Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 V 368



126 V 368

61. Urteil vom 7. August 2000 i.S. R. gegen AdU-Arbeitslosenkasse,
Solothurn, und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Regeste

    Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2, Art. 11 Abs. 3, Art. 29
Abs. 1 AVIG: Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug. Wird
Arbeitslosenentschädigung gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG zugesprochen
und ausgerichtet, führt die spätere vollständige oder teilweise Erfüllung
der im Bestand oder im Hinblick auf die Realisierbarkeit mit Zweifeln
behafteten Lohn- und Entschädigungsansprüche im Sinne von Art. 11 Abs. 3
AVIG nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Rahmenfrist.

Sachverhalt

    A.- Der am 8. September 1934 geborene R. arbeitete als Technischer
Einkäufer bei der S. AG. Am 3. Februar 1997 wurde über die Firma der
Konkurs eröffnet. Vier Tage später teilte die Konkursverwaltung den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Auflösung der Arbeitsverhältnisse
unter sofortiger Freistellung von der Arbeitsleistung auf den
frühestmöglichen Termin mit, was für R. den 31. Mai 1997 bedeutete.

    Ab 10. Februar 1997 (Beginn der Stempelkontrolle) bezog R.
Arbeitslosenentschädigung. Nachdem ihm die AdU-Arbeitslosenkasse auf
Anfrage mit Schreiben vom 29. Oktober 1998 den Erhalt der "vorgeleisteten
Entschädigung" aus der Konkursmasse bestätigt hatte, ersuchte er um
Verschiebung des Beginns der zweijährigen Rahmenfrist auf den 1. Juni
1997. Damit wollte er in den Genuss der ausserordentlichen Rahmenfrist
und Anspruchsberechtigung für Versicherte kommen, die sich innerhalb der
letzten zweieinhalb Jahre vor Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters
als arbeitslos melden. Mit Verfügung vom 21. Dezember 1998 lehnte die
Arbeitslosenkasse das Begehren ab.

    B.- Die von R. hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn nach zweifachem Schriftenwechsel
mit Entscheid vom 2. November 1999 ab.

    C.- R. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem
Rechtsbegehren, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die
Arbeitslosenkasse zu verpflichten, das Ende der ordentlichen Rahmenfrist
auf den 31. Mai 1999 festzulegen, ihm bis zu diesem Zeitpunkt die
entsprechenden Taggeldleistungen zu erbringen und eine ausserordentliche
Rahmenfristverlängerung bis zum 8. September 1999 zu gewähren.

    Die Arbeitslosenkasse beantragt die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat
sich nicht vernehmen lassen.

Auszug aus den Erwägungen:

        Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 8 Abs. 1 AVIG hat der Versicherte Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung, wenn er u.a. ganz oder teilweise arbeitslos
ist (lit. a), einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (lit. b)
und die Kontrollvorschriften erfüllt (lit. g).

    Als ganz arbeitslos gilt, wer in keinem Arbeitsverhältnis steht
und eine Vollzeitbeschäftigung sucht (Art. 10 Abs. 1 AVIG). Der Arbeit
Suchende gilt erst dann als ganz (oder teilweise) arbeitslos, wenn er
sich beim Arbeitsamt seines Wohnorts zur Arbeitsvermittlung gemeldet hat
(Art. 10 Abs. 3 AVIG).

    Der Arbeitsausfall ist anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall
zur Folge hat und mindestens zwei aufeinander folgende volle Arbeitstage
dauert (Art. 11 Abs. 1 AVIG). Nicht anrechenbar ist ein Arbeitsausfall,
für den dem Arbeitslosen Lohnansprüche oder wegen vorzeitiger Auflösung
des Arbeitsverhältnisses Entschädigungsansprüche zustehen (Art. 11
Abs. 3 AVIG).

    Hat die Kasse begründete Zweifel darüber, ob der Arbeitslose für die
Zeit des Arbeitsausfalls gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber Lohn-
oder Entschädigungsansprüche im Sinne von Artikel 11 Absatz 3 hat oder ob
sie erfüllt werden, so zahlt sie Leistungen nach Artikel 7 Absatz 2 lit. a
(Arbeitslosenentschädigung) oder b (Entschädigung für die Teilnahme an
Massnahmen der Umschulung, Weiterbildung und Eingliederung) aus (Art. 29
Abs. 1 AVIG). Mit der Zahlung gehen alle Ansprüche des Versicherten
samt dem gesetzlichen Konkursprivileg im Umfang der ausgerichteten
Taggeldentschädigung auf die Kasse über (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 AVIG).

    b) Nach Art. 9 AVIG gelten für den Leistungsbezug und die Beitragszeit
zweijährige Rahmenfristen, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht (Abs.
1). Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug beginnt am ersten Tag, für den
sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Abs. 2). Die Rahmenfrist
für die Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor diesem Tag (Abs. 3). Ist
die Rahmenfrist für den Leistungsbezug abgelaufen und beansprucht der
Versicherte wieder Leistungen nach Artikel 7 Absatz 2 lit. a oder b,
so gelten, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, erneut zweijährige
Rahmenfristen für den Leistungsbezug und die Beitragszeit (Abs. 4).

    Innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug bestimmt sich die
Höchstzahl der Taggelder nach dem Alter des Versicherten (Art. 27 Abs. 1
und 2 AVIG). Der Bundesrat kann für Versicherte, die innerhalb der letzten
zweieinhalb Jahre vor Erreichen des AHV-Rentenalters arbeitslos geworden
sind und deren Vermittlung allgemein aus Gründen des Arbeitsmarktes
unmöglich oder stark erschwert ist, den Anspruch um höchstens 120
Taggelder erhöhen und die Rahmenfrist für den Leistungsbezug um sechs
Monate verlängern (Art. 27 Abs. 3 AVIG, in der vom 1. Januar 1996 [AS
1996 279 und 293] bis 31. August 1999 gültig gewesenen Fassung [AS 1999
2383 und 2385]). Nach dem gestützt auf diese Delegationsnorm erlassenen
Art. 41b AVIV (in der bis 31. August 1999 gültig gewesenen Fassung)
wird Versicherten, die sich innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre vor
Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters als arbeitslos melden, eine
Rahmenfrist für den Leistungsbezug eröffnet, welche bis zum AHV-Rentenalter
dauert. Sie haben Anspruch auf zusätzliche 120 Taggelder.

Erwägung 2

    2.- a) Im vorliegenden Fall hat die Arbeitslosenkasse den Beginn der
Rahmenfrist für den Leistungsbezug auf den 10. Februar 1997 festgelegt
und ab diesem Zeitpunkt gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG wegen begründeter
Zweifel über die Realisierbarkeit der Lohnforderungen für die bis 31. Mai
1998 laufende Kündigungsfrist Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet. Es
ist zu Recht nicht mehr bestritten, dass der Beschwerdeführer nach
der Freistellung von der Arbeitsleistung am 7. Februar 1997 schon mit
der Anmeldung zur Arbeitsvermittlung drei Tage später und dem Besuch
der Stempelkontrolle und nicht erst Ende Mai 1997 als (ganz) arbeitslos
galt. Denn nach der gesetzlichen Ordnung ist für das Anspruchsmerkmal der
Arbeitslosigkeit gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a AVIG die tatsächliche und
nicht etwa, wie noch in der Beschwerde an die Vorinstanz geltend gemacht
wurde, die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses massgebend
(BGE 119 V 157 Erw. 2a mit Hinweisen; vgl. auch BGE 121 V 381 Erw. 3c).

    b) Dass die Rahmenfrist gleichwohl erst am 1. Juni 1997, dem Tag
nach Ablauf der ordentlichen dreimonatigen Kündigungsfrist als eröffnet
zu betrachten (und somit Art. 41b AVIV anwendbar) sei, wird in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde damit begründet, Art. 29 Abs. 1 AVIG
stelle nur insoweit eine Sonderregelung zu Art. 11 Abs. 3 AVIG dar, als
es um den Tatbestand des Bestehens von Zweifeln über arbeitsvertragliche
Ansprüche gehe. In diesen Fällen sei es folgerichtig, einen im Rahmen jener
Bestimmung erfolgten Leistungsbezug als ordentlichen Bezug zu betrachten,
welcher den Beginn der Rahmenfrist auslöse. Beim zweiten in Art. 29 Abs. 1
AVIG erwähnten Tatbestand, demjenigen des Insolvenzrisikos bei klaren
arbeitsvertraglichen Ansprüchen liege indessen keine sich an Art. 11
Abs. 3 AVIG anlehnende Sonderregelung vor, welche dessen Anwendungsbereich
konkretisierend ausdehne. Vielmehr werde damit eine echte Ausnahme zu
dem in dieser Bestimmung enthaltenen Grunderfordernis geschaffen. Insofern
könne dieser Tatbestand als besonderer Anspruchstitel betrachtet werden,
und es lasse sich daraus keineswegs zwingend darauf schliessen, dass in
diesen Fällen die Rahmenfrist sofort ausgelöst werde.

