Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 V 268



127 V 268

42. Auszug aus dem Urteil vom 5. September 2001 i. S. Öffentliche
Krankenkasse Basel gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt

Regeste

    Art. 29, Art. 64 Abs. 7 KVG: Kostenbeteiligung bei Behandlung von
Schwangerschaftskomplikationen.

    - Auch nach neuem Recht gelten die Kosten für die Behandlung von
Schwangerschaftskomplikationen als Krankheitskosten und unterliegen der
Kostenbeteiligungspflicht der Versicherten.

    - Die Unterscheidung der Leistungspflicht für normale und für
Risikoschwangerschaften ist mit der ratio legis der Befreiung von der
Kostenbeteiligung bei Mutterschaftsleistungen vereinbar.

Sachverhalt

    A.- Die bei der Öffentlichen Krankenkasse Basel (nachfolgend ÖKK)
krankenversicherte B. musste im Verlaufe einer Schwangerschaft zufolge
vaginaler Blutungen und vorzeitiger Portioreifung bzw. wilder Wehen in
der Klinik X vom 15. bis 23. September 1996 hospitalisiert werden. Die
ÖKK überband der Versicherten mit Verfügung vom 21. März 1997 für
diese Behandlung einen Selbstbehalt von Fr. 321.30, woran sie mit
Einspracheentscheid vom 30. April 1997 festhielt.

    B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hiess eine dagegen
erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 5. Dezember 1997 im Wesentlichen
mit folgender Begründung gut: Weder das KUVG noch das KVG enthielten
eine Definition der Mutterschaft. Doch sei die Rechtslage unter dem
geltenden KVG gleich geblieben, insbesondere bestehe keine wesentliche
Abweichung in der Umschreibung der vom Krankenversicherer zu übernehmenden
Leistungen sowie der Befreiung von der Kostenbeteiligung. Deshalb
könne die Rechtsprechung zum KUVG auch in Fällen, die nach dem KVG
zu beurteilen seien, übernommen werden. Demgemäss sei nur die normal
verlaufende Schwangerschaft von der Kostenbeteiligung befreit, während
Schwangerschaftskomplikationen als Krankheitsbehandlungen qualifiziert
würden und deshalb einer Kostenbeteiligungspflicht unterlägen. Für eine
derartige Unterscheidung sei indessen schon unter dem alten Recht kein
stichhaltiger Grund ersichtlich gewesen. Der Sinn der Befreiung von der
Kostenbeteiligung könne nur der sein, werdende Mütter kostenmässig zu
schonen und damit Familienschutz zu betreiben, was nicht nur bei normalen
Schwangerschaften gelte. Die getroffene Unterscheidung lasse sich daher
nicht rechtfertigen. Da die Schwangerschaft umfassend verstanden werden
müsse, seien auch Leistungen bei Schwangerschaftskomplikationen ohne
Kostenbeteiligung zu erbringen.

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die ÖKK die Aufhebung
des kantonalen Entscheides.

    B. lässt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beantragen. (...) Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliesst
auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 29 KVG übernimmt die obligatorische
Krankenpflegeversicherung neben den Kosten für die gleichen Leistungen

