Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 127 III 300



127 III 300

51. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. April 2001
i.S. A. gegen Migros-Genossenschafts-Bund (Berufung) Regeste

    Anpassung eines Vertrages an veränderte Verhältnisse (clausula rebus
sic stantibus).

    Anwendung des Grundsatzes der clausula rebus sic stantibus auf einen
Baurechtsvertrag; Voraussetzungen der richterlichen Vertragsanpassung
(E. 5).

    Vertragsanpassung im konkreten Fall (E. 6).

Sachverhalt

    Im Jahre 1964 ging aus einem von der Stadt Zürich und der Gemeinde
Adliswil ausgeschriebenen Wettbewerb das Projekt "Jolieville" für
den Bau einer Satellitenstadt im Gebiet Lebern-Moos-Letten (Gemeinde
Adliswil) hervor. Zu dessen Realisierung schlossen sich im November
1964 sämtliche Grundeigentümer des betroffenen Gebiets zu einem
Grundeigentümerverein zusammen. Am 23. März 1971 erliess die Gemeinde
Adliswil eine Teilbauordnung für das fragliche Gebiet, um die planungs-
und baurechtlichen Voraussetzungen für das Projekt zu schaffen. Diese wurde
am 3. Dezember 1975 vom Regierungsrat des Kantons Zürich genehmigt. Kurz
darauf trat am 1. April 1976 das neue Planungs- und Baugesetz des Kantons
Zürich (PBG/ZH) in Kraft. Gestützt darauf verabschiedete der Kantonsrat
des Kantons Zürich am 6. Juli 1976 den Entwurf eines kantonalen
Gesamtplanes (Siedlungsplan). Dieser wies die vom Projekt "Jolieville"
erfasste Fläche dem Bauentwicklungsgebiet zu. Demgemäss errichtete die
Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich mit Verfügung vom
24. Februar 1977 eine Planungszone über die Gebiete Lebern-Moos-Letten
und Grüt für die Dauer von fünf Jahren. Ein dagegen erhobener Rekurs
wurde vom Regierungsrat am 16. Dezember 1981 abgewiesen. Bereits zuvor,
am 10. Juli 1978, hatte der Kantonsrat den kantonalen Gesamtplan erlassen,
welcher die hier in Frage stehenden Grundstücke entsprechend dem Entwurf
vom 6. Juli 1976 dem Bauentwicklungsgebiet zuwies.

    Mit Beschluss vom 11. Dezember 1985 hob der grosse Gemeinderat Adliswil
die Teilbauordnung Lebern-Moos-Letten auf und wies die im vorliegenden
Verfahren strittigen Grundstücke der Reservezone zu. Dagegen erhobene
Rekurse wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom
9. September 1992 letztinstanzlich ab. Heute liegen die betroffenen
Grundstücke in der Reservezone gemäss § 65 PBG/ZH. Diese umfasst nach
der gesetzlichen Regelung Flächen, deren Nutzung noch nicht bestimmt ist
oder in denen eine bestimmte Nutzung erst später zugelassen werden soll
(§ 65 Abs. 1 PBG/ZH), wobei Bauten und Anlagen nur nach Art. 24 des
Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700)
zulässig sind (§ 65 Abs. 2 PBG/ZH). Gemäss § 65 Abs. 4 PBG/ZH haben
Eigentümer von Grundstücken in Reservezonen einen Anspruch auf Überprüfung
der Bauzonendimensionierung, der frühestens acht Jahre nach der Festsetzung
oder Revision des Zonenplans geltend gemacht werden kann.

    Im Zusammenhang mit dem Projekt "Jolieville" schlossen A.  (Kläger)
und der Migros-Genossenschafts-Bund (Beklagter) am 22. Dezember 1971 einen
öffentlich beurkundeten Baurechtsvertrag ab. Darin räumte der Kläger
dem Beklagten ab 1. Januar 1972 an 11'002 m2 Bauland im Moos/Lebern,
Gemeinde Adliswil ein auf hundert Jahre befristetes selbständiges und
dauerndes Baurecht ein. Der Beklagte wurde vertraglich ermächtigt, alle
ihm dienenden Bauten, insbesondere die Bauten für ein Einkaufszentrum,
zu erstellen und zu unterhalten. Gestützt auf eine Generalvollmacht des
Klägers konnte der Beklagte ausserdem alles vorkehren, was zur Aufstellung
und zum Vollzug des Quartierplanes Lebern-Moos-Letten notwendig war. Zudem
wurde der Beklagte verpflichtet, ein Bauprojekt auszuarbeiten und bei den
Baubehörden um Bewilligung desselben nachzusuchen. Der halbjährlich im
Voraus zu bezahlende Baurechtszins belief sich auf Fr. 19.-/m2, wobei der
Vertrag u.a. vorsah, dass der Baurechtszins alle fünf Jahre der Veränderung
des Landesindexes der Konsumentenpreise sowie des Hypothekarzinsfusses
der Zürcher Kantonalbank anzupassen sei.

