Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 II 399



126 II 399

42. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30.
August 2000 i.S. Lucy Imboden und Mitbeteiligte gegen Swisscom AG,
Einwohnergemeinde Dotzigen, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion sowie
Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Schutz vor nichtionisierenden Strahlen einer Mobilfunkantenne
(Art. 11-13 USG; Art. 4 und 13 sowie Anhänge 1 und 2 NISV).

    Konzept des Schutzes vor nichtionisierenden Strahlen:
Immissionsgrenzwerte zum Schutz vor den wissenschaftlich nachgewiesenen
thermischen Wirkungen und Anlagegrenzwerte zur vorsorglichen
Emissionsbegrenzung (Schutz vor dem Risiko weiterer schädlicher Wirkungen,
insbesondere vor nicht-thermischen Wirkungen). Abschliessende Regelung
der vorsorglichen Emissionsbegrenzung in Art. 4 NISV (E. 3).

    Keine Gesetzwidrigkeit des gewählten Konzepts und der Festlegung
der Grenzwerte. Vorbehalt der Überprüfung und Anpassung bei neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen (E. 4).

Sachverhalt

    Die Swisscom AG beabsichtigt, auf der Parzelle Nr. 49 in der
Gewerbezone GA von Dotzigen einen 21 Meter hohen Antennenmast und
drei Gerätekasten für eine Natel Basis Station GSM aufzustellen. Der
Regierungsstatthalter von Büren an der Aare bewilligte das Vorhaben mit
Gesamtbauentscheid vom 9. Februar 1999 und Nachtrag vom 16. Februar 1999.
Zugleich wies er die von zahlreichen Nachbarn und der Einwohnergemeinde
Dotzigen erhobenen Einsprachen gegen das Projekt ab. Lucy Imboden und
weitere Privatpersonen fochten diesen Entscheid ohne Erfolg zunächst
bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion und anschliessend beim
Verwaltungsgericht des Kantons Bern an. Gegen den Entscheid des
Verwaltungsgerichts haben sie eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                    Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die umstrittene Mobilfunkanlage entspricht den kommunalen und
kantonalen Vorschriften des Bau- und Planungsrechts. Sie darf jedoch nur
bewilligt werden, wenn sie auch die Anforderungen der Verordnung über den
Schutz vor nichtionisierender Strahlung vom 23. Dezember 1999 (NISV; SR
814.710) erfüllt. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, ist
dieser neue Erlass im vorliegenden Fall anwendbar, da die Baubewilligung
für die Mobilfunkanlage bei Inkrafttreten dieses Erlasses am 1. Februar
2000 noch nicht rechtskräftig war (Art. 3 Abs. 2 lit. a NISV).

    b) Aus den Akten geht hervor, dass die geplante Anlage die Vorschriften
der neuen Verordnung vollumfäng- lich einhält. Der massgebliche
Immissionsgrenzwert für elektrische Feldstärke beträgt gemäss Anhang
2 Ziff. 11 NISV 41.25 V/m (1,375 x /900). Er wird im vorliegenden
Fall an allen den Orten, wo sich Menschen aufhalten können, deutlich
unterschritten. Das kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA)
ermittelte an den kritischen Standorten Belastungen von 0.36 V/m (im
Innern der obersten Wohnung der Liegenschaft Schulriederstrasse 13), von
0.89 V/m (im Innern der Werkstatt des Gewerbegebäudes Schulriederstrasse
9) und von 1.17 V/m (am Fuss des Antennenmastes). Auch die Grenzwerte
der magnetischen Feldstärke und der magnetischen Flussdichte sind an
den fraglichen nächsten Aufenthaltsorten von Menschen eingehalten. Da
der Wohnort aller Beschwerdeführer vom Antennenmast weiter entfernt
liegt als die drei Messpunkte, haben sie keine übermässigen Immissionen
zu befürchten. Die geplante Anlage erfüllt damit die Anforderung von
Art. 9 NISV.

