Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 II 495



126 II 495

50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 17. November 2000 i.S. X. gegen Bezirksgericht Zürich sowie
Bezirksanwaltschaft, Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 9 und 80e lit. b IRSG; Art. 69 BStP; Anwaltsgeheimnis;
Zulässigkeit kantonaler Rechtsmittel gegen Zwischenentscheide im
Rechtshilfeverfahren; Entsiegelung und Durchsuchung von bei einem Anwalt
beschlagnahmten Daten.

    Ein Entscheid über die Entsiegelung von Daten, die zum Zwecke der
Rechtshilfe beschlagnahmt worden sind, ist ein Zwischenentscheid im
Rechtshilfeverfahren (E. 3).

    Die Aufzählung von unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden
Nachteilen in Art. 80e lit. b Ziff. 1 und 2 IRSG ist abschliessend
(E. 5a - d). Enthält ein Datenträger auch Daten, die dem Anwaltsgeheimnis
unterliegen, so muss der Entsiegelsrichter selbst jene Daten ausscheiden,
die durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind. Eine Zwischenverfügung
des Entsiegelsrichters, welche die Ausscheidung durch die Rechshilfe-
und Untersuchungsbehörden anordnet, greift in das Anwaltsgeheimnis ein
(E. 5e/aa). Sie ist trotzdem nicht selbständig anfechtbar (E. 5e/bb-dd).

Sachverhalt

    Die Staatsanwaltschaft II bei dem Landgericht Berlin führt gegen
verschiedene Personen ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachtes.
Nach ihren bisherigen Erkenntnissen habe die Täterschaft im Zuge der
deutschen Wiedervereinigung über verschiedene Firmen Lieferungen nach
Ungarn vorgetäuscht und dafür zu Unrecht die Konvertierung transferabler
Rubel in Deutsche Mark erreicht. Dadurch sei der Bundesrepublik
Deutschland ein Schaden von rund 115 Mio. DM entstanden. Am Schluss einer
längeren Kette von Zahlungen sei es zu Überweisungen der "F. AG" an die
"U. AG" gekommen, deren wirtschaftliche Eigentümer die Nutzniesser der
Scheingeschäfte gewesen seien. Repräsentant der "U. AG" sei Rechtsanwalt
Dr. Y. gewesen, dessen Aufgaben aber inzwischen von seinem Sohn,
Rechtsanwalt X. wahrgenommen würden.

    Am 31. März 1998 ersuchten die deutschen Behörden im Zusammenhang mit
dieser Strafuntersuchung um die Sicherstellung von Unterlagen über die
"U. AG" bei X. In dessen Anwaltspraxis führte die Bezirksanwaltschaft IV
für den Kanton Zürich daraufhin eine Hausdurchsuchung durch, beschlagnahmte
ein Datenband ("Streamerband") samt dazugehörigem Inhaltsinventar und
versiegelte dieses sogleich.

    Es kam daraufhin zu verschiedenen prozessualen Weiterungen, unter
anderem am 25. Juni 1999 zu einem Entscheid der III. Strafkammer des
Obergerichts des Kantons Zürich, mit dem eine Ordnungsbusse aufgehoben
wurde. Diese war von der 2. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich gegen
X. verhängt worden, weil er sich geweigert hatte, das EDV-System zu
bezeichnen, welches die gespeicherten Daten sichtbar hätte machen
können. Schliesslich wurde das Entsiegelungsverfahren der 3. Abteilung
des Bezirksgerichts zugeteilt. Diese ordnete die Entsiegelung sowie die
Durchsuchung der Unterlagen durch die Bezirksanwaltschaft an. Hiergegen
erhob X. Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich.

    Mit Beschluss vom 16. Juni 2000 trat die III. Strafkammer
des Obergerichts nicht auf den Rekurs von X. ein. Sie erwog, der
angefochtene Entsiegelungsentscheid sei ein Zwischenentscheid im
Rechtshilfeverfahren, gegen welchen das Bundesrecht kantonale Rechtsmittel
ausschliesse. Eventualiter begründete die III. Strafkammer, warum der
Rekurs hätte abgewiesen werden müssen, wenn auf ihn hätte eingetreten
werden können.