Erwägung 3

    3.- Es ist richtig, dass Art. 29 Abs. 1 AVIG zwei unterschiedliche
Tatbestände regelt, nämlich einerseits den Fall, dass Zweifel
darüber bestehen, ob der Versicherte überhaupt Ansprüche gegenüber
dem Arbeitgeber hat, und anderseits den Fall, dass Zweifel über die
Realisierbarkeit ausgewiesener Ansprüche bestehen (THOMAS NUSSBAUMER,
Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz 366). Daraus lässt sich indessen
nicht auf eine unterschiedliche Anwendung der für die Rahmenfrist
geltenden Bestimmungen schliessen. Insbesondere lässt sich damit nicht
begründen, dass in Fällen, in welchen für die Zeit des Arbeitsausfalls
zwar Lohn- oder Entschädigungsansprüche ausgewiesen sind, über deren
Einbringlichkeit jedoch Zweifel bestehen, die Rahmenfrist erst mit dem
Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu laufen beginnt.

    a) aa) Nach dem klaren Wortlaut des Art. 29 Abs. 1 AVIG macht es
in Bezug auf die Auslösung von Arbeitslosenentschädigung nach Art. 7
Abs. 2 lit. a AVIG keinen Unterschied, ob begründete Zweifel über Lohn-
oder Entschädigungsansprüche des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber
bestehen oder ob die klar ausgewiesenen und damit die Anrechenbarkeit
des Arbeitsausfalles ausschliessenden (BGE 114 V 342 Erw. 5d, 106 V 119
Erw. 2) Ansprüche realisierbar sind. Dies entspricht auch dem Willen
des Gesetzgebers, wie er sich aus den Materialien ergibt. Danach hat die
Versicherung zu leisten, "wenn Zweifel über die Berechtigung der Forderung
bestehen" oder "wenn der Anspruch zwar unbestritten, die Einbringlichkeit
desselben aber fraglich ist" (Botschaft des Bundesrates zu einem neuen
Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die
Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980 [BBl 1980 III 489 ff., 587
f.] sowie BGE 114 V 343 ff. Erw. 6c-e). Demgegenüber sah der Art. 29
Abs. 1 AVIG entsprechende frühere Art. 28 Abs. 2 Satz 1 AlVG vor, dass
die Kasse bei Bestehen von Zweifeln über den Anspruch des Versicherten
gegenüber dem Arbeitgeber zur Ausrichtung der Arbeitslosenentschädigung
ermächtigt ist, nicht hingegen "bei einem klar ausgewiesenen Lohnanspruch
des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber", und dies "unabhängig von
der Realisierbarkeit der Forderung" (BGE 106 V 119 Erw. 2; vgl. auch
GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, N 3 zu
Art. 29, welcher von einer Verbesserung im Vergleich zur alten Regelung
spricht). Dass die Überschrift zu Art. 29 AVIG ("Zweifel über Ansprüche
aus Arbeitsvertrag") den Insolvenz-Tatbestand nicht erwähnt, ist nach
dem Gesagten nicht von Bedeutung.

    bb) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass es für
die Nichtanrechenbarkeit des Arbeitsausfalles nach Art. 11 Abs. 3
AVIG nicht genügt, dass die Lohn- oder die Entschädigungsansprüche
wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses klar ausgewiesen
sind. Vielmehr müssen die betreffenden Forderungen auch realisierbar sein,
ansonsten der im Unterschied zur früheren Ordnung neu in Art. 29 Abs. 1
AVIG eingefügte Insolvenz-Tatbestand keinen Sinn machte. Wenn und soweit
(vorfrageweise) die Erfüllbarkeit dieser arbeitsvertraglichen Ansprüche
klar (ohne jeden begründeten Zweifel) verneint werden muss, ist ein
anrechenbarer Arbeitsausfall gegeben (GERHARDS, aaO, N 31 zu Art. 29;
vgl. BGE 117 V 254 Erw. 4, 114 V 342 Erw. 5d). Im Zweifelsfalle darüber,
ob die Forderungen gegen den Arbeitgeber erfüllt werden, was sich nach
den konkreten tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten beurteilt (BGE
114 V 344 Erw. 6e sowie NUSSBAUMER, aaO, Rz 367 f.), wird zu Gunsten der
arbeitslosen Person im Sinne einer unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung
dieses Anspruchsmerkmal als gegeben angenommen (vgl. ARV 1999 Nr. 8 S. 33
Erw. 3a und NUSSBAUMER, aaO, Rz 134).