    Der gemäss Art. 4 NISV ebenfalls zu beachtende Anlagegrenzwert
beläuft sich vorliegend auf 4.0 V/m (Anhang 1 Ziff. 64 lit. a NISV). Auch
dieser Wert wird an den kritischen Standorten nach den Ermittlungen
des KIGA deutlich unterschritten. Schliesslich führt die neue Anlage
auch zusammen mit anderen, bereits bestehenden Anlagen nicht zu einer
Überschreitung des Immissionsgrenzwerts, was gemäss Art. 5 NISV die
Anordnung einer verschärften Emissionsbegrenzung erforderte. Gemäss den
Darlegungen des KIGA betragen die grossräumigen Hintergrundimmissionen im
Hochfrequenzbereich (Radio- und Fernsehsender, Mobiltelefone, Polizei-,
Betriebs-, Militär- und Flugfunk, Radar etc.) in ländlichen Gebieten
rund 0.2 V/m. Der gleiche Wert gilt für die Hintergrundbelastung im
Niederfrequenzbereich (Hochspannungs- und Eisenbahnleitungen, elektrische
Installationen etc.). Es ist offenkundig, dass die durch die neue
Anlage verursachten Emissionen auch zusammen mit diesen bestehenden
Hintergrundbelastungen klar unter dem Immissionsgrenzwert bleiben.
Die vorgesehene Mobilfunkanlage genügt somit sämtlichen Anforderungen
der neuen Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung.

    c) Die Beschwerdeführer stellen nicht in Frage, dass die umstrittene
Anlage den erwähnten Vorschriften vollumfänglich entspricht. Sie machen
aber geltend, dass zusätzlich die sog. nicht-thermischen Wirkungen
der von der Anlage ausgehenden Strahlung hätten berücksichtigt werden
müssen. Da es sehr wahrscheinlich sei, dass diese eine erhebliche Gefahr
für die Gesundheit der Menschen darstellten, verletze die Bewilligung
der Anlage das Vorsorgeprinzip. In der neuen Verordnung über den Schutz
vor nichtionisierender Strahlung werde der Vorsorge mit Blick auf die
nicht-thermischen Strahlen nicht oder jedenfalls nicht ausreichend Rechnung
getragen. Sie hätte daher vom Verwaltungsgericht nicht als abschliessende
Ordnung des Schutzes vor nichtionisierenden Strahlen angesehen werden
dürfen. Sollte die neue Regelung aber als abschliessend zu verstehen sein,
widerspreche sie dem Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983
(USG; SR 814.01) und sei deshalb nicht massgeblich.

Erwägung 3

    3.- a) Die nichtionisierende Strahlung (Elektrosmog) zählt zu
den schädlichen oder lästigen Einwirkungen, vor denen Menschen, Tiere
und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume zu schützen
sind (Art. 1 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 USG). Zu diesem Zweck ist die
Emission nichtionisierender Strahlen zu begrenzen (Art. 11 USG). Die
Emissionsbegrenzung kann unter anderem durch die Festlegung von Grenzwerten
in einer Verordnung erfolgen (Art. 12 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 USG). Der
Bundesrat hat ausserdem zur Beurteilung der schädlichen oder lästigen
Einwirkungen durch Verordnung Immissionsgrenzwerte festzulegen (Art. 13
USG).

    Die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung enthält
die Ausführungsvorschriften zu den genannten Gesetzesbestimmungen. Sie
stellt freilich keine umfassende Ordnung auf, sondern beschränkt sich auf
den Schutz vor elektrischen und magnetischen Feldern im Frequenzbereich von
0 Hz bis 300 GHz. Ausserdem regelt die Verordnung lediglich die Strahlung,
die von ortsfesten Anlagen ausgeht, und nicht auch diejenige beweglicher
Geräte (Mobiltelefone, elektrischer Apparate und Haushaltsgeräte).

