Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 V 217



126 V 217

37. Auszug aus dem Urteil vom 31. März 2000 i. S. N. gegen Ausgleichskasse
Zürcher Arbeitgeber und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste

    Art. 1 Abs. 1 lit. b und c AHVG (in der bis 31. Dezember 1996 gültig
gewesenen Fassung); Art. 1 Abs. 1 lit. b und c, Art. 1 Abs. 3 AHVG (in
der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung): Versicherteneigenschaft. Eine
Ausdehnung der Versicherteneigenschaft des nach Art. 1 Abs. 1 lit. b oder c
AHVG (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung) - resp. nach
Art. 1 Abs. 1 lit. b und c oder nach Art. 1 Abs. 3 AHVG (in der seit 1.
Januar 1997 geltenden Fassung) - versicherten Ehemannes auf dessen Ehefrau
ist auch nach dem Inkrafttreten der 10. AHV-Revision nicht gerechtfertigt.

    Art. 3 Abs. 2 lit. b und Art. 29bis Abs. 2 AHVG (in der bis 31.
Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung) in Verbindung mit Ziff. 1
lit. g Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision:
Beitragsdauer. Zeiten, in welchen die Ehefrau - ohne der freiwilligen
Versicherung beigetreten zu sein - mit ihrem nach Massgabe von Art. 1
Abs. 1 lit. b und c AHVG obligatorisch oder nach dem auf den 1. Januar 1997
neu in Kraft getretenen Art. 1 Abs. 3 AHVG versicherten Ehemann Wohnsitz
im Ausland hatte, können nicht als Beitragsjahre berücksichtigt werden.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, es seien bei
der Rentenberechnung auch jene Zeitspannen [als Beitragsjahre]
mitzuberücksichtigen, in denen sie sich mit ihrem [obligatorisch
versicherten] Ehemann in den USA aufgehalten habe.

    b) Der Betrag der ordentlichen Altersrente wird durch zwei Elemente
bestimmt: einerseits durch das Verhältnis zwischen der Beitragsdauer des
Versicherten und jener seines Jahrgangs (Rentenskala) sowie anderseits
auf Grund seines durchschnittlichen Jahreseinkommens. Anspruch
auf eine ordentliche Vollrente haben Versicherte mit vollständiger
Beitragsdauer (Art. 29 Abs. 2 lit. a AHVG), die zwischen dem 1. Januar
nach Vollendung des 20. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Eintritt des
Versicherungsfalles während gleich vielen Jahren wie ihr Jahrgang Beiträge
geleistet haben (Art. 29bis Abs. 1 und Art. 29ter Abs. 1 AHVG), wobei die
Jahre, während welcher die verheiratete Frau auf Grund von Art. 3 Abs. 2
lit. b AHVG (in der bis Ende 1996 gültig gewesenen Fassung) keine Beiträge
entrichtet hat, als Beitragsjahre gezählt werden (alt Art. 29bis Abs. 2
AHVG in Verbindung mit Ziff. 1 lit. g Abs. 2 der Übergangsbestimmungen
zur 10. AHV-Revision). Denn alt Art. 3 Abs. 2 lit. b AHVG bestimmt, dass
die nichterwerbstätigen Ehefrauen von Versicherten von der Beitragspflicht
befreit sind. Die beitragsfreien Jahre gemäss alt Art. 29bis Abs. 2 AHVG
können indes nur dann angerechnet werden, wenn die Ehefrau während dieser
Zeit selber versichert war (BGE 107 V 2 Erw. 1 mit Hinweis).

    c) Obligatorisch versichert nach Massgabe des AHVG in der seit 1.
Januar 1997 gültigen Fassung sind natürliche Personen mit Wohnsitz in
der Schweiz (Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG), natürliche Personen, die in
der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben (Art. 1 Abs. 1 lit. b AHVG)
sowie Schweizer Bürger, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft
oder vom Bundesrat bezeichneter Institutionen tätig sind (Art. 1 Abs. 1
lit. c AHVG). Vor der 10. AHV-Revision waren gemäss alt Art. 1 Abs. 1
lit. c AHVG auch Schweizer Bürger obligatorisch versichert, die im Ausland
für einen Arbeitgeber in der Schweiz tätig waren und von diesem entlöhnt
wurden. Diese Bestimmung erfuhr inhaltlich in Art. 1 Abs. 3 AHVG insoweit
eine Änderung, als dieser Regelung nicht nur Schweizer Bürger, sondern auch
Ausländer unterstehen und die Fortführung der Versicherung freiwillig ist.