    Inwiefern der Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug für
beide Risikotatbestände des Art. 29 Abs. 1 AVIG im selben Zeitpunkt
(in dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind) zu einer
ungerechtfertigten Benachteiligung derjenigen Versicherten führt,
deren arbeitsvertragliche Ansprüche "gänzlich klar" sind, gegenüber
denjenigen mit im Bestand zweifelhaften Forderungen, wie in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, ist nicht ersichtlich.

    b) In Bezug auf den Beginn der Rahmenfrist für den Bezug von
Arbeitslosenentschädigung gemäss Art. 9 Abs. 2 AVIG danach zu
unterscheiden, ob ein ordentlicher Anspruch oder ein solcher nach
Art. 29 Abs. 1 AVIG gegeben ist, besteht sodann kein Grund. In jedem
Fall müssen sämtliche in Art. 8 Abs. 1 lit. a bis g AVIG genannten
Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein, wobei diejenige des anrechenbaren
Arbeitsausfalles unter den tatbeständlichen Voraussetzungen des Art. 29
Abs. 1 AVIG von Gesetzes wegen vermutet wird (vgl. auch ARV 1999 Nr. 8
S. 36 Erw. 5). Es kann somit nicht die Rede davon sein, mit dieser
Vorschrift sei ein besonderer Tatbestand geschaffen worden, bei dem
die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 AVIG nicht erfüllt zu
sein bräuchten, damit Leistungen ausgerichtet werden können. Diese vom
Beschwerdeführer vertretene Auffassung liefe darauf hinaus, einen Anspruch
auf Arbeitslosenentschädigung auch ausserhalb der Rahmenfristen zuzulassen,
was sich mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren lässt. Die
Rahmenfrist für den Leistungsbezug begrenzt die Anspruchsberechtigung in
zeitlicher Hinsicht und legt die für die Dauer und Höhe der Leistungen
massgebende Zeitspanne ein für alle Mal fest (NUSSBAUMER, aaO, Rz 89;
vgl. auch GERHARDS, aaO, N 6 und 19 zu Art. 9). Vorbehalten bleiben
einzig Sachverhalte, wo sich die Zusprechung und Ausrichtung von
Arbeitslosenentschädigung nachträglich zufolge Fehlens einer oder mehrerer
Anspruchsvoraussetzungen als unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen
oder prozessual revisionsrechtlichen Sinne erweist (vgl. BGE 122 V 21
Erw. 3a und 368 f. Erw. 3 mit Hinweis sowie Art. 95 Abs. 1 AVIG). Diese
Grundsätze gelten auch im Anwendungsbereich von Art. 29 Abs. 1 AVIG
(GERHARDS, aaO, N 21-24 zu Art. 9). Dabei stellt nach der gesetzlichen
Konzeption die Tatsache, dass die Kasse nachträglich in den Genuss von
Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers der versicherten Person kommt,
keinen prozessualen Revisionsgrund dar mit der Folge, dass die Rahmenfrist
entsprechend neu festzulegen wäre. Eine solche Auffassung käme im Ergebnis
einer Retrozession der an die Kasse abgetretenen Forderungen gleich,
was grundsätzlich unzulässig ist (GERHARDS, aaO, N 29 und 30 zu Art. 29
sowie NUSSBAUMER, aaO, Fn 733; vgl. BGE 123 V 78 Erw. 2).

    c) aa) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann im Umstand,
dass auch beim Bezug von Arbeitslosenentschädigung nach Art. 29 Abs. 1
AVIG in Fällen wie dem vorliegenden (Kündigung unter Freistellung von der
Arbeitsleistung nach Konkurseröffnung) die Rahmenfrist zu laufen beginnt,
wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, nicht eine erhebliche
Benachteiligung derjenigen Versicherten erblickt werden, welche ihre
arbeitsvertraglichen Ansprüche selber geltend machen und sich erst nach
Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bei der Arbeitslosenversicherung
melden. Denn die Arbeitslosenkasse leistet auf Grund dieser Sonderregel
nicht nur Erwerbsersatz, sondern nimmt dem Arbeitslosen auch die mit
einem Prozess gegen den früheren Arbeitgeber verbundenen Kosten- und
Inkassorisiken ab (GERHARDS, aaO, N 3 f. zu Art. 29, und NUSSBAUMER,
aaO, Rz 365). In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass die
Anspruchsberechtigung im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 AVIG nicht voraussetzt,
dass der Versicherte im Zeitpunkt der Anmeldung zum Leistungsbezug
oder bis zum Abschluss des Abklärungsverfahrens seine Forderung auf
gerichtlichem Weg (schon) geltend gemacht hat. In einem solchen Verhalten
kann folgerichtig auch nicht ein einstellungsrechtlich relevanter Verzicht
auf Lohn- und Entschädigungsansprüche gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber
zu Lasten der Versicherung im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AVIG erblickt
werden (ARV 1999 Nr. 8 S. 34 Erw. 3b mit Hinweisen). Sachlich lässt es
sich daher durchaus vertreten, wenn die nach Massgabe von Art. 9 AVIG
sowie Art. 8 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 AVIG festgelegte Rahmenfrist für
den Leistungsbezug auch bei nachträglicher teilweiser oder vollständiger
Realisierung der arbeitsvertraglichen Ansprüche unverändert bleibt (so
auch GERHARDS, aaO, N 22 zu Art. 9; ferner AM/ALV-Praxis 98/4, Blatt
4). Damit wird auch, was der Beschwerdeführer verkennt, insofern eine
Gleichbehandlung der Versicherten im Sinne des Versicherungsprinzips
erreicht, als es in leistungsmässiger Hinsicht nicht darauf ankommt,
ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Zeitpunkt die betreffenden
Forderungen eingebracht werden können. Anderseits gelten die realisierten
Lohn- und Entschädigungsansprüche als Beitragszeiten für eine allfällige
weitere Bezugsrahmenfrist (AM/ALV-Praxis 98/4, Blatt 4).

