Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 II 69



127 II 69

7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30.
Oktober 2000 i.S. A. AG gegen Regierung und Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 43 Abs. 1 WRG; Erlöschen einer im 19. Jahrhundert ohne zeitliche
Begrenzung erteilten Wasserrechtskonzession, wohlerworbenes Recht auf
ewige Konzessionsdauer?

    Wasserrechtskonzessionen sind nach heutigem Recht zwingend zu befristen
(Art. 54 lit. e und Art. 58 WRG); dies ergibt sich aus dem Grundsatz
der Unveräusserlichkeit der öffentlichen Gewalt (E. 4). Altrechtliche
Konzessionen, die noch ohne zeitliche Begrenzung erteilt wurden,
sind nachträglich zu befristen. Massgeblichkeit des im Vertragsrecht
geltenden Prinzips, dass keine Verträge auf "ewige" Zeiten abgeschlossen
bzw. aufrechterhalten werden können. Es gibt kein wohlerworbenes Recht
auf eine Konzession ohne zeitliche Beschränkung (E. 5). In concreto
durfte die Konzession nach einer Dauer von 134 Jahren unter Gewährung
einer angemessenen Übergangsfrist aufgelöst werden (E. 6).

Sachverhalt

    Mit Beschluss Nr. 340 vom 16. Februar 1866 erteilte der Regierungsrat
(heute: Regierung) des Kantons St. Gallen dem Oberverwaltungsrat von
X. eine Wasserrechtskonzession am B.-Bach und C.-Bach bei Y. (Wasserrecht
Nr. III/17). Nach Ziff. 5 der Urkunde erlischt die Konzession, "falls
während einem vollen Jahre von der Erteilung an gerechnet, kein Gebrauch
davon gemacht wird". Eine Bestimmung über die Konzessionsdauer fehlt. In
der Folge wurde dieses Wasserrecht von der Ortsgemeinde X. auf die Weberei
Y. AG übertragen.

    Im Jahr 1975 stellte die Weberei Y. AG ihren Betrieb ein. Ein Jahr
später nahm die D. AG (später umbenannt in E. AG, seit 1980 A. AG,) die
Produktion von Kunststoffschäumen und Styropor auf. Das 1977 von den
kantonalen Behörden eingeleitete Zustimmungsverfahren zur Übertragung
der Verleihung wurde mit der Begründung abgebrochen, dass lediglich eine
Aktienübertragung und eine Änderung des Geschäftszwecks stattgefunden habe;
die Rechtspersönlichkeit der Y. AG bleibe bestehen.

    Bei einer nach einem Ölunfall durchgeführten Kontrolle der A. AG im
Jahr 1992 wurde festgestellt, dass das Wasser der Kraftanlage nicht nur
energetisch, sondern auch anderweitig genutzt wird. Die Druckleitung speist
eine Hydrantenleitung und eine Brauchwasserleitung. Das Brauchwasser wird
vorwiegend zur Dampferzeugung für die Styroporherstellung benötigt. Im
B.-Bach sind sodann immer wieder erhebliche Schäden am Fischbestand
aufgetreten, was von den Behörden darauf zurückgeführt wird, dass die
A. AG dem Gewässer in Niederwasserzeiten kein Restwasser belässt und beim
Ausschwemmen, Ablassen und Wiederauffüllen des Stauweihers unsachgemäss
vorgeht.

    Am 14. Oktober 1997 gab das Amt für Umweltschutz des Kantons St. Gallen
der A. AG Gelegenheit, zu einem Entscheid-Entwurf Stellung zu nehmen,
der vorsah, die Konzession aufzuheben. Der Gemeinderat X. seinerseits
beantragte am 29./30. Dezember 1997, die Wasserrechtsverleihung zu
befristen und Restwassermengen vorzuschreiben, dies unter Hinweis
darauf, dass die Trockenlegung des Bachs und verendete Fische immer
wieder die Gemüter erhitzten. Die A. AG beantragte am 6. Februar 1998,
das eingeleitete Verfahren aufzuheben.

