Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 V 448



127 V 448

64. Urteil vom 27. November 2001 i. S. Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt gegen S. und Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen

Regeste

    Art. 20 Abs. 2, Art. 31 Abs. 4 und Art. 34 UVG; Art. 31 Abs. 2 UVV
(in Kraft seit 1. Januar 1997); Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur
Änderung der Verordnung vom 9. Dezember 1996: Anpassung an die Teuerung.

    - Für die Teuerungsanpassung ist der Zeitpunkt der Entstehung des
Anspruchs auf Komplementärrente und nicht derjenige des Verfügungserlasses
massgebend, was auch übergangsrechtlich zu beachten ist.

    - Gesetz- und Verfassungsmässigkeit dieser Regelung.

Sachverhalt

    A.- S., geboren 1961, arbeitete ab Januar 1989 bei der Y AG und war
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch für
die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 20. November
1991 stürzte er von einem Gerüst und

zog sich dabei eine Densfraktur sowie Frakturen an den Handgelenken
zu. Die SUVA kam für die Unfallbehandlung auf und richtete Taggeld
aus. Am 13. August 1992 meldete sich S. bei der Invalidenversicherung
an, welche ihm bei einem Invaliditätsgrad von 70% ab November 1992
eine bis August 1993 befristete ganze Rente zusprach und mit Verfügung
vom 10. September 1993 für eine Umschulung zum Schreinerei-Mitarbeiter
aufkam. Nach dem vorzeitigen Abbruch der beruflichen Massnahme richtete
sie ab 1. August 1994 wieder eine ganze und ab 1. Januar 1995 eine halbe
Rente aus. Am 5. Juli 1995 erliess die SUVA eine Verfügung, mit welcher
sie dem Versicherten eine Rente auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit
von 40% ab 1. Juli 1995 sowie eine Integritätsentschädigung bei einer
Integritätseinbusse von 25% zusprach. Auf Einsprache hin ordnete sie eine
psychiatrische Begutachtung an, hob die Verfügung vom 5. Juli 1995 in Bezug
auf die Invalidenrente auf und sprach dem Versicherten ab 1. Juli 1995 bei
einer Erwerbsunfähigkeit von 80% und einem Jahresverdienst von Fr. 75'975.-
eine als Komplementärrente berechnete Rente von Fr. 3096.- (Fr. 3174.-
ab 1. Januar 1997) im Monat zu; an der Integritätsentschädigung von 25%
hielt sie fest (Verfügung vom 29. September 1997). S. liess auch gegen
diese Verfügung Einsprache erheben und beantragen, die Komplementärrente
sei unter Erhöhung des versicherten Verdienstes entsprechend der
Teuerungszulage festzusetzen und es sei ihm eine Integritätsentschädigung
von mindestens 65% zuzusprechen. Mit Entscheid vom 19. Februar 1998 wies
die SUVA die Einsprache ab.

    B.- Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die hiegegen
erhobene Beschwerde insoweit teilweise gut, als es den Einspracheentscheid
bezüglich der Rente aufhob und die Sache an die SUVA zurückwies, damit sie
die Komplementärrente unter Berücksichtigung der auf den 1. Januar 1997
in Kraft getretenen Verordnungsbestimmung über den Teuerungsausgleich
neu festsetze; im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom
18. August 1999).

    C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, soweit
damit die Sache zu neuer Verfügung über die Komplementärrente an sie
zurückgewiesen wurde. In der Begründung wird daran festgehalten, dass die
Verordnungsbestimmung über den Teuerungsausgleich übergangsrechtlich auf
den vorliegenden Fall nicht Anwendung findet.

    Der Beschwerdegegner beantragt Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung
(BSV) schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Hat der nach UVG rentenberechtigte Versicherte Anspruch
auf eine Rente der Invalidenversicherung (IV) oder der Alters- und
Hinterlassenenversicherung (AHV), so wird ihm eine Komplementärrente
gewährt; diese entspricht der Differenz zwischen 90% des versicherten
Verdienstes und der Rente der IV oder der AHV, höchstens aber dem für
Voll- oder Teilinvalidität vorgesehenen Betrag. Die Komplementärrente
wird beim erstmaligen Zusammentreffen der erwähnten Renten festgesetzt
und lediglich späteren Änderungen der für Familienangehörige bestimmten
Teile der Rente der IV oder der AHV angepasst (Art. 20 Abs. 2 UVG).

