Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 V 138



127 V 138

22. Urteil vom 25. Juni 2001 i.S. S. gegen Kanton St. Gallen,
vertreten durch das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen und
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Regeste

    Art. 32 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1, 2 (Satz 2 lit. b) und 3 KVG;
Art. 19bis Abs. 5 und Art. 23 KUVG: Wahl des Leistungserbringers und
Kostenübernahme. Begriff der medizinischen Gründe (ohne Notfall) und Umfang
der Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung,
wenn solche gegeben sind, insbesondere wo verschiedene Methoden oder
Operationstechniken für die in stationärem Rahmen durchzuführende
Behandlung derselben Krankheit in Betracht fallen.

    Die altrechtliche Ordnung (Art. 19bis Abs. 5 und Art. 23 KUVG sowie die
dazu ergangene Rechtsprechung) gilt sinngemäss auch unter dem neuen Recht.

Sachverhalt

    A.- Der 1967 geborene S. liess sich im März 1998 in der Klinik für
Orthopädische Chirurgie am Inselspital Bern wegen Schmerzen links inguinal
untersuchen. Die durch bildgebende Verfahren unterstützte Abklärung ergab
eine residuelle Hüftdysplasie (Pfannenrandsyndrom bei antero-lateralem
Überdachungsdefizit) links. Es wurde eine periacetabuläre Osteotomie
vorgeschlagen. Am 16. Juni 1998 ersuchte der Direktor der Klinik,
Prof. Dr. med. A., den Kantonsarzt des Wohnkantons St. Gallen von
S. um "Kostengutsprache nach Artikel 41.3 KVG" für diesen Eingriff. Mit
Verfügungen vom 22. Juni und 1. Juli 1998 lehnte das Kantonsarzt-Amt das
Begehren mit der Begründung ab, gemäss Prof. Dr. med. G. von der Klinik für
Orthopädische Chirurgie des Kantonsspitals St. Gallen könne die geplante
Operation auch an diesem Spital durchgeführt werden. Auf Einsprache hin
erliess das Amt, nach Einholung der Stellungnahme des Prof. Dr. med. G.,
am 30. Juli 1998 erneut einen ablehnenden Entscheid.

    B.- S. reichte beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Rekurs ein und beantragte zur Hauptsache, die Verfügungen und der
Einspracheentscheid seien aufzuheben und es seiihm für den geplanten
Spitalaufenthalt in Bern Kostengutsprache zu erteilen.

    Das Kantonsarzt-Amt schloss in seiner Vernehmlassung auf Abweisung des
Rechtsmittels. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels hielten die Parteien
an ihren Anträgen fest. In einer weiteren Eingabe bezifferte S. unter
Hinweis darauf, dass die Behandlung am Inselspital Bern durchgeführt
worden sei (Spitalaufenthalt vom 24. August bis 2. September 1998), den
Differenzbetrag zu Lasten seines Wohnkantons St. Gallen auf Fr. 10'347.45
(Fr. 13'624.45 [in Rechnung gestellte Kosten] - 3277 Franken [Fallpauschale
für Einwohner des Kantons Bern]).

    Mit Entscheid vom 30. Juni 1999 wies das kantonale Versicherungsgericht
den Rekurs ab.

    C.- S. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren,
es seien Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid aufzuheben und es sei
der Kanton St. Gallen zur Bezahlung von Fr. 10'347.45 zuzüglich Zinsen
zu verpflichten. Im Weitern seien ihm eine Unkostenentschädigung von 1500
Franken zuzusprechen und die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren.

