Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 II 132



127 II 132

14. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. März 2001
i.S. Swisscom AG gegen TDC Switzerland AG (vormals diAx) und Eidgenössische
Kommunikationskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 97 und 101 lit. a OG, Art. 5 und 45 VwVG, Art. 3 und 11 FMG sowie
Art. 43 ff. FDV; einstweiliger Rechtsschutz im Interkonnektionsverfahren
zwecks Entbündelung der Teilnehmeranschlüsse (Zugang zur so genannten
"letzten Meile").

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E.  1 und 2).

    Kriterien für die Zulässigkeit der Anordnung vorsorglicher
Massnahmen; insbesondere drängt sich bei tatsächlichen oder rechtlichen
Unklarheiten Zurückhaltung auf im Hinblick auf die Berücksichtigung der
Hauptsachenprognose (E. 3 und 4).

Sachverhalt

    Mit Gesuch vom 31. Juli 2000 beantragte diAx bei der Eidgenössischen
Kommunikationskommission, ihr gegenüber der Swisscom AG in verschiedener
Hinsicht Interkonnektion zu gewähren und eine entsprechende Interkonnektion
bereits vor dem Hauptentscheid in der Sache durch vorsorgliche Massnahme
anzuordnen. Im Wesentlichen bezweckte diAx dabei die Entbündelung der
Teilnehmeranschlüsse (Zugang zur so genannten "letzten Meile", zum "local
loop", d.h. zur physischen Leitung zwischen dem Hausanschluss des Endkunden
und der Ortszentrale oder einer ähnlichen Anlage) im Fernmeldebereich
im Hinblick auf drei Zugangsformen: beim so genannten "full access"
durch vollständige Vermietung der Zugangsleitung (in der Regel ein
doppeladriges Kupferkabel) der Swisscom AG an diAx; beim so genannten
"line sharing" durch Übertragung der Breitbandfrequenzen an diAx für die
Datendienste (die Schmalbandfrequenzen für die Telefondienste verbleiben
bei der Swisscom AG), wobei diAx eine eigene Infrastruktur (namentlich
Hochgeschwindigkeits-Modems) zur Benützung der Frequenzen bereitstellen
muss; beim so genannten "bitstream access" durch Zurverfügungstellen
einer Hochgeschwindigkeitsverbindung für Datenübertragungen unter
ausschliesslicher technischer Kontrolle durch die Swisscom AG.

    Am 8. August 2000 wies die Kommunikationskommission ein Begehren der
diAx ab, die verlangten vorsorglichen Massnahmen superprovisorisch zu
treffen. Mit Stellungnahme vom 8. September 2000 schloss die Swisscom
AG auf Abweisung des Gesuchs um Anordnung vorsorglicher Massnahmen.

    Am 9. November 2000 hiess die Kommunikationskommission - in der
Besetzung von Präsident und Vizepräsident - das Gesuch um Anordnung
vorsorglicher Massnahmen teilweise gut. Im Wesentlichen verpflichtete sie
dabei die Swisscom AG, in Zusammenarbeit mit diAx innert drei Monaten ein
Standardangebot für die ersuchten Dienstleistungen im Bereich des "shared
line access" und des "full access" auszuarbeiten; weiter wurde die Swisscom
AG verpflichtet, innert drei Monaten gegenüber diAx die Voraussetzungen
bereitzustellen, um in den sieben grössten Schweizer Städten gewisse
Bandbreiten im Sinne des "bitstream access" zu bestimmten Preisen
zugänglich zu machen; sodann verpflichtete die Kommunikationskommission
die Swisscom AG, innert sechs Monaten für die gleichen Bandbreiten den
"bitstream access" unter denselben Bedingungen in allen Anschlusszentralen
mit mehr als 3000 aktiven Anschlüssen einzurichten.

    Gegen diese vorsorglichen Massnahmen hat die Swisscom AG am
20. November 2000 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben
mit dem Rechtsbegehren, die Verfügung der Kommunikationskommission vom
9. November 2000 sei aufzuheben und das Gesuch von diAx um Anordnung
vorsorglicher Massnahmen sei abzuweisen.

