Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 II 49



127 II 49

5. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 26. Januar 2001 i.S. A. gegen Eidgenössisches Justiz- und
Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 121 Abs. 1 sowie Art. 46 Abs. 1 BV; Art. 7 und 18 ANAG;
Verordnung über die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörden; Zustimmung
zur Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung; Rechtsmissbrauch.

    Bundesstaatliche Kompetenzordnung im Ausländerrecht nach der neuen
Bundesverfassung; Befugnisse der Bundesbehörden im Zustimmungsverfahren;
Verhältnis des Zustimmungsverfahrens zum Behördenbeschwerderecht nach
Art. 103 lit. b OG (E. 3).

    Vorliegen einer Scheinehe mangels klarer Indizien verneint (E. 4).

    Der Gesetzeszweck von Art. 7 ANAG liegt primär darin, die Aufnahme des
Familienlebens in der Schweiz zu ermöglichen und abzusichern. Ist mit der
Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft nach mehrjähriger faktischer
Trennung offensichtlich nicht mehr zu rechnen, spielen die Gründe für
das Scheitern der Ehe für die Frage des Rechtsmissbrauchs keine Rolle;
Rechtsmissbrauch bejaht (E. 5).

Sachverhalt

    Die russische Staatsangehörige A., geboren 1959, reiste am
15. November 1994 in die Schweiz ein. Am 13. Januar 1995 heiratete sie
den Schweizer Bürger B., worauf ihr am 2. März 1995 eine ordentliche
Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Ehemann im Kanton Zürich
erteilt wurde.

    Im Mai 1995 verliess A. die eheliche Wohnung und stellte ein
Eheschutzbegehren. Anfangs Juni 1995 reichte ihr Ehemann in Zürich
Ehescheidungsklage ein, zog diese aber am 26. Juni 1995 anlässlich
der Sühneverhandlung wieder zurück, worauf A. ihrerseits das
Eheschutzbegehren sowie eine gegen ihren Ehemann eingereichte Strafklage
wegen Körperverletzung bzw. Tätlichkeit zurückzog. Am 11. Dezember 1995
machte B. eine Ehescheidungsklage beim Bezirksgericht Zurzach AG anhängig,
welches mit Urteil vom 26. Juni 1996 mangels örtlicher Zuständigkeit
nicht darauf eintrat; das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte diesen
Entscheid. Im Juli 1996 meldete sich B. nach England ab und hinterlegte
seinen Heimatschein in der Gemeinde X. Später gab er eine Adresse in Y.,
Österreich, an.

    Mit Verfügung vom 17. September 1996 verweigerte die Fremdenpolizei
des Kantons Zürich A. die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
mit der Begründung, die weitere Anwesenheit in der Schweiz habe nicht
mehr die Fortsetzung bzw. die Wiederaufnahme des Ehelebens zum Ziel,
weshalb sich die Berufung auf die Ehe als rechtsmissbräuchlich erweise.
Einen dagegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich
am 10. Juni 1998 ab.

    Mit Entscheid vom 25. November 1998 hiess das Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich die von A. gegen den Rekursentscheid des Regierungsrates
erhobene Beschwerde gut und lud die Fremdenpolizei ein, die nachgesuchte
Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

    Mit Verfügung vom 4. Februar 1999 verweigerte das
Bundesamt für Ausländerfragen die Zustimmung zur Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Es ging in seiner Begründung davon aus, die Ehe
B.-A. müsse, nachdem sich der Ehemann seit über zwei Jahren im Ausland
aufhalte, als gescheitert angesehen werden und mit einer Wiederaufnahme
des Familienlebens könne nicht mehr gerechnet werden, weshalb sich die
Berufung auf die Ehe als rechtsmissbräuchlich erweise.

    Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wies mit Entscheid
vom 28. April 2000 die von A. gegen die Verfügung des Bundesamtes für
Ausländerfragen eingereichte Beschwerde ab.