    Gemäss der bei Vertragsschluss geltenden Bauordnung lagen die beiden
Baurechtsgrundstücke in der Wohnzone W2. Sie waren jedoch infolge der
Bundesbeschlüsse über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom
25. Juli 1971 (AS 1971 S. 961 ff.) und 20. Dezember 1972 (AS 1972 S. 3049)
mit einem einstweiligen, bis 31. Dezember 1975 befristeten Baustopp
belegt (Art. 19 BB 1972). Der Baurechtsvertrag bestimmte in Art. 10,
dass der Baurechtszins während der Dauer dieses Bauverbotes auf zwei
Drittel reduziert wird. Sollte sich der Baubeginn wegen des Bauverbots
jedoch um mehr als 5 Jahre verzögern, so sah die vertragliche Regelung
die Zahlung des vollen Baurechtszinses vom Beginn des fünften Jahres ab
Eintrag des Baurechts im Grundbuch vor.

    Mit Schreiben vom 15. September 1993 erklärte der Beklagte gegenüber
dem Kläger, der Baurechtsvertrag vom 22. Dezember 1971 habe mit der
rechtskräftigen Zuweisung der Baurechtsgrundstücke in die Reservezone
gemäss Art. 65 PBG/ZH seine Grundlage verloren. Infolge Grundlagenirrtums
sei der Vertrag für ihn deshalb unverbindlich; eventuell sei er als
aufgelöst zu betrachten. In der Folge verlangte der Kläger vom Beklagten
klageweise die Bezahlung von aussstehenden Baurechtszinsen in der Höhe von
Fr. 726'070.-. Mit Urteil vom 15. Dezember 1999 hiess das Handelsgericht
des Kantons Zürich die Klage im Umfang von 181'517.50 nebst Zins gut
und wies sie im Mehrbetrag ab. Der Kläger führt gegen dieses Urteil
eidgenössische Berufung und verlangt die vollumfängliche Gutheissung der
Klage. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Es bleibt somit zu beurteilen, ob der strittige Baurechtsvertrag
aufgrund der clausula rebus sic stantibus an die veränderten Umstände
anzupassen ist.

    a) Zunächst stellt sich die Frage, ob der für Schuldverträge
entwickelte Grundsatz der clausula rebus sic stantibus unbesehen auch auf
Dienstbarkeiten als verdinglichte Rechtsinstitute, die sachenrechtlichen
Gesetzmässigkeiten folgen, anwendbar sei. Diese Problematik erhält
namentlich dort besonderes Gewicht, wo - wie das vorliegende Baurecht -
die Dienstbarkeit im Rechtsverkehr den Grundstücken gleichgestellt worden
ist, mithin ein selbständiges Rechtsobjekt darstellt, das seinerseits
mit beschränkten dinglichen Rechten (insbesondere Pfandrechten) belastet
werden kann (vgl. Art. 655 Abs. 2 Ziff. 2 i.V.m. Art. 779 Abs. 3 ZGB).

    aa) Vorab ist festzuhalten, dass das Baurecht seinen Charakter
als Dienstbarkeit nicht verliert, wenn es ins Grundbuch aufgenommen und
damit im Rechtsverkehr den Grundstücken gleichgestellt wird (HANS MICHAEL
RIEMER, Das Baurecht [Baurechtsdienstbarkeit] des Zivilgesetzbuches und
seine Behandlung im Steuerrecht, Diss. Zürich 1968, S. 32 f.; LIVER,
Über die Baurechtsdienstbarkeit, in: ZBJV 94/1958 S. 379 f.). Konsequenz
dieser Aufnahme ins Grundbuch ist für die hier interessierenden Fragen
im Wesentlichen bloss, dass eine - vorzeitige - Löschung des Baurechts
durch Verzicht des Bauberechtigten nur mit Zustimmung der daran dinglich
Berechtigten möglich ist (Art. 964 ZGB; LIVER, Zürcher Kommentar, N. 43
f. zu Art. 734 ZGB; HANS-ULRICH FREIMÜLLER, Die Baurechtsdienstbarkeit
im System der dinglichen Rechte, Diss. Bern 1967, S. 48 f.; HOMBERGER,
Zürcher Kommentar, N. 11 zu Art. 964 ZGB). Im vorliegenden Fall ist
allerdings weder festgestellt noch geltend gemacht, dass Drittrechte am
Baurecht dessen Untergang und Löschung durch Verzicht des Berechtigten
entgegenstehen.