    Die Kommunikationskommission schliesst in ihrer Vernehmlassung vom
8. Januar 2001 auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    Am 23. Januar 2001 fusionierte diAx mit der sunrise communications
SA. Die neue Gesellschaft TDC Switzerland AG beantragt in ihrer
Vernehmlassung vom 9. Februar 2001 ebenfalls die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    Mit verfahrensleitender Verfügung vom 12. Dezember 2000 hat der
Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt die Verfügung
der Kommunikationskommission ersatzlos auf

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus den folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 3 lit. e des Fernmeldegesetzes vom 30. April
1997 (FMG; SR 784.10) bedeutet Interkonnektion die Verbindung von
Fernmeldeanlagen und Fernmeldediensten, die ein fernmeldetechnisches
und logisches Zusammenwirken der verbundenen Teile und Dienste sowie den
Zugang zu Diensten Dritter ermöglicht.

    Interkonnektion umfasst sämtliche notwendigen Voraussetzungen, damit
Partner miteinander in Kontakt treten und sich gegenseitig Informationen
in verständlicher und vollständiger Form zusenden können. Ziel der
Interkonnektion ist, dass alle Anwender von Fernmeldediensten über die
Netze und Dienste aller Anbieter hinweg miteinander kommunizieren können.
Die Regelung des gegenseitigen Netzzuganges gilt als Grundvoraussetzung
für einen funktionierenden Fernmeldemarkt (BGE 125 II 613 E. 1a mit
weiteren Hinweisen).

    Nach Art. 11 Abs. 1 FMG müssen marktbeherrschende Anbieter
von Fernmeldediensten anderen Anbietern nach den Grundsätzen
einer transparenten und kostenorientierten Preisgestaltung auf
nichtdiskriminierende Weise Interkonnektion gewähren. Sie müssen die
Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Interkonnektionsdienstleistungen
gesondert ausweisen. Der Bundesrat legt die Grundsätze der Interkonnektion
fest, was er in Art. 29 ff. der Verordnung vom 6. Oktober 1997 über
Fernmeldedienste (FDV; SR 784.101.1) getan hat. Mit der in Art. 11 Abs. 1
FMG vorgesehenen Interkonnektionspflicht soll verhindert werden, dass
marktbeherrschende Anbieter neuen Konkurrenten mit prohibitiven Preisen und
technischen Auflagen den Zugang zum Netz verbauen (BGE 125 II 613 E. 1b S.
618; BBl 1996 III 1418 f., 1427).

    Grundsätzlich werden die Bedingungen der Interkonnektion zwischen den
beteiligten Unternehmungen direkt vereinbart. Eine staatliche Regelung ist
gesetzlich nur subsidiär für den Fall vorgesehen, dass sich die Parteien
nicht innert vernünftiger Frist einigen können (vgl. Art. 11 Abs. 3 FMG;
BGE 125 II 613 E. 1c; BBl 1996 III 1419, 1427).

    b) Gemäss Art. 11 Abs. 3 FMG verfügt die Eidgenössische
Kommunikationskommission auf Antrag des Bundesamtes für Kommunikation
(vgl. auch Art. 47 FDV) die Interkonnektionsbedingungen nach markt- und
branchenüblichen Grundsätzen, wenn innert drei Monaten zwischen dem zur
Interkonnektion verpflichteten Anbieter und dem Anfrager keine Einigung
zustande kommt. Auf Gesuch einer Partei - oder von Amtes wegen (vgl.
Art. 44 FDV) - kann die Kommission einstweiligen Rechtsschutz gewähren, um
die Interkonnektion während des Verfahrens sicherzustellen (Art. 11 Abs. 3
zweiter Satz FMG; Art. 44 FDV). Art. 38 ff. FDV regeln das Verfahren zum
Abschluss von Interkonnektionsvereinbarungen, Art. 43 ff. FDV dasjenige
zur Anordnung einer Verfügung auf Interkonnektion. Gemäss Art. 43 Abs. 2
FDV handelt das Bundesamt für Kommunikation als Instruktionsbehörde. Ist
die Frage der Marktbeherrschung zu beurteilen, so konsultiert das Bundesamt
die Wettbewerbskommission (Art. 11 Abs. 3 dritter Satz FMG; Art. 45 FDV).

    Nach Art. 11 Abs. 4 FMG unterliegen Verfügungen der
Kommunikationskommission in Anwendung von Art. 11 Abs. 3 FMG der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (vgl. auch Art. 61
Abs. 1 FMG; BGE 125 II 613 E. 1d S. 619).

    c) Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdegegnerin das Gesuch um
Anordnung einer Verfügung über Interkonnektion gestellt und dieses mit
einem Antrag auf vorsorgliche Massnahmen verbunden. Beim angefochtenen
Entscheid handelt es sich nicht um den Endentscheid in der Sache,
sondern um eine verfahrensleitende Zwischenverfügung, mit welcher die
Kommunikationskommission im Sinne des einstweiligen Rechtsschutzes
vorsorgliche Massnahmen getroffen hat.