    b) Das Konzept der neuen Verordnung geht vom heutigen, noch
lückenhaften Erkenntnisstand über die Wirkungen nichtionisierender
Strahlung auf die Gesundheit des Menschen aus. Zur Zeit erscheinen
lediglich die thermischen Wirkungen intensiver nichtionisierender Strahlung
wissenschaftlich erhärtet. Diese führt zu einer Erwärmung des Körpers
und löst verschiedene schädliche Folgereaktionen aus. Demgegenüber liegen
über die nicht-thermischen (biologischen) Wirkungen nichtionisierender
Strahlung - insbesondere auch bei schwachen Belastungen - keine gefestigten
wissenschaftlichen Erkenntnisse, wohl aber gewisse Erfahrungen in
Einzelfällen vor. Im angefochtenen Entscheid wird der gegenwärtige
Wissensstand unter Verweis auf verschiedene Berichte der Arbeitsgruppen,
die das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) zur Klärung
der naturwissenschaftlichen Zusammenhänge eingesetzt hat, im Einzelnen
nachgezeichnet.

    Die Regelung des Schutzes vor nichtionisierenden Strahlen
knüpft an diesen uneinheitlichen Kenntnisstand an. Der Schutz vor
den wissenschaftlich erhärteten thermischen Wirkungen wird durch
Immissionsgrenzwerte (Anhang 2 NISV) bewerkstelligt, die überall
eingehalten sein müssen, wo sich Menschen aufhalten können (Art. 13
Abs. 1 NISV). Dabei wurden die von der Internationalen Kommission zum
Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) erarbeiteten Grenzwerte
übernommen. Bei der Aufstellung dieser Werte berücksichtigte die ICNIRP
lediglich Wirkungen, die in experimentellen Untersuchungen wiederholt
und reproduzierbar erzeugt werden konnten und die für den Menschen
ein Gesundheitsrisiko darstellen. Dagegen wurden einmalige oder nicht
wiederholbare Befunde, insbesondere epidemiologische Untersuchungen
und individuelle Erfahrungen "elektrosensibler" Personen ausgeklammert
(vgl. BUWAL, Erläuternder Bericht zur Verordnung über den Schutz vor
nichtionisierender Strahlung [NISV] vom 23. Dezember 1999, S. 5).

    Der Verordnungsgeber hat erkannt, dass mit der blossen Übernahme der
ICNIRP-Grenzwerte im Blick auf mögliche nicht-thermische Wirkungen der
Schutz vor nichtionisierender Strahlung lückenhaft wäre. Er hat daher
zusätzlich vorsorgliche Emissionsbegrenzungen angeordnet (Art. 4 NISV),
die das Risiko schädlicher Wirkungen, die zum Teil erst vermutet werden
und noch nicht absehbar sind, möglichst gering halten sollen (BUWAL,
Erläuternder Bericht, S. 6). Für verschiedene Kategorien von Anlagen
bestimmt sich die vorsorgliche Emissionsbegrenzung auf Grund besonderer
Anlagegrenzwerte (Art. 4 Abs. 1 NISV), bei den übrigen Anlagen sind die
Emissionen so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich
möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Art. 4 Abs. 2 NISV). Mit
diesen zusätzlichen Emissionsbegrenzungen trägt die neue Verordnung
dem Vorsorgeprinzip Rechnung (Art. 1 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 2 USG)
und konkretisiert die im Sinne der Vorsorge erforderlichen Massnahmen
(vgl. BUWAL, Erläuternder Bericht, S. 7 und 10).

    c) Wie bereits das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt
hat, ergibt sich aus der dargestellten Konzeption, dass Art. 4 NISV
die vorsorgliche Emissionsbegrenzung abschliessend regelt und die
rechtsanwendenden Behörden nicht im Einzelfall gestützt auf Art. 12 Abs. 2
USG eine noch weitergehende Begrenzung verlangen können. Der Erlass von
Anlagegrenzwerten erfolgte gerade in der Absicht, damit im Interesse der
Rechtssicherheit festzulegen, was zur vorsorglichen Emissionsbegrenzung
erforderlich ist (URS WALKER, Baubewilligung für Mobilfunkantennen;
bundesrechtliche Grundlagen und ausgewählte Fragen, BR 2000, S. 8). Es
besteht damit die gleiche Rechtslage wie im Bereich der Luftreinhaltung,
wo das Mass der vorsorglichen Emissionsbegrenzung ebenfalls abschliessend
in der Verordnung umschrieben ist, während beim Lärmschutz die Anordnung
vorsorglicher Emissionsbegrenzungen zusätzlich zur Einhaltung der
Planungswerte zu prüfen ist (BGE 124 II 517 E. 4b S. 521 f.).

