Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 V 376



126 V 376

62. Urteil vom 19. September 2000 i.S. Staatssekretariat für Wirtschaft
gegen Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Bern, und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern Regeste

    Art. 8 Abs. 1 lit. c und f, Art. 12, Art. 13 Abs. 2bis, Art.
15 Abs. 1 AVIG; Art. 17 Abs. 2 ANAG; Art. 8 Abs. 5 ANAV; Art. 7 Abs.
5bis BVO: Vermittlungsfähigkeit ausländischer Staatsangehöriger.
Beurteilung der Vermittlungsfähigkeit einer im Familiennachzug in die
Schweiz eingereisten Ausländerin ohne Niederlassungsbewilligung, welche
Erziehungszeiten geltend macht.

Sachverhalt

    A.- Die 1960 geborene, aus Mazedonien stammende M. reiste im Jahre
1995 in die Schweiz ein. Vom Kanton Bern erhielt sie eine bis 8.
Dezember 1998 gültige Aufenthaltsbewilligung (Ausländerausweis B)
mit dem Aufenthaltszweck "Verbleib beim Ehemann". Seither widmete sie
sich der Erziehung ihrer drei 1984, 1987 und 1991 geborenen Kinder,
ohne daneben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Am 16. Juni 1997
meldete sich M. zur Arbeitsvermittlung und beantragte ab 15. August 1997
Arbeitslosenentschädigung. Unter Hinweis darauf, dass die Versicherte seit
dem 16. Juni 1997 die Kontrollpflicht erfülle und Anspruch auf Leistungen
der Arbeitslosenversicherung unter Anrechnung von Erziehungszeiten geltend
mache, unterbreitete die Arbeitslosenkasse Bern die Sache dem Kantonalen
Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) zum Entscheid über die
Anspruchsvoraussetzung. Mit Verfügung vom 6. Februar 1998 bejahte dieses
den grundsätzlichen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung
ab 16. Juni 1997.

    B.- Die vom Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (ab 1. Juli 1999:
Staatssekretariat für Wirtschaft [seco]) dagegen erhobene Beschwerde
mit dem Antrag, es sei infolge fehlender Vermittlungsfähigkeit für die
Zeit ab 16. Juni 1997 die Anspruchsberechtigung zu verneinen, wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 8. März 1999 ab.

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert das seco das
vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren.

    Während das KIGA auf eine Vernehmlassung verzichtet, hat sich die zum
Verfahren beigeladene M. nicht vernehmen lassen. Das Verwaltungsgericht
des Kantons Bern nimmt in abweisendem Sinne Stellung.

    D.- Der Instruktionsrichter hat beim Bundesamt für Ausländerfragen
einen Amtsbericht zur praktischen Handhabung von Art. 17 Abs. 2 ANAG und
Art. 8 Abs. 5 ANAV eingeholt, welcher am 7. Juli 2000 ergangen ist. Das
KIGA hat dazu am 24. Juli 2000 und das seco am 14. August 2000 Stellung
genommen.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ist gemäss
Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG u.a. Voraussetzung, dass der Versicherte
in der Schweiz wohnt. Gemäss Art. 12 AVIG gelten Ausländer ohne
Niederlassungsbewilligung als in der Schweiz wohnend, solange sie sich
auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit oder einer
Saisonbewilligung tatsächlich in der Schweiz aufhalten (vgl. dazu ARV
1996/97 Nr. 18 S. 89 Erw. 3a und Nr. 33 S. 186 Erw. 3a/aa; SVR 1996 ALV
Nr. 77 S. 235 Erw. 3a).