    Gestützt auf Art. 20 Abs. 3 UVG hat der Bundesrat nähere
Vorschriften zur Berechnung der Komplementärrenten erlassen. Nach
dem mit der Verordnungsänderung vom 9. Dezember 1996 (AS 1996 3456)
eingefügten Abs. 2 von Art. 31 UVV (in Kraft seit 1. Januar 1997)
wird bei der Festlegung der Berechnungsbasis nach Art. 20 Abs. 2 UVG
der versicherte Verdienst um den beim erstmaligen Zusammentreffen
gültigen Prozentsatz der Teuerungszulage nach Art. 34 UVG erhöht. Nach
den Schlussbestimmungen der Verordnungsänderung vom 9. Dezember 1996
(Abs. 1) gilt für Komplementärrenten im Sinne der Art. 20 Abs. 2 und 31
Abs. 4 UVG, die vor Inkrafttreten dieser Änderung festgesetzt wurden,
das bisherige Recht.

Erwägung 2

    2.- Streitig und zu prüfen ist, ob Art. 31 Abs. 2 UVV auf den
vorliegenden Fall anwendbar ist. Dabei ist davon auszugehen, dass der
Anspruch auf Komplementärrente vor Inkrafttreten der Verordnungsänderung
entstanden, über den Anspruch jedoch erst nach diesem Zeitpunkt verfügt
worden ist. Es stellt sich mithin die Frage, wie die Übergangsbestimmung
von Abs. 1 der Schlussbestimmungen zur Verordnungsänderung vom 9. Dezember
1996 zu verstehen ist. Während die Vorinstanz zum Schluss gelangt, die neue
Bestimmung sei auf sämtliche nach Inkrafttreten der Verordnungsänderung
verfügungsweise festgesetzten Komplementärrenten anwendbar, halten SUVA
und BSV dafür, dass übergangsrechtlich der Zeitpunkt des erstmaligen
Zusammentreffens der Renten massgebend ist.

    a) Nach dem bis Ende 1996 gültig gewesenen Recht wurde bei der
Berechnung der Komplementärrente die gemäss Art. 15 Abs. 2

UVG auf der Grundlage des versicherten Verdienstes im Jahr vor dem
Unfall festgesetzte Rente der Unfallversicherung der im Zeitpunkt des
Rentenbeginns ausgerichteten Rente der AHV oder IV gegenübergestellt,
was im Hinblick auf die grundsätzliche Unabänderlichkeit des versicherten
Verdienstes teilweise zu unbefriedigenden Ergebnissen führte (vgl. BGE
122 V 342 Erw. 5, 119 V 492 Erw. 4b und 118 V 298 Erw. 2f). Mit dem auf
den 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Art. 31 Abs. 2 UVV wurde diesem
Umstand insoweit Rechnung getragen, als der versicherte Verdienst um den
beim erstmaligen Zusammentreffen gültigen Prozentsatz der Teuerungszulage
nach Art. 34 UVG erhöht wird. Gemäss dieser Bestimmung erhalten die Bezüger
von Invaliden- und Hinterlassenenrenten zum Ausgleich der Teuerung Zulagen,
welche vom Bundesrat auf Grund des Landesindexes der Konsumentenpreise
festgesetzt werden, wobei die Anpassung auf den gleichen Zeitpunkt
erfolgt wie bei den Renten der AHV. Mit Art. 31 Abs. 2 UVV wird folglich
sichergestellt, dass beim erstmaligen Zusammentreffen der Leistungen die
für den Anspruch auf die Komplementärrente massgebenden Berechnungselemente
(Rente der Unfallversicherung und Rente der AHV oder IV) auf der gleichen
zeitlichen Grundlage beruhen (zeitliche Kongruenz; vgl. Erläuterungen
des BSV zur Änderung der Bestimmungen über die Komplementärrenten, in:
RKUV 1997 S. 48).