    bb) Durch den Verzicht des Berechtigten erlöschen für die Parteien
alle Rechte und Pflichten aus dem Dienstbarkeitsverhältnis (LIVER,
Zürcher Kommentar, N. 74 zu Art. 730 und N. 87 ff. zu Art. 741 ZGB). Der
Baurechtszins ist jedoch weder Akzessorium zum dinglichen Recht noch
realobligatorische Verpflichtung (im Sinne von Art. 730 Abs. 2 ZGB)
daraus, sondern eine rein obligatorische Verpflichtung, deren Erfüllung
der ursprünglich Berechtigte aus Vertrag schuldet, und die er bei fehlender
externer Schuldübernahme auch bei Veräusserung des Baurechts weiterhin zu
erfüllen hat (BGE 52 II 27 E. 1 S. 37; ISLER, Der Baurechtsvertrag und
seine Ausgestaltung, Diss. Zürich 1973, S. 44 ff. und 132; FREIMÜLLER,
aaO, S. 75 f.).

    Bewirken veränderte Verhältnisse eine wesentliche Äquivalenzstörung
zu Lasten des Belasteten, kann dieser die Dienstbarkeit gerichtlich
aufheben lassen (Art. 736 ZGB). Darin erschöpft sich für ihn der
Rechtsschutz aus der clausula; sie vermag über den Anwendungsbereich
von Art. 736 ZGB hinaus keine Wirkung zu entfalten (lex specialis oder
erschöpfte Durchgangsfunktion von Art. 2 ZGB; LIVER, Zürcher Kommentar,
N. 89 zu Art. 734 und N. 36 ff. zu Art. 736 ZGB; MERZ, Berner Kommentar,
N. 42 und 247 zu Art. 2 ZGB).

    Der Berechtigte, welcher Nebenverpflichtungen im Sinne von
Art. 730 Abs. 2 ZGB zu erfüllen hat, kann sich diesen durch Verzicht
auf die Dienstbarkeit entschlagen. Darüber hinaus wird ihm aber auch die
Berufung auf die clausula zugestanden. Daraus kann die Leistungspflicht
reduziert oder aufgehoben werden (BGE 45 II 386 E. 5 S. 396 ff.;
MERZ, Berner Kommentar, N. 247 zu Art. 2 ZGB), ohne dass deswegen die
Dienstbarkeit automatisch untergeht. Allerdings kann die Aufhebung oder
Änderung der Leistungspflicht im Gegenzug dem Belasteten einen Anspruch
geben, seinerseits aus Art. 736 ZGB vorzugehen und die Aufhebung der
Dienstbarkeit zu verlangen (LIVER, Zürcher Kommentar, N. 243 zu Art. 730,
N. 89 zu Art. 734 und N. 36 ff. zu Art. 736 ZGB).

    Dasselbe muss a fortiori für eine nicht akzessorische, rein
obligatorische Verpflichtung aus dem Dienstbarkeitsvertrag gelten. Sind
die Voraussetzungen der clausula gegeben, darf der Richter daher in den
Vertrag eingreifen, um die Äquivalenzstörung zu beheben. Geht es um eine
Gegenleistung für das dienstbarkeitsrechtliche Dulden oder Unterlassen,
stehen ihm dabei theoretisch die Möglichkeiten einer vorzeitigen Beendigung
des Vertrags oder einer Preisanpassung offen (dazu unten E. 6b). Auf
den Bestand der Dienstbarkeit als dingliches Recht hat sein Urteil
vorerst keinen Einfluss (a.A. HEINRICH MAYRHOFER, Abstehen vom Vertrag
aus wichtigem Grund bei Dienstbarkeiten?, österreichische Juristische
Blätter 1974 S. 593 ff.). Insbesondere greift Art. 82 OR nicht in dem
Sinne, dass die Aufhebung oder Reduktion der Gegenleistung nur gegen
vollen oder teilweisen Verzicht des Berechtigten erfolgen dürfte. Dass
der Kläger die Einrede gemäss Art. 82 OR erhoben hätte, ist im Übrigen
weder festgestellt noch dargetan.