    Mit Eingabe vom 30. Mai 2000 hat A. beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt, der Entscheid
des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 28. April 2000
sei aufzuheben und das Bundesamt für Ausländerfragen sei anzuweisen,
die Zustimmung zur Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

    Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, dem Bundesamt für
Ausländerfragen fehle es vorliegend an der Kompetenz zur Durchführung
eines Zustimmungsverfahrens.

    a) Gemäss Art. 121 Abs. 1 BV (vormals Art. 69ter Abs. 1 aBV)
steht dem Bund die (umfassende) Gesetzgebungskompetenz im Bereich des
Ausländerrechts zu. Art. 69ter Abs. 2 aBV sah im Weiteren vor, dass die
Kantone nach Massgabe des Bundesrechts die Entscheidungen über Aufenthalt
und Niederlassung treffen, wobei diese kantonale Vollzugskompetenz insofern
eingeschränkt wurde, als dem Bund das endgültige Entscheidungsrecht
(u.a.) gegenüber kantonalen Bewilligungen für länger dauernden Aufenthalt
und für Niederlassung vorbehalten blieb (Art. 69ter Abs. 2 lit. a
aBV). Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 verzichtet demgegenüber
in Art. 121 auf eine solche spezifische Zuteilung von Vollzugs-
und Entscheidkompetenzen zwischen Bund und Kantonen im Bereich des
Ausländerrechts (vgl. BBl 1997 I 336). Dagegen stellt Art. 46 Abs. 1 BV den
allgemeinen Grundsatz auf, dass die Kantone das Bundesrecht nach Massgabe
von Verfassung und Gesetz umsetzen (vgl. zu Entstehung und Tragweite dieser
Verfassungsbestimmung: URS STEIMEN, Die Umsetzung von Bundesrecht durch
die Kantone gemäss Art. 46 Abs. 1 und 2 der neuen Bundesverfassung, in:
Thomas Gächter/Martin Bertschi [Hrsg.], Neue Akzente in der "nachgeführten"
Bundesverfassung, Zürich 2000, S. 165-170). Da die Verfassung in Art. 121
BV nichts dazu ausführt, hat nach der Konzeption von Art. 46 Abs. 1 BV
folglich der Bundesgesetzgeber zu bestimmen, inwieweit die Kantone auf
dem Gebiete des Ausländerrechts mit dem Vollzug des Bundesrechts betraut
werden sollen (vgl. auch Art. 164 Abs. 1 lit. f BV).

    Art. 15 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt
und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) sieht vor, dass der
Entscheid über die Erteilung oder den Fortbestand einer Aufenthalts- oder
Niederlassungsbewilligung der kantonalen Fremdenpolizei oder einer ihr
übergeordneten Behörde zu übertragen ist. Bei Gutheissung eines Gesuchs
ist gemäss Art. 18 Abs. 3 ANAG - mit Ausnahme der in Abs. 2 genannten
Fälle - die Zustimmung des Bundesamtes für Ausländerfragen erforderlich
(vgl. auch Art. 18 und 19 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949
zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV;
SR 142.201]). Die bundesstaatliche Kompetenzordnung im Fremdenpolizeirecht
ist somit - auch unter der Herrschaft der neuen Bundesverfassung - aufgrund
der gesetzlichen Regelung vom Grundsatz gekennzeichnet, dass die Kantone
zwar befugt sind, Bewilligungen in eigener Zuständigkeit zu verweigern,
dass aber bei Gutheissung eines Gesuchs um Aufenthalt oder Niederlassung
regelmässig zusätzlich die Zustimmung auch des Bundes erforderlich ist
(vgl. zum Ganzen BGE 120 Ib 6 E. 3a S. 9 f. mit Hinweisen).

    Der Bundesrat hat von der ihm in Art. 18 Abs. 4 ANAG eingeräumten
Befugnis, die Zuständigkeit abweichend von den Absätzen 2 und 3 zu ordnen,
insbesondere mit der Verordnung vom 20. April 1983 über die Zuständigkeit
der Fremdenpolizeibehörden (Zuständigkeitsverordnung; SR 142.202) Gebrauch
gemacht. Diese sieht in Art. 1 Abs. 1 (in der Fassung vom 25. Februar
1998) vor, dass das Bundesamt für Ausländerfragen zuständig ist für die
Zustimmung zu erstmaligen Aufenthaltsbewilligungen und zu Verlängerungen,
(u.a.) wenn die Koordination der Praxis im Rahmen des Gesetzesvollzugs
die Zustimmung für bestimmte Gruppen von Ausländern verlangt (lit. a) -
was in entsprechenden Weisungen zu konkretisieren ist (vgl. Art. 3 der
Verordnung) - bzw. wenn das Bundesamt die Unterbreitung zur Zustimmung
im Einzelfall verlangt (lit. c).

