Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 V 466



127 V 466

67. Urteil vom 28. Dezember 2001 i. S. F. gegen Ausgleichskasse Luzern
und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern

Regeste

    Art. 5 Abs. 2 FLG; Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 FLV; Art. 22 Abs. 1
lit. d und Art. 23 BdBSt; Art. 33 Abs. 1 lit. a und Art. 34 lit. d DBG:
Familienzulagen in der Landwirtschaft. Frage offen gelassen, ob und von
welchem Zeitpunkt an Baukreditzinsen abzugsfähige Schuldzinsen sind.

    Art. 5 Abs. 3 FLG; Art. 5 Abs. 4 FLV. Die Konsolidierung des Baukredits
als Zwischenveranlagungsgrund qualifiziert.

Sachverhalt

    A.- Der selbstständigerwerbende Landwirt F., Vater vier
minderjähriger Kinder, bezog in der Zeit vom 1. April 1994 bis 31. März
1996 Familienzulagen für Kleinbauern in der Höhe von Fr. 14'160.-. Mit
Verfügung vom 12. Mai 1997 nahm die Ausgleichskasse Luzern für diese
Periode eine Neuberechnung vor und setzte die Höhe der Familienzulagen
wegen Überschreitens der Einkommensgrenze auf einen Drittel herab. Ferner
ermittelte sie den Anspruch für den Zeitraum vom 1. April 1996 bis
31. März 1997, verrechnete diesen mit den bereits in der früheren Periode
ausgerichteten Zahlungen und forderte von F. den Betrag von Fr. 1872.-
zurück.

    B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern mit Entscheid vom 31. März 1999 ab.

    C.- F. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung
des kantonalen Gerichtsentscheides sei ihm "nach Massgabe der Anspruch
auf Kinderzulagen auszuzahlen".

    Ausgleichskasse Luzern und Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)
schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    D.- Das Eidg. Versicherungsgericht und die II. Öffentlichrechtliche
Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts haben einen Meinungsaustausch
geführt über die Frage, ob Baukreditzinsen nach Bauvollendung, unabhängig
von einer erst späteren Konsolidierung des Baukredites, als abzugsfähige
Schuldzinsen zu betrachten sind.

    E.- Am 23. November 2000 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine
parteiöffentliche Verhandlung durchgeführt. Im Anschluss daran wurde die
strittige Rechtsfrage dem Gesamtgericht unterbreitet.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen
Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen
führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 123 V 71 Erw. 2 mit
Hinweis). Im vorliegenden Fall ist der Anspruch auf Zulagen für den
Zeitraum vom 1. April 1994 bis 31. März 1996 zu beurteilen. Hiefür
ist auf die Steuerveranlagungsperiode 1993/1994 und damit auf das
in den Jahren 1991/1992 (Berechnungsperiode) erzielte Reineinkommen
abzustellen. Massgebend sind daher die in den Jahren 1993/1994 gültig
gewesenen steuerrechtlichen und die in den Jahren 1994 bis 1996 in Kraft
gewesenen zulagenrechtlichen Bestimmungen.

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 5 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über
die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG) haben die haupt-
oder nebenberuflich selbstständigerwerbenden Landwirte Anspruch auf
Familienzulagen, wenn ihr reines Einkommen Fr. 30'000.- im Jahr nicht
übersteigt, wobei sich die Einkommensgrenze um Fr. 5000.- je Kind nach
Art. 9 FLG erhöht. Bei Übersteigen der Einkommensgrenze werden nach Art. 3a
Abs. 1 FLV gekürzte Kinderzulagen ausgerichtet, welche zwei Drittel der
Zulagen nach Art. 7 Abs. 1 FLG betragen, wenn das massgebende Einkommen
die Grenze um höchstens Fr. 3500.- übersteigt (Abs. 2 lit. a) oder einen
Drittel der Zulagen, wenn das massgebende Einkommen die Grenze um mehr

als Fr. 3500.-, höchstens aber um Fr. 7000.- übersteigt (Abs. 2 lit. b).