    Das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen beantragt
die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherung hat keine Vernehmlassung eingereicht.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die letztinstanzliche Zuständigkeit des Eidg.
Versicherungsgerichts zur Beurteilung der Leistungspflicht des Kantons
St. Gallen im Zusammenhang mit der im August 1998 am Inselspital
Bern durchgeführten periacetabulären Osteotomie links nach Art. 41
Abs. 3 KVG ist gegeben (BGE 123 V 298 Erw. 3c, 315 Erw. 3a). Da
auch die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 25 Abs. 1 KVG übernimmt die obligatorische
Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen, die der
Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Diese
Leistungen umfassen nach Abs. 2 dieser Bestimmung u.a. die Untersuchungen,
Behandlungen und Pflegemassnahmen, die stationär durchgeführt werden
(lit. a) sowie den Aufenthalt in der allgemeinen Abteilung eines
Spitals (lit. e). Voraussetzung für die Kostenübernahme sind neben dem
Erfordernis der Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung (Art. 35 ff. KVG) u.a. Wirksamkeit,
Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen (Art. 32 Abs. 1
Satz 1 KVG; vgl. BGE 125 V 95).

    Die Vergütung der Leistungen nach Art. 25 KVG erfolgt nach Tarifen
oder Preisen (Art. 43 Abs. 1 KVG). Diese werden in Verträgen zwischen
Versicherern und Leistungserbringern vereinbart oder in den vom Gesetz
bestimmten Fällen von der zuständigen Behörde (Kantonsregierung oder
Bundesrat) festgesetzt (Art. 43 Abs. 4 Satz 1 KVG). Für Tarifverträge
mit öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern im Sinne
von Art. 39 Abs. 1 KVG im Besonderen hat das Gesetz in Art. 49 KVG eine
Spezialregelung getroffen (vgl. dazu Botschaft des Bundesrates über
die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 93
ff., 127, 169 und 183 f., sowie GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung,
in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit,
S. 156 ff.).

    b) Die Versicherten können laut Art. 41 KVG unter den zugelassenen
Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind,
frei wählen (Abs. 1 Satz 1). Für die Kostenübernahme bei stationärer
Behandlung gilt folgende Regelung: Der Versicherer muss die Kosten
höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton der versicherten
Person gilt (Abs. 1 Satz 3).

    Beanspruchen Versicherte aus medizinischen Gründen einen anderen
Leistungserbringer, so richtet sich die Kostenübernahme nach dem Tarif, der
für diesen Leistungserbringer gilt (Abs. 2 Satz 1). Medizinische Gründe
liegen bei einem Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen
nicht im Wohnkanton oder in einem auf der Spitalliste des Wohnkantons
nach Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG aufgeführten ausserkantonalen Spital
angeboten werden (Abs. 2 Satz 2 lit. b; vgl. im Verhältnis zum Ausland
Art. 34 Abs. 2 KVG und Art. 36 KVV).

    Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die
Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen
oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton
die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen
des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons
(Abs. 3 Satz 1).