    b) Eine weitere gesetzliche Voraussetzung für den Anspruch
auf Arbeitslosenentschädigung ist die Vermittlungsfähigkeit (Art. 8
Abs. 1 lit. f AVIG). Ein Arbeitsloser ist vermittlungsfähig, wenn er
bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen
(Art. 15 Abs. 1 AVIG). Somit gehören zur Vermittlungsfähigkeit nicht nur
die Arbeitsfähigkeit und die Vermittlungsbereitschaft, sondern auch die
Arbeitsberechtigung. Wenn und solange keine Arbeitsberechtigung besteht,
fehlt es auch an der Vermittlungsfähigkeit des Versicherten und damit an
seiner Anspruchsberechtigung (ARV 1996/97 Nr. 18 S. 90 Erw. 3b und Nr. 33
S. 187 Erw. 3a/bb; ARV 1993/94 Nr. 2 S. 12 Erw. 1 und Nr. 28 S. 200 Erw.
2a; SVR 1996 ALV Nr. 77 S. 236 Erw. 3b).

    c) Da ein Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung nur als in
der Schweiz wohnend gilt, wenn er entweder im Besitze einer die
Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit einschliessenden
fremdenpolizeilichen Bewilligung ist oder im Falle ihres Ablaufes mit
einer Bewilligungsverlängerung rechnen kann, die Arbeitsberechtigung
dieser Kategorie von Versicherten aber zugleich auch Voraussetzung
ihrer Vermittlungsfähigkeit ist, überschneiden sich die beiden
Anspruchsvoraussetzungen von Art. 8 Abs. 1 lit. c und f AVIG bei diesen
Versicherten teilweise. Sowohl die Arbeitsberechtigung als Element der
Vermittlungsfähigkeit als auch die Anspruchsvoraussetzung des Wohnens
in der Schweiz sind bei Ausländern ohne Niederlassungsbewilligung
entscheidend vom Vorhandensein oder der mutmasslichen Verlängerung
einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer
Erwerbstätigkeit abhängig (ARV 1996/97 Nr. 18 S. 90 Erw. 3c und Nr. 33 S.
187 Erw. 3b; SVR 1996 ALV Nr. 77 S. 236 Erw. 3c).

Erwägung 2

    2.- Der Ausländer bedarf zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
sowie zum Stellen- und Berufswechsel einer Bewilligung; ausgenommen
von der Bewilligungspflicht ist nur die erwerbliche Betätigung der
niedergelassenen Ausländer (Art. 3 Abs. 3 des Bundesgesetzes über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 [ANAG, SR
142.20]). Nach Art. 14c Abs. 3 ANAG bewilligen die kantonalen Behörden den
Ausländern eine unselbstständige Erwerbstätigkeit, sofern die Arbeitsmarkt-
und Wirtschaftslage dies gestattet. Das Bewilligungsverfahren ist so
geregelt, dass die kantonale Fremdenpolizeibehörde vor der Erteilung
einer Bewilligung in der Regel "die Begutachtung des zuständigen
Arbeitsnachweises einzuholen" hat, wenn der Ausländer eine Stelle antreten
will (Art. 16 Abs. 2 ANAG). Bevor die kantonale Fremdenpolizei dem
Ausländer eine Bewilligung erteilt, hat sie deshalb einen Vorentscheid
(bei erstmaligen Gesuchen) oder eine Stellungnahme (insbesondere bei
Verlängerungsgesuchen und Gesuchen um Bewilligung eines Stellenwechsels)
der kantonalen Arbeitsmarktbehörde zur Frage einzuholen, ob die nach
Art. 6 ff. der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer
vom 6. Oktober 1986 (BVO, SR 823.21) geltenden Voraussetzungen erfüllt
sind und ob die Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage die Erteilung einer
Arbeitsbewilligung gestattet (Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 und
2 BVO). Vorentscheid oder Stellungnahme der Arbeitsmarktbehörde sind für
die Fremdenpolizeibehörde verbindlich. Die kantonale Fremdenpolizei kann
jedoch trotz eines positiven Vorentscheides die Bewilligung aus anderen als
wirtschaftlichen oder arbeitsmarktlichen Gründen verweigern (Art. 42 Abs. 4
und Art. 43 Abs. 4 BVO; BGE 120 V 380 Erw. 2b; ARV 1996/97 Nr. 18 S. 91
Erw. 4a und Nr. 33 S. 188 Erw. 4a; SVR 1996 ALV Nr. 77 S. 236 Erw. 4a).