    Nach dem Gesagten steht einer Anwendung der clausula rebus
sic stantibus auf die obligatorischen Bestimmungen des strittigen
Baurechtsvertrages grundsätzlich nichts entgegen, womit sich die Frage
stellt, ob die Voraussetzungen der richterlichen Vertragsanpassung
gegeben sind.

    b) Ein richterlicher Eingriff in einen Vertrag aufgrund veränderter
Umstände setzt nach herrschender Auffassung unabhängig von der dogmatischen
Grundlage (dazu GAUCH, Auslegung, Ergänzung und Anpassung schuldrechtlicher
Verträge, in: Gauch/Schmid [Hrsg.], Die Rechtsentwicklung an der Schwelle
zum 21. Jahrhundert, S. 234; SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht,
Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 223, je mit Hinweisen) voraus, dass die
Verhältnisänderung weder vorhersehbar noch vermeidbar war, für Fälle
wie den vorliegenden eine gravierende Äquivalenzstörung zur Folge hat
und der Vertrag nicht vorbehaltlos erfüllt wurde (vgl. BGE 122 III 97
E. 3a mit Hinweisen; aus der Lehre statt vieler SCHWENZER, a.a.O, S. 223;
GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil,
7. Aufl., Rz. 1298 ff.; BAUMANN, Zürcher Kommentar, N. 455 zu Art. 2
ZGB; WIEGAND, Basler Kommentar, N. 99 ff. zu Art. 18 OR; KRAMER, Berner
Kommentar, N. 337 ff. zu Art. 18 OR).

    aa) Die Vorinstanz hielt in tatsächlicher Hinsicht fest, dass
die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit einer Zuweisung
der Baurechtsgrundstücke in die Reservezone nicht rechneten. Damit ist
allerdings die Rechtsfrage nicht entschieden, ob die Verhältnisänderung
auch nicht vorausgesehen werden konnte (JÄGGI/GAUCH, Zürcher Kommentar,
N. 666 zu Art. 18 OR).

    Nach der Rechtsprechung müssen die Parteien bei langfristigen Verträgen
damit rechnen, dass sich die zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden
Verhältnisse später ändern. Namentlich Änderungen der Gesetzeslage gelten
grundsätzlich nicht als unvorhersehbar (WIEGAND, Basler Kommentar, N.
103 zu Art. 18 OR; KRAMER, Berner Kommentar, N. 339 zu Art. 18 OR). Sehen
die Parteien ausdrücklich oder sinngemäss davon ab, den Einfluss solcher
Änderungen auf die gegenseitigen Leistungen auszuschliessen, so entspricht
es grundsätzlich dem Wesen des Vertrages, dass er so erfüllt wird, wie
er abgeschlossen worden ist (BGE 107 II 343 E. 2 S. 347; 104 II 314
E. II/1a S. 315). Waren die nachträglich eingetretenen Umstände jedoch
nicht vorauszusehen, so kann von einem ausdrücklichen oder sinngemässen
Verzicht auf eine Vertragsanpassung nicht die Rede sein. Dabei ist die
Voraussehbarkeit auch dann zu verneinen, wenn eine Verhältnisänderung
wie etwa die Änderung der gesetzlichen Grundlagen als solche zwar
vorhersehbar war, nicht aber deren Art, Umfang und Auswirkungen auf den
Vertrag (JÄGGI/GAUCH, Zürcher Kommentar, N. 670 zu Art. 18 OR; KRAMER,
Berner Kommentar, N. 340 zu Art. 18 OR).

    bb) Die Vorinstanz erwog, die Baurechtsgrundstücke hätten im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Bauzone gelegen. Vor dem
Vertragsschluss habe die Gemeinde Adliswil eine - allerdings erst
1975 vom Regierungsrat genehmigte - Teilbauordnung für das in Frage
stehende Gebiet erlassen, durch welche die planungs- und baurechtlichen
Voraussetzungen für das Projekt "Jolieville" hätten geschaffen werden
sollen. Für eine baldige Redimensionierung der Bauzone hätten überhaupt
keine Anzeichen vorgelegen. Daran vermöge auch der im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses geltende befristete Baustopp nichts zu ändern, denn
dieser sei konjunkturpolitisch und nicht raumplanerisch motiviert
gewesen. Weder das Raumplanungsgesetz noch das zürcherische Bau- und
Planungsgesetz hätten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestanden.

