Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 128 III 337



128 III 337

61. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
i.S. X. (Beschwerde)

    7B.68/2002 vom 25. Juni 2002

Regeste

    Art. 93 Abs. 1 SchKG; Lohnpfändung, Notbedarf.

    Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 3a).

    Raumkosten für Haustiere fallen nicht unter die Wohnkosten des
Schuldners (E. 3b).

    Die durchschnittlichen Auslagen für den Unterhalt und die Pflege von
Haustieren sind im Betrag berücksichtigt, welcher dem Schuldner für seine
kulturellen Bedürfnisse und die Freizeitbetätigung zusteht (E. 3c).

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Erwerbseinkommen kann soweit gepfändet werden, als es nach
dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie
nicht unbedingt notwendig ist (Art. 93 Abs. 1 SchKG). Mit Beschwerde
gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG kann gerügt werden, dass bei der Ausübung
des im Gesetz eingeräumten Ermessens, das Existenzminimum des Schuldners
festzusetzen, sachfremde Kriterien berücksichtigt oder rechtserhebliche
Umstände ausser Acht gelassen worden sind (BGE 110 III 17 E. 2 S. 18;
GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes
et la faillite, N. 165 f. zu Art. 93 SchKG).

    b) Aus den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid geht
hervor (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG), dass die Beschwerdeführerin
einen Einpersonenhaushalt führt und mit der Haltung und Pflege der
Papageien kein Einkommen erzielt. Die Beschwerdeführerin bringt im
Wesentlichen vor, die Herabsetzung

des Zuschlages für Mietkosten um Fr. 500.- sei nicht gerechtfertigt,
weil der gemietete Raum (Atelier und Garage) nicht der Bequemlichkeit,
sondern der Unterbringung ihrer Papageien diene und daher die Kosten zum
Notbedarf zu zählen seien; ihr werde in unbilliger Weise die Haltung und
Pflege ihrer Haustiere verweigert. Soweit die Beschwerdeführerin damit
geltend macht, die Vorinstanz habe die zusätzlichen Raumkosten für ihre
Haustiere zu Unrecht ausser Acht gelassen, geht sie fehl: Der Grundsatz,
dass der von einer Lohnpfändung betroffene Schuldner seine Lebenshaltung
einschränken und mit dem zugestandenen Existenzminimum auskommen muss,
gilt auch in Bezug auf die Wohnkosten; die hier anfallenden Auslagen
können nur vollumfänglich berücksichtigt werden, wenn sie der familiären
Situation des Schuldners und den ortsüblichen Ansätzen entsprechen
(BGE 119 III 70 E. 3c S. 73). Vor diesem Hintergrund kann von einer
gesetzeswidrigen Ermessensausübung keine Rede sein, wenn die Vorinstanz
in Bezug auf die familiäre Situation einzig darauf abgestellt hat, dass
die Beschwerdeführerin Wohnkosten für eine Einzelperson benötigt, und
die Raumkosten für die Haltung von 19 Papageien als unerheblich erachtet
hat. Die Beschwerdeführerin behauptet im Übrigen selber nicht, dass die ihr
zugestandenen Mietkosten von Fr. 1'250.- nicht den ortsüblichen Ansätzen
entsprechen würden.

    c) Nach der Rechtsprechung ist anerkannt, dass zum Notbedarf ein
bescheidener Betrag für kulturelle Bedürfnisse und für Freizeitbetätigung
gehört (BGE 81 III 96 E. 3 S. 98). Vorliegend hat das Betreibungsamt den
Grundnotbedarf der Beschwerdeführerin auf Fr. 1'100.- festgesetzt. Dies
entspricht dem monatlichen Grundbetrag für einen alleinstehenden Schuldner,
wie ihn die Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz in
Ziff. I.1 ihrer Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen
Existenzminimums nach Art. 93 SchKG vom 24. November 2001 empfiehlt
(vgl. BlSchK 2001 S. 12 ff.) und in dem die durchschnittlichen Auslagen
u.a. für Kulturelles bzw. Freizeit inbegriffen sind (vgl. VONDER MÜHLL,
in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 24 zu
Art. 93 SchKG). Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, sie brauche
darüber hinaus Fr. 500.- für die Haltung und Pflege ihrer 19 Papageien,
kritisiert sie bloss die Höhe des in der Existenzminimumsberechnung bereits
berücksichtigten Betrages. Auf diese Rüge der Unangemessenheit kann im
Beschwerdeverfahren gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG nicht eingetreten werden.

    d) Soweit sich die Beschwerdeführerin schliesslich gegen die von der
Vorinstanz aufgeworfene Frage wendet, ob die Wohnung vom Atelier bzw. der
Garage trennbar seien, gehen ihre Vorbringen ins Leere: Im kantonalen
Verfahren wurde sie nicht etwa zur Kündigung der Miete von Atelier
und Garage verpflichtet, sondern sind die ihr zugestandenen Wohnkosten
(für irgendeine Wohnung) per 1. Oktober 2002 auf Fr. 1'250.- festgesetzt
worden. Sodann versucht die Beschwerdeführerin von vornherein vergeblich,
aus politischen Vorstössen zur Verbesserung der Rechtsstellung der Tiere
etwas für sich abzuleiten, da bis heute weder über die entsprechenden
Volksinitiativen abgestimmt wurde, noch die in diesem Zusammenhang
vorgeschlagenen Gesetzesänderungen in Kraft getreten sind.