Erwägung 3

    3.- a) Das KIGA, welches gleichzeitig auch zuständige kantonale
Arbeitsbewilligungsbehörde ist, führte in der Verfügung vom
6. Februar 1998 aus, seit der Einreise in die Schweiz hätten sich die
Lebensverhältnisse der Versicherten verändert. Ihr könne daher unter
bestimmten Voraussetzungen eine Arbeitsbewilligung erteilt werden,
wenn sie ein konkretes Arbeitsverhältnis nachweise. Daher sei sie nicht
generell vermittlungsunfähig. Auch weise sie Erziehungszeiten und eine
wirtschaftliche Zwangslage aus. Demzufolge habe sie grundsätzlich
Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung. In der
Vernehmlassung im kantonalen Beschwerdeverfahren führte das KIGA
ergänzend aus, Vermittlungsfähigkeit sei gegeben, wenn die kantonale
Arbeitsmarktbehörde bei einem konkret in Aussicht stehenden Stellenantritt
die Arbeitsbewilligung erteilen würde; vorliegend seien keine Gründe
ersichtlich, welche dem zum Vornherein entgegenstehen würden. Das kantonale
Gericht hat die Kassenverfügung vollumfänglich bestätigt.

    b) Das seco macht demgegenüber geltend, in Zeiten angespannter
Lage auf dem Arbeitsmarkt könnten Ausländer mit Ausweis B, die
im Familiennachzug als Ehegattin oder Ehegatte in die Schweiz
eingereist sind, wegen der gewollten Privilegierung von inländischen
Arbeitskräften und bestimmter Ausländerkategorien praktisch nie mit der
Erteilung einer Arbeitsbewilligung rechnen. Zudem dürften ausländische
Staatsangehörige arbeitslosenversicherungsrechtlich nicht bereits dann
als vermittlungsfähig qualifiziert werden, wenn sie lediglich mit einer
Arbeitsbewilligung rechnen könnten. Denn nach der Rechtsprechung des
Eidg. Versicherungsgerichts werde nicht eine mutmassliche Erteilung,
sondern die mutmassliche Verlängerung einer abgelaufenen, vorbestandenen
Aufenthaltsbewilligung vorausgesetzt, damit vom gesetzlichen Erfordernis
des Vorhandenseins einer gültigen Arbeitsbewilligung ausnahmsweise
abgewichen werden könne.

Erwägung 4

    4.- a) Zur Vermittlungsfähigkeit im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. f
in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 AVIG gehört die Arbeitsberechtigung.
Während Ausländer, die über eine Niederlassungsbewilligung verfügen
(Ausländerausweis C), für dauernd in der Schweiz zugelassen sind und jede
selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit ausüben können,
die nicht ausdrücklich Schweizer Bürgern vorbehalten ist (GERHARDS,
Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz Bd. I, N. 7 zu Art. 12),
müssen Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung grundsätzlich über eine
Arbeitsbewilligung verfügen oder mit einer solchen rechnen können,
falls sie eine zumutbare Arbeitsstelle finden (THOMAS NUSSBAUMER,
Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz 217). Art. 12 AVIG, welcher Art. 8 Abs.
1 lit. c AVIG für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung konkretisiert,
betrachtet diese denn auch - abweichend von Art. 23 ff. ZGB - als in der
Schweiz wohnend, wenn sie sich auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung zur
Erwerbstätigkeit oder einer Saisonbewilligung hier aufhalten. Für Ausländer
ohne Niederlassungsbewilligung enthält der Begriff des Wohnens somit ein
zusätzliches, durch Art. 3 Abs. 3 ANAG bedingtes fremdenpolizeiliches
Element (NUSSBAUMER, aaO, Rz 141). Eine differenzierte Betrachtungsweise
nimmt die Rechtsprechung bei ausländischen Ehegatten von Schweizerinnen
und Schweizern vor. Auf Grund ihrer privilegierten ausländerrechtlichen
Stellung gelten sie selbst dann als in der Schweiz wohnend, wenn
ihre Aufenthaltsbewilligung abgelaufen und nicht rechtzeitig um deren
Verlängerung nachgesucht worden ist (SVR 1996 ALV Nr. 77 S. 235).

