgefahr; dass Verwechslungen tatsächlich stattgefunden haben,
ist nicht erforderlich (BGE 116 II 463 E. 3b). Die Verwechslungsgefahr
wird als Rechtsfrage vom Bundesgericht frei geprüft, soweit es um das
Verständnis des allgemeinen Publikums geht, welches die streitige Leistung
in Anspruch nimmt und kein Branchenverständnis spezifischer Verkehrskreise
in Frage steht (BGE 126 III 239 E. 3a).

Erwägung 6

    6.  Die Beklagte bestreitet, dass der Begriff "luzern", der
Gemeingut darstelle, die Klägerin individualisiere und für diese
kennzeichnungskräftig sei. Die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen,
dass die Klägerin ihn für sich als Namen in Anspruch nehmen könne. Die
Behauptung der Klägerin, unter der Bezeichnung "luzern" verstehe jedermann
die Stadt Luzern, beruhe auf einer egozentrischen Betrachtungsweise. Ihr
Name laute in Wirklichkeit "Stadt Luzern". Wie auch der aktuelle, von
der Klägerin im Internet verwendete Domain-Name "www.stadtluzern.ch"
zeige, nenne sie sich immer Stadt Luzern, verwende also immer den Zusatz
"Stadt". Dieser sei zu ihrer Individualisierung absolut notwendig, könnte
es sich bei "Luzern" doch insbesondere auch um den Kanton Luzern oder um
den Verkehrsverein Luzern handeln. Da der Begriff Luzern Gemeingut sei,
dürfe er von jedermann uneingeschränkt verwendet werden.

    Diese Vorbringen sind unbegründet. Anders als etwa der Begriff "Berner
Oberland", der eine gemeinfreie geographische Bezeichnung darstellt
(vgl. BGE 126 III 239 E. 3b S. 245), individualisiert das Wort "luzern"
eine altbekannte öffentliche Körperschaft, die Stadt Luzern. Der Ansicht
der Beklagten, die Internet-Benutzer könnten beim Begriff "Luzern"
ebenso gut an den Kanton Luzern oder den Verkehrsverein Luzern denken,
kann nicht gefolgt werden. Insbesondere enthalten die Bezeichnungen
von Organisationen, die mit der Förderung des Tourismus in einer Stadt
betraut sind, den Namen der entsprechenden Stadt offensichtlich, um auf
ihr Tätigkeitsfeld hinzuweisen, das eben diese Stadt beschlägt. Was die
behauptete Gleichnamigkeit zum Kanton Luzern angeht, ist zu bedenken,
dass sich der Stand Luzern, der 1332 der Eidgenossenschaft beitrat, in
der damaligen Epoche auf das Gebiet beschränkte, das unmittelbar um die
gleichnamige Ortschaft lag. Diese war um die Mitte des 8. Jahrhunderts
gegründet worden und hatte sich bis zum 12. Jahrhundert zu einer Stadt
entwickelt. Der Kanton vergrösserte sich in der Folge allmählich, bis er
Ende des 15. Jahrhunderts, vorbehältlich einer Gebietsumteilung im Jahre
1803, die aktuellen Grenzen erreichte (vgl. Historisch-Biographisches
Lexikon der Schweiz, Bd. IV, 1927, S. 743 f.; JOHANNES DIERAUER, Geschichte
der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. I, 2. Aufl., St. Gallen 1912,
S. 179 ff.). Aus diesen historischen Ausführungen folgt, dass das Wort
"luzern" klarerweise die Stadt bezeichnet, die schon einige Jahrhunderte
vor dem Kanton Luzern existierte. Dies entspricht auch dem allgemeinen
Sprachverständnis, nach dem mit der isolierten Verwendung eines bekannten
Städte- oder Ortsnamens die betreffende Stadt bzw. das dahinter stehende
Gemeinwesen bezeichnet wird. Aus dem Dargelegten folgt, dass die Klägerin
für die Individualisierungs- und die Kennzeichnungswirkung des Namens
"luzern" den Schutz nach Art. 29 ZGB in Anspruch nehmen kann (vgl.
dazu ROLAND BÜHLER, aaO, N. 5 und 10 ff. zu Art. 29 ZGB). Ob es sich bei
der Bezeichnung "luzern" um einen gemeinfreien geographischen Begriff
handelt, der markenrechtlich nicht geschützt werden könnte, kann hier
offen gelassen werden (vgl. dazu Art. 2 lit. a MSchG [SR 232.11]; DAVID,
Basler Kommentar, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl.,
N. 22 ff. zu Art. 2 MSchG).