    Für die Bemessung des Einkommens sind laut Art. 4 Abs. 1 FLV
die Vorschriften der Gesetzgebung über die direkte Bundessteuer
massgebend. Nicht abgezogen werden können jedoch Einlagen, Prämien und
Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus der beruflichen Vorsorge und der
gebundenen Selbstvorsorge (Art. 22 Abs. 1 Bst. h und i BdBSt).

    Das reine Einkommen der Kleinbauern ist nach Art. 5 Abs. 1 FLV unter
Vorbehalt von Art. 6 FLV durch die Ausgleichskasse auf Grund eines vom BSV
aufgestellten Fragebogens zu veranlagen, der vom Kleinbauern auszufüllen
ist. Die Ausgleichskassen können eigene Fragebogen verwenden, die der
Genehmigung des Bundesamtes bedürfen. Nach Art. 6 Abs. 1 FLV können die
Ausgleichskassen für die Ermittlung des reinen Einkommens der Kleinbauern
auf die letzte rechtskräftige Veranlagung oder Zwischenveranlagung der
direkten Bundessteuer oder der kantonalen Steuer abstellen, sofern diese
nach gleichen oder ähnlichen Grundsätzen erfolgte wie die Veranlagung
der direkten Bundessteuer. Das reine Einkommen der Kleinbauern wird auf
Grund der rechtskräftigen Steuerveranlagung in der Regel jeweils für die
Zeit ermittelt, die in der Alters- und Hinterlassenenversicherung eine
Beitragsperiode bildet (Art. 6 Abs. 2 FLV). Das steuerlich ausgewiesene
Reineinkommen gilt jeweils grundsätzlich für die Beurteilung des
Zulagenanspruchs für eine zweijährige Periode, die mit dem 1. April des
auf die Steuereinschätzung folgenden Jahres (Landwirtschaftsjahr 1. April
bis 31. März) beginnen kann (Rz 75 der Erläuterungen des BSV).

    b) Nach der Gerichts- und Verwaltungspraxis wird grundsätzlich in
allen Fällen, in denen die Steuerveranlagung eine brauchbare Grundlage
darstellt, nach Möglichkeit gestützt auf diese veranlagt. Allerdings
ist zu beachten, dass im Gebiete der bäuerlichen Familienzulagen die
Angaben der Steuerbehörden - im Gegensatz zur Ordnung im Beitragsrecht
der Alters- und Hinterlassenenversicherung (Art. 23 Abs. 4 AHVV) - für die
Ausgleichskassen nicht verbindlich sind (BGE 98 V 111 Erw. 2b mit Hinweis).

    c) Wer Familienzulagen bezogen hat, auf die ihm ein Anspruch überhaupt
nicht oder nur in geringerem Masse zustand, hat laut Art. 11 Abs. 1 FLG
den zu Unrecht bezogenen Betrag zurückzuerstatten. Die Bestimmungen des
AHVG über die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Renten sind sinngemäss
anwendbar (Abs. 2).

    Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts
kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche
nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in
Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung
von erheblicher Bedeutung ist (BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, 400
Erw. 2b/aa, je mit Hinweisen).

    Von der Wiedererwägung ist die so genannte prozessuale Revision
von Verwaltungsverfügungen zu unterscheiden. Danach ist die Verwaltung
verpflichtet, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen,
wenn neue Tatsachen oder neue Beweismittel entdeckt werden, die geeignet
sind, zu einer andern rechtlichen Beurteilung zu führen (BGE 126 V 24
Erw. 4b, 46 Erw. 2b, je mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.- a) In der Verfügung vom 12. Mai 1997 hat die Ausgleichskasse
einerseits den Anspruch des Beschwerdeführers für die Zeit vom 1. April
1994 bis 31. März 1996 unter Zugrundelegung eines Einkommens von
Fr. 53'928.- neu berechnet, anderseits gleichzeitig die Zulagen für die
Zeit vom 1. April 1996 bis 31. März 1997 auf Grund eines massgebenden
Einkommens von Fr. 34'458.- erstmals festgesetzt. Damit ist sie auf ihre
ursprünglich ausgerichteten Leistungen für die Periode vom 1. April 1994
bis 31. März 1996 zurückgekommen. Es fragt sich daher, ob die für die
Wiedererwägung oder die prozessuale Revision erforderlichen Voraussetzungen
erfüllt sind (vgl. Erw. 2c hievor). Einer dieser beiden Rückkommenstitel
muss auch vorliegen, wenn die Ausgleichskasse eine Geldleistung nicht
förmlich, sondern formlos zugesprochen hat, sofern die faktisch verfügte
Leistung rechtsbeständig geworden ist, was im vorliegenden Fall auf die dem
Versicherten im Zeitraum vom 1. April 1994 bis 31. März 1996 ausgerichteten
Familienzulagen für Kleinbauern ohne weiteres zutrifft (BGE 122 V 368
f. Erw. 3 mit Hinweisen). Weder in ihrer Rückerstattungsverfügung
vom 12. Mai 1997 noch im Laufe des Rechtsmittelverfahrens hat sich die
Ausgleichskasse auf einen Revisionstitel berufen. Es ist daher im Folgenden
lediglich zu prüfen, ob die ursprüngliche Leistungszusprechung zweifellos
unrichtig und damit der Wiedererwägung zugänglich ist.