    b) Mit Bezug auf Asylbewerber führte das Eidg. Versicherungsgericht
aus, weil Arbeitsbewilligungen grundsätzlich nur für eine bestimmte
Arbeitsstelle erteilt würden und bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses
erlöschen (Art. 29 Abs. 1 und 4 BVO), verfüge der arbeitslos gewordene
Asylbewerber in der Regel über keine Arbeitsbewilligung und habe auch
keinen Anspruch auf deren Erneuerung. Das Gericht hielt jedoch fest,
dass ein arbeitsloser Asylbewerber bereits dann als vermittlungsfähig zu
betrachten sei, wenn er damit rechnen könne, eine Arbeitsbewilligung zu
erhalten, falls er eine Stelle finde (BGE 120 V 381 Erw. 2c; ARV 1993/94
Nr. 2 S. 15 Erw. 2c; SVR 1995 ALV Nr. 26 S. 63 Erw. 2b).

Erwägung 5

    5.- a) Nach Art. 17 Abs. 2 ANAG haben Ehegatten, die zu Ausländern
im Besitz der Niederlassungsbewilligung einreisen, einen Rechtsanspruch
auf Aufenthaltsbewilligung und nach einem Aufenthalt von fünf Jahren auf
Niederlassungsbewilligung. Anders als ledige Kinder unter 18 Jahren haben
sie gemäss der seit 1. Januar 1992 gültigen Fassung dieser Bestimmung
jedoch keinen Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung
des Ausländers. Art. 8 Abs. 5 der Vollziehungsverordnung vom 1. März
1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
(ANAV; SR 142.201), gemäss welchem die nach Art. 17 Abs. 2 des Gesetzes
in die Bewilligung des Ausländers Einbezogenen keinen Anspruch auf
Bewilligung einer Erwerbstätigkeit haben, solange der Ausländer nicht
eine Niederlassungsbewilligung besitzt, ist auf Ehegatten daher nicht
(mehr) anwendbar. Im vorliegenden Fall verfügt die Versicherte über keine
Niederlassungsbewilligung. Ihr Anspruch beurteilt sich daher nach den
Bestimmungen der BVO.