    b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die kantonale Fremdenpolizei
habe den Bewilligungsentscheid des Verwaltungsgerichts dem Bundesamt
für Ausländerfragen aus eigenem Antrieb unterbreitet, ohne dazu durch
die einschlägigen Bestimmungen verpflichtet gewesen zu sein, weshalb
es dem Bundesamt vorliegend an der Kompetenz zur Durchführung des
Zustimmungsverfahrens gefehlt habe. So sei eine Zustimmung gemäss Art. 1
Abs. 1 lit. a der Zuständigkeitsverordnung lediglich für den Fall der
Bewilligungsverlängerung für einen (nicht aus einem Mitgliedstaat der
EFTA oder der EU stammenden) Ausländer nach dessen Scheidung bzw. nach
dem Tod des schweizerischen Ehegatten vorgesehen (Ziff. 132.3 lit. a
der Weisungen und Erläuterungen betreffend Einreise, Aufenthalt und
Niederlassung des Bundesamtes für Ausländerfragen). Selbst wenn der
Auffassung der Vorinstanzen gefolgt würde, wonach unter Ziff. 132.3
lit. a dieser Weisungen alle Fälle zu subsumieren seien, in denen Art. 7
Abs. 1 ANAG keinen Anspruch auf Bewilligungserteilung mehr vermittelt
(also auch solche von rechtsmissbräuchlicher Berufung auf eine nur noch
formell bestehende Ehe), wäre die kantonale Fremdenpolizei nach Meinung der
Beschwerdeführerin nicht zur Vorlage berechtigt bzw. verpflichtet gewesen,
da das Verwaltungsgericht für die Fremdenpolizei verbindlich festgehalten
habe, dass vorliegend gerade kein Fall von Rechtsmissbrauch vorliege.
Im Übrigen habe das Bundesamt für Ausländerfragen auch nicht von sich aus
die Unterbreitung zur Zustimmung im Einzelfall verlangt (Ziff. 132.3 lit. f
der Weisungen), sondern sei erst auf einen rechtsmissbräuchlichen "Antrag
auf Verweigerung der Zustimmung" seitens der kantonalen Fremdenpolizei
hin tätig geworden, weshalb dem Bundesamt auch unter diesem Titel die
Kompetenz zur Zustimmungsverweigerung gefehlt habe.

    Die Beschwerdeführerin verkennt, dass der der kantonalen Fremdenpolizei
gemachte Vorwurf, die Bewilligungsverlängerung eigenmächtig dem
Bundesamt für Ausländerfragen zur Zustimmung unterbreitet zu haben,
nichts daran zu ändern vermag, dass dem genannten Bundesamt aufgrund
der bundesstaatlichen Kompetenzordnung (oben E. 3a) und nach Massgabe
der einschlägigen Bestimmungen die Befugnis zur Durchführung des
Zustimmungsverfahrens vorliegend tatsächlich zukommt. Ob sich
dabei die Zustimmungsbefugnis - wie von der Vorinstanz behauptet -
bereits aus Ziffer 132.3 lit. a der Weisungen und damit aus Art. 1
Abs. 1 lit. a der Zuständigkeitsverordnung ableiten lässt, kann offen
bleiben. Ebenso unerheblich ist, ob das Bundesamt für Ausländerfragen
die Unterbreitung des Falles zur Zustimmung vorab per Telefax explizit
verlangt hat. Indem das Bundesamt mit Verfügung vom 4. Februar 1999 die
Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung verweigerte,
hat es (zumindest konkludent) von seiner Befugnis Gebrauch gemacht,
die Unterbreitung zur Zustimmung im Einzelfall zu verlangen (Art. 1
Abs. 1 lit. c Zuständigkeitsverordnung), womit sich dessen Zuständigkeit
und Entscheidkompetenz von selbst ergab. Daran vermögen die Umstände
des Vorgehens der kantonalen Fremdenpolizei nichts zu ändern. Dass das
Bundesamt, dem der Verwaltungsgerichtsentscheid gemäss Art. 103 lit. b
OG ohnehin direkt zu eröffnen war, die Unterbreitung der Verlängerung
einzig aufgrund der fraglichen Intervention seitens der kantonalen
Fremdenpolizei verlangt hat, wie die Beschwerdeführerin glauben machen
will, ist im Übrigen nicht erhärtet. Der Einwand, dem Bundesamt für
Ausländerfragen fehle es vorliegend an der Kompetenz zur Durchführung
des Zustimmungsverfahrens, ist infolgedessen nicht stichhaltig.

    c) Die Beschwerdeführerin rügt im Weiteren, dem Bundesamt für
Ausländerfragen müsse die Durchführung eines Zustimmungsverfahrens verwehrt
sein, weil es vorliegend zur Ergreifung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts an das Bundesgericht legitimiert
gewesen sei; das Zustimmungsverfahren habe nur dann seine Berechtigung,
wenn dem Bundesamt ein Eingreifen in das kantonale Verfahren nicht
möglich sei.