    b) Bei der Ermittlung des reinen Einkommens ist einzig streitig,
ob die mit einem Stallneubau zusammenhängenden Baukreditzinsen einen
abzugsfähigen Posten darstellen. Für den leistungsberechtigten Zeitraum
vom 1. April 1994 bis 31. März 1996 ist die Steuerveranlagungsperiode
1993/94 und damit das in den Jahren 1991/92

erzielte Reineinkommen massgebend. Ausgleichskasse und Vorinstanz verneinen
die Abzugsfähigkeit der Baukreditzinsen, weil die Konsolidierung
des Baukredits erst per 31. März 1993 vorgenommen worden ist. Zu
diesem Zeitpunkt führte die Luzerner Kantonalbank im Telefax vom
30. Mai 1997 aus, die Schlusskonsolidierung sei auf Grund ausstehender
Bauhandwerkerrechnungen erst am 31. März 1993 vorgenommen worden. Eine
Teilkonsolidierung per 31. Dezember 1992 oder früher sei möglich gewesen,
wobei die Baukreditzinsen im Jahre 1992 total Fr. 29'428.70 betragen
hätten. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, diese
Baukreditzinsen seien zum Abzug zuzulassen, weil er ab 25. August 1992
die mit dem Baukredit erstellte neue Scheune benutzt und die alte Scheune
abgebrochen habe.

    c) Als Baukreditzinsen gelten Zinsen für Darlehen, welche
zur Finanzierung eines Neubaus oder Umbaus aufgenommen werden
und im Rahmen eines bestimmten Bauprojektes für die Bezahlung der
Bauhandwerker und Materiallieferanten verwendet werden. Sie werden
in der Regel nicht bezahlt, sondern wie im vorliegenden Fall auf den
Baukredit aufgerechnet. Nach Bauvollendung werden Kapital und Zinsen
spätestens konsolidiert, d.h. in der Regel durch ein längerfristiges
Hypothekardarlehen abgelöst (StR 46 [1991] S. 461 mit Hinweisen; ASA 65
[1996/97] S. 753 f. Erw. 2c). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts
zu Art. 22 Abs. 1 lit. d (abzugsfähige Schuldzinsen) und Art. 23 BdBSt
stellen die Baukreditzinsen bis zum Konsolidierungszeitpunkt als mit
dem Bau des Gebäudes zusammenhängende Finanzierungskosten Anlagekosten
dar, sind daher steuerlich als Aufwendungen für die Anschaffung oder
Verbesserung von Vermögensgegenständen zu qualifizieren und damit nicht
als Schuldzinsen zum Abzug zugelassen (ASA 60 [1991/92] S. 195 Erw. 3b,
57 [1988/89] S. 657 Erw. 2a; bestätigt in ASA 66 [1997/98] S. 315 Erw. 4
und 65 [1996/97] S. 754 Erw. 3).