    b) Die Übergangsbestimmung von Abs. 1 der Schlussbestimmungen der
Verordnungsänderung vom 9. Dezember 1996, wonach für Komplementärrenten
im Sinne von Art. 20 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 4 UVG, die vor Inkrafttreten
der Änderung festgesetzt wurden, das bisherige Recht gilt, bedeutet, dass
keine Teuerungsanpassung nach Art. 31 Abs. 2 UVV bei Komplementärrenten
erfolgt, die vor dem 1. Januar 1997 festgesetzt worden sind. Der Wortlaut
der Bestimmung ist insofern nicht eindeutig, als unter dem Ausdruck
"festgesetzt wurden" allein die ursprüngliche Rentenfestsetzung
(erstmaliges Zusammentreffen der Renten) oder grundsätzlich jede
Festsetzung der Komplementärrente verstanden werden kann (mit der Folge,
dass bei Neufestsetzung der Rente nach Inkrafttreten der Änderung das neue
Recht anwendbar ist). Fraglich ist zudem, ob übergangsrechtlich auf den
Anspruchsbeginn oder auf den Zeitpunkt des Verfügungserlasses abzustellen
ist. Im Kreisschreiben Nr. 17 an die UVG-Versicherer und die Ersatzkasse
UVG vom 19. März 1997 hat das BSV hiezu ausgeführt, gemäss Art. 20 Abs. 2
Satz 2 UVG werde die Komplementärrente beim erstmaligen Zusammentreffen

einer UVG-Rente mit einer Rente der AHV oder der IV festgesetzt. Der
Zeitpunkt der Festsetzung einer Komplementärrente sei somit derjenige der
Entstehung des Anspruchs auf die Rente. Daraus ergebe sich, dass das neue
Recht auf Renten der obligatorischen Unfallversicherung anwendbar sei,
die nach dem 1. Januar 1997 erstmals mit einer Rente der AHV oder der IV
zusammentreffen. Diese Auffassung findet in Gesetz und Verordnung insofern
eine Stütze, als Art. 20 Abs. 2 UVG zwischen Festsetzung und Anpassung
der Renten unterscheidet und in Art. 33 UVV nicht von Festsetzung bzw.
Neufestsetzung, sondern von Anpassung (adaptation, adeguamento; so der
Normtitel) gesprochen wird. Wenn daher in der Übergangsbestimmung von
Festsetzung der Rente (qui ont été fixées ..., stabilite prima ...) die
Rede ist, so spricht dies dafür, dass damit allein die erstmalige
Rentenfestsetzung und nicht auch die spätere Neufestsetzung (Anpassung)
von Komplementärrenten gemeint ist. Dazu kommt, dass die Teuerungsanpassung
gemäss Art. 31 Abs. 2 UVV beim erstmaligen Zusammentreffen der Leistungen
erfolgt. Damit ist gleichzeitig gesagt, dass für die Teuerungsanpassung
der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf Komplementärrente
und nicht derjenige des Verfügungserlasses massgebend ist, was auch
übergangsrechtlich zu beachten ist.

    c) Diese Auslegung entspricht dem klaren Willen des
Verordnungsgebers, wie er aus den Materialien hervorgeht. Danach
wurde beim Erlass der Übergangsbestimmung davon ausgegangen, dass nur
neue Renten der Unfallversicherung nach den revidierten Vorschriften
über die Komplementärrenten zu berechnen sind, was im Rahmen einer
Übergangsbestimmung festgehalten werden sollte (Protokoll zur Besprechung
vom 3. Juli 1995 betreffend Revision der UVV, S. 13). Bei der Diskussion
der Übergangsbestimmung wurde seitens der Vertreter der SUVA darauf
hingewiesen, dass höhere Leistungen nicht rückwirkend finanziert werden
könnten. Es wurde daher eine Formulierung vorgeschlagen, wonach die neue
Regelung auf Komplementärrenten, die vor Inkrafttreten der Änderung
festgesetzt wurden, nicht Anwendung findet (Protokoll zur Besprechung
vom 18. Oktober 1995 betreffend Revision der UVV, Fragen der Berechnung
der Komplementärrenten, S. 9). Aus der Feststellung, wonach nur neue
Renten nach den geänderten Bestimmungen festgesetzt werden sollten, ist
zu schliessen, dass eine Teuerungsanpassung gemäss Art. 31 Abs. 2 UVV
bei laufenden Renten auch im Falle einer Neufestsetzung (Art. 33 UVV)
ausgeschlossen werden sollte. Dementsprechend hat das BSV in den