    cc) Dem Kläger ist darin beizupflichten, dass zumal bei langfristigen
Verträgen grundsätzlich mit einer Änderung der bau- und planungsrechtlichen
Grundlagen gerechnet werden muss. Aus den von der Vorinstanz für das
Bundesgericht verbindlich getroffenen Feststellungen lässt sich indessen
nicht der Schluss ziehen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
die Auszonung der Baurechtsgrundstücke vorhersehbar war. Die laufenden
Planungsmassnahmen zielten vielmehr gerade in die gegenteilige Richtung,
sollten damit doch die Grundlagen für die Verwirklichung des Projektes
"Jolieville" und damit den Bau einer Satellitenstadt geschaffen werden. Das
Bundesgericht hat seiner Beurteilung zudem namentlich die vorinstanzliche
Feststellung zugrunde zu legen, wonach bei Vertragsschluss für eine
baldige Auszonung der Baurechtsgrundstücke keine Indizien bestanden
hätten. Unter diesen Umständen verstösst es nicht gegen Bundesrecht, wenn
die konkrete Art und der Umfang der eingetretenen Verhältnisänderung trotz
deren genereller Voraussehbarkeit als unvorhersehbar beurteilt wird. Dass
diese vermeidbar gewesen oder der Vertrag vorbehaltlos erfüllt worden wäre,
macht der Kläger zu Recht nicht geltend.

    c) Die Parteien orientierten sich bei der Festlegung des
Baurechtszinses am Verkehrswert der Baurechtsgrundstücke, welche im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Bauzone lagen. Die Umzonung von der
Bau- in die Reservezone verminderte diesen Verkehrswert erheblich. Gemäss
den Feststellungen der Vorinstanz sind die Baurechtsgrundstücke nach deren
Umzonung in die Reservezone nur noch für eine landwirtschaftliche Pacht
nutzbar, wobei sich ein angemessener Pachtzins auf einen Bruchteil des
vereinbarten Baurechtszinses belaufen würde. Unter diesen Umständen ist
davon auszugehen, dass das Gleichgewicht der auszutauschenden Leistungen
durch die Umzonung der Baurechtsgrundstücke erheblich beeinträchtigt wurde,
womit die Vorinstanz eine gravierende Äquivalenzstörung bundesrechtskonform
bejaht hat.

    Die Voraussetzungen für eine richterliche Anpassung des Vertrages an
veränderte Umstände sind somit gegeben.

Erwägung 6

    6.- a) Der aufgrund veränderter Umstände gebotene richterliche Eingriff
in den Vertrag kollidiert mit dem Prinzip der Vertragstreue und wirkt
sich unweigerlich zu Lasten einer der Parteien aus. Bei der Zuweisung
des Änderungsrisikos ist dabei in erster Linie auf eine allfällige
privatautonome Regelung und sodann auf die dispositiven gesetzlichen
Anpassungsregeln zurückzugreifen (WIEGAND, Basler Kommentar, N. 118 zu
Art. 18 OR; JÄGGI/GAUCH, Zürcher Kommentar, N. 575 ff. zu Art. 18 OR),
wie dies der in den Grundzügen in Lehre und Rechtsprechung unbestrittenen
Stufenordnung der Risikoverteilungsregeln entspricht (dazu BAUMANN,
Zürcher Kommentar, N. 453 f. zu Art. 2 ZGB mit Hinweisen). Mangelt
es an einer solchen vertraglichen oder gesetzlichen Regel, ist für
die richterliche Vertragsanpassung auf den hypothetischen Parteiwillen
abzustellen (SCHWENZER, aaO, S. 224; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, aaO, Rz. 1289;
WIEGAND, Basler Kommentar, N. 118 zu Art. 18 OR; KRAMER, Berner Kommentar,
N. 326 und 358 zu Art. 18 OR; JÄGGI/GAUCH, Zürcher Kommentar, N. 651 zu
Art. 18 OR). Das Gericht hat demnach zu ermitteln, was die Parteien nach
dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbart haben würden, wenn sie den
eingetretenen Verlauf der Dinge in Betracht gezogen hätten. Dabei hat
es sich am Denken und Handeln vernünftiger und redlicher Vertragspartner
sowie an Wesen und Zweck des konkret in Frage stehenden Vertrages zu
orientieren. Das Ergebnis dieser normativen Tätigkeit überprüft das
Bundesgericht im Berufungsverfahren grundsätzlich als Rechtsfrage (BGE
115 II 484 E. 4b S. 488 mit Hinweisen).