    Die Praxis der Kantone zur Abzugsfähigkeit der Baukreditzinsen im
Bereich der kantonalen Steuern ist unterschiedlich (vgl. auch MARKUS
REICH, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/1, Basel/Frankfurt
a.M. 1997, N 34 in fine zu Art. 9 StHG). In einigen Kantonen werden
Baukreditzinsen als vom Einkommen abziehbare Schuldzinsen, in anderen
hingegen als vom Einkommen nicht abzugsfähige, aber im Rahmen der
Grundstückgewinnsteuer anrechenbare Aufwendungen oder Anlagekosten
behandelt, während eine Gruppe von Kantonen dem Steuerpflichtigen ein
Wahlrecht gewährt, indem er auf den Abzug solcher Zinsen beim

Einkommen verzichten und sie bei der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer
als Aufwendungen geltend machen kann (vgl. THOMAS STADELMANN, Die
steuerliche Behandlung von Baukreditzinsen in der Schweiz, in: StR 47
[1992] S. 118 ff.). So gelten beispielsweise in den Kantonen Aargau
und Zürich (nur im Bereich des Privatvermögens) Baukreditzinsen
als abziehbare Schuldzinsen (BAUR/KLÖTI-WEBER/KOCH/MEIER/URSPRUNG,
Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Bern 1991, S. 365 f. N 219
zu § 24; RICHNER/FREI/WEBER/BRÜTSCH, Kurzkommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 2. Aufl., Zürich 1997, S. 245 N 29a zu § 25). Für die
Frage des Konsolidierungszeitpunkts stellen verschiedene Kantone auf
den tatsächlichen Bezug des Gebäudes oder die Bezugsbereitschaft ab
(RICHNER/FREI/WEBER/BRÜTSCH, aaO, S. 367 N 63 zu § 45 in Bezug auf
Geschäftsliegenschaften; WEIDMANN/GROSSMANN/ZIGERLIG, Wegweiser durch
das st.gallische Steuerrecht, 5. Aufl., Bern 1995, S. 136). So hält auch
der Kanton Luzern, welcher Baukreditzinsen bis zum Beginn der Nutzung der
Liegenschaft als wertvermehrende Aufwendungen oder Anlagekosten und damit
als nicht abziehbar betrachtet, den tatsächlichen Bezug des Objekts als
für den Konsolidierungszeitpunkt massgebend. Findet eine Konsolidierung
des Baukredits erst nach Bezug statt, können die Zinsen ab Bezug als
abzugsfähige Schuldzinsen zugelassen werden (Luzerner Steuerbuch, Bd. 1:
Weisungen Staats- und Gemeindesteuern, Ausgabe 2001, § 40 Nr. 1 Ziff. 2.2).

    Schliesslich wird auch die ausnahmsweise Zulassung von Baukreditzinsen
als abzugsfähige Schuldzinsen postuliert (THOMAS STADELMANN, Leitsätze
zum Steuergesetz des Kantons Obwalden vom 21. Oktober 1979, Bern 1993,
S. 91), weil die geltende Rechtsprechung namentlich im Zusammenhang mit
landwirtschaftlichen Liegenschaften unbefriedigend sei. Diese würden in
der Regel innerhalb der Familie zum Ertragswert weitergegeben und die
geschaffenen Wertvermehrungen blieben bei einem späteren Verkauf meist
unbeachtet. Eine Aktivierung der Baukreditzinsen bei landwirtschaftlichen
Grundstücken brächte daher in der Regel dem Pflichtigen nur Nachteile,
ausgenommen wenn die Liegenschaft später aus dem landwirtschaftlichen
Entschuldungsgesetz entlassen oder an einen Aussenstehenden verkauft werde.
Es gebe daher keinen Grund, die Baukreditzinsen bei landwirtschaftlichen
Liegenschaften nicht ausnahmsweise wie Schuldzinsen zum Abzug zuzulassen,
soweit die Schuld auch tatsächlich konsolidiert sei (Hinweis auf einen
Entscheid der Steuerrekurskommission Obwalden vom 3. März 1989).