Erwägung 7

    7.  Es ist weiter zu prüfen, ob sich die Beklagte mit der Registrierung
des von ihrer Firma vollständig abweichenden Namens "luzern" für ihren
Internet-Site den Namen der Klägerin unbefugt angemasst hat, indem sie
namentlich eine Verwechslungsgefahr geschaffen oder die Klägerin sonst
wie in schützenswerten Interessen beeinträchtigt hat.

    7.1  Die Beklagte bestreitet, dass sie mit der Verwendung des Wortes
"luzern" als Second-Level-Domain-Name insofern eine Verwechslungsgefahr
geschaffen habe, als die Internet-Benutzer den Internet-Site der Beklagten
für denjenigen der Klägerin halten könnten oder bei der Suche nach dem
Site der Klägerin auf denjenigen der Beklagten stossen könnten. Ein
durchschnittlicher Internet-Benutzer erwarte unter dem Domain-Namen
"www.luzern.ch" keine amtlichen, sondern touristische Informationen. Die
Klägerin sei jedoch selber gar nicht im Fremdenverkehrsbereich
tätig. Entsprechende Aktivitäten würden in Luzern durch den Verkehrsverein
wahrgenommen. Die Internet-Sites der Klägerin und der Beklagten beschlügen
zudem völlig unterschiedliche Bereiche. Auf dem Site der Beklagten fänden
sich keine behördlichen Informationen oder Immobilien-Angebote, sondern
politische, wirtschaftliche und kulturelle Informationen über die Region
Luzern. Zu den Umständen, welche die Vorinstanz hätte prüfen müssen,
aber zu Unrecht ausser Acht gelassen habe, gehöre zudem die Gestaltung
der Homepage der Beklagten. So werde dort darauf hingewiesen, dass dies
nicht die offizielle Homepage der Klägerin sei. Zudem befinde sich auf der
Seite der Beklagten eine Verbindung ("link"), die unmittelbar zum Site
der Klägerin führe. Damit habe die Beklagte die notwendigen Massnahmen
getroffen, um allfällige Verwechslungen zu verhindern.

    7.2  Das Bundesgericht hat bisher noch nie einen Streit um die
Verwendung des Namens einer öffentlichrechtlichen Körperschaft als
Domain-Name im Lichte der Bestimmungen über den Namensschutz beurteilt. Es
rechtfertigt sich daher, sich von den Grundsätzen inspirieren zu
lassen, welche die deutsche Rechtsprechung, die sich schon mehrfach mit
entsprechenden Fragen befasste, in diesem Bereich entwickelt hat.

    7.2.1  In der "heidelberg.de"-genannten Streitsache publizierte ein
privates, im Bereich der Informationstechnologie, Softwareentwicklung
und Beratung tätiges Unternehmen unter dem genannten Domain-Namen
Informationen über die Region Rhein-Neckar im Internet. Darauf klagte die
Stadt Heidelberg gegen das Unternehmen, um diesem verbieten zu lassen,
die Adresse "heidelberg.de" weiterhin zu benutzen. Das Unternehmen
machte dagegen insbesondere geltend, die Stadt Heidelberg habe keinen
ausschliesslichen Anspruch auf die Adresse "heidelberg.de", da es in
Deutschland noch zwei weitere Orte und rund 400 Familien dieses Namens
gebe. Sie könne ihre geringen ideellen und wirtschaftlichen Interessen
wahrnehmen, indem sie ihre Domain in leicht abgeänderter Form registrieren
lasse, z.B. unter "stadt-heidelberg.de". Das Landgericht Mannheim erkannte
mit Urteil vom 8. März 1996, dass die Beklagte mit der Verwendung des
Namens der Stadt Heidelberg als Internet-Adresse eine Verwechslungsgefahr
geschaffen habe. Der durchschnittliche Internet-Benutzer erwarte unter
der strittigen Adresse nicht bloss Informationen über, sondern auch von
der Stadt Heidelberg. Da die Beklagte keinerlei Rechte an der Bezeichnung
"Heidelberg" hatte, bestand kein Raum für einen Interessenausgleich,
insbesondere im Sinn, dass die Klägerin sich mit einem geringfügig
abgeänderten Domain-Namen hätte begnügen müssen. Die Stadt Heidelberg
drang somit mit ihrem Rechtsbegehren gestützt auf ihr Namensrecht durch
(vgl. dazu ROLF H. WEBER, E-Commerce und Recht, Zürich 2001, S. 156
f. mit Hinweis). Die vom Landgericht Mannheim entwickelten Grundsätze
wurden in der Folge mehrfach übernommen, so vom Landgericht Braunschweig
im Fall "braunschweig.de", vom Landgericht Lüneburg im Fall "celle.de"
und vom Landgericht Ansbach im Fall "ansbach.de" (WEBER, aaO, S. 157
mit Hinweisen). Im Fall "celle.de" stellte das Landgericht Lüneburg
zurückgreifend auf das allgemeine Sprachverständnis fest, dass ein
nicht unerheblicher Teil der Internet-Benutzer bei der Verwendung eines
Städtenamens als Domain-Name von einem Angebot der Stadt ausgehe, da
mit der isolierten Verwendung eines Ortsnamens das dahinter stehende
Gemeinwesen bezeichnet werde (vgl. JANN SIX, Der privatrechtliche
Namensschutz von und vor Domänennamen im Internet, Diss. Zürich 2000,
Rz. 172 mit Hinweis).