    Im Übrigen steht es dem Versicherten grundsätzlich frei,
ob er Leistungen nach Art. 29 Abs. 1 AVIG beanspruchen oder die
arbeitsvertraglichen Ansprüche selber geltend machen und sich erst
für eine anschliessende Arbeitslosigkeit zum Leistungsbezug bei
der Arbeitslosenversicherung anmelden will. Eine diesbezügliche
Aufklärungspflicht der Arbeitslosenkassen besteht indessen nicht
und eine solche ist vorliegend auch insofern zu verneinen, als der
Beschwerdeführer bei einem Zuwarten mit der Anmeldung zum Bezug von
Arbeitslosenentschädigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Ende Mai 1997
in den Genuss einer Verlängerung der Rahmenfrist nach Art. 27 Abs. 3 AVIG
und Art. 41b AVIV gekommen wäre.

    bb) Unbehelflich ist schliesslich der Einwand, die Folgen des Beginns
der Rahmenfrist am 10. Februar 1997 seien unverhältnismässig. Der Grundsatz
der Verhältnismässigkeit (zum Begriff vgl. BGE 119 Ia 353 Erw. 2a mit
Hinweisen) kommt im Leistungsrecht der Sozialversicherung im Wesentlichen
nur dort zum Zug, wo die Leistungsvoraussetzungen oder der Umfang des
Leistungsanspruchs von unbestimmten Rechtsbegriffen abhängig sind oder
das Gesetz dem Rechtsanwender einen Ermessensspielraum einräumt. Wo
hingegen das Gesetz keinen solchen Spielraum offen lässt, wie dies bei
den im vorliegenden Fall zur Diskussion stehenden Bestimmungen über die
Rahmenfristen (Art. 9 Abs. 2 AVIG, Art. 27 Abs. 3 AVIG und Art. 41b AVIV)
der Fall ist, kann davon nicht im Einzelfall unter Berufung auf das
Verhältnismässigkeitsprinzip abgewichen werden (vgl. MEYER-BLASER, Zum
Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern
1985, S. 55 ff.).

Erwägung 4

    4.- Dass Zweifel an der Realisierbarkeit der Lohnforderungen für
die Zeit ab Freistellung von der Arbeitsleistung (7. Februar 1997) bis
zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (31. Mai 1997) unbegründet
gewesen wären und demzufolge Art. 29 Abs. 1 AVIG gar nicht anwendbar sei,
wird nicht geltend gemacht und ist im Falle des Konkurses des Arbeitgebers
regelmässig auch nicht anzunehmen (ARV 1996/1997 Nr. 21 S. 121 Erw. 7b
sowie NUSSBAUMER, aaO, Rz 368). Die Arbeitslosenkasse hat daher den
Beginn der Rahmenfrist zu Recht auf den 10. Februar 1997 festgelegt,
in welchem ersten Zeitpunkt nach der Anmeldung zum Leistungsbezug
sämtliche Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 8 Abs. 1 AVIG, insbesondere
diejenige des anrechenbaren Arbeitsausfalles auf Grund unwiderlegbarer
gesetzlicher Vermutung, erfüllt waren. Weil der Beschwerdeführer das
ordentliche AHV-Rentenalter erst am 8. September 1999 und damit mehr
als zweieinhalb Jahre nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erreicht hat,
fehlen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Rahmenfrist und eine
zusätzliche Anspruchsberechtigung nach Art. 27 Abs. 3 AVIG und Art. 41b
AVIV. Der angefochtene Entscheid ist somit rechtens.