    X. führt gegen den Beschluss der III. Strafkammer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt die
Aufhebung des Entscheids und eine Rückweisung der Sache an das Obergericht
zur materiellen Beurteilung. Eventuell beantragt er eine Abweisung des
Entsiegelungsbegehrens. Er macht in erster Linie geltend, der angefochtene
Entscheid sei kein Zwischenentscheid in einem Rechtshilfeverfahren,
sondern ein Entscheid in einem selbstständigen kantonalen Verfahren,
gegen den im kantonalen Recht vorgesehene Rechtsmittel zur Verfügung
stünden. Eventualiter bringt er vor, nach Bundesrecht hätte auf seinen
kantonalen Rekurs eingetreten werden müssen, da ihm ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil gedroht habe. In diesem Rahmen nimmt er zu den
Ausführungen des angefochtenen Entscheids zur materiellen Berechtigung
der Entsiegelung Stellung.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die III. Strafkammer stützt ihr Nichteintreten darauf, dass
Art. 80e lit. b IRSG kantonale Rechtsmittel gegen Zwischenentscheide im
Rechtshilfeverfahren nur zulasse, sofern diese aus den in dieser Bestimmung
genannten Gründen einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken würden.

    Der Beschwerdeführer macht als Hauptstandpunkt geltend, ein
Entsiegelungsentscheid sei kein Zwischenentscheid im Rechtshilfeverfahren,
sondern ein Entscheid in einem selbstständigen kantonalen Verfahren, auch
wenn die Entsiegelung zwecks Gewährung von Rechtshilfe erfolge. Er beruft
sich dabei auf BGE 121 II 245 E. 4d/aa S. 247, wonach die Bezeichnung
der zuständigen Behörden für Fragen im Zusammenhang mit Siegelungen
dem kantonalen Recht obliege. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass auf
das Entsiegelungsverfahren selbst auch bundesrechtliche Regeln anwendbar
sind. So schreibt Art. 9 IRSG vor, dass für die Versiegelung von Papieren
die Grundsätze von Art. 69 BStP gelten. Das Bundesgericht hat entschieden,
dass die vom IRSG vorgesehene Rechtsmittelordnung auch in einem kantonalen
Verfahren betreffend kantonaler Zwangsmassnahmen gilt, sobald es direkt ein
nach dem IRSG abzuwickelndes Rechtshilfeverfahren und damit den Umfang der
allenfalls zu leistenden Rechtshilfe betrifft (BGE 120 Ib 112 E. 3 S. 116
ff.). Es ist offensichtlich, dass das kantonale Entsiegelungsverfahren im
vorliegenden Fall den Umfang der möglicherweise zu leistenden Rechtshilfe
bestimmt. Wäre das Begehren, die Entsiegelung zu verweigern, gutgeheissen
worden, so hätten die versiegelten Informationen dem ersuchenden Staat auch
nach einer das Ersuchen gutheissenden Schlussverfügung nicht übermittelt
werden können. Das vorliegende Entsiegelungsverfahren bildet somit Teil
des Rechtshilfeverfahrens. Die umstrittene Anordnung dient der Ausführung
des Rechtshilfeersuchens und gilt als Verfügung der mit der Ausführung
betrauten kantonalen Rechtshilfebehörden.