    d) Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die in der Beschwerde
erhobenen Rügen zu einem erheblichen Teil unbegründet sind. Zunächst
trifft es nicht zu, dass die neue Verordnung über den Schutz vor
nichtionisierender Strahlung deren nicht-thermische Wirkungen
ignoriert. Der Verordnungsgeber ist vielmehr ausdrücklich von der
Möglichkeit solcher nicht-thermischer Wirkungen ausgegangen und hat
die von den Beschwerdeführern erwähnten Beispiele mitberücksichtigt
(vgl. BUWAL, Erläuternder Bericht, S. 5). So wird in der Verordnung
den nicht-thermischen Wirkungen bei der Regelung der vorsorglichen
Emissionsbegrenzung - insbesondere mit der Festsetzung von
Anlagegrenzwerten - Rechnung getragen. Diese Ordnung ist nach den
vorstehenden Erwägungen zudem abschliessend, so dass entgegen der
Ansicht der Beschwerdeführer die kantonalen Behörden nicht gehalten
waren, zusätzlich zur Einhaltung der Anlagegrenzwerte noch weitere
Emissionsbegrenzungen zu prüfen. Dies gilt insbesondere auch für
die eventualiter beantragte Abschaltung bzw. Leistungsreduktion der
Mobilfunkanlage während der Nacht und die Verlegung an einen anderen
Standort. Es bleibt daher einzig zu untersuchen, ob die Verordnung über
den Schutz vor nichtionisierender Strahlung dem Bundesrecht widerspricht,
wie dies die Beschwerdeführer ebenfalls geltend machen.

Erwägung 4

    4.- a) Das Bundesgericht kann im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorfrageweise Verordnungen des Bundesrats
auf ihre Gesetzmässigkeit prüfen. Bei unselbständigen Verordnungen, die
sich auf eine gesetzliche Delegation stützen (Art. 164 Abs. 2 BV), prüft
es, ob sich der Bundesrat an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten
Befugnis gehalten hat. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation
ein sehr weiter Bereich des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsstufe
eingeräumt, so ist dieser Spielraum nach Art. 191 BV für das Bundesgericht
verbindlich. Es darf in diesem Fall bei der Überprüfung der Verordnung
nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen des Bundesrates
setzen, sondern hat seine Prüfung darauf zu beschränken, ob die Verordnung
den Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenz offensichtlich
sprengt oder aus anderen Gründen gesetzes- oder verfassungswidrig ist
(BGE 124 II 241 E. 3 S. 245; vgl. auch BGE 125 III 295 E. 2b S. 297).

    b) Die Beschwerdeführer kritisieren, dass die in der Verordnung
über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung enthaltenen
Immissionsgrenzwerte deren nicht-thermischen Wirkungen nicht ausreichend
Rechnung trügen und damit den massgeblichen Normen des Umweltschutzgesetzes
widersprächen. Sie stellen damit auch das der Verordnung zu Grunde liegende
Konzept in Frage.

    Nach Art. 13 USG legt der Bundesrat für die Beurteilung der schädlichen
oder lästigen Einwirkungen Immissionsgrenzwerte durch Verordnung fest. Er
berücksichtigt dabei auch die Wirkungen der Immissionen auf Personengruppen
mit erhöhter Empfindlichkeit wie Kinder, Kranke, Betagte und Schwangere und
legt die Immissionsgrenzwerte so fest, dass nach dem Stand der Wissenschaft
oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte Menschen, Tiere
und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaft und Lebensräume nicht gefährden
und die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich stören (Art. 14
lit. a und b USG). Die Anforderungen nach Art. 14 USG gelten zwar vorab
für Luftverunreinigungen, sind jedoch nach der Rechtsprechung auch auf die
Einwirkung von Strahlen anzuwenden, weil sie allgemeine Regeln wiedergeben
(BGE 124 II 219 E. 7a S. 230).