    Am 30. Juni 1998 erliess das Baudepartement des Kantons St. Gallen
nachstehende Verfügung:

    1. Die Wasserrechtsverleihung vom 16. Februar 1866 (RRB Nr. 340;

    Wasserrechtsverzeichnis Nr. III/17) wird befristet. Der A. AG,
wird eine
   Übergangsfrist von fünf Jahren eingeräumt, in welcher sie den Betrieb
   der

    Wasserkraftanlage nach den Bestimmungen der altrechtlichen Konzession
   weiterführen darf. Mit Ende des Jahres 2003 erlischt die Verleihung
   unwiderruflich.

    2. Betreffend den Wasserbezug aus dem B.-Bach für die Dampferzeugung
und
   die anderweitige Verwendung für Industriezwecke wird folgendes verfügt:

    a) Der Wasserbezug ist zu messen. Die monatlichen Ablesungen sind zu
   protokollieren und jährlich dem Amt für Umweltschutz (AFU) zuzustellen.

    b) Der Wasserzins für das tatsächlich während eines Jahres bezogene

    Wasser beträgt Fr. 0.08 je Kubikmeter, wenigstens aber Fr. 800.-
je Jahr.

    Er wird rückwirkend ab 1. Januar 1993 erhoben.

    3. Beabsichtigt die A. AG, die Gewässernutzung am B.- und C.-Bach
   aufrechtzuerhalten, so hat sie bis zum 31. Dezember 2001 ein

    Verleihungsgesuch, welches nebst der Kraftnutzung für die Zeit ab
dem 1.

    Januar 2004 auch die Brauchwasserbezüge beinhaltet, bei der zuständigen

    Stelle des Staates einzureichen.

    Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das mit der Konzession
verliehene Wasserrecht könne nachträglich befristet und somit auf den 31.
Dezember 2003 einseitig aufgehoben werden; des Weiteren seien die
Wasserbezüge zur Dampferzeugung nicht Bestandteil der Konzession.

    Die A. AG erhob gegen diese Verfügung am 14. Juli 1998 Rekurs
bei der Regierung des Kantons St. Gallen. Nach Durchführung des
Instruktionsverfahrens überwies das Justiz- und Polizeidepartement des
Kantons St. Gallen am 15. Dezember 1999 die Akten zuständigkeitshalber
dem kantonalen Verwaltungsgericht.

    Mit Entscheid vom 16. März 2000 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen die Beschwerde im Sinne der Erwägungen teilweise
gut, soweit es darauf eintrat. Es hob die angefochtene Verfügung auf,
soweit darin festgestellt wurde, die Konzession beziehe sich nicht auf
Wasserentnahmen. Auf die Beschwerde gegen Ziff. 2 der angefochtenen
Verfügung trat es nicht ein, sondern überwies sie diesbezüglich zum
Entscheid an die Regierung. Hinsichtlich der Frage der Befristung der
Konzession wies es die Beschwerde ab.

    Zur Begründung wurde namentlich Folgendes ausgeführt: Die Konzession
habe befristet werden können, da deren Dauer bei der Erteilung nicht
geregelt worden sei und eine unbefristete Konzession dem Prinzip der
Unveräusserlichkeit der öffentlichen Gewalt widersprechen würde. Es gebe
kein wohlerworbenes Recht auf zeitlich unlimitierte Sondernutzung eines
öffentlichen Gewässers.

    Die A. AG erhob am 8. Mai 2000 fristgerecht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde an das
Bundesgericht. Sie beantragte insbesondere, es sei festzustellen, dass die
Konzession vom 16. Februar 1866 eine unbefristete altrechtliche Konzession
sei, die der Beschwerdeführerin ein wohlerworbenes Recht auf Nutzung des
B.-Baches im verliehenen Umfang einräume.