wie bei Krankheit die Kosten der besonderen Leistungen bei Mutterschaft
(Abs. 1). Diese spezifischen Leistungen umfassen nach Abs. 2 die von
Ärzten und Ärztinnen oder von Hebammen durchgeführten oder ärztlich
angeordneten Kontrolluntersuchungen während und nach der Schwangerschaft
(lit. a), die Entbindung zu Hause, in einem Spital oder einer Einrichtung
der teilstationären Krankenpflege sowie die Geburtshilfe durch Ärzte
und Ärztinnen oder Hebammen (lit. b) und die notwendige Stillberatung
(lit. c). Der Bundesrat, der die Ausführungsbestimmungen zu erlassen hat
(Art. 96 KVG), delegierte seine Kompetenz in der Vollziehungsverordnung
an das Eidg. Departement des Innern (Art. 33 lit. d KVV). Dieses erliess
am 29. September 1995 die KLV. Darin sind die besonderen Leistungen bei
Mutterschaft in den Art. 13 bis 16 geregelt. Vorliegend von Bedeutung
ist Art. 13 KLV, der umschreibt, welche Kontrolluntersuchungen die
Versicherung zu übernehmen hat. Unterschieden werden fünf Arten von
Kontrolluntersuchungen. Nach lit. a hat jede Versicherte Anspruch auf
sieben (Ziff. 1), bei Risikoschwangerschaften nach klinischem Ermessen auch
auf zusätzliche (Ziff. 2) Kontrollen während der Schwangerschaft sowie auf
eine post-partum-Kontrolle innert der sechsten bis zehnten Woche nach der
Geburt (lit. e). Beim Vorliegen besonderer Anspruchsvoraussetzungen hat die
Versicherung zudem die Kosten für Ultraschallkontrollen (lit. b), pränatale
Untersuchungen mittels Kardiotokographie (lit. c) sowie Amniozentese und
Chorionbiopsie (lit. d) zu übernehmen. Auf Leistungen bei Mutterschaft
darf der Versicherer keine Kostenbeteiligung erheben (Art. 64 Abs. 7 KVG).

Erwägung 2

    2.- Streitig ist, ob die ÖKK berechtigt ist, der Versicherten auf
den Leistungen für den Spitalaufenthalt vom 15. bis zum 23. September
1996 wegen Komplikationen in der 28. und 29. Schwangerschaftswoche einen
Selbstbehalt in Rechnung zu stellen.

    a) Die Beschwerde führende ÖKK pflichtet der Vorinstanz darin bei,
dass sich die Rechtslage mit dem Inkrafttreten des KVG nicht geändert
und deshalb auch die bisherige Rechtsprechung zur Leistungspflicht
bei Schwangerschaft weiterhin Geltung habe. Vorliegend seien in der
28. bzw. 29. Schwangerschaftswoche Wehen aufgetreten. Es liege deshalb
kein normaler Schwangerschaftsverlauf vor. Da es um die Behandlung
einer drohenden Frühgeburt, nicht aber um eine tatsächliche Früh-
oder Fehlgeburt gegangen sei, könne auch nicht von einem Geburtsvorgang
gesprochen werden. Der Spitalaufenthalt sei deshalb durch Krankheitsfall
notwendig geworden, weshalb ein Selbstbehalt geschuldet sei. Entgegen der

Auffassung des kantonalen Gerichts fehlten die Voraussetzungen für eine
Praxisänderung, da die Rechtslage unter dem neuen Recht gleich geblieben
sei. Die Rechtsprechung grenze die normale Schwangerschaft von der
komplikativen ab, welche als Krankheitsfall gelte. Eine Praxisänderung
mit der Begründung, eine andere Auffassung, für welche die Vorinstanz
keine ausführlichen und stichhaltigen Gründe zu nennen vermöge, liesse
sich ebenso gut vertreten, sei mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit
und der Rechtsgleichheit nicht vereinbar.