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 101 lit. a OG (e contrario) sind Zwischenverfügungen
nur dann selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar,
wenn dieses Rechtsmittel auch gegen den Endentscheid offen steht. Diese
Voraussetzung ist im vorliegenden Fall mit Blick auf Art. 11 Abs. 4
und Art. 61 Abs. 1 FMG erfüllt (vgl. E. 1b). Weiter ist erforderlich,
dass die Zwischenverfügung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken kann (Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 Abs. 1 VwVG;
BGE 125 II 613 E. 2a S. 619; 122 II 211 E. 1c S. 213; 121 II 116
E. 1b/cc S. 119). Selbständig anfechtbar sind namentlich Verfügungen
über vorsorgliche Massnahmen (Art. 45 Abs. 2 lit. g VwVG). Auch bei
den in Art. 45 Abs. 2 VwVG als selbständig anfechtbar bezeichneten
Zwischenverfügungen gilt jedoch grundsätzlich als Voraussetzung der
Zulässigkeit einer Beschwerde, dass der Beschwerdeführer einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil erleiden muss (BGE 125 II 613 E. 2a
S. 619; 122 II 211 E. 1c S. 213, mit Hinweis). Im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde genügt freilich ein tatsächliches,
insbesondere wirtschaftliches Interesse für die Annahme eines
schutzwürdigen Interesses bzw. für die Begründung eines nicht wieder
gutzumachenden Nachteils (BGE 125 II 613 E. 2a S. 620; 120 Ib 97 E. 1c
S. 99 f.).

    b) Mit dem angefochtenen Massnahmeentscheid regelte die Vorinstanz
nicht nur das Verhältnis zwischen den Parteien, sondern griff hoheitlich
zulasten der Beschwerdeführerin in den Telekommunikationsmarkt
ein. Mit den angefochtenen Massnahmen sollen die Voraussetzungen dafür
geschaffen werden, dass es der Beschwerdegegnerin ermöglicht würde,
mit der Beschwerdeführerin bei den fraglichen Angeboten in direkte
Konkurrenz zu treten und zulasten der Beschwerdeführerin Marktanteile
zu gewinnen. Die Erfüllung der ihr auferlegten Pflichten hätte bei der
Beschwerdeführerin offensichtlich erhebliche personelle, administrative,
technische und finanzielle Aufwendungen zur Folge, deren Rückabwicklung
- zumindest teilweise - als ausgeschlossen oder nur äusserst schwierig
realisierbar erscheint. Die Beschwerdeführerin könnte auch nicht damit
rechnen, dafür vollständig entschädigt zu werden. Angesichts der durch
die Massnahmeverfügung vorgezeichneten direkten Konkurrenzlage und der
nicht vollständig reversiblen bzw. ersetzbaren Aufwendungen erleidet
die Beschwerdeführerin einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich daher als zulässig.

Erwägung 3

    3.- Art. 11 Abs. 3 zweiter Satz FMG sowie Art. 44 FDV enthalten
zwar eine gesetzliche Regelung der vorsorglichen Massnahmen im
Interkonnektionsverfahren, sie regeln indessen die Voraussetzungen der
Ergreifung einstweiliger Vorkehren nicht ausdrücklich.

    Vorsorgliche Massnahmen, die vor Anordnung einer Verfügung ergehen,
zielen darauf ab, die Wirksamkeit derselben sicherzustellen. Mit
sichernden Vorkehren wird gewährleistet, dass der bestehende tatsächliche
oder rechtliche Zustand einstweilen unverändert erhalten bleibt. Mit
gestaltenden Massnahmen, wie sie hier zur Diskussion stehen, wird
demgegenüber ein Rechtsverhältnis provisorisch geschaffen oder einstweilig
neu geregelt (KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege
des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 121, Rz. 332; RHINOW/KOLLER/KISS,
Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, S. 212,
Rz. 1089).