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz hat die Verpflichtung des (Wohn-)Kantons St. Gallen
zur Übernahme der Tarifdifferenz für die im August 1998 am Inselspital
Bern durchgeführte periacetabuläre Osteotomie links mit der Begründung
verneint, gemäss Angaben des Dr. med. G. von der Klinik für Orthopädische
Chirurgie am Kantonsspital St. Gallen würden Beckenosteotomien auch
dort durchgeführt. Dass dabei eine andere Methode (modifizierte Form
der Tripel-Osteotomie nach Tönnis) angewandt werde als am Inselspital,
sei nicht entscheidend. Zum einen könne nicht gesagt werden, dass
die periacetabuläre Osteotomie einem höheren Stand der medizinischen
Operationstechnik entspreche. Gemäss Prof. Dr. med. G. hätten beide
Arten von Beckenosteotomien ihre Risiken und Chancen. Zum andern handle es
sich dabei nicht um lebenswichtige Eingriffe, weshalb auch der Wunsch des
Versicherten, nach der von ihm bevorzugten Operationsmethode versorgt zu
werden, nicht berücksichtigt werden könne. Ebenfalls keinen zureichenden
medizinischen Grund im Sinne der Art. 41 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 KVG
bilde die Tatsache, dass das Inselspital Bern überdurchschnittliche
Erfahrung mit Beckenosteotomien habe und die Operationszahlen im
Kantonsspital St. Gallen tiefer seien. Es genüge, dass das kantonseigene
Angebot in diesem Bereich als ausreichend bezeichnet werden könne. Dass
das Kantonsspital St. Gallen auf dem Gebiet der Beckenosteotomien in
der Schweiz nicht führend sei, bedeute nicht ein ungenügendes Angebot im
Sinne von Art. 41 Abs. 2 KVG. Abgesehen davon liesse sich der Anspruch
auf operative Versorgung durch eine in einem bestimmten medizinischen
Teilgebiet führende ausserkantonale Klinik mit den vom Gesetzgeber
mit Art. 41 Abs. 3 KVG verfolgten Zielen nicht vereinbaren, da dies
die Bildung medizinischer Zentren, die ihre Leistungen zum vollen
Tarif verrechnen könnten, begünstigte und gleichzeitig das vorhandene
stationäre Behandlungsangebot in den übrigen Kantonen vollständig
unterlaufen würde. Aus den gleichen Gründen sei ein Wahlrecht bei
einer in Bezug auf die Behandlungsart abweichenden second opinion eines
Zweitarztes abzulehnen. Nichts zu Gunsten des Versicherten ergebe sich
schliesslich daraus, dass Prof. Dr. med. G. einen Operationserfolg wegen
der fortgeschrittenen Hüftdysplasie als fragwürdig bezeichnet habe.

Erwägung 4

    4.- a) Unter den "erforderlichen Leistungen" im Sinne von Art. 41 Abs.
2 (Satz 2) KVG sind die zur Behandlung der Krankheit gemäss medizinischer
Indikation notwendigen und hinreichenden diagnostischen und therapeutischen
Massnahmen zu verstehen, in Bezug auf welche die Voraussetzungen der
Kostenübernahme im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
gegeben sind, die also insbesondere den Kriterien der Wirksamkeit,
Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG genügen.
Wann diese Leistungen im Wohnkanton oder in einem auf dessen Spitalliste
aufgeführten ausserkantonalen Spital nicht angeboten werden ("ne peuvent
être fournies" bzw. "non possono essere dispensate" in der französischen
und italienischen Fassung), sagt das Gesetz nicht. Nicht weiter hilft
sodann der unmittelbare Normzweck, wie er sich aus dem insoweit klaren
Wortlaut und der Systematik der Kostenübernahmeordnung bei stationärer
Behandlung gemäss Art. 41 KVG ergibt.

    b) In der Botschaft vom 6. November 1991 finden sich keine
Ausführungen zum Begriff der medizinischen Gründe im Sinne von Art. 41
Abs. 2 und 3 KVG. Zum Zweck der Regelung des Art. 35 des Entwurfes
"Wahl des Leistungserbringers und Kostenübernahme" (vgl. Zwischentitel
vor Art. 41 KVG) wird u.a. ausgeführt, es gehe um eine weit gehende
Vereinheitlichung des Wahlrechts der Versicherten mit Bezug auf die
verschiedenen Leistungserbringer, welches heute bald enger und bald
weiter ausgestaltet sei, ohne dass hiefür stets zwingende sachliche Gründe
ersichtlich seien. Im Weitern wird darauf hingewiesen, dass im Unterschied
zum bisherigen Recht auch dann eine allerdings beschränkte Leistungspflicht
besteht, wenn der Versicherte einen auswärtigen Leistungserbringer wähle,
ohne dass dies medizinische Gründe erforderten (BBl 1992 I 168 f.). In den
Räten bildeten die medizinischen Gründe im Sinne von Art. 41 Abs. 2 und
3 KVG nicht Diskussionsgegenstand (vgl. Amtl.Bull. 1992 S 1307 ff. und
1993 N 1857). Anzufügen bleibt, dass bei der Beratung des Vorentwurfs
des Bundesamtes durch die Expertenkommission der Vertreter der Verwaltung
u.a. ausführte, dass die vorgeschlagene Vereinheitlichung des Wahlrechts
sich weit gehend an den heute für Heilanstalten geltenden Grundsätzen
orientiere (Protokoll der Sitzungen vom 23./24. April 1990).