    Am 1. Februar 1997 ist das IRSG revidiert worden und insbesondere
Art. 80e lit. b IRSG in Kraft getreten. Dabei wurden die Möglichkeit,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zu führen, und auch die
auf kantonaler Ebene zulässigen Rechtsmittel eingeschränkt (vgl. Urteil
des Bundesgerichts i.S. des Beschwerdeführers vom 15. Juli 1998 E. 2a
und 2b, und hinten E. 5a-c). Anders war das Ziel einer Beschleunigung
der Verfahren (vgl. Art. 17a IRSG) nicht zu erreichen und waren
Missbrauchsmöglichkeiten nicht zu vermeiden. Art. 80e IRSG sieht gegen
Verfügungen in Rechtshilfesachen ein kantonales Rechtsmittelverfahren
vor, das einer bundesrechtlichen Sonderregelung unterworfen ist,
die dem kantonalen Verfahrensrecht vorgeht (vgl. MICHEL FÉRAUD, Die
neue Rechtsmittelordnung in der Rechtshilfe zur Unterstützung eines
Strafverfahrens im Ausland, in: Solothurner Festgabe zum Schweizerischen
Juristentag 1998, 1998, S. 659). Wie die III. Strafkammer zu Recht
festgehalten hat, bedeutet der in Art. 9 IRSG enthaltene Verweis auf Art.
69 BStP nicht, dass das Entsiegelungsverfahren von der Rechtsmittelordnung
der Art. 80e f. IRSG ausgenommen wäre. Diese gilt abschliessend für alle
Anordnungen der ausführenden Behörden. Darunter fallen - wie gesagt -
auch Entscheide des Entsiegelungsrichters. Die III. Strafkammer hat somit
zu Recht Art. 80e IRSG auf die Frage angewandt, ob der kantonale Rekurs
des Beschwerdeführers zulässig sei.

Erwägung 4

    4.- Eventualiter macht der Beschwerdeführer geltend, nach Art. 80e
lit. b IRSG hätte die III. Strafkammer auf seinen Rekurs eintreten
müssen, weil der Entsiegelungsentscheid des Bezirksgerichts einen
unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt habe. Die
III. Strafkammer führt aus, der bezirksgerichtliche Entscheid bewirke
weder eine Beschlagnahme von Vermögenswerten oder Wertgegenständen noch
eine Anwesenheit von Personen, die am ausländischen Prozess beteiligt
seien. Es sei somit keiner der beiden in Art. 80e lit. b IRSG genannten
Fälle, die einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken könnten, gegeben.

    Der Beschwerdeführer behauptet nicht, das zu entsiegelnde
"Streamerband" sei ein Wertgegenstand oder Vermögenswert. Hingegen macht
er geltend, bei einer von der Bezirksanwaltschaft ausgeführten Durchsicht
werde diese mittelbar oder unmittelbar die deutschen Behörden von seinen
sämtlichen Mandatsbeziehungen informieren, bevor eine Schlussverfügung
ergehe. Wie die III. Strafkammer zu Recht festgehalten hat, ist
die Anwesenheit von ausländischen Beamten oder Prozessbeteiligten im
bisherigen Verfahren nicht bewilligt worden. Die Gefahr einer vorzeitigen
Kenntnisnahme durch Untersuchungsorgane des ersuchenden Staates
besteht somit nicht. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, auch
sonstwie könnte der ersuchende Staat vorzeitig zu Informationen kommen,
ist festzuhalten, dass entsiegelte Akten und Informationen daraus dem
ersuchenden Staat erst zugehen dürfen, wenn die Schlussverfügung vorliegt
und der Betroffene Gelegenheit hatte, sich gegen eine Beschlagnahme und
Übermittlung in einem Rechtshilfeverfahren zur Wehr zu setzen. Die mit der
Durchsuchung betraute kantonale Behörde wird sich strikte daran halten,
zumal die Erwägungen des Bezirksgerichts und der III. Strafkammer einen
entsprechenden Hinweis enthalten. Es handelt sich daher um keinen Fall,
in dem ein unmittelbarer und nicht wieder gutzumachender Nachteil durch
die Anwesenheit von ausländischen Beamten oder Prozessbeteiligten drohen
würde. Die III. Strafkammer hat somit zu Recht verneint, dass einer
der beiden in Art. 80e lit. b Ziff. 1 und 2 IRSG aufgezählten Fälle
vorliegen würde.