    Das Bundesgericht vereinigt die Verfahren. Es tritt auf
die staatsrechtliche Beschwerde, welche hinsichtlich der Frage
des Wasserzinses für den Brauchwasserbezug zulässig wäre, mangels
diesbezüglicher formgültiger Rügen nicht ein. Im Übrigen behandelt es
die Rügen (betreffend Inhalt und Dauer der Konzession, soweit diese die
Nutzung des Wassers zur Erzeugung von Wasserkraft beschlägt) im Rahmen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und weist diese ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- a) Die zur Beurteilung stehende Wasserrechtskonzession ist vom
Regierungsrat des Kantons St. Gallen am 16. Februar 1866 erteilt worden,
auf welche Dauer lässt sich der Konzession nicht entnehmen. Jedenfalls
seit 1860 nahm der Kanton St. Gallen die Gewässerhoheit wahr und
erteilte Konzessionen zur Sondernutzung der Gewässer. Das Gesetz über
die Benützung von Gewässern (GBG/SG) ist aber erst am 23. November
1893/1. Januar 1894 erlassen worden. Es sah eine Konzessionsfrist von 50
Jahren vor (Art. 11 Abs. 1 GBG/SG), gewährleistete jedoch die bis anhin
geübten Wasserbezugsrechte in ihrem bisherigen Bestand (Art. 1 Abs. 3
GBG/SG). Das Gesetz vom 5. Dezember 1960 über die Gewässernutzung (GNG/SG),
welches das Gesetz über die Benützung von Gewässern ablöste, begrenzt die
Verleihungsdauer auf höchstens 80 Jahre für Wasserkraftnutzungen und auf
höchstens 50 Jahre für andere Nutzungen (Art. 22 GNG/SG). In Art. 12 sieht
es vor, dass die Verleihung von Wassernutzungsrechten dem Beliehenen ein
wohlerworbenes Recht auf die Nutzung des Gewässers verschafft. Das Gesetz
findet auf die bestehenden Wassernutzungen Anwendung, allerdings unter
Vorbehalt der wohlerworbenen Rechte. Das Bundesgesetz vom 22. Dezember
1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz [WRG;
SR 721.80]) seinerseits, welches die Aufnahme der Konzessionsdauer in
die Konzession vorschreibt (Art. 54 lit. e WRG) und eine gesetzliche
Höchstdauer von 80 Jahren festlegt (Art. 58 WRG), sieht vor, dass
die Konzession dem Konzessionär nach Massgabe des Verleihungsaktes ein
wohlerworbenes Recht auf die Benützung des Gewässers verschafft (Art. 43
Abs. 1 WRG), was, wie das Bundesgericht festgehalten hat, nur zum Ausdruck
bringt, was schon vorher gegolten hat und folglich auch auf Konzessionen
anwendbar ist, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilt worden sind
(BGE 49 I 555 E. II/3 S. 584).

    b) Die der Beschwerdeführerin 1866 erteilte Konzession lässt die
Dauer unerwähnt. PETER LIVER hat in einer Abhandlung (Die Entwicklung
des Wasserrechts in der Schweiz seit hundert Jahren [ZSR 71/1952 S. 305
ff.]; nachfolgend: Wasserrecht), ausgeführt, die kantonalen Gesetze,
die vor 1890 erlassen worden seien, hätten eine zeitliche Beschränkung
der Konzessionsdauer nicht gekannt, ausgenommen der Kanton Neuenburg. Er
folgert daraus, die Wasserrechte hätten auf unbeschränkte Zeit erteilt
werden können (aaO, S. 311). Diese Auffassung scheint auch mit derjenigen
des Regierungsrats des Kantons St. Gallen übereinzustimmen, wie er sie in
einer Botschaft vom 12. November 1864 zu einem, vom Grossen Rat allerdings
verworfenen, Gesetzesvorschlag über die "Ertheilung von Wasserrechten"
zum Ausdruck brachte: "Dass eine Wasserrechts-Conzession, solange die
damit in Verbindung gesetzten Etablissements benützt und beworben werden,
unwiderruflich sei, ist selbstverständlich. Niemand würde sich sonst
zur Anlage kleinerer oder grösserer Gewerke herbeilassen, denen jede
Rechtssicherheit und Gewissheit ihres Bestandes abgehen würden." Das
Bundesgericht seinerseits hat in einem Urteil aus dem Jahre 1905 die
Konzession zur Ausbeutung der Wasserkraft als "dingliches Privatrecht"
bezeichnet, dem zufolge seiner dinglichen Natur eine zeitliche Beschränkung
nicht wesentlich sei (BGE 31 II 828 E. 3 S. 859).