    c) aa) Unter dem alten Recht (Art. 19bis KUVG) galt folgende Regelung:
Die Versicherten hatten grundsätzlich freie Wahl der inländischen
Heilanstalt (Abs. 1). Je nachdem, ob die Krankenkasse mit einer
Heilanstalt am Wohnort des Versicherten oder in dessen Umgebung einen
Vertrag abgeschlossen hatte oder nicht, bemassen sich ihre Leistungen,
von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen, entweder mindestens
nach den Taxen der allgemeinen Abteilung dieser Heilanstalt oder derjenigen
öffentlichen Heilanstalt, die dem Wohnort des Versicherten innerhalb des
gleichen Kantons am nächsten lag (Abs. 2-4). Musste sich der Versicherte
aus medizinischen Gründen in eine bestimmte Heilanstalt begeben, hatte
die Kasse ihre Leistungen nach den Taxen der allgemeinen Abteilung dieser
Heilanstalt zu bemessen (Abs. 5). Ein medizinischer Grund war gegeben,
wenn es keine Vertragsanstalt am Wohnort der versicherten Person oder in
dessen Umgebung gab, welche in der Lage war, die indizierte Behandlung
vorzunehmen, oder wenn es mit Blick auf die Dringlichkeit sich als
gefährlich erwies, den Patienten in eine solche Anstalt zu transportieren
(BGE 112 V 191 f. Erw. 2b mit Hinweis).

    bb) Der Grundsatz der freien Wahl der Heilanstalt unterlag im
Weitern dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot (Art. 23 KUVG). Dies
bedeutete einerseits, dass der spitalbedürftige Versicherte diejenige
Heilanstalt oder Spitalabteilung zu wählen hatte, in die er vom
medizinischen Standpunkt aus gehörte. Die Kasse hatte insbesondere
aus der Grundversicherung nicht für Mehrkosten aufzukommen, die sich
daraus ergaben, dass der Versicherte sich in eine für intensive Pflege
und Behandlung spezialisierte und damit teure Klinik begab, obwohl er
einer solchen Betreuung nicht bedurfte und ebenso gut in einer einfacher
eingerichteten und daher weniger kostspieligen Heilanstalt fachgerecht
hätte behandelt werden können (BGE 115 V 48 f. Erw. 3b/aa mit zahlreichen
Hinweisen). Standen anderseits verschiedene Heilanstalten im Wahlrecht des
Versicherten, hatte er sich nicht in jene mit den günstigsten Tarifen zu
begeben (RKUV 1988 Nr. K 754 S. 10 Erw. 1b am Ende). Ob der Versicherte
verpflichtet war, von mehreren unter dem Gesichtspunkt der medizinischen
Gründe im Sinne von Art. 19bis Abs. 5 KUVG in Betracht fallenden
Heilanstalten die kostengünstigste Behandlung zu wählen, war nach der
Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts auf Grund der gesamten Umstände
des konkreten Falles zu beurteilen. Dazu gehörten neben der Krankheit an
sich, Art, Dringlichkeit, Intensität und Dauer der Behandlung, mögliche
Komplikationen sowie alle für den Erfolg der Behandlung bedeutsamen
Faktoren, das soziale Umfeld ebenso wie das Verhältnis zu den Ärzten und
zum Pflegepersonal (RKUV 1986 Nr. K 691 S. 397 f. Erw. 2b, 1985 Nr. K 625
S. 116 ff. Erw. 2, 1984 Nr. K 563 S. 16 f. Erw. 2a). Dies konnte, musste
aber nicht bedeuten, dass von den in Betracht fallenden Heilanstalten
der Versicherte die verkehrsmässig am besten erreichbare zu wählen hatte,
um in den Genuss der gesetzlich (und reglementarisch) maximalen Deckung zu
kommen. Bei der Anwendung dieser Grundsätze galt es im Übrigen zu beachten,
dass bei mehreren für die Behandlung einer Krankheit in Betracht fallenden
(geeigneten und wissenschaftlich anerkannten) Methoden das Verhältnis
zwischen Kosten und Nutzen der Massnahme im Sinne des zu erwartenden
Heilerfolges ausschlaggebend war (vgl. BGE 109 V 43 f. Erw. 2b).