Erwägung 5

    5.- Die III. Strafkammer geht sinngemäss davon aus, die in Art. 80e
lit. b Ziff. 1 und 2 IRSG enthaltene Aufzählung von Fällen, in denen eine
Zwischenverfügung selbstständig anfechtbar ist, sei abschliessend. Das
Bundesgericht konnte bisher die Frage offen lassen, ob - mit Blick auf
den Schutz der Berufsgeheimnisse - im Einzelfall weitere Ausnahmen
von der restriktiven gesetzlichen Regelung zulässig sein könnten
(vgl. unveröffentlichte Entscheide des Bundesgerichts vom 24. August 2000
i.S. E. E. 2d und vom 15. Juli 1998 i.S. des Beschwerdeführers E. 2d sowie
unveröffentlichte E. 1a von BGE 125 II 411). Im vorliegenden Fall ist diese
Frage zu entscheiden, da der Beschwerdeführer sein Anwaltsgeheimnis anruft
(vgl. hinten E. 5e).

    a) Art. 80e lit. b IRSG erlaubt die selbstständige Anfechtung
von "Zwischenverfügungen, die einen unmittelbaren und nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken:

    1. durch die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen;
   oder

    2. durch die Anwesenheit von Personen, die am ausländischen Prozess
   beteiligt sind."

    Dieser Wortlaut spricht gegen die Möglichkeit, andere als die beiden
ausdrücklich erwähnten Nachteile zu berücksichtigen, selbst wenn sie
unmittelbar und nicht wieder gutzumachen sind. Vor der Aufzählung der
Ziff. 1 und 2 steht ein Doppelpunkt, es fehlt ein vorangehendes Wort
wie "insbesondere" und die beiden aufgezählten Fälle werden durch die
Konjunktion "oder" getrennt.

    b) Der Bundesrat hatte eine Formulierung vorgeschlagen, nach der jeder
unmittelbare und nicht wieder gutzumachende Nachteil Zwischenverfügungen
selbstständig anfechtbar gemacht hätte (vgl. BBl 1995 III 54). Wie
ein roter Faden zog sich durch die Beratungen der Räte das Anliegen,
das Verfahren zu beschleunigen und die Anzahl möglicher Rechtsmittel
einzuschränken (vgl. AB 1995 II N 2620 [Votum Engler], 2621 f. [de Dardel],
2624 [Rechsteiner], 2625 [David], 2636 [Dormann], 2648 [Bundesrat Koller];
AB 1996 S 223 [Küchler], 224 [Marty, Danioth], 225 f. [Bundesrat Koller],
237 f. [Marty] und 243 [Küchler]; AB 1996 I N 743 [Engler]). Daher
schlug die ständerätliche Kommission eine Formulierung vor, von der
sie berichtete, es sei ihr gelungen, mit Hilfe der Expertenkommission
die Fälle eines unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteils
abschliessend aufzuzählen. Sie habe befürchtet, die Formulierung in der
bundesrätlichen Botschaft könne trölerische Rekurse auslösen (AB 1996 S 243
[Votum Küchler]). Nachdem im Nationalrat auch der Vertreter des Bundesrats
eine solche abschliessende Aufzählung befürwortet hatte (AB 1996 I N 746),
wurde sie Gesetz.

    c) Eine Beschränkung auf die beiden in Art. 80e lit. b IRSG
aufgezählten Fälle entspricht auch dem von Bundesrat und Räten erklärten
Zweck der IRSG-Revision. Dieser bestand darin, Doppelspurigkeiten und
Missbrauchsmöglichkeiten auszuschliessen. Daher sollten Zwischenverfügungen
nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen selbstständig anfechtbar sein
(vgl. BBl 1995 III 11, 13 und 30; AB 1995 II N 2625 [Votum David]).

    d) Auch in der Literatur wird davon ausgegangen, dass die Aufzählung
des Art. 80e lit. b IRSG abschliessend sei (vgl. MARC FORSTER, Straffung
des Verfahrens, eingeschränkter Rechtsschutz: Die Praxis nach der Revision
des Bundesgesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen,
Anwalts-Revue 1999, Heft 6-7, S. 13; PIERRE-DOMINIQUE SCHUPP, La révision
de la loi fédérale sur l'entraide internationale en matière pénale [EIMP],
ZStrR 115/1997 S. 186; RUDOLF WYSS, Die Revision der Gesetzgebung über
die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, SJZ 93/1997 S. 36), wobei
dies vereinzelt gerade für Entsiegelungen von Unterlagen kritisiert wird,
die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen (FORSTER, aaO).