    b) Gemäss BVO dürfen Ausländern Bewilligungen zur erstmaligen
Erwerbstätigkeit, zum Stellen- oder Berufswechsel und zur Verlängerung
des Aufenthaltes nur erteilt werden, wenn der Arbeitgeber trotz - konkret
nachgewiesener - Bemühungen keine einheimische Arbeitskraft findet, die
gewillt und fähig ist, die Arbeit zu den orts- und berufsüblichen Lohn-
und Arbeitsbedingungen zu leisten (Art. 7 Abs. 1 und 4 BVO). Geht es um die
erstmalige Erwerbstätigkeit, haben neben den einheimischen Arbeitskräften
diejenigen stellensuchenden Ausländer den Vorrang, die sich bereits in
der Schweiz aufhalten und zur Erwerbstätigkeit berechtigt sind (Art. 7
Abs. 3 BVO). Nach dem mit der Verordnungsänderung vom 25. Oktober 1995
eingefügten Art. 7 Abs. 5bis BVO (in Kraft seit 1. November 1995; AS 1995
4869 f.) gilt Absatz 3 dieser Bestimmung jedoch nicht für den Ehegatten
eines Ausländers und seine Kinder, wenn sie eine Aufenthaltsbewilligung
im Rahmen des Familiennachzugs erhalten haben (Art. 38 und 39 BVO). In
ihren Erläuterungen vom Oktober 1995 zur Änderung der BVO führten
das seco (damals noch Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit)
und das Bundesamt für Ausländerfragen aus, die Einfügung von Abs. 5bis
stehe in engem Zusammenhang mit den neuen Erleichterungen für Familien
von Diplomaten und internationalen Beamten und diene der einheitlichen
Zulassung von Personen auf dem Arbeitsmarkt, die im Rahmen des normalen
Familiennachzugs eingereist seien. Infolge dieser Änderung habe Art. 13
lit. a BVO aufgehoben werden können, zumal die im Familiennachzug
gemäss Art. 38 BVO zugelassenen Personen gemäss Art. 12 Abs. 2 Satz 2 BVO
bereits von der zahlenmässigen Begrenzung ausgenommen seien, wenn sie eine
erstmalige Erwerbstätigkeit ausübten. Nach der neuen Bestimmung hätten
sie einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt, unterstünden jedoch der
Kontrolle der Anstellungsbedingungen (Art. 9 BVO). In einer Weisung vom
8. September 1999 hält das Bundesamt für Ausländerfragen sodann fest,
Art. 7 Abs. 5bis BVO sei in dem Sinne zu verstehen, dass Ehegatten eines
Ausländers, die im Rahmen des Familiennachzugs eingereist sind, bei der
Aufnahme einer erstmaligen Erwerbstätigkeit dem Vorrang der einheimischen
Arbeitskräfte (gemäss Abs. 1), nicht aber dem Vorrang der stellensuchenden
Ausländer (gemäss Abs. 3) unterstehen.

    c) Daraus ergibt sich, dass im Familiennachzug eingereiste Ausländer
nicht einem generellen Arbeitsverbot unterliegen. Wie Asylbewerber (Art. 13
lit. g BVO) sind sie von der für erwerbstätige Jahresaufenthalter geltenden
zahlenmässigen Zulassungsbegrenzung ausgenommen (Art. 12 Abs. 2 BVO).
Gegenüber jenen sind sie insofern privilegiert, als der Vorrang der
stellensuchenden Ausländer nach Art. 7 Abs. 3 BVO, die sich bereits
in der Schweiz aufhalten und zur Erwerbstätigkeit berechtigt sind,
nicht zur Anwendung kommt. Namentlich Jahresaufenthalter können somit
gegenüber den Personen, die im Familiennachzug eingereist sind, keinen
Vorrang geltend machen. Die Arbeitsmarktbehörde hat daher im Rahmen des
Vorentscheides oder der Stellungnahme gemäss Art. 42 und 43 BVO den Vorrang
der einheimischen Arbeitskräfte zu beachten (Art. 7 Abs. 1 und 4 BVO) und
zu prüfen, ob die orts- und berufsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen
eingehalten sind (Art. 9 BVO). Damit steht den zuständigen kantonalen
Behörden bei der Bewilligung von Arbeitsberechtigungen von Ausländern,
welche im Familiennachzug in die Schweiz eingereist sind, nach wie vor
ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. SVR 1995 ALV Nr. 26 S. 63 Erw. 3b).

Erwägung 6

    6.- a) Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Arbeitsberechtigung
auf Grund einer individuell-konkreten und nicht einer generell-abstrakten
Betrachtungsweise, wobei im konkreten Einzelfall zu entscheiden ist, ob
der Ausländer über eine Arbeitsbewilligung verfügt oder mit einer solchen
rechnen kann (SVR 1995 ALV Nr. 26 S. 63 Erw. 3c und S. 64 Erw. 5a). In
dem in den Akten wiederholt erwähnten Urteil A. vom 24. August 1998
(ARV 1998 Nr. 44 S. 249) ging das Eidg. Versicherungsgericht - ohne
ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 5bis BVO Bezug zu nehmen - davon aus,
dass auch hinsichtlich der im Familiennachzug eingereisten Personen zu
prüfen sei, ob eine Arbeitsbewilligung vorliege oder mit einer solchen
gerechnet werden könne (vgl. ARV 1998 Nr. 44 S. 252 Erw. 2a). Von dieser
Betrachtungsweise abzuweichen, besteht auch unter Berücksichtigung der
in Erwägung 5b hievor dargelegten Rechtsordnung kein Anlass.