    Das Bundesgericht hat in BGE 120 Ib 6 E. 3c S. 11 f.  festgehalten,
dem Bundesamt für Ausländerfragen könne die Durchführung des
Zustimmungsverfahrens nicht deshalb verwehrt sein, weil auf kantonaler
Ebene ein Gericht und nicht eine Verwaltungsbehörde entschieden
habe und das Departement (heute: das Bundesamt für Ausländerfragen;
vgl. Art. 14 Abs. 2 der Organisationsverordnung vom 17. November
1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement [OV-EJPD;
SR 172.213.1]) die Möglichkeit gehabt hätte, gegen das kantonale
Urteil Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben (Art. 103 lit. b
OG). Daran ist festzuhalten. Den einschlägigen Bestimmungen lassen
sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Zustimmungsrecht
auf Fälle beschränkt bleiben soll, in denen dem Bundesamt der Weg
der Behördenbeschwerde verschlossen ist. Der Umstand, dass durch die
Verweigerung der Zustimmung möglicherweise ein weiterer Instanzenzug
durchschritten werden muss, ist die unvermeidliche Konsequenz des
von der Rechtsordnung vorgesehenen Ineinandergreifens von kantonalen
und eidgenössischen Kompetenzen in diesem Bereich. Das Vorgehen des
Bundesamtes für Ausländerfragen ist damit nicht zu beanstanden. Man
kann sich allenfalls fragen, inwieweit die Zustimmungsverweigerung in
einem Fall wie dem vorliegenden prozessual opportun ist, könnte doch
das Bundesamt den kantonal letztinstanzlichen Entscheid gemäss Art. 103
lit. b OG dem Bundesgericht direkt zum endgültigen Entscheid unterbreiten
(vgl. BGE 125 II 633 E. 1a S. 635; unveröffentlichte E. 1a von BGE 126
II 329 sowie unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 25. August
2000 i.S. Jenic, E. 1a) und damit die mit einer Zustimmungsverweigerung
einhergehenden verfahrensmässigen Konsequenzen (Eröffnung eines
weiteren Instanzenzugs mit entsprechend längerer Verfahrensdauer,
Parteirollenumkehr zu Lasten des Ausländers, Aufhebung der Bindung an die
Sachverhaltsermittlung durch das Verwaltungsgericht [vgl. Art. 105 Abs. 2
OG]) vermeiden. Eine Pflicht zu diesem Vorgehen besteht indessen nicht.

    d) Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz die Zustimmung zur Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin zu Recht verweigert
hat. Gemäss Art. 1 Abs. 3 lit. b der Zuständigkeitsverordnung ist die
Zustimmung zur Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (u.a.) dann
zu verweigern, wenn sich der Ausländer nicht an den im Gesuchsverfahren
angegebenen Zweck seines Aufenthaltes hält, ohne dass eine Änderung des
Aufenthaltszwecks nachträglich bewilligt wurde. Gleichzusetzen damit
ist jener Fall, in dem die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib beim
hier lebenden Ehegatten erteilt wurde, die Ehe sich aber als Scheinehe
herausstellt bzw. die Berufung auf die Ehe sich als rechtsmissbräuchlich
erweist, was im Folgenden zu untersuchen ist.