    Wie bereits dargelegt wurde (E. 3b), entsprechen die
Immissionsgrenzwerte im Anhang 2 NISV den Werten der ICNIRP, die
nicht-thermische Wirkungen der nichtionisierenden Strahlung ausser
Acht lassen. Die Beschränkung auf die thermischen Wirkungen erfolgte
deshalb, weil nur dafür erhärtete wissenschaftliche Erkenntnisse
vorliegen. Demgegenüber ist es für nicht-thermische Wirkungen zur Zeit
nicht möglich, eine Schwelle anzugeben, unterhalb derer keine Störung der
Gesundheit oder des Wohlbefindens der Bevölkerung mehr auftritt (WALKER,
aaO, S. 8). Obwohl zwar gewisse Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von
nichtionisierenden Strahlen auch nicht-thermische Wirkungen ausgehen, die
gefährlich oder lästig sein können, lässt sich also nach dem gegenwärtigen
Wissensstand eine Grenze zwischen schädlichen oder lästigen Belastungen
einerseits und unbedenklichen Belastungen anderseits nicht ziehen. Da
nach der angeführten gesetzlichen Umschreibung die Immissionsgrenzwerte
indessen gerade diese Grenze bestimmen sollen, müssen bei ihrer Festlegung
notwendigerweise jene Effekte ausgeklammert bleiben, bei denen mangels
ausreichender Kenntnisse und Erfahrungen eine solche Grenzziehung nicht
möglich ist (vgl. auch ROBERT WOLF, Elektrosmog: Zur Rechtslage bei
Erstellung und Betrieb von ortsfesten Anlagen, URP 1996, S. 113 f.).

    Es erscheint auch deshalb vertretbar, bei der Festsetzung
der Immissionsgrenzwerte die nicht-thermischen Wirkungen ausser
Acht zu lassen, weil genügend Raum besteht, ihnen im Rahmen der
vorsorglichen Emissionsbegrenzung gemäss Art. 11 Abs. 2 USG Rechnung
zu tragen. Massnahmen zur Vorsorge dienen gerade der Begrenzung noch
unüberschaubarer Risiken. Sie bezwecken, eine Sicherheitsmarge zu
schaffen, welche die Unsicherheit über die längerfristigen Wirkungen von
Umweltbelastungen berücksichtigt (BGE 124 II 219 E. 8a S. 232). Es steht
daher mit der Konzeption des Umweltschutzgesetzes im Einklang, wenn der
Schutz vor den nicht-thermischen Wirkungen nichtionisierender Strahlen
im Rahmen der vorsorglichen Emissionsbegrenzung gemäss Art. 11 Abs. 2
USG erfolgt. Dieses Vorgehen entspricht im Übrigen auch der bisherigen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 124 II 219 E. 8 S. 232 ff.).

    Das Konzept der neuen Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender
Strahlung und insbesondere die Festsetzung der Immissionsgrenzwerte in
Anhang 2 NISV halten sich somit an den von Art. 13 USG vorgezeichneten
Rahmen und sind daher nicht bundesrechtswidrig.

    c) Die Kritik der Beschwerdeführer richtet sich jedoch auch gegen die
Regelung der vorsorglichen Emissionsbegrenzungen in Art. 4 und im Anhang
1 NISV. Sie sei ungenügend und verletze daher das Umweltschutzgesetz.