    Ein Entscheid über die Anordnung vorsorglicher Massnahmen setzt
Dringlichkeit voraus, d.h. dass es sich als notwendig erweist, die
fraglichen Vorkehren sofort zu treffen. Sodann muss der Verzicht auf
Massnahmen für den Betroffenen einen Nachteil bewirken, der nicht
leicht wieder gutzumachen ist, wobei ein tatsächliches, insbesondere
wirtschaftliches Interesse genügen kann. Erforderlich ist weiter,
dass eine Abwägung der entgegenstehenden Interessen den Ausschlag
für den einstweiligen Rechtsschutz gibt und dieser verhältnismässig
erscheint. Der durch die Endverfügung zu regelnde Zustand darf
dadurch jedoch weder präjudiziert noch verunmöglicht werden (BGE 125
II 613 E. 7a S. 623; 119 V 503 E. 3 S. 506; KÖLZ/HÄNER, aaO, S. 121 f.,
Rz. 334 f.; RHINOW/KOLLER/KISS, aaO, S. 212, Rz. 1091; GEROLD STEINMANN,
Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsbeschwerdeverfahren und im
Verwaltungsgerichtsverfahren, in: ZBl 94/1993 S. 149 f.). Vorsorgliche
Massnahmen beruhen auf einer bloss summarischen Prüfung der Sach- und
Rechtslage (RHINOW/KOLLER/KISS, aaO, S. 212, Rz. 1093). Dabei kann die
Hauptsachenprognose insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn sie
eindeutig ist; bei tatsächlichen oder rechtlichen Unklarheiten drängt
sich hingegen Zurückhaltung auf, weil diesfalls die entsprechenden
Entscheidgrundlagen ja erst im Hauptverfahren ermittelt bzw. festgelegt
werden.

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdegegnerin, welche die angefochtenen vorsorglichen
Massnahmen beantragt hatte, verfügt über ein erhebliches Interesse, in
den Markt über die Teilnehmeranschlüsse mittels physischer Leitungen (in
der Regel Kupferkabel), für den die Beschwerdeführerin noch immer eine -
wenigstens faktische - Monopolstellung innehat, einzutreten. Sie versucht
dies im vorliegenden Zusammenhang über die Regeln der Interkonnektion
zu erreichen. Dabei ist strittig, ob die Beschwerdeführerin neben dem
faktischen Monopol, das auf ihre Zeit als staatliche Monopolistin im
Fernmeldebereich zurückgeht, auch weiterhin ein rechtliches Ausschlussrecht
besitzt. Darüber wird im Hauptverfahren zu befinden sein.

    Je länger die vorliegende Situation andauert, desto mehr verzögert
sich der allfällige Markteintritt der Beschwerdegegnerin, sollte sie
in der Hauptsache obsiegen. Als direkte Konkurrentin gegenüber der
Beschwerdeführerin hätte sie dadurch nicht nur finanzielle Nachteile -
durch den Verlust zusätzlicher Gewinnaussichten - in Kauf zu nehmen,
sondern sie wäre zusätzlich in ihrer wettbewerbswirtschaftlichen
Entfaltung, namentlich im Vergleich mit der Beschwerdeführerin,
behindert. Ein Verzicht auf die vorsorglichen Massnahmen würde daher für
die Beschwerdegegnerin einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken
(vgl. BGE 125 II 613 E. 6 S. 622 f.).

    b) Für die Beschwerdegegnerin steht der Zugang zu einem Marktsegment
auf dem Spiel, das für die weitere Entwicklung des Fernmeldemarktes und
ihrer wettbewerbswirtschaftlichen Entfaltung wichtig sein könnte. Mit
ihrem Vorgehen könnte die Beschwerdegegnerin nicht nur gegenüber der
Beschwerdeführerin in einem neuen Marktsegment in direkte Konkurrenz
treten, sondern sich darüber hinaus auch gegenüber weiteren - aktuellen
und künftigen - Konkurrenten auf dem Markt der Breitbanddienste einen
wesentlichen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. Als mögliches Ergebnis ihres
Vorprellens bildet diese Chance aus ihrer Sicht die positive Auswirkung
des eingegangenen Prozessrisikos, das sie ebenfalls allein trägt.

    Der Beschwerdeführerin geht es demgegenüber darum, einen Marktvorsprung
zu wahren, von dem sie meint, dass er ihr aufgrund der geltenden Rechtslage
zustehe und vom Gesetzgeber zugesichert worden sei; sie will auch einen
Aufwand vermeiden, der sich je nach Ausgang des Hauptverfahrens, mit
dessen Ergebnis kaum innert dem Zeitraum zu rechnen ist, der vorerst von
der vorsorglichen Massnahme geregelt wird, als unnütz erweisen könnte.