    Wenn für die Belange der Arbeitslosenversicherung eine die Bewilligung
zur Ausübung einer (unselbstständigen) Erwerbstätigkeit einschliessende
Aufenthaltsbewilligung verlangt wird (vgl. Art. 12 und Art. 15 Abs. 1
AVIG), kann dies nur im Sinne einer Abgrenzung gegenüber jenen Wohnsitz-
oder Aufenthaltsberechtigungen (beispielsweise Aufenthaltsbewilligung
mit dem Zweck des Wohnens oder Studierens oder zu Kuraufenthalten)
verstanden werden, die diese Qualität eben gerade nicht besitzen
(vgl. GERHARDS, aaO, Rz 18 zu Art. 12). Hinzu kommt, dass wegen des
Vorrangs der inländischen Arbeitskräfte im Sinne von Art. 7 BVO nur
Bewilligungen für Berufe und Branchen mit Arbeitskräftemangel erteilt
werden können, wobei der Arbeitgeber jeweils nachweisen muss, dass er
keine einheimische Arbeitskraft gefunden hat. Die Bewilligungspraxis der
Arbeitsmarktbehörde für die Erwerbstätigkeit der Familiennachzüger wird
somit durch die Arbeitsmarktlage bestimmt. Sie hängt entscheidend von der
jeweiligen Konjunkturlage und den besonderen kantonalen Verhältnissen ab
(vgl. PETER KOTTUSCH, Zur rechtlichen Regelung des Familiennachzugs
von Ausländern, in: ZBl 1989 S. 354). Da folglich nicht zum Vornherein
festgelegt werden kann, ob ein im Familiennachzug in die Schweiz
eingereister Ausländer eine gefundene Stelle antreten darf, muss es
arbeitslosenversicherungsrechtlich genügen, wenn er gestützt auf eine
konkrete Auskunft der zuständigen Behörde (Art. 42 und Art. 43 BVO) mit
einer (Ausnahme-)Bewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit rechnen
kann. Besonders qualifizierte Umstände, wie sie das seco geltend macht,
sind dabei nicht erforderlich.

    b) Im vorliegenden Fall hat das KIGA in der Verfügung vom
6. Februar 1998 ausgeführt, der Versicherten könne unter bestimmten
Voraussetzungen eine Arbeitsbewilligung erteilt werden, wenn sie ein
konkretes Arbeitsverhältnis nachweise, weshalb sie nicht generell als
vermittlungsunfähig betrachtet werden könne. Zudem wies es das Regionale
Arbeitsvermittlungszentrum an, ihr eine zumutbare Stelle oder einen Einsatz
in einem Beschäftigungsprogramm zuzuweisen. Im vorinstanzlichen Verfahren
hielt das KIGA fest, die kantonalen Verhältnisse erlaubten es, Inhaberinnen
von B-Ausweisen im Falle eines Stellennachweises eine erstmalige
Arbeitsbewilligung zu erteilen. Diese kantonale Praxis zu überprüfen
fällt nicht in die Zuständigkeit des Sozialversicherungsrichters. Aus der
Anmeldung zur Arbeitsvermittlung ergibt sich, dass die als Verkäuferin
ausgebildete Versicherte eine Tätigkeit in einer Fabrikation oder als
Küchenhilfe sucht. Für eine solche Tätigkeit kann sie - vorbehältlich
der Bewilligung der kantonalen Fremdenpolizei gemäss Art. 43 BVO - mit
einer Arbeitsbewilligung rechnen. Unter diesen Umständen kann ihr die
Vermittlungsfähigkeit nicht zum Vornherein abgesprochen werden. Mithin
steht ihr eine Arbeitslosenentschädigung zu, sofern die übrigen
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.