Erwägung 4

    4.- a) Gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte
eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung. Des Weiteren hat er nach einem ordnungsgemässen
und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren Anspruch auf die
Niederlassungsbewilligung (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG). Kein Anspruch
besteht indessen, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften
über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene
über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Art. 7 Abs. 2
ANAG). Erfasst wird davon die sog. Scheinehe bzw. Ausländerrechtsehe,
bei der die Ehegatten von vornherein keine echte eheliche Gemeinschaft
beabsichtigen (BGE 122 II 289 E. 2 S. 294 ff.; 121 II 1 E. 2 S. 2 ff.,
97 E. 3 S. 101 ff.).

    b) Vorliegend deuten das bloss viermonatige Zusammenleben der
Ehegatten nach der Heirat sowie die Äusserungen des Ehemannes, seine
Ehefrau habe ihn nur zwecks Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung
geheiratet, auf das Vorliegen einer Scheinehe hin. Dagegen spricht, dass
sich die Ehegatten seit längerer Zeit kannten und bereits vor der Heirat
(in Moskau) zusammengelebt hatten; auch der Umstand, dass der Ehemann
den Sohn der Beschwerdeführerin offenbar finanziell unterstützt hat,
lässt eine emotionale Bindung der Ehegatten erkennen. Mit der Vorinstanz
ist daher davon auszugehen, dass es gewichtigerer Indizien bedürfte, um
vorliegend auf eine Ausländerrechtsehe zu schliessen und die Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung aus diesem Grunde zu verweigern.

Erwägung 5

    5.- a) Auch wenn die Ehe nicht bloss zum Schein eingegangen worden ist,
heisst dies jedoch nicht zwingend, dass dem ausländischen Ehepartner der
Aufenthalt ungeachtet der weiteren Entwicklung gestattet werden muss. Zu
prüfen ist, ob sich die Berufung auf die Ehe nicht als rechtsmissbräuchlich
erweist. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn der Ausländer
sich im fremdenpolizeilichen Verfahren auf eine Ehe beruft, welche nur
noch formell besteht oder aufrechterhalten wird mit dem alleinigen Ziel,
dem Ausländer eine Anwesenheitsbewilligung zu ermöglichen. Dieses Ziel
wird von Art. 7 ANAG nicht geschützt (BGE 123 II 49 E. 4 und 5 S. 50 ff.;
121 II 97 E. 2 und 4 S. 100 f. bzw. 103 ff.).

    Rechtsmissbrauch liegt insbesondere dann vor, wenn ein Rechtsinstitut
zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwendet wird, die
dieses Rechtsinstitut nicht schützen will (BGE 121 I 367 E. 3b S. 375;
121 II 97 E. 4 S. 103; 110 Ib 332 E. 3a S. 336 f.; 94 I 659 E. 4
S. 667). Rechtsmissbrauch darf aber nicht leichthin angenommen werden,
namentlich nicht schon deshalb, weil die Ehegatten nicht mehr zusammenleben
oder ein Eheschutz- oder Scheidungsverfahren eingeleitet worden ist. Gerade
darum, weil der ausländische Ehegatte nicht der Willkür des schweizerischen
ausgeliefert sein soll, hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die
Erteilung der Aufenthaltsbewilligung vom ehelichen Zusammenleben abhängig
zu machen (BGE 121 II 97 E. 2 und 4a S. 100 f. bzw. 103; ausführlich:
BGE 118 Ib 145 E. 3 S. 149 ff.; vgl. auch BGE 126 II 265 E. 2b S. 267
f.; anders dagegen Art. 44 Abs. 1 des im Juli 2000 in die Vernehmlassung
gegebenen Entwurfs für ein Bundesgesetz für Ausländerinnen und Ausländer,
vgl. dazu S. 20 des Begleitberichts). Rechtsmissbrauch liegt aber
immerhin dann vor, wenn der ausländische Ehegatte sich auf eine Ehe
beruft, die nur noch formell aufrechterhalten wird mit dem einzigen Ziel,
die Aufenthaltsbewilligung erhältlich zu machen (BGE 121 II 97 E. 4a in
fine S. 104).

    Erforderlich sind konkrete Hinweise darauf, dass die Ehegatten nicht
(mehr) eine eigentliche Lebensgemeinschaft führen wollen, sondern die Ehe
nur aus fremdenpolizeilichen Überlegungen aufrechterhalten wird. Wie es
sich damit verhält, entzieht sich in der Regel einem direkten Beweis und
ist oft - wie bei der Scheinehe (BGE 122 II 289 E. 2b S. 295) oder früher
bei der Bürgerrechtsehe (BGE 98 II 1) - nur durch Indizien zu erstellen.