    Die Interessen beider Parteien erscheinen gewichtig. Keine der beiden
Parteien macht aber geltend, dass zurzeit geradezu ihre wirtschaftliche
Existenz in Frage stünde.

    c) Wohl hat die Beschwerdegegnerin ein klares und nachvollziehbares
Interesse an einem baldigen Markteintritt, doch erweist es sich nicht
als erforderlich, diesen sofort zu ermöglichen. Die Beschwerdegegnerin
und die Kommunikationskommission bringen zwar vor, das öffentliche
Interesse verlange eine möglichst baldige Öffnung des Marktes. Das
Publikum ist aber von den fraglichen Dienstleistungen im Wesentlichen
nicht ausgeschlossen. Es kann hier offen bleiben, ob taugliche
Alternativmöglichkeiten bestehen, was unter anderem zwischen den
Parteien gerade strittig ist; jedenfalls gibt es für das Publikum
ein gewisses Angebot, selbst wenn dieses weiterhin lediglich auf die
Beschwerdeführerin zurückgehen und allenfalls ohne erheblichen Preisdruck
durch Konkurrenzangebote zustande kommen sollte. Die Beschwerdeführerin ist
als Grundversorgungskonzessionärin in bestimmtem Masse zur Gewährleistung
der Teilnehmeranschlüsse im Übrigen auch verpflichtet (vgl. Art. 16
FMG sowie Art. 15 Abs. 1 lit. a und Art. 20 FDV). Dass dies nicht
auch für den Hochleistungsbereich bei der Datenübertragung gilt und
die Beschwerdeführerin eventuell nicht genau das gleiche Angebot bei
den Breitbanddiensten führt, wie es die Beschwerdegegnerin vorsieht,
ändert nichts daran, dass dem Publikum ein (vorläufig) genügendes Angebot
offen steht.

    Die Marktöffnung im Bereich der "letzten Meile" zugunsten anderer
Wettbewerbsteilnehmer mag immerhin ein langfristiges gesamtwirtschaftliches
Ziel sein. Es ist jedoch keineswegs sicher, dass sich der Standpunkt
der Beschwerdegegnerin und der Vorinstanz, wonach der Teilnehmeranschluss
bereits nach der heutigen Rechtslage dem Interkonnektionsregime unterstehe,
mit den damit verbundenen Folgen im Ergebnis auch durchsetzen wird.

    d) Über die sich stellenden Rechtsfragen, welche von der
Beschwerdegegnerin in einem Pilotverfahren aufgenommen und den
Behörden vorgetragen worden sind, ist erstmalig zu entscheiden. Bei der
Kommunikationskommission handelt es sich um eine erstinstanzliche Behörde,
deren Entscheid keiner dem Bundesgericht vorgeschalteten gerichtlichen
Überprüfung unterliegt, sondern unmittelbar bei diesem anzufechten ist. In
der Sache stellen sich heikle und komplexe Rechtsfragen mit unbestimmtem
Ausgang, über die bisher noch nie in einem Rechtsmittelverfahren
entschieden worden ist.

    Dementsprechend erweist sich die Hauptsachenprognose als schwierig. Die
sich stellenden Rechtsfragen bedürfen eingehender Prüfung. Das Gesetz
sieht nämlich nicht ausdrücklich vor, dass die Teilnehmeranschlüsse
den Regeln über die Interkonnektion unterstehen. Um dies zu beurteilen,
bedarf es daher einer vertieften Analyse der geltenden Rechtslage sowie
einer sorgfältigen Auslegung der bestehenden Grundlagen. Zwar wird
darauf im angefochtenen Entscheid schon beinahe umfassend eingegangen
und legen beide Parteien wie auch die Vorinstanz ausführlich dar,
weshalb aus ihrer jeweiligen Sicht die Rechtslage so oder anders sein
soll. Die Ausgangslage ist aber völlig offen, und es zeichnet sich weder
in der einen noch in der anderen Richtung eine eindeutige Rechtsauffassung
ab. Bezeichnend ist, dass beide Parteien je ein Gutachten eines Professors
des öffentlichen Rechts mit unterschiedlicher Würdigung der Rechtslage
eingereicht haben. Weiter fällt auf, dass der angefochtene Entscheid
bereits einem Entscheid in der Sache nahekommt, ohne dies tatsächlich
zu sein. Die Vorinstanz hat das Schwergewicht nicht auf die Frage des
einstweiligen Rechtsschutzes gelegt, sondern sich über weite Teile
vorrangig mit der Hauptsachenprognose befasst. Dass sie ihre Verfügung
über 30 enggeschriebene Seiten (zuzüglich neunseitigem Anhang) begründet
hat, wovon sich rund zwölf Seiten unmittelbar und weitere fünf Seiten
unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit indirekt mit der
Erfolgsprognose befassen, belegt, dass die Kommunikationskommission
vorwiegend den Sachentscheid vorweggenommen hat. Damit hat sie nicht
nur die Parteien dazu verleitet, wenn nicht gar gezwungen, sich in ihren
Rechtsschriften ans Bundesgericht ebenfalls eingehend mit der Hauptfrage
auseinander zu setzen, sondern sie hat sich selber im Ergebnis kaum mehr
einen Spielraum für den Entscheid in der Sache gelassen. Die Vorinstanz
hat damit die Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes und die Kriterien
für vorsorgliche Massnahmen verkannt.