    cc) Streitigkeiten darüber, ob der Aufenthalt in einer bestimmten
Heilanstalt aus medizinischen Gründen notwendig ist oder nicht, waren
jedenfalls letztinstanzlich selten. In RSKV 1979 Nr. 368 S. 117 stellte das
Eidg. Versicherungsgericht fest, dass auch Notfälle zu den medizinischen
Gründen im Sinne des Art. 19bis Abs. 5 KUVG zählen (vgl. zu diesem Begriff
EUGSTER, aaO, Rz 318). Zur Begründung verwies es auf die Botschaft des
Bundesrates vom 5. Juni 1961 zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend
die Änderung des ersten Titels des Bundesgesetzes über die Kranken- und
Unfallversicherung, wo ausdrücklich als ein Anwendungsfall der Tatbestand
des Notfalles erwähnt wird (RSKV 1979 Nr. 368 S. 121). An der gleichen
Stelle wird weiter ganz allgemein ausgeführt, dass die Tarifunterschiede
im Vergleich zu einer Vertragsanstalt oder der nächstgelegenen Heilanstalt
zwar sehr beträchtlich sein können, insbesondere bei Hospitalisation in
einer ausserkantonalen Heilanstalt. "Es schiene (...) aber unbillig,
dass ein Versicherter der sich gezwungenermassen in einer bestimmten
Heilanstalt behandeln lassen muss, selbst diese Tarifunterschiede zu tragen
hätte." (BBl 1961 I 1430). Diese im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht
in Frage gestellten Ausführungen zeigen, dass dem Kostengesichtspunkt
für die Frage der Auslegung des Begriffs der medizinischen Gründe im
Sinne des Art. 19bis Abs. 5 KUVG grundsätzlich keine, zumindest keine
vorrangige Bedeutung zukommen sollte.

    In RSKV 1982 Nr. 499 S. 178 Erw. 2 stellte das
Eidg. Versicherungsgericht sodann fest, dass ein nicht (mehr) gegebenes
Vertrauensverhältnis zum behandelnden Arzt keine medizinische Begründung
darstelle, um sich nicht in einer am Wohnort der versicherten Person oder
in dessen Umgebung befindlichen Vertragsheilanstalt behandeln zu lassen. Im
nicht veröffentlichen Urteil K. vom 12. Oktober 1999 (K 83/98) hat es den
Grundsatz bestätigt, wonach ein fehlendes Vertrauensverhältnis zwischen
Arzt und Patient für sich allein genommen keinen medizinischen Grund
im Sinne von Art. 19bis Abs. 5 KUVG darstellt. Anders verhalte es sich
indessen, wenn, wie im konkreten Fall, der im Wohnkanton der Versicherten
für die medizinisch indizierte Hüftgelenksoperation einzig zur Verfügung
stehende Arzt sich weigere, den Eingriff vorzunehmen. Die Unmöglichkeit,
die Operation in der einzig möglichen kantonalen Heilanstalt ausführen zu
lassen, stelle eine medizinische Zwangslage im Sinne von Art. 19bis Abs. 5
KUVG dar. Im nicht veröffentlichten Urteil J. vom 23. Januar 1986 (K 92/85)
schliesslich hielt das Eidg. Versicherungsgericht fest, Art. 19bis Abs. 5
KUVG verlange nicht, dass die versicherte Person sich für die Behandlung
in einer bestimmten Heilanstalt auf einen zwingenden medizinischen Grund
berufen könne. Im konkreten Fall bejahte es bei einer im Kanton Freiburg
wohnhaften Frau, welche sich einem Eingriff am Hüftgelenk unterziehen
musste, die medizinische Begründetheit für die Vornahme des Eingriffs in
Bern in der Nähe des Transplantationszentrums, dies mit Blick auf mögliche
Komplikationen als Folge einer früheren Nierenverpflanzung (in diesem
Sinne auch nicht veröffentlichtes Urteil L. vom 31. März 1995 [K 186/94]).