    Diese Meinung scheint, wie dem zitierten bundesgerichtlichen Urteil
aus dem Jahre 1905 entnommen werden kann, ein privatrechtliches und
"dingliches" Verständnis der mit der Konzession erteilten Rechte zum
Ausgangspunkt zu haben. Eine Rolle gespielt haben wird dabei auch die
Vorstellung der "ehehaften" Wasserrechte, wiewohl es sich bei konzedierten
Wasserrechten der vorliegenden Art - unbestrittenermassen - nicht um
solche handelt. Ehehafte Rechte sind ausschliesslich private Rechte,
die ihren Ursprung in einer Rechtsordnung haben, die nicht mehr besteht,
und welche nach neuem Recht nicht mehr begründet werden können, aber
auch unter der neuen Rechtsordnung weiterbestehen dürfen; sie erlangten
ursprünglich Bedeutung insbesondere im Zusammenhang mit der Wassernutzung
(zum Begriff s. PETER LIVER, Die ehehaften Wasserrechte in der Schweiz,
in: Beiträge zum Recht der Wasserwirtschaft und zum Energierecht,
Festschrift für Paul Gieseke, S. 225 f.). Bis gegen Ende des 19. und
noch anfangs des 20. Jahrhunderts galt das verliehene Wasserrecht
als privates Recht, gleichgültig, ob es aufgrund des Eigentums oder
der Gewässerhoheit eingeräumt worden war; erst in jener Zeit setzte
sich das öffentlichrechtliche Verständnis durch (LIVER, Wasserrecht,
S. 333 ff.). Die zivilrechtliche, ja dingliche Betrachtungsweise mag dazu
beigetragen haben, dass das öffentliche Interesse zu wenig Berücksichtigung
fand, welches einer definitiven Entäusserung der Gewässerhoheit durch
Erteilung einer Sondernutzungskonzession entgegensteht.

    c) Nach heutiger Rechtsanschauung kann das Gemeinwesen
Sondernutzungsrechte nicht auf unbefristete Dauer erteilen (PIERRE MOOR,
Droit administratif, Bd. III, Bern 1992, S. 136, 308; ANDRÉ GRISEL, Traité
de droit administratif, Bd. 1, Neuenburg 1984, S. 293; TOMAS POLEDNA,
Staatliche Bewilligungen und Konzessionen, Bern 1994, S. 242, 250). Die
öffentlichen Gewässer sind öffentliche Sachen im Gemeingebrauch. Dieser
Zweckbestimmung werden sie durch ein Sondernutzungsrecht an einem
bestimmten Wasserlauf entfremdet (VINZENS AUGUSTIN, Das Ende der
Wasserrechtskonzessionen, Freiburg 1983, S. 29). Das Gemeinwesen
muss deshalb von Zeit zu Zeit Gelegenheit erhalten, sich darüber zu
vergewissern, ob die Sondernutzung mit dem öffentlichen Interesse noch in
Einklang steht. Wäre das durch Konzession dem Privaten eingeräumte Recht
ein ewiges, liefe dies darauf hinaus, dass das Gemeinwesen sich seiner
Rechte und seiner Hoheit entäusserte, was nicht zulässig ist (Grundsatz
der Unveräusserlichkeit der öffentlichen Gewalt, s. AUGUSTIN, aaO, S. 29,
34; MOOR, aaO, S. 308, POLEDNA, aaO, S. 242, 250).

    Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hat daraus gefolgert,
dass eine auf unbefristete Zeit begründete Wassernutzungskonzession
nachträglich befristet und vom Verleiher nach Ablauf einer angemessenen
Konzessionsdauer einseitig und entschädigungslos aufgehoben werden
kann (Praxis des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1986,
Nr. 37). Das Bundesgericht seinerseits hat in einem Urteil, in welchem
es die Konzessionsdauer einer altrechtlichen Konzession als Vorfrage zu
beurteilen hatte, diese Dauer durch richterliche Lückenfüllung bestimmt
(BGE 97 II 390 E. 10 S. 402). Dass die Konzession auf ewig erteilt
sein könnte, hat es gar nicht in Betracht gezogen (S. 403). Auch in
der Literatur wird angenommen, dass altrechtliche Konzessionen, welche
unbefristet erteilt wurden, nachträglich zeitlich beschränkt werden
können (AUGUSTIN, aaO, S. 34; POLEDNA, aaO, S. 250; RENÉ A. RHINOW/BEAT
KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband,
Basel 1990, Nr. 122, B IV, S. 367).

    d) Die Beschwerdeführerin ist nun aber der Auffassung, dass die
Wasserrechtsverleihung gerade auch hinsichtlich der Konzessionsdauer ein
wohlerworbenes Recht verschafft habe; da die Konzession auf der Grundlage
des im letzten Jahrhundert herrschenden Verständnisses des Wesens der
Wasserrechtskonzession erteilt worden sei, könne es auf die heutige
Rechtsauffassung nicht ankommen.

Erwägung 5

    5.- a) Im Zusammenhang mit Konzessionen gelten nach der Rechtsprechung
als wohlerworben jene Rechte, die aufgrund freier Vereinbarung der
Parteien entstanden und als wesentlicher Bestandteil der erteilten
Konzession zu betrachten sind, weil der Bewerber sich ohne sie über die
Annahme der Verleihung gar nicht hätte schlüssig werden können (BGE 107
Ib 140 E. 3a S. 144 f.; Urteil des Bundesgerichts vom 10. April 1985,
in: ZBl 86/1985 S. 498, E. 2b S. 500, mit Hinweisen). In die Substanz
von auf diese Weise begründeten Rechten darf gestützt auf spätere Gesetze
regelmässig nicht, jedenfalls nicht ohne Entschädigung, eingegriffen werden
(BGE 119 Ib 254 E. 5a S. 268; 107 Ib 140 E. 3a S. 145).

    Ob eine Rechtsposition als wohlerworbenes Recht zu qualifizieren ist,
lässt sich nicht allein aufgrund ihrer Entstehung und unabhängig von der
aktuellen Rechtslage beurteilen (KATHRIN KLETT, Verfassungsrechtlicher
Schutz "wohlerworbener Rechte" bei Rechtsänderungen, Bern 1984, S. 224
ff., 233). Die Anerkennung eines wohlerworbenen Rechts ist vielmehr das
(typisierte) Ergebnis einer Interessenabwägung, welches den aufgrund
einer früheren Rechtsordnung eingeräumten Rechten den Vorrang vor
der Durchsetzung der mit einer Rechtsänderung verfolgten öffentlichen
Interessen einräumt, wobei das konkret fassbare Rechtssicherheitsinteresse
des Rechtsinhabers nach den aktuellen Verhältnissen zu gewichten ist
(KLETT, aaO, S. 233 ff.).

    Im Falle der Konzession wird ein Rechtsverhältnis mit gegenseitigen
Rechten und Pflichten der Verleihungsbehörde und des Konzessionärs
begründet, einem durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnis
vergleichbar. Die konzessionierte Unternehmung erstellt auf Grund der
Konzession ein Werk mit regelmässig beträchtlichen Investitionen, deren
Rentabilität sich nicht kalkulieren lässt, wenn nicht Sicherheit über
die finanziellen Lasten aus der Konzession und über die Konzessionsdauer
besteht. Daraus ergibt sich, dass das Gemeinwesen nicht einseitig von der
Konzession abgehen und das Leistungsverhältnis zu seinen Gunsten verändern
kann (BGE 126 II 171 E. 4b S. 180 f., mit Hinweisen). Namentlich kann es
grundsätzlich die Dauer der Konzession nicht kürzen, weil die Rentabilität
des von der konzessionierten Unternehmung zu erstellenden Werkes davon
wesentlich abhängt; (nur) insofern gehört die - vereinbarte - Dauer
der Konzession zur Substanz des wohlerworbenen Rechts (BGE 49 I 555 E.
II/3 S. 584 f.).