    b) Das BSV führt in der Vernehmlassung aus, dass in der Botschaft des
Bundesrates über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November
1991 darauf hingewiesen werde, Art. 29 KVG übernehme das bisherige
Prinzip, wonach bei Mutterschaft Anrecht einerseits auf die gleichen
Leistungen wie bei Krankheit (Art. 14 Abs. 1 KUVG) sowie andererseits
auf spezifische Leistungen (Art. 14 Abs. 2 KUVG) bestehe. Dieser Verweis
beziehe sich lediglich auf den Umfang der Leistungen bei Mutterschaft,
sage aber nichts aus über die Erhebung der Kostenbeteiligung. Die
bei Mutterschaft zu übernehmenden Leistungen seien in Art. 13 und 16
Abs. 1 KLV aufgeführt. Sämtliche Leistungen nach Art. 13 KLV seien
Mutterschaftsleistungen und als solche von der Kostenbeteiligung
ausgeschlossen, unabhängig davon, ob es sich um eine normale oder
pathologische Schwangerschaft handle. Nach der Definition in Art. 2
Abs. 3 KVG beginne die Mutterschaft im Zeitpunkt der Empfängnis. Der
Anspruch auf Mutterschaftsleistungen sei von keiner Schwangerschaftsdauer
abhängig. Daraus ergebe sich, dass die gesamte Schwangerschaft als
Mutterschaft zu verstehen sei, so dass sämtliche Leistungen, seien dies
nun kassenpflichtige Kontrolluntersuchungen oder Leistungen infolge einer
so genannten Schwangerschaftskomplikation, die im Zusammenhang mit einer
Mutterschaft erbracht würden, Mutterschaftsleistungen seien, für welche
nach dem klaren Wortlaut von Art. 64 Abs. 7 KVG keine Kostenbeteiligung
erhoben werden dürfe. Dass die Qualifizierung als Mutterschaftsleistung
nicht davon abhängig zu machen sei, ob die Schwangerschaft komplikationslos
oder mit Risiken verlaufe, ergebe sich auch aus den Art. 13 ff. KLV,
in welchen neben der normalen auch die Risikoschwangerschaft erwähnt werde.

Erwägung 3

    3.- a) Nach altem Recht durften auf den Leistungen bei Mutterschaft
(Art. 14 KUVG) kein Selbstbehalt und keine Franchise erhoben werden (Art.
14bis Abs. 2 lit. d KUVG). Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum
1964 revidierten Art. 14 hatte das

Eidg. Versicherungsgericht in BGE 97 V 193 festgehalten, die
Kontrolluntersuchung diene nur der Überwachung einer Schwangerschaft.
Ärztliche Vorkehren, welche auf Grund einer bei dieser Untersuchung
festgestellten Gesundheitsstörung erfolgten, gehörten nicht mehr zu der
Kontrolluntersuchung im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Ziff. 4 KUVG, sondern
zur Krankenpflege gemäss Art. 12 KUVG. Eine solche Behandlung gelte daher
nicht als Mutterschaftsleistung und sei von der Kostenbeteiligung nicht
ausgeschlossen. In RSKV 1972 Nr. 117 S. 24 f. Erw. 2b bestätigte das
Gericht, dass im Falle von Schwangerschaft nur die besonderen Leistungen
gemäss Art. 14 KUVG, nicht aber die einer Schwangeren gleichzeitig
gewährten ordentlichen Leistungen von Selbstbehalt und Franchise
ausgenommen sind. Verschiedentlich hielt das Eidg. Versicherungsgericht
fest, dass die normal verlaufende Schwangerschaft keine Krankheit im
Sinne des KUVG darstelle. Sie sei einer solchen lediglich insofern
gleichgestellt, als die Kassen unter bestimmten Voraussetzungen die
gleichen Leistungen zu erbringen hätten wie bei Krankheit. Während
der Schwangerschaft auftretende behandlungsbedürftige Störungen seien
als Krankheiten zu werten, für welche die Kassen die nach Art. 12 KUVG
geschuldeten Leistungen zu erbringen hätten (RKUV 1995 Nr. K 957 S. 13
Erw. 2, 1987 Nr. K 731 S. 189 Erw. 1b; RSKV 1981 Nr. 463 S. 222 Erw. 1c;
1972 Nr. 132 S. 123). Auf dieser Linie bewegt sich auch RSKV 1977 Nr. 288
S. 102 Erw. 2, wonach bei einer Spitalgeburt Art. 19bis KUVG Geltung habe,
denn es sei nicht einzusehen, weshalb diese Bestimmung nicht anwendbar
sein sollte, wenn es um eine Entbindung gehe.