    b) Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass zumindest nach
den Akten nicht bekannt ist, wo sich der Ehegatte der Beschwerdeführerin
zurzeit aufhält bzw. ob dieser überhaupt noch in der Schweiz wohnhaft
ist, hat er sich doch offenbar weder im Ausland an- noch in der Schweiz
zurückgemeldet. Das Bundesgericht hat in Fällen, wo der schweizerische
Ehegatte im Ausland Wohnsitz hatte, der ausländische Ehegatte aber
eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz verlangte, erklärt, eine
solche Inanspruchnahme des Anwesenheitsrechts aus Art. 7 ANAG sei -
besondere Umstände vorbehalten - rechtsmissbräuchlich (unveröffentlichte
Urteile des Bundesgerichts vom 8. April 1997 i.S. Ertas, vom 26. März
1998 i.S. Majerova sowie vom 7. September 1998 i.S. Läuffer). Die
Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, da ihr Ehemann seit
dem Zeitpunkt der erstmaligen Erteilung ihrer Aufenthaltsbewilligung in
Zürich keinen neuen Wohnsitz begründet habe, bestehe dieser gemäss Art. 24
Abs. 1 ZGB weiterhin, weshalb sie nach wie vor Anspruch auf Erteilung
und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung habe. Die Beschwerdeführerin
verkennt jedoch, dass in den zitierten Entscheiden der Rechtsmissbrauch
nicht allein darin erblickt wurde, dass der schweizerische Ehegatte
seinen Wohnsitz nicht mehr in der Schweiz hatte. Im Umstand, dass sich
der schweizerische Ehegatte seit längerer Zeit im Ausland aufhielt und
keine Kontakte mehr zwischen den Ehegatten unterhalten wurden, wurde
vielmehr ein entscheidendes Indiz dafür erblickt, dass die Ehe endgültig
gescheitert sei und mit einer Wiederaufnahme des Familienlebens nicht
mehr gerechnet werden könne. Dies kann indessen auch dann vorkommen, wenn
beide Ehegatten ihren Wohnsitz in der Schweiz haben (vgl. BGE 121 II 97
E. 4 S. 103 ff. sowie BGE 126 II 265 E. 2c S. 268 f.). Selbst wenn der
Ehemann der Beschwerdeführerin seinen zivilrechtlichen Wohnsitz nach wie
vor im Bewilligungskanton haben sollte, schliesst dies nach dem Gesagten
nicht aus, dass sich die Berufung auf die Ehe im fremdenpolizeilichen
Bewilligungsverfahren als rechtsmissbräuchlich erweist, was dann der
Fall ist, wenn die Ehe nur noch formell und mit dem alleinigen Ziel
aufrechterhalten wird, weiterhin die Aufenthaltsbewilligung zu erhalten.

    c) Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass es beim Ehepaar B.-A. bereits
in den ersten Monaten nach der Heirat zum Zerwürfnis gekommen ist und
sich die Ehegatten im Mai 1995 getrennt haben. In der Folge stellte
die Beschwerdeführerin ein Eheschutzgesuch, ihr Ehemann reichte
eine Scheidungsklage ein. Diese Begehren wurden zwar anlässlich der
Sühneverhandlung wieder zurückgezogen, doch reichte der Ehemann noch
im selben Jahr erneut eine Scheidungsklage ein, auf welche allerdings
mangels Zuständigkeit nicht eingetreten wurde. Noch während hängigem
Scheidungsverfahren liess B. verlauten, dass für ihn eine Wiederaufnahme
der ehelichen Gemeinschaft definitiv nicht mehr in Frage komme und dass er
sich per Juli 1996 ins Ausland abmelde. Seither kam es offenbar zu keinem
Kontakt mehr zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann. Auch wenn
die Beschwerdeführerin eine Wiedervereinigung nicht ausschliesst, kann
angesichts der dargestellten Sachlage kein Zweifel daran bestehen, dass
ihre Ehe als nur noch formell aufrechterhalten anzusehen ist. Mit Blick
auf die Art und Weise des Untertauchens von B. und in Berücksichtigung
des Umstandes, dass er sich seit mehreren Jahren nicht mehr bei seiner
Frau gemeldet hat, drängt sich die Annahme auf, er schliesse ein
weiteres eheliches Zusammenleben kategorisch aus. Dass er angeblich
in erster Linie auf der Flucht vor den Gläubigern sein soll, vermag -
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht hinreichend
zu erklären, weshalb es zum Abbruch jeglichen Kontakts zwischen den
Ehegatten gekommen ist. Vielmehr entsteht der Eindruck, B. habe sich
gezielt vor seiner Ehefrau zu verbergen versucht, zumal er sich offenbar
zwischenzeitlich auch in Zürich aufgehalten haben soll, ohne sich bei ihr
zu melden. Ebenso wenig kann aus der Tatsache, dass B. keinen weiteren
Versuch unternommen hat, die Ehe zu scheiden, gefolgert werden, er halte
eine Wiedervereinigung für möglich oder gar wünschbar. Im Übrigen scheint
sich auch die Beschwerdeführerin mit dem Scheitern ihrer Ehe abgefunden zu
haben, hat sie doch ihrerseits Bereitschaft signalisiert, Verhandlungen
über eine Scheidungskonvention an die Hand zu nehmen. Nach dem Gesagten
ist die tatsächliche Annahme der Vorinstanz, die Ehe B.-A. bestehe nur
noch formell und mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft sei
realistischerweise nicht mehr zu rechnen, nicht zu beanstanden.