    b) Als Hauptfolgen richterlicher Vertragsanpassung kommen die
vorzeitige Vertragsauflösung einerseits und eine Modifikation der
vertraglichen Leistungspflichten anderseits in Betracht (BGE 59 II 372
E. 2; 122 III 97 E. 3a S. 98; 100 II 345 E. 2b S. 349; 97 II 390 E. 6
S. 398; 68 II 169 E. 2 S. 173; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, aaO, Rz. 1291;
WIEGAND, Basler Kommentar, N. 118 zu Art. 18 OR; KRAMER, Berner Kommentar,
N. 353 zu Art. 18 OR, je mit Hinweisen). Bei der Bestimmung der im
Einzelfall aufgrund des hypothetischen Parteiwillens sachgerechten
Anpassungsfolge steht dem Sachgericht ein gewisser Ermessensspielraum zu
(so ausdrücklich Art. 373 Abs. 2 OR; vgl. auch BGE 115 II 484 E. 4b S. 488
mit Hinweis; JÄGGI/GAUCH, Zürcher Kommentar, N. 652 zu Art. 18 OR). Nach
ständiger Rechtsprechung übt das Bundesgericht bei der Überprüfung
derartiger Ermessensentscheide Zurückhaltung und greift nur ein, wenn
die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten
Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat,
die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen,
oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die hätten
beachtet werden müssen. Es hebt Ermessensentscheide ausserdem auf, wenn
sie sich im Ergebnis als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise
ungerecht erweisen (BGE 126 III 266 E. 2b S. 273; 123 III 246 E. 6a S.
255, je mit Hinweisen).

    c) Die Vorinstanz ging bei der Bestimmung der Anpassungsfolgen
davon aus, dass sich die Rechtsform des Baurechtsvertrages weder für die
landwirtschaftliche Nutzung noch dafür eigne, Land in der Reservezone zu
horten und darauf zu warten, dass es dereinst zu Bauland umgezont werde.
Eine Überprüfung der Bauzonendimensionierung könne gemäss § 65 Abs. 4
PBG/ZH frühestens acht Jahre nach der letzten Revision des Zonenplanes
beantragt werden, wobei Dauer und Resultat des Zonenerweiterungsverfahrens
ungewiss seien. Angesichts der Tatsache, dass bereits mehr als ein Viertel
der Vertragsdauer abgelaufen sei und der Kläger nicht behaupte, eine andere
Anpassungsregel würde dem hypothetischen Willen und dem Vertragszweck
besser entsprechen, komme als Anpassung an die veränderten Verhältnisse nur
die Vertragsauflösung in Frage. Das Handelsgericht erachtete sodann eine
Kündigungsfrist von 6 Monaten auf einen Zinstermin am naheliegendsten,
weshalb der Baurechtsvertrag aufgrund des Kündigungsschreibens des
Beklagten vom 15. September 1993 auf den 1. Juli 1994 aufgelöst worden sei.

    Der Kläger vertritt die Auffassung, dass bereits die Voraussetzungen
der clausula rebus sic stantibus nicht vorliegen. Diese Ansicht erwies
sich als unzutreffend (oben E. 5). Darüber hinaus vermag er keine
Umstände darzutun, welche die Ermessensausübung durch die Vorinstanz
als bundesrechtswidrig erscheinen liessen. Solche sind denn auch nicht
ersichtlich. Die Vorinstanz konnte bundesrechtskonform annehmen,
die Parteien hätten als redlich handelnde Vertragspartner eine
Kündigungsmöglichkeit auf einen Zinstermin vereinbart, wenn sie die
Möglichkeit einer Umzonung der Baurechtsgrundstücke in die Reservezone
bedacht hätten. Diese Lösung trägt namentlich der Tatsache Rechnung,
dass der Beklagte aus einem Baurecht an einem Grundstück in der
Reservezone keinen vernünftigen Nutzen ziehen kann und deshalb nicht
anzunehmen ist, dass die Vertragspartner das Risiko der Umzonung in
guten Treuen dem Beklagten zugewiesen hätten, falls sie die nachfolgende
Entwicklung bei Vertragsschluss in Betracht gezogen hätten. Die von
der Vorinstanz ermittelte Kündigungsfrist von 6 Monaten, welche sich an
den halbjährlichen Zinsterminen orientiert, ist ebenfalls angemessen.
Ist somit das angefochtene Urteil zu bestätigen, kann offen bleiben,
ob auch eine andere Anpassungsfolge als die Vertragsauflösung von den
Rechtsbegehren der Parteien gedeckt gewesen wäre.