Erläuterungen zur Verordnungsänderung ausgeführt, die Anrechnung der
Teuerungszulage erfolge nur beim erstmaligen Zusammentreffen und nicht bei
jeder späteren Neuberechnung infolge Mutation (RKUV 1997 S. 49), womit auch
gesagt wurde, dass übergangsrechtlich auf das erstmalige Zusammentreffen
der Leistungen und nicht auf den Zeitpunkt des Verfügungserlasses
abzustellen ist. Diese Lösung steht nicht im Widerspruch zu dem mit
der Verordnungsänderung angestrebten Zweck. Zwar soll nach dem Gesagten
mit Art. 31 Abs. 2 UVV sichergestellt werden, dass die für den Anspruch
auf Komplementärrenten massgebenden Berechnungselemente auf der gleichen
zeitlichen Grundlage beruhen. Der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz
wird indessen nicht voll verwirklicht, indem die Teuerung nur beim
erstmaligen Zusammentreffen der Renten ausgeglichen wird, nicht aber bei
der Neufestsetzung von Renten gemäss Art. 33 Abs. 2 und Art. 34 UVV. Dies
spricht für eine Auslegung der Übergangsbestimmung in dem Sinne, dass
die neue Vorschrift von Art. 31 Abs. 2 UVV nur zur Anwendung gelangt,
wenn die Renten erstmals nach Inkrafttreten der Verordnungsänderung
zusammengetroffen sind, nicht aber bei einer Anpassung der Renten nach
diesem Zeitpunkt oder wenn über eine vor Inkrafttreten des neuen Rechts
entstandene Rente erst unter der Herrschaft des neuen Rechts verfügt wird.

Erwägung 3

    3.- Zu prüfen bleibt, ob sich die vom Verordnungsgeber getroffene
Regelung mit Gesetz und Verfassung, insbesondere dem Rechtsgleichheitsgebot
von Art. 8 BV, vereinbaren lässt.

    a) Die Übergangsbestimmung verstösst nicht gegen das Gesetz,
sondern entspricht nach dem Gesagten vielmehr Art. 20 Abs. 2 UVG,
wonach die Rente beim erstmaligen Zusammentreffen der zu koordinierenden
Renten festzusetzen ist. Sie hält sich zudem im Rahmen dessen, was der
Gesetzgeber in Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG beim Inkrafttreten des UVG
übergangsrechtlich statuiert hat. Danach waren vom Inkrafttreten dieses
Gesetzes an die neuen Bestimmungen über die Invalidenrente anwendbar,
wenn der Anspruch erst nach diesem Zeitpunkt entstanden war, was bedeutet,
dass bei den vor Inkrafttreten entstandenen Rentenansprüchen das frühere
Recht anwendbar blieb (vgl. BGE 124 V 56 Erw. 3; vgl. auch Bemerkungen
von MAURER in SZS 1985 S. 210). Auch bei Leistungsverbesserungen im
Sozialversicherungsrecht besteht kein Grundsatz, wonach das neue Recht
ab Inkrafttreten stets auch auf Dauerverhältnisse anwendbar ist, bei
denen sich der anspruchsbegründende Sachverhalt vor dem Inkrafttreten
verwirklicht hat (BGE 99 V 203 Erw. 2;