    d) Die Beschwerdeführerin macht geltend, es treffe sie an
der bestehenden Situation keine Verantwortung, weshalb ihr nicht
Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden könne. Aufgrund des Untertauchens
ihres Ehemannes sei sie gezwungen, vorerst an ihrer Ehe festzuhalten. Nur
so bestehe überhaupt eine Chance, mit ihrem Gatten wieder in Kontakt zu
kommen, um zu versuchen, die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen,
oder aber um ein Scheidungs- oder ein Trennungsverfahren durchführen
zu können. Obschon die Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 7 ANAG weder
vom gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten (oben E. 5a) noch davon abhängt,
dass die Ehe intakt ist (veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom
17. Dezember 1999 i.S. Pulia, E. 3b), liegt der Gesetzeszweck doch primär
darin, die Aufnahme des Familienlebens in der Schweiz zu ermöglichen
und abzusichern. Vorliegend ist indessen mit einer Wiederaufnahme der
ehelichen Gemeinschaft nicht mehr zu rechnen (oben E. 5c). Insofern
lässt sich die Situation auch nicht mit jener einer im Rahmen von
Eheschutzmassnahmen (Art. 172 ff. ZGB) angeordneten gerichtlichen
Trennung vergleichen, bei der es auf eine mögliche Wiederannäherung
der Ehegatten Rücksicht zu nehmen gilt (unveröffentlichtes Urteil des
Bundesgerichts vom 31. Januar 2000 i.S. Sertdemir, E. 3b). Sodann ist
gemäss den Akten ein Scheidungsverfahren, welches durch fremdenpolizeiliche
Massnahmen nicht tangiert werden dürfte, weder hängig, noch ist unter den
gegebenen Umständen mit der Anhebung eines solchen in absehbarer Zeit
zu rechnen. Vielmehr hat sich die Beschwerdeführerin offenbar darauf
eingerichtet, die nur noch formell bestehende Ehe trotz mehrjähriger
faktischer Trennung und fehlender Aussicht auf Wiedervereinigung auch
weiterhin aufrecht zu erhalten. Auf eine derartige Beanspruchung des
Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten in der Schweiz ist Art. 7
ANAG indessen nicht ausgerichtet. Vorliegend dient die Ehe einzig noch dem
Zweck, dem ausländischen Ehegatten den Verbleib in der Schweiz zu sichern,
weshalb sich die Berufung auf Art. 7 ANAG als rechtsmissbräuchlich
erweist. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Argumentation der
Beschwerdeführerin gefolgt wird, wonach allein das Verhalten ihres
Ehemannes die Klärung der ehelichen Situation verunmögliche. Ist mit
einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft offensichtlich nicht
mehr zu rechnen, spielen die Gründe für das Scheitern der Ehe wie auch
der Umstand, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann offenbar
vor der faktischen Trennung geschlagen worden ist, für die Frage des
Rechtsmissbrauchs, welche aus heutiger Sicht zu beurteilen ist, keine
Rolle. Zu berücksichtigen ist dagegen die seit dem verwaltungsgerichtlichen
Urteil eingetretene Entwicklung (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG e contrario),
welche dadurch gekennzeichnet ist, dass die fragliche Ehe nach wie vor
nur auf dem Papier besteht und die Beschwerdeführerin diesen Zustand bis
auf weiteres so belassen will.