    d) Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte zu Art. 41
KVG zeigen, dass die Revision des Krankenversicherungsrechts an
der altrechtlichen Konzeption der grundsätzlich freien Wahl der
Heilanstalt resp. des Leistungserbringers 'Spital' bei allenfalls
masslich beschränkter Versicherungsdeckung, soweit nicht medizinische
Gründe einen bestimmten ausserkantonalen Behandlungsort erfordern,
nichts geändert hat (vgl. auch BGE 125 V 452 f. Erw. 3a mit Hinweisen
auf die Lehre). Neu ist im Wesentlichen einzig, dass im Unterschied
zu früher einheitlich der Wohnkanton der versicherten Person als
räumlicher Bereich mit voller Kostenübernahme durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung gilt, sowie die Differenzzahlungspflicht der
Kantone im Rahmen von Art. 41 Abs. 3 KVG. Diese Neuerungen bieten indessen
nicht Anlass, den Begriff der medizinischen Gründe gemäss Art. 41 Abs. 2
(Satz 2) lit. b KVG grundsätzlich anders zu interpretieren als im Rahmen
des Art. 19bis Abs. 5 KUVG. Daran ändert die Zielsetzung des Art. 41
Abs. 3 KVG (Lastenausgleich zwischen Kantonen mit unterschiedlichen
Spitalversorgungsgraden sowie verstärkte Koordination zwischen den
Kantonen im Bereich der Spitalplanung [BGE 123 V 297 f. Erw. 3b/aa-cc])
nichts, zumal der Gesetzgeber gleichsam folgerichtig den für die Frage
medizinischer Gründe massgebenden räumlichen Bereich mit maximaler
Kostendeckung um die auf der Spitalliste des Wohnkantons aufgeführten
ausserkantonalen Spitäler erweitert hat (Art. 41 Abs. 1 Satz 3 und
Abs. 2 lit. b KVG). Mit anderen Worten, so wenig die planerischen
Elemente die aus dem Krankenversicherungsgesetz und den dazugehörigen
Verordnungen sich ergebenden Ansprüche der Versicherten tangieren (BGE
125 V 454 Erw. 3b), so wenig können die medizinischen Gründe als ein
zusätzliches Instrument der Spitalfinanzierung und -planung verstanden
und gehandhabt werden. Desgleichen gilt in sinngemässer Übernahme der
altrechtlichen Ordnung (Erw. 4c/bb), dass bei medizinisch begründeter
stationärer Behandlung ausserhalb des in Art. 41 Abs. 2 lit. b KVG
umschriebenen räumlichen Bereichs der Umfang der Kostenübernahme durch die
obligatorische Krankenpflegeversicherung sich grundsätzlich nach dem Gebot
der Wirtschaftlichkeit der Leistungen gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG richtet.