    7.2.2  Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, ist nicht schematisch,
sondern nach den gesamten Umständen, unter denen ein Kennzeichen verwendet
wird, zu entscheiden. Massgeblich ist in allen Fällen, ob die strittige
Verwendung des Städtenamens als Domain-Name beim durchschnittlichen
Internet-Benutzer mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu Verwechslungen
führt (BGE 122 III 382 E. 1 S. 385 f.). Wird wie vorliegend der Name
einer öffentlichrechtlichen Körperschaft von einem Dritten ohne jeden
Zusatz als Bezeichnung für seinen Internet-Site übernommen, ist der
Bekanntheitsgrad der betroffenen Körperschaft und ihres Namens zu
berücksichtigen. Die Bekanntheit einer Ortschaft kann daher rühren, dass
sie Hauptort oder grösste Stadt eines Kantons ist. Weiter kann sie sich
aus ihrer geographischen Lage und ihrem Angebot an Sehenswürdigkeiten
ergeben. Eine Stadt kann auch grosse Bekanntheit erlangen, weil
Organisationen dort ihren Sitz haben oder weil dort regelmässig
Veranstaltungen durchgeführt werden. Je grösser der Bekanntheitsgrad,
desto eher ist eine Verwechslungsgefahr anzunehmen.

    Im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit der Registrierung des
Domain-Namens "luzern.ch" zweifellos eine Verwechslungsgefahr mit der
Stadt Luzern geschaffen, die einen sehr grossen Bekanntheitsgrad im In-
und Ausland geniesst. Luzern ist nicht nur eine sehr alte Ortschaft, die
zur Zeit der Helvetischen Republik Hauptstadt der Schweiz war und heute
Hauptstadt des Kantons Luzern ist. Die Stadt bietet auch zahlreiche alte
Sehenswürdigkeiten und ein Verkehrsmuseum von grosser Bekanntheit. Luzern
ist sodann der Sitz der obersten Gerichtsbarkeit der Schweiz im Bereich
Sozialversicherungsrecht. Der durchschnittliche Internet-Benutzer
erwartet deshalb auf den Internet-Site der Klägerin zu gelangen, wenn er
in seinem Computer die Adresse "www.luzern.ch" eingibt. Er vermutet dort
nicht nur Informationen über die Klägerin, sondern auch Informationen
und Angebote von der Klägerin zu finden, insbesondere solche, die
offizielle und offiziöse Institutionen, den amtlichen Bereich, den
Fremdenverkehrsbereich oder Veranstaltungen betreffen. Dies umso mehr
es nach der zutreffenden Feststellung der Vorinstanz einer zunehmenden
und weit verbreiteten Gepflogenheit entspricht, dass sich Gemeinwesen
im Internet unter isolierter Verwendung ihres Städte- oder Ortsnamens
präsentieren. Diese Feststellung wird namentlich nicht durch die unrichtige
Behauptung der Beklagten entkräftet, dass die Domain-Namen "www.zuerich.ch"
und "www.winterthur.ch" beide Privaten gehörten, die darunter ihre