    b) Die von der Beschwerdeführerin beanspruchte zeitlich unbegrenzte
Nutzung eines Wasserrechts lässt sich nun allerdings grundsätzlich
nicht damit begründen, dass sie Grundlage für die Kalkulierung
der Rentabilität der Investitionen bilden würde. Beim Erlass des
eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes ging das Parlament davon aus, dass
eine Konzessionsdauer von 80 Jahren selbst für ganz grosse Unternehmungen
mit kostspieligen Anlagen für eine zweckmässige Amortisation ausreichen
(KARL GEISER/J.J. ABBÜHL/FRITZ BÜHLMANN, Einführung und Kommentar zum
Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte, Zürich 1921,
S. 194; AUGUSTIN, aaO, S. 30). "Durant 80 années, si l'entreprise n'a pas
pu amortir ses installations et son capital, elle ne les amortira jamais"
(Sten.Bull. 1915 N 291, Nationalrat Maillefer). Die Regierung des Kantons
St. Gallen hat zwar in der Zeit, in welcher die vorliegende Konzession
begründet wurde, dem Grossen Rat eine Gesetzesvorlage zugeleitet, in
welcher sie die Auffassung vertrat, Wassernutzungskonzessionen sollten
Bestand haben, solange das damit in Verbindung stehende Werk genutzt werde
(vorne E. 4b). Gesetz ist die Vorlage jedoch nicht geworden, weshalb aus
dieser Meinungsäusserung nicht allzu weit reichende Schlüsse gezogen werden
dürfen. Für eine zeitlich unbeschränkte Konzessionsdauer kann jedenfalls
nicht ins Feld geführt werden, dass sie die notwendige Basis für das
Konzessionsverhältnis bilden würde und zu dessen Substanz zu zählen wäre.

    Vielmehr widerspricht es in höchstem Masse dem öffentlichen Interesse,
Sondernutzungskonzessionen auf Dauer (recte: auf unbeschränkte Dauer)
zu erteilen und das öffentliche Gewässer auf ewige Zeiten seinem Zweck
zu entfremden. Das liefe darauf hinaus, dass sich das Gemeinwesen der
Gewässerhoheit, die es im 19. Jahrhundert gerade erst in Anspruch genommen
hat, durch Verleihung sukzessive wieder entäussert hätte. Nun ist für
die Anerkennung eines wohlerworbenen Rechts - auch im Zusammenhang mit
Konzessionen - massgeblich, dass die Konzessionserteilung vertragsähnlicher
Natur ist: Innerhalb einer Konzession sind gerade diejenigen Rechte als
wohlerworben einzustufen, welche nicht durch einen Rechtssatz, sondern
aufgrund freier Vereinbarung der Parteien entstanden sind (BGE 113 I a
357 E. 6a/cc S. 361, mit Hinweis). Insofern fliessen zivilrechtliche
Überlegungen ein. Darum kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass es
heute auch zivilrechtlich ausgeschlossen ist, obligatorische Verträge
auf "ewige" Zeiten abzuschliessen und aufrechtzuerhalten (BGE 114 II
159 E. 2a S. 161; 113 II 209 E. 4 S. 210 f.; 93 II 290 E. 7 S. 300,
je mit Hinweisen); unzulässig ist dies selbst dann, wenn sie noch unter
der Herrschaft des alten kantonalen Rechts abgeschlossen worden sind,
was unter Hinweis auf Art. 2 SchlT ZGB damit begründet wird, dass es
sich um einen Grundsatz handelt, der um der öffentlichen Ordnung und
Sittlichkeit Willen Geltung hat (BGE 97 II 390 E. 3 S. 395). Art. 2
SchlT ZGB aber wird auch im öffentlichen Recht für massgeblich erachtet
(BGE 112 Ib 39 E. 1c S. 43, mit Hinweisen). Die einheitliche Wertung in
der gesamten Rechtsordnung macht deutlich, dass es ein wohlerworbenes
Recht auf dauerhafte Sondernutzung nicht geben kann. Dies wäre mit dem
erwähnten Grundsatz der Unveräusserlichkeit öffentlicher Gewalt (vorne
E. 4c) und insofern mit der öffentlichen Ordnung nicht mehr vereinbar,
unabhängig davon, dass die altrechtlichen Konzessionen in gewissem Sinne
als Gebilde (auch) "dinglicher" Natur verstanden wurden.