Erwägung 5

    5.- Gibt es verschiedene Methoden oder Operationstechniken, welche
objektiv den Erfolg der Behandlung der Krankheit erwarten lassen,
mit anderen Worten als wirksam im Sinne von Art. 32 Abs. 1 KVG gelten
(EUGSTER, aaO, Rz 185), ist für die Reihenfolge der Wahl unter dem
Gesichtspunkt des Umfangs der Kostendeckung durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung die Frage der Zweckmässigkeit der Massnahme von
vorrangiger Bedeutung. Ob eine medizinische Behandlung zweckmässig ist,
beurteilt sich nach dem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen der
Anwendung im Einzelfall unter Berücksichtigung der damit verbundenen
Risiken. Nach der Verwaltungspraxis erfolgt die Beurteilung der
Zweckmässigkeit auf Grund des Verhältnisses von Erfolg und Misserfolg
(Fehlschlägen) einer Anwendung sowie der Häufigkeit von Komplikationen
(EUGSTER, aaO, Rz 189, insbesondere Fn 398). Bestehen zwischen zwei
alternativen Behandlungsmethoden vom medizinischen Standpunkt aus
keine ins Gewicht fallenden Unterschiede in dem Sinne, dass sie unter
dem Gesichtspunkt der Zweckmässigkeit mit Bezug auf den angestrebten
Heilerfolg der möglichst vollständigen Beseitigung der körperlichen
oder psychischen Beeinträchtigung (vgl. BGE 109 V 43 Erw. 2b) als
gleichwertig zu bezeichnen sind, ist grundsätzlich die kostengünstigere
und damit wirtschaftlichere Anwendung zu wählen (RKUV 1998 Nr. K 988
S. 1). Weist anderseits eine bestimmte Behandlungsmethode gegenüber
andern Anwendungen Vorteile in diagnostischer und/oder therapeutischer
Hinsicht auf, u.a. geringere Risiken, weniger Komplikationen, günstigere
Prognose betreffend allfälliger Nebenwirkungen und Spätfolgen, kann dies
die Übernahme der Kosten dieser teureren Applikation rechtfertigen (MAURER,
Das neue Krankenversicherungsrecht, Basel/Frankfurt a.M. 1996, S. 52). Wird
die in diesem Sinne zweckmässigere Behandlungsmethode innerhalb des in
Art. 41 Abs. 2 lit. b KVG umschriebenen räumlichen Bereichs mit maximaler
Kostendeckung durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nicht
angeboten oder angewendet, kann dies unter Umständen einen medizinischen
Grund für die Wahl eines anderen Leistungserbringers bedeuten. Nach EUGSTER
(aaO, Fn 761) muss die auswärtige Behandlung gegenüber innerkantonalen
Alternativen einen erheblichen diagnostischen oder therapeutischen
Mehrwert aufweisen. Bloss minimale, schwer abschätzbare oder gar
umstrittene Vorteile der auswärts praktizierten Anwendungen vermögen keinen
medizinischen Grund im Sinne von Art. 41 Abs. 2 KVG abzugeben. Kommen
mehrere auswärtige Behandlungsorte in Betracht, besteht nach dem Gebot
der Wirtschaftlichkeit der Leistungen (Art. 32 Abs. 1 KVG) grundsätzlich
nur mit Bezug auf das kostengünstigste Angebot volle Deckung im Rahmen
der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Erw. 4c/bb am Ende).