Internetseiten publizierten. Die Fälle dieser beiden Domain-Namen weisen
eine Besonderheit auf, indem sie die Adressen zu blossen Internet-Portalen
darstellen, in denen weiterführende "links" eingerichtet sind, die zu den
Sites der Stadt Zürich und der "Zurich Financial Services Group" einerseits
und zu den Sites der Stadt Winterthur und der Winterthur-Versicherungen
andererseits führen. Diese Lösung ergab sich aus dem seltenen Umstand,
dass jeweils eine Gleichnamigkeit zwischen den genannten Städten und
Versicherungsgesellschaften besteht und der öffentliche Bekanntheitsgrad
dieser Gesellschaften gleich hoch einzustufen ist, wie derjenige der
Städte, was zu einer namensrechtlichen Pattsituation führte (vgl. dazu
JANN SIX, aaO, Rz. 315). Die Adresse "zurich.ch" wurde von der "Zurich
Financial Services Group" mit einer gewissen Berechtigung registriert,
da der Name der Stadt Zürich nach der deutschen Orthografie "Zürich"
oder "Zuerich" lautet, nicht jedoch "Zurich". Wenn darüber hinaus die
Klägerin bis heute im Internet unter der Adresse "www.stadtluzern.ch"
auftritt, wie die Beklagte geltend macht, so rührt dies einzig daher, dass
ihr die Beklagte bei der Registrierung des Domain-Namens "luzern.ch",
dessen Abtretung sie vorliegend verlangt, zuvorgekommen ist. Die
Klägerin braucht dem Namen "luzern" auch keinen Zusatz beizufügen, um
Verwechslungen mit dem Kanton Luzern zu verhindern. So hat sich auf dem
Internet eine Praxis eingebürgert, nach der die Kantone ihren Site unter
dem Top-Level-Domain-Namen ".ch" im Falle der Gleichnamigkeit zwischen
ihnen und ihrem Hauptort unter einem Second-Level-Domain-Namen registrieren
lassen, der aus dem offiziellen Kürzel, bestehend aus zwei Buchstaben
gebildet wird, wie es nach Art. 84 der Verordnung vom 27. Oktober 1976
über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (SR
741.51) zur Kantonsbezeichnung auf Fahrzeugkontrollschildern zu verwenden
ist. So wird beispielsweise der Internet-Site des Kantons Luzern mit dem
Domain-Namen "lu.ch", derjenige des Kantons Bern mit "be.ch" und der des
Kantons Genf mit "ge.ch" bezeichnet.

    Indem die Beklagte den Namen der Klägerin in der Adresse ihres
Internet-Sites verwendet, nutzt sie deren grosse Bekanntheit aus, um
Internet-Nutzer, die offizielle Informationen über die Stadt Luzern
suchen, auf ihren Internet-Site zu ziehen. Die Vorinstanz hat eine
Verwechslungsgefahr in diesem Zusammenhang zu Recht bejaht. Dieses
Ergebnis wird auch durch die Feststellungen der Vorinstanz erhärtet,
wonach sich Internet-Benutzer in einigen Fällen tatsächlich getäuscht
und geglaubt haben, der Site "luzern.ch" werde von der Klägerin betrieben
(vgl. dazu BGE 82 II 346 E. 2b S. 353).