    e) Der Beschwerdeführer ruft sein Anwaltsgeheimnis an, das durch
die Entsiegelung des "Streamerbands" und insbesondere durch dessen
Durchsuchung durch die Bezirksanwaltschaft verletzt werde. Er macht
geltend, wenn eine Zwischenverfügung in einem Rechtshilfeverfahren einen
Eingriff in das Anwaltsgeheimnis bewirke, müsse sie sofort selbstständig
anfechtbar sein, um einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden
Nachteil zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu prüfen,
ob der bezirksgerichtliche Entscheid entgegen der Eventualbegründung
der III. Strafkammer überhaupt einen Eingriff in das Anwaltsgeheimnis
bewirkt. Falls dies zutrifft, stellt sich die Frage, ob aus diesem Grunde
derartige Anordnungen selbstständig anfechtbar sein müssen.

    aa) In Rechtshilfesachen ist zwar grundsätzlich auf den Sachverhalt
abzustellen, wie er im Rechtshilfegesuch geschildert wird (BGE 118 Ib 111
E. 5b S. 121 f.; 115 Ib 68 E. 3b/bb S. 78 mit Hinweisen). Im Weiteren
gilt das Anwaltsgeheimnis nicht für Informationen im Zusammenhang mit
einer Tätigkeit, bei der das kaufmännische Element überwiegt (BGE 120 Ib
112 E. 4 S. 119 mit Hinweisen), oder wenn der Anwalt selbst beschuldigt
ist (BGE 106 IV 413 E. 7c S. 424; vgl. auch BGE 125 I 46 E. 6 S. 50 mit
Hinweisen). Auch unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen greift
jedoch der bezirksgerichtliche Entscheid in das Anwaltsgeheimnis
ein, soweit er eine Durchsuchung des "Streamerbands" durch die
Bezirksanwaltschaft anordnet, obwohl sich auf diesem unbestrittenermassen
auch Daten befinden, die vom Anwaltsgeheimnis geschützt sind.

    Das Anwaltsgeheimnis schützt Informationen, die einem Anwalt im Rahmen
seiner anwaltlichen Tätigkeit zugekommen sind, - einschliesslich seiner
Aufzeichnungen und Korrespondenz in diesem Zusammenhang - gegen eine
Einsichtnahme durch die Untersuchungsbehörden (vgl. Art. 321 StGB und §§
103 und 130 des Zürcher Gesetzes betreffend den Strafprozess vom 4. Mai
1919 [StPO/ZH, LS 321]).

    Im vorliegenden Verfahren geht es um ein "Streamerband", von dem
der Beschwerdeführer behauptet, darauf sei seine gesamte anwaltliche
Korrespondenz während einer bestimmten Periode aufgezeichnet. Die
kantonalen Behörden stellen nichts Gegenteiliges fest. Der Beschwerdeführer
ist auch als Anwalt tätig und er ist nicht Beschuldigter. Entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers darf das "Streamerband" gleichwohl nach
nicht dem Anwaltsgeheimnis unterstehenden Daten durchsucht werden, die
Gegenstand des Rechtshilfeersuchens sind und ebenfalls darauf aufgezeichnet
sind. Hingegen rechtfertigt die Situation besondere Massnahmen um
zu verhindern, dass die Bezirksanwaltschaft bei der Durchsuchung dem
Anwaltsgeheimnis unterstehende Daten zur Kenntnis nehmen kann.