    d) Im Lichte dieser steuerrechtlichen Ausgangslage ist die Frage zu
prüfen, ob auf die bundessteuerrechtliche Betrachtungsweise, namentlich
hinsichtlich des Konsolidierungszeitpunkts, abgestellt werden soll. Hiefür
spricht, dass sich die Familienzulagenordnung in Art. 4 Abs. 1 FLV
grundsätzlich auf die Bemessung des Reineinkommens stützt, wie es
sich aus der Veranlagung für die direkte Bundessteuer ergibt. Damit
kann die Verwaltung für die Abklärung der finanziellen Voraussetzungen
sich die direkte Bundessteuer dienstbar machen, braucht keinen eigenen
administrativen Apparat aufzubauen und kann die Hilfe der Steuerbehörden
in Anspruch nehmen. Mit dem Abstellen auf die direkte Bundessteuer wird
auch die einheitliche Anwendung des Familienzulagenrechts sichergestellt,
ungeachtet der Verschiedenheit der kantonalen Steuersysteme und der
jeweiligen kantonalen Steuerpraxis.

    Anderseits ist die Bindungswirkung der bundessteuerrechtlichen
Veranlagung in der Gerichts- und Verwaltungspraxis relativiert worden. Wie
bereits erwähnt (vgl. Erw. 2b hievor), soll grundsätzlich in allen
Fällen, in denen die Steuerveranlagung eine brauchbare Grundlage
darstellt, gestützt auf diese veranlagt werden. Dabei ist allerdings
zu beachten, dass im Gebiete der bäuerlichen Familienzulagen die
Angaben der Steuerbehörden - im Gegensatz zur Ordnung im Beitragsrecht
der Alters- und Hinterlassenenversicherung (Art. 23 Abs. 4 AHVV)
- für die Ausgleichskassen nicht verbindlich sind (BGE 98 V 111
Erw. 2b mit Hinweis). Ohnehin bestünde eine Bindungswirkung wie im
AHV-Recht lediglich im Masslichen, nicht aber in der Qualifizierung
von Einkommens- und Vermögensteilen (vgl. BGE 121 V 83 Erw. 2c, 114
V 75 Erw. 2, 110 V 86 Erw. 4 und 370 Erw. 2a, 102 V 30 Erw. 3b mit
Hinweisen). Mitzuberücksichtigen ist, dass das massgebende Einkommen im
Leistungsbereich nach Sinn und Zweck der Ordnung der Familienzulagen
in der Landwirtschaft (Existenzsicherung der Kleinbauern; BGE 106
V 186 oben) zu ermitteln ist, welche mit denjenigen des Steuer- oder
Beitragsrechts nicht übereinstimmen müssen. Dem Zweck der Existenzsicherung
entsprechend müsste die ökonomische Realität des versicherten Kleinbauern
und nicht die fiskalische im Vordergrund stehen. Dies spricht, wie dies in
verschiedenen Kantonen steuerrechtliche Praxis ist, für den tatsächlichen
Bezug des Gebäudes als Konsolidierungszeitpunkt, zumal die eigentliche
Umwandlung des Baukredits in einen Hypothekarkredit oft von Drittpersonen
(Rechnungstellung durch Handwerker, Bank) abhängig ist und damit ausserhalb
des Einflussbereichs des Landwirts liegt.

    Damit wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass vom
Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Gebäudes an dieses genutzt und damit
gegebenenfalls Ertrag erwirtschaftet wird. Mit einer solchen Lösung
wird die bundessteuerrechtliche Qualifikation der Baukreditzinsen
übernommen, hingegen beim Zeitpunkt der Konsolidierung eine abweichende
Regelung getroffen, die den tatsächlichen landwirtschaftlichen und den
zulagenrechtlichen Gegebenheiten besser Rechnung trägt.

    Schliesslich kann man sich auch fragen, ob im Familienzulagenrecht
in der Landwirtschaft, das für den Anspruch und dessen Höhe entscheidend
auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kleinbauern abstellt, die
Baukreditzinsen nicht schon von Anfang an als abzugsfähige Schuldzinsen
zu betrachten sind. Für die Deckung der Familienlasten stellen die
Baukreditzinsen einen Kostenfaktor dar, der das Budget der bäuerlichen
Familie nicht erst ab Inbetriebnahme des Gebäudes belastet.

    e) Welcher der verschiedenen Lösungen der Vorzug zu geben ist, kann im
vorliegenden Fall offen bleiben. Die ursprüngliche Leistungszusprechung
für die Zeit vom 1. April 1994 bis zum 31. März 1996 ist im Lichte
der vorstehenden Ausführungen nicht als zweifellos unrichtig zu
qualifizieren. Unter diesen Umständen verfügt die Ausgleichskasse
über keinen Rückkommenstitel für die geltend gemachte (und teilweise
verrechnete) Rückerstattungsforderung.