    d) Das Eidg. Versicherungsgericht hatte unter dem früheren Recht
in BGE 104 V 121 und 107 V 1 (vgl. auch ZAK 1981 S. 337) Gelegenheit,
grundsätzliche Überlegungen darüber anzustellen, ob eine Frau, welche die
erwähnten Voraussetzungen für das obligatorische Versichertsein nicht
erfüllt, die aber - wie im vorliegenden Fall - mit einem Versicherten
verheiratet ist, kraft dieser Ehe - gleichsam als Ausfluss der
Einheit der Ehe - ebenfalls als versichert zu gelten hat. Dies wurde
in den Anfangsjahren der Alters- und Hinterlassenenversicherung denn
auch gelegentlich als Wille des Gesetzgebers gesehen (BGE 117 V 110
Erw. 6a mit Hinweisen; KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der
obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996, S. 7 Rz. 1.3). Das höchste
Gericht hat diese Meinung indes klar verworfen (BGE 107 V 2 Erw. 1:
"... le principe de l'unité du couple ne peut entraîner une extension
de la qualité d'assuré du mari à la femme que dans les cas où cette
unité ressort d'une situation de droit particulière"). In BGE 104 V
124 Erw. 3 führte es weiter aus, "[Le tribunal fédéral des assurances]
a toutefois constaté et précisé d'emblée que cette unité ne découlait pas
d'un principe ayant valeur générale dans l'AVS, mais qu'elle ressortait
uniquement de dispositions légales particulières ou d'une situation de
droit particulière ...". In Anwendung dieses Grundsatzes hat es sodann
befunden, dass sich die Versicherteneigenschaft eines Schweizers, der
im Ausland für einen Arbeitgeber in der Schweiz tätig ist und von diesem
entlöhnt wird (alt Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG), nicht auf die mit ihm im
Ausland weilende Ehegattin ausdehnt (BGE 107 V 1; vgl. auch BGE 117 V
107 Erw. 3c mit Hinweisen). Ferner hat es darauf hingewiesen, dass der
Schutz der Ehefrau durch das System der Ehepaarrente erreicht werde und
ihr auch der Beitritt zur freiwilligen Versicherung offen stehe. Dies im
Wissen darum, dass sich daraus unbefriedigende Folgen ("inconvénients")
ergeben können (BGE 107 V 3 Erw. 1 und 2).

Erwägung 2

    2.- In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorgebracht,
die in BGE 107 V 1 publizierte Rechtsprechung, auf welche sich die
Vorinstanz abstütze, sei im Lichte der 10. AHV-Revision nicht mehr
aufrechtzuerhalten. Eine Ausdehnung der Versicherteneigenschaft des
Ehemannes auf die Ehefrau habe das Eidg. Versicherungsgericht "mit
der hauptsächlichen Begründung" abgelehnt, der Schutz der Ehefrau werde
durch das System der Ehepaarrente erreicht. Mit dem Inkrafttreten der
10. AHV-Revision sei der in BGE 107 V 1 statuierten Praxis die "gesamte
Begründung" entzogen worden. (...)

Erwägung 3

    3.- In der Literatur wird davon ausgegangen, dass der in der
erwähnten Rechtsprechung zum Ausdruck kommende Grundsatz, wonach
die Versicherteneigenschaft persönlich ist und daher von jeder
Person persönlich erfüllt werden muss, soweit das Gesetz nichts
Abweichendes vorschreibt, auch nach der 10. AHV-Revision Gültigkeit
besitzt (KAHIL-WOLFF, Die Auswirkungen der 10. AHV-Revision auf
die Versicherungsunterstellung, in: SCHAFFHAUSER/KIESER [Hrsg.],
Aktuelle Fragen aus dem Beitragsrecht der AHV, Veröffentlichungen
des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der Universität
St. Gallen, St. Gallen 1998, S. 43; GREBER/DUC/SCARTAZZINI, Commentaire
des articles 1 à 16 de la loi fédérale sur l'assurance vieillesse et
survivants [LAVS], S. 31 Rz. 31 f.).

    In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorab eingewendet,
das Hauptargument des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach der Schutz
der Ehefrau durch die Ehepaarrente gewährleistet sei, falle durch
die 10. AHV-Revision dahin. Hiebei verkennt die Beschwerdeführerin,
dass das höchste Gericht seine Rechtsprechung nicht in erster Linie
auf die Begründung gestützt hat, die Ehefrau würde an der Ehepaarrente
teilhaftig sein, sondern im Wesentlichen darauf, dass das Gesetz die
Voraussetzungen für das Versichertsein in einer Weise umschreibe,
die keine andere Interpretation zulasse, als dass jede Person diese
Voraussetzungen persönlich erfüllen müsse. Der Hinweis auf den Schutz
der Ehefrau durch die Ehepaarrente sowie auch auf die Möglichkeit des
Beitritts zur freiwilligen Versicherung sollte aufzeigen, dass sich die
mit der getroffenen Lösung verbundenen Konsequenzen in Grenzen halten
würden (vgl. BGE 107 V 3 Erw. 1 und 2). Entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin hat diese Betrachtungsweise durch die 10. AHV-Revision
nichts an Aktualität eingebüsst. Der Schutz der Ehefrau ist durch das
System des Rentensplittings mit Anrechnung von Beitragsjahren nach
Ziff. 1 lit. g Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision
gewährleistet worden. Für eine Praxisänderung besteht demnach kein Anlass,
und zwar umso weniger, als eine Ausdehnung der Versicherteneigenschaft
des Ehemannes auf die Ehefrau kraft des Zivilstandes dem Grundanliegen der
10. AHV-Revision für eine zivilstandsunabhängige Rente der Frau diametral
zuwiderlaufen würde.