    Die Beschwerdeführerin vermag dies mit ihrer Berufung auf Art. 2 und
27 ZGB bzw. mit dem Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung
dazu (BGE 123 III 337; 97 II 390) nicht zu entkräften. Wohl lässt
das Bundesgericht ein Eingreifen in vertragliche Vereinbarungen nur
mit etwelcher Zurückhaltung zu, wobei sich diese Haltung wohl noch
in besonderem Masse rechtfertigen mag, wenn Vertragspartner ein
Gemeinwesen ist (vgl. BGE 97 II 390 E. 7 S. 399 f.). Auch der von
der Beschwerdeführerin zitierten Rechtsprechung liegt aber der Gedanke
zugrunde, dass jedenfalls eine Bindung ohne jegliche zeitliche Begrenzung
unzulässig ist. Das Gemeinwesen kann die ihm zustehende Hoheit über die
Gewässer im Rahmen einer Konzession nicht für alle Zeiten aufgeben.

    Nennt die Konzessionsurkunde keine zeitliche Beschränkung, ist die
Dauer der Konzession zu beschränken und durch richterliche Lückenfüllung
zu bestimmen (vgl. BGE 97 II 390 E. 10 S. 402; AUGUSTIN, a.a.O, S. 34 f.).

    c) Es ist dem Verwaltungsgericht folglich darin beizupflichten,
dass die der Beschwerdeführerin erteilte Konzession, deren Dauer nicht
bestimmt ist, nachträglich befristet werden durfte, ohne dass dadurch ein
wohlerworbenes Recht bzw. das Willkürverbot oder das Gebot der Wahrung
von Treu und Glauben verletzt worden wäre. Insbesondere darf Ziff. 5 der
Konzessionsurkunde in Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen
nicht so verstanden werden, dass die Konzession auch nach Jahrzehnten
bzw. gar Jahrhunderten einzig dann erlischt, wenn während eines Jahres
kein Gebrauch davon gemacht wird. Zu berücksichtigen ist auch, dass die
Beschwerdeführerin die Möglichkeit hat, ein Gesuch um erneute Verleihung
des Wassernutzungsrechts zu stellen, worüber in einem förmlichen Verfahren
und unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen, nebst des öffentlichen
Interesses an befriedigender und umweltgerechter Wassernutzung auch des
privaten Interesses der Beschwerdeführerin, befunden wird.

Erwägung 6

    6.- Was die konkrete Befristung betrifft, so hat das Verwaltungsgericht
die massgebenden Gesichtspunkte zutreffend gewürdigt. Nach einer
Konzessionsdauer von 134 Jahren stellte sich insbesondere die Frage der
Amortisation der Anlagen nicht mehr (s. zur Massgeblichkeit insbesondere
dieses Kriteriums vorne E. 5a letzter Absatz und E. 5b erster Absatz,
ferner BGE 113 II 209), und der Kanton St. Gallen konnte unter Gewährung
einer angemessenen Übergangsfrist (fünfeinhalb Jahre ab dem Zeitpunkt der
erstinstanzlichen Verfügung vom 30. Juni 1998 bis zum 31. Dezember 2003)
die Konzession auflösen.

    Sodann ist das Rechtsgleichheitsgebot entgegen der Meinung der
Beschwerdeführerin nicht verletzt. Der Kanton St. Gallen durfte die
Konzession der Beschwerdeführerin nicht nur dann befristen, wenn er
gleichzeitig sämtliche weiteren Wasserkonzessionen aus der damaligen
Zeit, die keine Befristung aufweisen, ebenfalls befristet hätte. Es
darf sehr wohl den Umständen jedes einzelnen Falles Rechnung getragen
werden. Aufgrund der erheblichen Belastung des B.-Bachs lag es für die
Behörden des Kantons St. Gallen nahe, zunächst die vorliegende Konzession
einer Klärung zuzuführen.