vgl. etwa BGE 126 V 273 ff.). Dem Gesetz- und Verordnungsgeber steht
bei der übergangsrechtlichen Regelung eine weite Gestaltungsfreiheit
zu. Er kann dabei auch die finanziellen Folgen einer Rechtsänderung mit
berücksichtigen (vgl. MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht,
Bern 1979, Bd. I, S. 181). SUVA und BSV weisen in diesem Zusammenhang
darauf hin, dass die Finanzierung der Invaliden- und Hinterlassenenrenten
gemäss Art. 90 Abs. 2 UVG nach dem Rentenwertumlageverfahren
erfolgt und das Deckungskapital für sämtliche Ausgaben aus bereits
eingetretenen Unfällen genügen muss. Nach Abs. 3 der Bestimmung werden
die Teuerungszulagen aus den Zinsüberschüssen und, soweit diese nicht
ausreichen, nach dem Ausgabenumlageverfahren finanziert. Danach sind
künftige Leistungen vorauszufinanzieren und erforderlichenfalls
durch entsprechende Prämienzuschläge zu decken (vgl. MAURER,
Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 571). Wie den Materialien zur
Verordnungsänderung zu entnehmen ist, war dieser Umstand ausschlaggebend
dafür, dass die Anwendbarkeit des neuen Rechts auf Komplementärrenten
beschränkt wurde, die erstmals nach dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1997
mit einer Rente der AHV oder IV zusammentreffen (Protokoll zur Besprechung
vom 18. Oktober 1995 betreffend Revision der UVV, Fragen der Berechnung
der Komplementärrenten, S. 9; vgl. auch RKUV 1997 S. 53).

    b) Nach der Rechtsprechung verletzt ein Erlass den Grundsatz
der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV), wenn er rechtliche
Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden
Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen
unterlässt, die sich auf Grund der Verhältnisse aufdrängen. Die
Rechtsgleichheit ist insbesondere verletzt, wenn Gleiches nicht
nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach
Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt
ist, dass sich der unbegründete Unterschied oder die unbegründete
Gleichstellung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage, ob für
eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden
Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich
beantwortet werden. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze
und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der Gestaltung (BGE 123 I
7 Erw. 6a, 23 Erw. 3b, 141 Erw. 10b und 243 Erw. 2b, 123 II 11 Erw. 3a
und 26 Erw. 6a). Bei Rechtsänderungen ist zu beachten, dass Änderungen
von Erlassen zwangsläufig bewirken, dass für die Rechtsunterworfenen
unterschiedliche Regelungen gelten je nachdem, ob

der rechtlich erfasste Tatbestand für sie vor oder nach der Revision
wirksam wird. In den damit verbundenen Ungleichbehandlungen liegt an sich
noch kein Verfassungsverstoss. Auch im Lichte des Rechtsgleichheitsgebots
ist es nicht Sache des Gerichts, sein Ermessen an die Stelle desjenigen
des Gesetz- oder Verordnungsgebers zu stellen (BGE 122 II 117 Erw. 2b
mit Hinweisen).

    Die streitige Übergangsbestimmung hat insofern eine Ungleichbehandlung
zur Folge, als Bezüger von Komplementärrenten, für die der Anspruch vor
dem 1. Januar 1997 entstanden ist, keinen Teuerungszuschlag nach Art. 31
Abs. 2 UVV erhalten, selbst wenn hierüber erst nach dem 1. Januar 1997
verfügt oder die Rente nach diesem Zeitpunkt gemäss Art. 33 Abs. 2 UVV
(oder Art. 34 UVV) angepasst wird. Hierin kann indessen keine Verletzung
des Rechtsgleichheitsgebotes von Art. 8 Abs. 1 BV erblickt werden. Nach
dem Gesagten bestehen sachliche Gründe für die getroffene Lösung. Eine
Anwendung der Bestimmung auf sämtliche laufenden Renten sowie auf Renten,
die nach Inkrafttreten der Verordnungsänderung angepasst werden, wäre
unter sozialpolitischen Gründen wohl wünschbar gewesen. Eine solche
Regelung hat der Verordnungsgeber jedoch nicht vorgesehen und er kann
hiezu auch vom Richter nicht verhalten werden. Im Übrigen ist darauf
hinzuweisen, dass auch die Bezüger laufender Komplementärrenten nicht
von jedem Teuerungsausgleich ausgeschlossen sind. Der Ausgleich erfolgt
allerdings auf der Komplementärrente und nicht auf der Grundrente oder
dem versicherten Verdienst (BGE 119 V 484 ff.).