Erwägung 6

    6.- Es steht fest, dass von den zwei für die Behandlung der
Hüftdysplasie links grundsätzlich in Betracht fallenden Operationstechniken
(periacetabuläre Osteotomie resp. Tripel-Osteotomie nach Tönnis) im
Wohnkanton St. Gallen des Beschwerdeführers lediglich die zweite in
modifizierter Form angewendet wird. Dazu führte Prof. Dr. med. G. von
der Klinik für Orthopädische Chirurgie des Kantonsspitals St. Gallen
in seinem Schreiben vom 21. Juli 1998 an den Kantonsarzt u.a. aus,
sie hätten vorübergehend ebenfalls Erfahrungen mit der periacetabulären
Osteotomie gemacht, seien aber wieder zur Tripel-Osteotomie nach Tönnis
zurückgekehrt, weil sie das Komplikationsrisiko niedriger sähen und es
auch genügend Literatur mit entsprechenden Resultaten über diese Methode
gebe. In seiner Stellungnahme vom 24. Juli 1998 zur Einsprache gegen
die kantonsarztamtliche Ablehnung des Kostengutsprachegesuchs äusserte
sich Prof. Dr. med. G. dahin gehend, es sei insbesondere auch unter dem
Gesichtspunkt des Risikos einer Ischiadicusparese eine Ermessensfrage,
welcher Technik der Vorzug gegeben werde. Die Resultate seien sicher
vergleichbar. Er sehe aber kaum mehr eine Möglichkeit für ein gutes
Resultat bei einer Operation in ihrer Klinik. Der Gesuchsteller würde
sicher alles daran setzen, um beweisen zu können, dass der Eingriff in Bern
sicher besser durchgeführt worden wäre. Zudem sei die jetzige Situation
der Hüfte schon recht fortgeschritten und der Behandlungserfolg mit
einer solchen Osteotomie zumindest fragwürdig. In diesem Zusammenhang
ist zu erwähnen, dass Prof. Dr. med. G. am 16. Juli 1998 in einem
FAX-Schreiben an den Versicherten Bezug nehmend auf ein hier nicht weiter
interessierendes Ereignis u.a. festhielt: "Ich nehme an, dass sie kein
Vertrauen in unsere Institution haben. Damit wäre ein Operationserfolg
sowieso arg kompromittiert." In seiner Antwort vom folgenden Tag führte
der Beschwerdeführer aus, sein Misstrauen betreffe nicht die Institution
als solche, sondern lediglich die am Kantonsspital St. Gallen praktizierte
Beckenosteotomie und die damit vorhandene Erfahrung.

    Es ist unklar, ob sich die von Prof. Dr. med. G. geäusserten
Zweifel am Behandlungserfolg auf die Osteotomie als solche beziehen
oder damit lediglich die am Kantonsspital St. Gallen angewendete
Operationstechnik (modifizierte Form der Tripel-Osteotomie nach Tönnis)
gemeint ist. Trifft Letzteres zu, stellt sich die Frage, inwiefern die
andere vom Beschwerdeführer bevorzugte periacetabuläre Osteotomie als
zweckmässiger bezeichnet werden muss und, in diesem Zusammenhang ebenfalls
von Bedeutung, ob Prof. Dr. med. G. überhaupt bereit gewesen wäre, den
Eingriff in seiner Klinik selber vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Je
nachdem ist im Lichte der Rechtsprechung ein medizinischer Grund im Sinne
von Art. 41 Abs. 2 (Satz 2) lit. b und Abs. 3 KVG gegeben. Es bedarf
somit zusätzlicher Abklärungen durch die Vorinstanz, wobei neben einer
Stellungnahme von Prof. Dr. med. G. eine zweite fachärztliche Meinung
einzuholen ist. Gelangt das kantonale Gericht gestützt auf seine Erhebungen
zum Ergebnis, dass eine periacetabuläre Osteotomie medizinisch begründet
war, stellt sich die weitere Frage, ob dieser Eingriff, welcher gemäss
Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht nur am Inselspital
Bern vorgenommen wird, in einem anderen Spital kostengünstiger gewesen
wäre. Bejahendenfalls bemisst sich die Differenzzahlungspflicht des
Kantons St. Gallen nach den entsprechenden Tarifen.

    Soweit die Anträge in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde weiter gehen,
sind sie unbegründet. Insbesondere lässt sich aus dem verfassungsmässigen
Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV und BGE 126 I
114 f. Erw. 3a) kein Recht auf freie Wahl der Therapie im Rahmen der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung ableiten. Was die erstmals
vorgebrachte Kritik am kantonalen Kostengutspracheverfahren anbetrifft,
ist sie als verspätet zu bezeichnen (BGE 125 V 375 f. Erw. 2b/aa),
soweit überhaupt ein schutzwürdiges (Feststellungs-)Interesse an einer
Prüfung des gerügten Mangels gegeben ist (Art. 103 lit. a OG; BGE 114 V
202 f. Erw. 2c), und demzufolge darauf nicht einzutreten.

Erwägung 7

    7.- (Gerichtskosten, Parteientschädigung)