    In BGE 102 IV 210 ging es um eine Entsiegelung gegenüber einem
mitbeschuldigten Anwalt. Gewisse zu entsiegelnde Informationen fielen
unbestrittenermassen unter dessen Anwaltsgeheimnis, andere unter
demselben Siegel aufbewahrte interessierten jedoch legitimerweise die
Untersuchungsbehörden. Das Bundesgericht hat entschieden, dass erstere
selbst in einem solchen Falle nicht zur Kenntnis der Untersuchungsbehörden
gelangen dürfen, und hat daher die Untersuchung selbst vorgenommen
(E. 6 S. 216 f.). Ebenso hat es in einem Rechtshilfefall ein Testament
behandelt, das bei einem Anwalt versiegelt worden war (unveröffentlichter
Entscheid vom 2. März 1998 i.S. Bundesanwaltschaft c. X. E. 3b/bb). Eine
Durchsuchung und Ausscheidung durch den Richter selbst hat im vorliegenden
Verfahren auch die III. Strafkammer in ihrem Entscheid vom 25. Juni
1999 angeregt. Die Lehre empfiehlt ebenfalls ein solches Vorgehen,
wenn dem Anwaltsgeheimnis unterliegende Unterlagen durchsucht werden
müssen (vgl. GÉRARD PIQUEREZ, Procédure pénale suisse, Zürich 2000,
S. 543; ROBERT HAUSER/ERHARD SCHWERI, Schweizerisches Strafprozessrecht,
4. Auflage, 1999, S. 302; LORENZ ERNI, Anwaltsgeheimnis und Strafverfahren,
in: Das Anwaltsgeheimnis, Zürich 1997, S. 32). Im vorliegenden Falle
wurden auch keine technischen Massnahmen angeordnet, um eine Einsicht
der Bezirksanwaltschaft in Informationen über Mandanten, die nichts
mit dem Ersuchen zu tun haben, zu verunmöglichen (vgl. dazu Entscheid
des Bundesgerichts vom 10. Februar 1995 i. S. J. E. 3b in RDAT 1995 II
Nr. 21 S. 63).

    Danach hätte die Untersuchung des Bandes, auf dem sich
unbestrittenermassen auch dem Anwaltsgeheimnis unterstehende
Informationen befinden, nicht den das Rechtshilfeersuchen ausführenden
Untersuchungsbehörden überlassen werden dürfen. Das Gericht hätte die
Ausscheidung derjenigen Daten, die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen, wenn
nötig unter Beizug eines Sachverständigen, richtigerweise selbst vornehmen
müssen. Der Bezirksanwaltschaft hätten nur die für das Rechtshilfeverfahren
gemäss dem Rechtshilfeersuchen relevanten Unterlagen übermittelt werden
sollen, von denen das Bezirksgericht festgestellt hätte, dass sie nicht
durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind.

    bb) Da die von der III. Strafkammer in der Eventualbegründung
des angefochtenen Entscheids geschützte bezirksgerichtliche Anordnung
einer Durchsuchung durch die Bezirksanwaltschaft in das Anwaltsgeheimnis
eingreift, fragt sich, ob dies dazu führen muss, dass die entsprechende
Zwischenverfügung selbstständig und sofort anfechtbar ist.

    Die Auslegung von Art. 80e lit. b IRSG hat ergeben, dass die Aufzählung
der selbstständig anfechtbaren Zwischenverfügungen in dessen Ziff. 1 und
2 grundsätzlich abschliessend ist. Eine Ausnahme könnte nur angenommen
werden, wenn eine sachlich richtige Entscheidung, ausgerichtet auf ein
angesichts der Wertungen der Rechtsordnung befriedigendes Ergebnis aus
der ratio legis, in derartigen Fällen eine selbstständige Anfechtbarkeit
des Zwischentscheids verlangt (vgl. zu diesem traditionell als "unechte
Lücke" bezeichneten Fall und zur Frage, wieweit diese von einem Gericht
"geschlossen" werden dürfte, BGE 121 III 219 E. 1d/aa S. 224 ff. mit
Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre sowie seither DAVID DÜRR, Zürcher
Kommentar, N. 322-335, 384-394 und 410-416 zu Art. 1 ZGB).