    Am Ergebnis ändert es nichts, dass die Beklagte auf der Homepage
darauf hinweist, es handle sich nicht um den offiziellen Site der
Klägerin, und dass sie einen "link" zum Site der Klägerin eingerichtet
hat. Dies gilt unabhängig von den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz, wonach der auf der Homepage angebrachte Hinweis zwar rot
geschrieben sei, jedoch nicht in markanter Grösse erscheine und sich
nicht besonders gut vom blauen Hintergrund abhebe. Das Bundesgericht
hat die Frage, inwiefern einer Verwechslungsgefahr durch besondere
Gestaltung eines Web-Sites begegnet werden könne, in BGE 126 III 239
E. 3c offen gelassen. Ein Teil der schweizerischen Doktrin vertritt dazu
die Auffassung, dass durch die Verwendung des Namens einer öffentlichen
Körperschaft als Domain-Name keine Verwechslungsgefahr geschaffen wird,
wenn der Inhalt des Internet-Site keinerlei Zusammenhang mit dem Träger
des Namens aufweist, so dass die Benutzer nicht in den Glauben versetzt
werden, der Site werde vom Namensträger betrieben, und keine unerwünschten
Assoziationen zu Lasten des Namensträgers ausgelöst werden (vgl. UELI BURI,
Die Verwechselbarkeit von Internet Domain Names, Diss. Bern 1999, S. 55
und 121 ff., 125; derselbe, Übersicht über die Rechtsprechung im Bereich
Informatik und Recht, in: Tagung 2000 für Informatik [und] Recht, Bern
2001, S. 188 f.; ROLF H. WEBER/ROLAND UNTERNÄHRER, Unlautere Verwendung
von Domain-Namen, in: SZW 2000 S. 262). Dieser Ansicht ist indessen
nicht beizupflichten. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die
von einer registrierten Internet-Adresse ausgeht, ist nicht der Inhalt
oder die Gestaltung des damit bezeichneten Internet-Sites entscheidend,
sondern die Beschaffenheit der Adresse, die den Zugriff auf den Site
erlaubt, als solche. Eine Verwechslungsgefahr besteht bereits im Moment,
in dem der Internet-Benutzer sich an einem Domain-Namen orientiert und in
ihm Assoziationen sowie das Interesse geweckt werden, darunter bestimmte
Informationen zu finden. Auch kann eine Internet-Adresse nicht immer
nur in der Nähe des damit bezeichneten Sites auftauchen, sondern ebenso
beispielsweise auf Briefköpfen, als Teil der Absenderadresse eines E-mails
("xxx@luzern.ch") oder in Adresslisten, die von Internet-Suchmaschinen
dargestellt werden. In solchen Fällen kann die Verwechslungsgefahr durch
Hinweise im Site und auch durch seinen weiteren Inhalt nicht unmittelbar
behoben werden (vgl. in diesem Sinne JANN SIX, aaO, Rz. 143 ff.). Eine
Behebung der Verwechslungsgefahr durch den Inhalt des Sites würde zudem
voraussetzen, dass die dort zu diesen Zweck angebrachten Hinweise von den
Internet-Benutzern in allen Fällen aufmerksam gelesen werden. Davon kann
jedoch nicht ausgegangen werden, wie auch BURI (Verwechselbarkeit, aaO,
S. 128) einräumt. Mit anderen Worten entsteht die Verwechslungsgefahr
unmittelbar mit der Verwendung des Namens einer öffentlichrechtlichen
Körperschaft durch einen unbefugten Dritten als Domain-Name. Eine wie
auch immer geartete Gestaltung des Web-Sites kann dagegen nicht aufkommen.

    7.2.3  Die Klägerin ist vorliegend auch insoweit in schutzwürdigen
Interessen betroffen, als sie durch die Namensanmassung seitens der
Beklagten daran gehindert wird, ihren eigenen Internet-Site unter ihrem
blossen Städtenamen zu betreiben, unter dem er nach dem vorstehend
Ausgeführten vom durchschnittlichen Internet-Benutzer gesucht wird.

    Von besonderen, wie den vorstehend dargestellten Fällen "Winterthur"
und "Zuerich" abgesehen, darf von einer Gemeinde grundsätzlich nicht
verlangt werden, dass sie im Internet mit einem Second-Level-Domain-Name
auftritt, in dem ihrem Namen der Zusatz "Stadt" vorangestellt
ist. Die Städte sind in den meisten Fällen ausschliesslich unter ihrem
kennzeichnungskräftigen Namen bekannt, weshalb der Internet-Benutzer
erwarten darf, den ihnen gewidmeten Site unter diesem Namen zu finden,
ohne dass er Zusätze beizufügen braucht (vgl. dazu JANN SIX, aaO, Rz. 136
und 173). In einer Interessenabwägung wäre daher wohl auch das Interesse
der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, dass Informationen, die unter
einem blossen Städtenamen publiziert werden, auch tatsächlich von der
entsprechenden Körperschaft selber stammen. Da die Beklagte für ihren
Gebrauch des Wortes "luzern" indessen keinerlei namensrechtlichen Schutz
beanspruchen kann, mit dem der Schutzanspruch der Klägerin kollidieren
könnte, erübrigt sich eine Abwägung der gegenseitigen Interessen.

    7.2.4  Zusammenfassend hat die Beklagte sich den Namen der Klägerin
mit seiner Verwendung als Domain-Name unbefugt angemasst und damit
schutzwürdige Interessen der Klägerin verletzt.