    Den Sachentscheid bereits in dem Masse vorwegzunehmen, wie dies
die Vorinstanz getan hat, wäre lediglich dann zulässig, wenn die
Hauptsachenprognose eindeutig und unzweifelhaft wäre. Vorliegend trifft
jedoch das Gegenteil zu. Eine klare Prognose aufgrund einer vorläufigen
summarischen Prüfung ist nicht möglich.

    e) Ist die rechtliche Ausgangslage in diesem Sinne zurzeit noch mit
erheblichen Unklarheiten verbunden, kann ein entsprechend begründetes
öffentliches Interesse nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Angesichts
der vergleichbaren Interessenlage der Parteien rechtfertigt es sich
daher im vorliegenden Zusammenhang nicht, vor Klärung der sich stellenden
Rechtsfragen die bisherige Situation vorsorglich zu ändern und damit auf
dem fraglichen Markt möglicherweise Folgen auszulösen, deren Tragweite
zurzeit nicht überschaubar erscheint. Dabei ist in diesem Zusammenhang
durchaus auch beachtlich, dass der Massnahmeentscheid eine Reihe von
Folgegesuchen weiterer potentieller Konkurrenten nach sich ziehen könnte
(vgl. BGE 125 II 613 E. 7b S. 624). Auch wenn der allfällige Marktvorsprung
der Beschwerdegegnerin auf ihre Risikobereitschaft zurückgeht und
insoweit einen Ausgleich zum eingegangenen Kostenrisiko schafft, muss die
Möglichkeit einer Kettenreaktion mit den damit verbundenen Auswirkungen
auf den in Frage stehenden Markt mit berücksichtigt werden. Aus Gründen
der Rechtsgleichheit könnten Folgegesuche nicht ohne weiteres abgelehnt
werden. Sollte sich in der Hauptsache dereinst aber der Standpunkt
der Beschwerdeführerin durchsetzen, wäre kaum vorstellbar, wie eine
Rückabwicklung einer vorsorglichen Öffnung der Teilnehmeranschlüsse
geordnet ablaufen könnte. Bei umgekehrtem Verfahrensausgang erscheint
demgegenüber eine kontrollierte Öffnung nach definitiver Klärung der
Rechtslage auch dann als bedeutend einfacher und sinnvoller, wenn
vorsorgliche Massnahmen unterbleiben.

    f) Unter diesen Umständen überwiegen die Interessen der
Beschwerdegegnerin an der Anordnung einstweiliger Vorkehren die
entgegenstehenden Interessen auf Seiten der Beschwerdeführerin nicht. Daran
ändert nichts, dass sich der angefochtene Massnahmeentscheid hauptsächlich
auf Vorbereitungsarbeiten beschränkt und die Beschwerdeführerin
noch nicht unmittelbar zur Marktöffnung zwingt. Bereits diese
Vorbereitungsarbeiten wären aufwendig. Sodann würde dadurch - trotz
unsicherer Hauptsachenprognose - ein Sachzwang geschaffen, der dazu führen
könnte, dass später die Interkonnektionspflicht der Beschwerdeführerin
nur schon deshalb bejaht würde, um zu vermeiden, dass die erzwungenen
Vorbereitungsarbeiten nachträglich sinnlos würden. Damit besteht aber
eine erhebliche Gefahr der Vorwegnahme des Hauptentscheides. Gleichzeitig
ist bereits der angefochtene Massnahmeentscheid mit dem Risiko nicht mehr
überschaubarer Auswirkungen auf dem fraglichen Markt verbunden. Gemessen an
diesen Folgen ist der angefochtene Entscheid unverhältnismässig. Überdies
kann nicht davon ausgegangen werden, der Standpunkt der Beschwerdegegnerin
sei in dem Masse begründet, dass sich der sofortige provisorische Vollzug
der beantragten Massnahmen vor vollständiger Prüfung der Rechtslage als
notwendig und dringlich erweist.