    cc) Für eine selbstständige Anfechtbarkeit in Fällen wie dem
vorliegenden spricht, dass der Gesetzgeber mit Art. 9 IRSG und dem
dortigen Verweis auf Art. 69 BStP bundesrechtlich sicherstellen wollte,
dass Berufsgeheimnisse auch im innerstaatlichen Rechtshilfeverfahren
gewahrt bleiben. Wenn die das Rechtshilfebegehren ausführenden
Untersuchungsbehörden Akten durchsuchen, die dem Anwaltsgeheimnis
unterliegen, so ist der daraus entstehende Nachteil angesichts der
Bedeutung des Anwaltsgeheimnisses für den Rechtsstaat nicht geringer als
die Nachteile für das Vermögen und die Geheimsphäre, welche in Art. 80e
lit. b Ziff. 1 und 2 IRSG ausdrücklich aufgezählt werden.

    dd) Überwiegende Gründe sprechen jedoch auch in Fällen einer in das
Anwaltsgeheimnis eingreifenden Zwischenverfügung gegen eine selbstständige
Anfechtbarkeit.

    Zunächst liegt es in der Natur des mit der IRSG-Revision
gewählten "Genfer Modells", welches das Rechtsmittelverfahren auf
die Schlussverfügung verschiebt, dass zunächst eine Untersuchung mit
Zwangsmassnahmen stattfindet und erst später über deren Zulässigkeit
entschieden wird.

    Wenn das Anwaltsgeheimnis (oder ein anderes Berufsgeheimnis)
zum Ergreifen von Rechtsmitteln gegen Zwischenverfügungen berechtigen
würde, könnten die Geheimnisträger Zwangsmassnahmen mit Leichtigkeit
selbstständig anfechten. Sie müssten nur behaupten, unter den zu
entsiegelnden Daten befänden sich auch solche, von denen sie glaubhaft
machen würden, dass sie dem Anwaltsgeheimnis unterstünden. Müssten
kantonale Rechtsmittelinstanzen und das Bundesgericht bereits auf
Beschwerden gegen Entsiegelungen eintreten, hiesse dies, dass ihnen
im gleichen Rechtshilfefall zwei Mal hintereinander analoge Fragen zur
Beurteilung vorgelegt werden könnten. Zuerst müssten sie auf Beschwerde
gegen den Zwischenentscheid hin beurteilen, ob das Anwaltsgeheimnis einer
Entsiegelung entgegensteht. Sodann müssten sie auf Beschwerde gegen die
Schlussverfügung hin prüfen, ob das Anwaltsgeheimnis der Übermittlung der
entsiegelten Informationen an den ersuchenden Staat entgegensteht. In
diesem Zusammenhang ist auch der Gefahr des Rechtsmissbrauchs Rechnung
zu tragen. Ein Abweichen von der restriktiven gesetzlichen Regelung
könnte von Anwälten in den praktisch häufigen Fällen, in denen sie auch
kommerziell tätig sind, geradezu als Einladung missverstanden werden,
das Verfahren zu verlängern und zu komplizieren. Damit wäre aber die vom
Gesetzgeber gewollte und für die internationale Verbrechensbekämpfung
unerlässliche Verfahrensbeschleunigung für eine praktisch wichtige
Fallgruppe hinfällig. Der vorliegende Fall zeigt, dass es mit
verschiedenen Rechtsmitteln möglich war, eine Entsiegelung von Akten,
die am 22. Oktober 1998 versiegelt worden waren, bis heute zu verhindern
und das Rechtshilfeverfahren so lahm zu legen.

    Weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass der Eingriff in das
Anwaltsgeheimnis, den die vom Bezirksgericht angeordnete Vorgehensweise
bei der Entsiegelung bewirkt, aus verschiedenen Gründen eng eingegrenzt
ist (vgl. auch BGE 119 IV 175 E. 3 S. 178). Schon anlässlich der
Versiegelung kann der Anwalt in der Regel Akten über andere als die vom
Rechtshilfeersuchen betroffenen Klienten aussondern (vgl. auch BGE 111
Ib 50 E. 3b S. 52 und 102 Ia 516 E. 5c S. 527 mit Hinweis). Im Übrigen
untersteht die durchsuchende Bezirksanwaltschaft dem Amtsgeheimnis. Wie das
Bezirksgericht in seinem Entscheid in Erinnerung gerufen hat, darf sie die
gewonnenen Informationen vor Ergehen einer anfechtbaren Schlussverfügung
nicht an die ausländischen Behörden weitergeben (vgl. Art 65a Abs. 3
IRSG). Die Entsiegelung selbst ist von einem Gericht beschlossen worden,
vor dem der Betroffene sein Anwaltsgeheimnis geltend machen konnte. Die
Durchsuchung muss nach Art. 69 BStP in einer Weise durchgeführt werden,
die Berufsgeheimnisse wahrt. Der Betroffene kann daran teilnehmen. Auch
bei elektronisch gespeicherten Dateien kann die Bezirksanwaltschaft
eine Durchsuchungsmethode wählen, die eine Kenntnisnahme von Daten,
die unbestrittenermassen dem Anwaltsgeheimnis unterstehen, verunmöglicht
(vgl. Entscheid des Bundesgerichts vom 10. Februar 1995 i. S. J. E. 3b
in RDAT 1995 II Nr. 21 S. 63). Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit
bestimmt, wieweit Angaben des Anwalts über den Inhalt seiner Unterlagen
überprüft werden müssen (BERNARD CORBOZ, Le secret professionnel de
l'avocat selon l'art. 321 CP, SJ 1993 S. 101). Jedenfalls muss auf die
Einsicht in bestimmte Daten verzichtet werden, sobald feststeht, dass
diese dem Anwaltsgeheimnis unterstehen.

    Informationen, welche dem Anwaltsgeheimnis unterstehen und
welche die Bezirksanwaltschaft trotz aller Vorsichtsmassnahmen
bei der Durchsuchung erfahren würde, dürften grundsätzlich nicht
verwendet werden. "Zufallsfunde" dürfen für Strafverfolgungen oder
Rechtshilfemassnahmen nur verwendet werden, wenn die Voraussetzungen
für deren rechtmässiges Erlangen auf Grund einer nachträglichen Prüfung
gegeben wären (vgl. zu Informationen, die bei einer Telephonüberwachung
erlangt wurden, BGE 125 I 46 E. 5 S. 49 mit Hinweisen). Unterlagen und
Daten, die dem Anwaltsgeheimnis unterstehen und nicht einen beschuldigten
Anwalt betreffen, könnten die Behörden jedoch gar nicht rechtmässig
beschlagnahmen. Daher dürften sie diese auch nicht verwerten (BGE 103 Ia
206 E. 9b S. 217; 96 I 437 E. 3b S. 440 f. mit Hinweisen).

    Schliesslich kann der Entsiegelungsentscheid zusammen mit der
Schlussverfügung an kantonale Rechtsmittelbehörden und an das Bundesgericht
weitergezogen werden (vgl. Art. 80e lit. a und 80f Abs. 1 IRSG). Diese
können somit das Aufkommen einer das Anwaltsgeheimnis verletzenden Praxis
allgemein verhindern und im konkreten Einzelfall zumindest die Übermittlung
derart erlangter Unterlagen an den ersuchenden Staat untersagen.

    f) Zusammenfassend sind Zwischenverfügungen im Rechtshilfeverfahren
in anderen als den beiden in Art. 80e lit. b Ziff. 1 und 2
aufgezählten Fällen grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbar. Eine
Durchsuchung von teilweise unbestrittenermassen dem Anwaltsgeheimnis
unterstehenden Unterlagen durch die das Rechtshilfeersuchen ausführenden
Untersuchungsbehörden, wie sie das Bezirksgericht angeordnet hat, greift
zwar in das Anwaltsgeheimnis ein und sollte daher künftig in gleich
gelagerten Fällen vermieden werden. Trotzdem ist eine Zwischenverfügung
nicht deshalb selbstständig anfechtbar, weil sie eine derartige Anordnung
enthält. Die III. Strafkammer ist somit entsprechend der Hauptbegründung
des angefochtenen Entscheids zu Recht auf den kantonalen Rekurs des
Beschwerdeführers nicht eingetreten.