    b) Zu Recht unbestritten ist, dass im KVG die Umschreibung der
Leistungen bei Mutterschaft unverändert aus dem bisherigen Recht
übernommen worden ist. Denn in der bundesrätlichen Botschaft über die
Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991 (BBl 1992 I 93)
wird zu Art. 23 KVG-E (= Art. 29 Abs. 1 KVG) ausgeführt (BBl 1992 I
155), diese Bestimmung entspreche der bisherigen Regelung, wonach bei
Mutterschaft Anrecht einerseits auf die gleichen Leistungen wie bei
Krankheit und andererseits auf spezifische Leistungen bestehe. In Absatz
2 von Art. 23 KVG-E würden die spezifischen Leistungen bei Mutterschaft
(nämlich: Kontrolluntersuchungen, Entbindungskosten und Stillberatung)
aufgeführt, die zusätzlich zu den Leistungen gemäss Abs. 1 gedeckt
seien. Wie im geltenden Recht sollen Leistungen bei Mutterschaft von der
Kostenbeteiligung ausgenommen sein (BBl 1992 I 197 zu

Art. 56 Abs. 7 lit. b KVG-E [= Art. 64 Abs. 7 KVG]). Damit wird in der
Botschaft sowohl bezüglich des Leistungsanspruchs als auch des Ausschlusses
der Kostenbeteiligung auf das bisherige Recht verwiesen. Bei Art. 23
Abs. 1 KVG-E wird betont, dass hier ein bereits eingeführter Grundsatz
übernommen werde. Infolge des Versicherungsobligatoriums fielen jedoch alle
gesetzlichen Fristen (namentlich die in Art. 14 Abs. 1 KUVG vorgesehene
Wartefrist) weg, an welche die Kostendeckung gemäss KUVG gebunden gewesen
sei (BBl 1992 I 156). Ähnliche Erläuterungen fehlen bei Art. 56 Abs. 7
KVG-E zur Frage der Kostenbeteiligung. Daraus ergibt sich, dass der
Bundesrat hier im Wissen um die zum KUVG ergangene Rechtsprechung keine
von der geltenden Rechtslage abweichende Lösung beantragen wollte. Dieser
Auffassung folgte offensichtlich auch der Gesetzgeber. Denn bei der
parlamentarischen Beratung wurde einzig über Art. 56 Abs. 7 lit. a
KVG-E diskutiert, welcher neben den Mutterschaftsleistungen auch für
Massnahmen der medizinischen Prävention keine Kostenbeteiligung vorsah
(vgl. Amtl.Bull. 1993 N 1881, 1994 N 23, 1994 S 95). Entgegen der
Auffassung des BSV kann unter diesen Umständen das KVG nicht dahin
gehend ausgelegt werden, dass im Gegensatz zum KUVG nun auch sämtliche
Leistungen, die bei Schwangerschaftskomplikationen erbracht werden,
zu den Mutterschaftsleistungen zu zählen und von der Kostenbeteiligung
ausgeschlossen sind. Wenn die KLV bei einzelnen Vorkehren zwischen normalen
und Risikoschwangerschaften unterscheidet, so werden bei Letzteren zwar
mehr Leistungen gewährt, es bleiben aber Leistungen aus Mutterschaft,
andernfalls sie gesetzwidrig wären.

Erwägung 4

    4.- a) Sprechen keine entscheidenden Gründe zu Gunsten einer
Praxisänderung, ist die bisherige Praxis beizubehalten. Gegenüber dem
Postulat der Rechtssicherheit lässt sich eine Praxisänderung grundsätzlich
nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis,
veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen
entspricht. Nach der Rechtsprechung ist eine bisherige Praxis zu
ändern, wenn sie als unrichtig erkannt oder wenn deren Verschärfung
wegen veränderter Verhältnisse oder zufolge zunehmender Missbräuche
für zweckmässig gehalten wird (BGE 124 V 124 Erw. 6a, 387 Erw. 4c, je
mit Hinweisen).

    b) Vorliegend käme eine Praxisänderung nur in Frage, wenn die bisherige
Rechtsprechung als unrichtig zu erkennen wäre und die neue Lösung besserer
Erkenntnis der ratio legis entspräche. Die

Vorinstanz hält dafür, der Sinn der Befreiung von der Kostenbeteiligung
könne nur der sein, werdende Mütter kostenmässig zu schonen
und damit Familienschutz zu betreiben, was sowohl bei normalen
wie Risikoschwangerschaften gelte. Für die von der Rechtsprechung
vorgenommene Unterscheidung habe es nie stichhaltige Gründe gegeben und
sie lasse sich heute nicht mehr rechtfertigen. Dies führe dazu, dass die
Mutterschaft umfassend verstanden werden müsse und die Leistungen auch
bei Schwangerschaftskomplikationen ohne Selbstbehalt zu erbringen seien.

    Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Entgegen der summarischen
Begründung der Vorinstanz hatte und hat die Unterscheidung der Leistungen
je nach Schwangerschaftsverlauf durchaus stichhaltige Gründe. Diese liegen
in der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte von Art. 14 KUVG. Dieser
regelte ursprünglich die "Leistungen an Wöchnerinnen"; namentlich war
das Wochenbett einer versicherten Krankheit gleichgestellt (Abs. 1)
und es bestand, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt waren, Anspruch
auf die für Krankheitsfälle vorgesehenen Leistungen während mindestens
sechs Wochen (Abs. 2). Diese Leistungen unterlagen der Selbstbeteiligung
(alt Art. 13 Abs. 4 KUVG). Die zuletzt gültig gewesene Fassung erhielt
Art. 14 KUVG mit der Gesetzesnovelle vom 13. März 1964 (Botschaft des
Bundesrates an die Bundesversammlung vom 5. Juni 1961 zum Entwurf eines
Bundesgesetzes betreffend die Änderung des Ersten Titels des Bundesgesetzes
über die Kranken- und Unfallversicherung [BBl 1961 I 1417]). Jene
Revision bezweckte in vielen Bereichen einen Leistungsausbau (BBl 1961
I 1424 ff.). Der Bundesrat führte dazu aus, dass die Schaffung einer
obligatorischen Mutterschaftsversicherung nicht realisierbar erscheine,
weshalb nun die Leistungen bei Mutterschaft ausgebaut werden sollten (BBl
1961 I 1435 ff.). Das bereits bestehende System der Kostenbeteiligung
(alt Art. 13 Abs. 4 KUVG) tastete er im Grundsatz nicht an, gestaltete
es aber neu. Er machte diesbezüglich darauf aufmerksam, dass es Fälle
(z.B. Mutterschaft) gebe, bei denen sich die Erhebung eines Selbstbehalts
nicht rechtfertige. Die durch den Gesetzesentwurf, u.a. beim Wochenbett,
vorgesehenen Leistungsverbesserungen dürften nicht durch die Belastung
mit einem Selbstbehalt illusorisch gemacht werden (BBl 1961 I 1453
Ziff. 4e). Diese neuen spezifischen Mutterschaftsleistungen waren in
Art. 14 Abs. 2 KUVG aufgezählt. Im Kontext der bundesrätlichen Botschaft
kam die Kostenbeteiligungsfreiheit nur dort zum Tragen, wo weder direkt
noch gestützt

auf den Verweis in Art. 14 Abs. 1 KUVG Leistungen nach Art. 12 KUVG
geschuldet waren (vgl. dazu auch EVGE 1968 S. 77 Erw. 4). Zu beachten ist
überdies, dass sowohl nach Art. 14 Abs. 1 KUVG als auch Art. 29 Abs. 1
KVG die Krankenversicherung grundsätzlich die gleichen Leistungen zu
erbringen hat wie im Falle von Krankheit, d.h. unter Kostenbeteiligung. Ein
Verzicht auf die Erhebung des Selbstbehaltes im Falle einer Behandlung
einer Gesundheitsstörung bei bestehender Schwangerschaft führte zu
einer Rechtsungleichheit. Da sich die Rechtslage mit dem neuen KVG nicht
geändert hat und die bisherige Praxis nach dem Gesagten mit der ratio
legis vereinbar ist, besteht kein Anlass zu deren Änderung.