Erwägung 4

    4.- a) Selbst wenn mit Ausgleichskasse und kantonalem Gericht auf
den 31. März 1993 als Konsolidierungszeitpunkt abgestellt wird, ist der
die Rückforderung betreffende Teil der Verwaltungsverfügung aus einem
weiteren Grund aufzuheben. Nach Art. 5 Abs. 4 FLV hat die Ausgleichskasse
bei jeder wesentlichen Änderung des Einkommens entsprechend den neuen
Verhältnissen eine Neuveranlagung vorzunehmen, wozu sie von Amtes wegen
verpflichtet ist (nicht veröffentlichtes Urteil W. vom 13. Januar 1969,
F 5/68). Als wesentlich ist eine Einkommensvermehrung oder -verminderung
anzusehen, wenn sie Fr. 5000.- erreicht, von verhältnismässig langer
Dauer ist und sich aller Wahrscheinlichkeit nach wenigstens auf den
Rest der Veranlagungsperiode erstreckt und klar ausgewiesen ist (EVGE
1963 S. 226, 1958 S. 137; Rz 76 der Erläuterungen des BSV). Dabei sind
nicht nur Änderungen des landwirtschaftlichen Einkommens (Kauf und
Verkauf von Liegenschaften, wesentliche Vermehrung oder Verminderung des
Tierbestandes), sondern auch Änderungen des Einkommens aus andern Quellen,
wie aus einer gewerblichen oder unselbstständigerwerbenden

Tätigkeit sowie aus Vermögen zu berücksichtigen (Rz 76 der Erläuterungen
des BSV).

    b) Die Baukreditzinsen wurden jeweils quartalsweise auf den laufenden
Baukredit aufgerechnet. Die Schlusskonsolidierung des Baukredits per
31. März 1993 ergab einen Saldo von Fr. 981'861.60. Vom 1. April 1993
an waren die nach der Konsolidierung zu leistenden Schuldzinsen auch
im Rahmen der direkten Bundessteuer abzugsfähig. Angesichts der Höhe
der Schulden verminderte sich in der Folge das reine Einkommen des
Beschwerdeführers dauernd und erheblich. So verringerte es sich ausgehend
von der Veranlagungsperiode 1993/94 von Fr. 53'928.- auf Fr. 34'458.-
in derjenigen von 1995/96. Die Ausgleichskasse hat denn auch in der
Rückerstattungsverfügung vom 12. Mai 1997 das massgebliche Einkommen in
der Bezugsperiode 1. April 1996 bis 31. März 1997 (Basis Steuerperiode
1995/96 mit dem Einkommen 1993/94) auf Fr. 34'458.- festgesetzt und
die ungekürzten Zulagen zugesprochen. Unter diesen Umständen hätte
nach erfolgter Konsolidierung per 1. April 1993 eine zulagenrechtliche
Zwischenveranlagung vorgenommen werden müssen mit der Folge, dass der
Beschwerdeführer die im Zeitraum vom 1. April 1994 bis 31. März 1996
ausgerichteten ungekürzten Zulagen nicht unrechtmässig bezogen hat.

Erwägung 5

    5.- Nach dem Gesagten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in der
Zeit vom 1. April 1994 bis 31. März 1997 Anspruch auf die ungekürzten
Familienzulagen hat. Für den Zeitraum vom 1. April 1996 bis 31. März 1997
beläuft sich der Anspruch auf insgesamt Fr. 7560.-. Diesen Betrag hat die
Ausgleichskasse in der Verfügung vom 12. Mai 1997 mit der vermeintlich
bestehenden Rückforderung für die Zeit vom 1. April 1994 bis 31. März 1996
verrechnet. Sie ist daher gehalten, dem Beschwerdeführer noch Fr. 7560.-
nachzuzahlen.