    Nach Art. 11 Abs. 2 USG sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge
unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung so weit zu begrenzen,
als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar
ist. Angestrebt wird damit eine weitere Reduktion der Emissionen unterhalb
der durch die Immissionsgrenzwerte bezeichneten Schwelle. Doch lässt
sich aus Art. 11 Abs. 2 USG nicht ableiten, von einer Anlage Betroffene
hätten überhaupt keine Belastungen hinzunehmen. Die Vorsorge hat
hinsichtlich der Einwirkungen nicht zwingend eliminierenden Charakter,
sondern dient vor allem deren weiteren Begrenzung in Fällen, in denen die
Immissionsgrenzwerte eingehalten sind (BGE 124 II 517 E. 4a S. 520 f.).
Die Festlegung von vorsorglichen Emissionsbegrenzungen setzt zudem eine
Rücksichtnahme auf die technischen und betrieblichen Möglichkeiten sowie
auf die wirtschaftlichen Interessen des Emittenten voraus. Bei dieser
Abwägung von Schutz- und Nutzinteressen ist wie erwähnt insbesondere auch
nicht abschätzbaren Risiken Rechnung zu tragen (vgl. auch PETER SALADIN,
Schutz vor nicht-ionisierenden Strahlen nach schweizerischem Recht,
URP 1992, S. 512 ff.; WOLF, aaO, S. 121 f.).

    Die in der neuen Verordnung zur vorsorglichen Emissionsbegrenzung
festgesetzten Anlagegrenzwerte sind erheblich tiefer als die
Immissionsgrenzwerte. Im vorliegenden Fall beträgt der Anlagegrenzwert (4.0
V/m) weniger als 10 Prozent des Immissionsgrenzwerts für die elektrische
Feldstärke (41.25 V/m). Der Bundesrat hat die Anlagegrenzwerte im
Unterschied zu den Immissionsgrenzwerte nicht nach medizinischen Kriterien,
sondern auf Grund der technischen und betrieblichen Möglichkeiten und im
Blick auf die wirtschaftliche Tragbarkeit für die Mobilfunkbetreiber
festgesetzt. Einerseits wurde zur Wahrung einer Sicherheitsmarge
darauf geachtet, dass neue Emissionsquellen nicht zu nahe bei Orten mit
empfindlicher Nutzung errichtet werden. Anderseits war massgeblich, dass
neue Mobilfunkanlagen normalerweise die Anlagegrenzwerte einhalten können,
was nach den bisherigen Erfahrungen bei den gewählten Werten offenbar
der Fall ist (BUWAL, Erläuternder Bericht, S. 7; WALKER, aaO, S. 8).

    Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, inwiefern die Anlagegrenzwerte
für Mobilfunk und drahtlose Teilnehmeranschlüsse in Ziff. 7 des Anhangs
1 NISV den genannten gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen
sollten. Sie betonen lediglich, dass auch von Strahlen unterhalb der
Anlagegrenzwerte nicht-thermische Wirkungen ausgingen, und verweisen
auf verschiedene Erfahrungsberichte. Ihre Kritik erscheint insofern
verständlich, als die Anlagegrenzwerte gleich wie die Immissionsgrenzwerte
auf die Intensität der Strahlen abstellen und sich damit an deren
thermischer Wirkung orientieren. Sie bilden daher keinen verlässlichen
Massstab, um nicht-thermische Wirkungen nichtionisierender Strahlen zu
erfassen und davor zu schützen. Indessen besteht zur Zeit kein Mass zur
Beurteilung solcher Wirkungen. In dieser Situation muss die vorsorgliche
Emissionsbegrenzung notwendigerweise an Kriterien anknüpfen, die nicht
in direkter Abhängigkeit zu den nicht-thermischen Wirkungen stehen.
Der Bundesrat hat mit dem Erlass der fraglichen Anlagegrenzwerte den
ihm zustehenden Spielraum nicht überschritten. Sobald jedoch eine
sachgerechte und zuverlässige Quantifizierung der nicht-thermischen
Wirkungen nichtionisierender Strahlen auf Grund neuer Erkenntnisse möglich
ist, müssen die Immissions- und die Anlagegrenzwerte überprüft und soweit
nötig angepasst werden (vgl. auch BUWAL, Erläuternder Bericht, S. 6).

    Die im vorliegenden Fall massgebende vorsorgliche Emissionsbegrenzung
gemäss Art. 4 und Anhang 1 Ziff. 7 NISV erweist sich somit ebenfalls
als bundesrechtskonform.