Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 II 335



126 II 335

36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9.
August 2000 i.S. X. gegen Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement und
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Art. 8 EMRK; Art. 26 u. Art. 8a aAsylG; Art. 44 Abs. 2, Art.
51 Abs. 5 u. Art. 54 AsylG; Art. 39 AsylV 1; Art. 14a ff. ANAG;
Anspruch eines vorläufig aufgenommenen Flüchtlings auf Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung zwecks Familiennachzugs?

    Der vorläufig aufgenommene Flüchtling verfügt gestützt auf das
nationale Recht über kein gesichertes Anwesenheitsrecht, das ihm einen
Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verschaffen würde
(E. 1).

    Ein solches Recht ergibt sich auch nicht aus Art. 8 EMRK, nachdem
die Frage des Familiennachzugs heute nicht mehr von der Erteilung einer
kantonalen Aufenthaltsbewilligung abhängt, sondern vom Gesetzgeber
in Art. 51 Abs. 5 des Asylgesetzes bzw. Art. 39 der Asylverordnung 1
asylrechtlich geregelt wurde. Mit Blick auf Art. 8 EMRK ist allein
entscheidend, dass der Ausländer faktisch die Möglichkeit hat, das
Verhältnis zu seinen Familienangehörigen in angemessener Weise zu pflegen,
wozu jede Anwesenheitsberechtigung genügt, welche dies zulässt (E. 2 u. 3).

Sachverhalt

    Der aus der Türkei stammende Kurde X. reiste am 3. Oktober 1988 in
die Schweiz ein, wo er vergeblich um Asyl nachsuchte. Am 10. Februar 1993
nahm ihn das Bundesamt für Flüchtlinge aufgrund seiner hier ausgeübten
politischen Aktivitäten wiedererwägungsweise vorläufig auf. Es anerkannte
ihn als Flüchtling, versagte ihm aber wegen subjektiver Nachfluchtgründe
das Asyl (vgl. Art. 8a des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979; aAsylG,
AS 1990 938).

    X. bemühte sich in der Folge wiederholt, eine Aufenthaltsbewilligung
zu erhalten, um seine Familie nachziehen zu können. Die Fremdenpolizei
des Kantons Graubünden wies letztmals ein entsprechendes Gesuch am
7. September 1998 ab. Das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement sowie
das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden bestätigten diesen Entscheid
am 8. Dezember 1998 bzw. 5. März 1999: Als vorläufig Aufgenommener habe
X. nur jene Rechte, welche ihm das internationale Abkommen vom 28. Juli
1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention;
SR 0.142.30) einräume. Ihm stehe weder ein konventionsrechtlicher noch
ein gesetzlicher Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung zu. Da er über
kein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfüge, berufe er sich vergeblich
auf Art. 8 EMRK (SR 0.101); im Übrigen liege kein Härtefall im Sinne von
Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung
der Zahl der Ausländer (BVO, SR 823.21) vor.

    X. hat hiergegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem
Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Fremdenpolizei
des Kantons Graubünden anzuweisen, ihm die Jahresaufenthaltsbewilligung
zwecks Familiennachzugs zu erteilen. Nötigenfalls sei die Fremdenpolizei
anzuhalten, die Zustimmung des Bundesamts für Ausländerfragen hierzu
einzuholen und ihm die Jahresaufenthaltsbewilligung zu erteilen. Zur
Begründung beruft er sich auf Art. 8 EMRK.

    Mit Schreiben vom 22. Oktober 1999 fragte der Instruktionsrichter
X. an, ob und inwiefern er mit Blick auf Art. 39 der Asylverordnung 1
vom 11. August 1999 über Verfahrensfragen (Asylverordnung 1, AsylV 1; SR
142.311), welcher neu die Familienvereinigung von vorläufig aufgenommenen
Flüchtlingen regle, an seiner Beschwerde festzuhalten wünsche. X. ersuchte
hierauf, das Verfahren vorläufig zu sistieren. Am 14. Juni 2000 beantragte
er, dieses wieder aufzunehmen. Angesichts der bisherigen Verfahrensdauer
zur Behandlung des Gesuchs um Familienvereinigung beim Bundesamt für
Flüchtlinge und der Tatsache, dass Art. 39 AsylV 1 EMRK-widrig sei,
halte er an seiner Eingabe fest.

    Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gegen die Erteilung oder
Verweigerung von fremdenpolizeilichen Bewilligungen ausgeschlossen, auf die
das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3
OG). Gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) entscheidet die zuständige
Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit
dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und
Niederlassung. Der Ausländer bzw. seine allfällig in der Schweiz lebenden
Angehörigen haben damit grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihnen
eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ist ausgeschlossen, soweit nicht eine Norm des Bundesrechts oder eines
Staatsvertrags dem A-usländer oder seinen Angehörigen einen Anspruch auf
eine fremdenpolizeiliche Bewilligung einräumt (BGE 124 II 361 E. 1a S. 263
f.; 122 II 1 E. 1a S. 3 mit Hinweisen).

    b) Für die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde müssen
die formellen Voraussetzungen an sich im Zeitpunkt der Einreichung der
Beschwerde gegeben sein. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG nennt zwar eine
formelle Bedingung, basiert inhaltlich aber auf einer materiellrechtlichen
Grundlage. Die hierfür massgeblichen Verhältnisse, seien sie rechtlicher
oder tatsächlicher Natur, unterliegen dem Wandel. Das Bundesgericht stellt
deshalb bei der Prüfung dieses Zulässigkeitserfordernisses grundsätzlich
auf die konkreten Umstände im Zeitpunkt seines Entscheids ab (vgl. BGE
120 Ib 257 E. 1f S. 262 f.; 118 Ib 145 E. 2b/c S. 148 f.; 114 Ib 1 E. 3b
S. 4; PETER KARLEN, Verwaltungsgerichtsbeschwerde, in: GEISER/MÜNCH,
Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel/Frankfurt a.M. 1998,
FN 123 zu Rz. 3.64). Massgebend sind im vorliegenden Fall somit die
aktuellen Verhältnisse; in deren Rahmen ist der neuen Asylgesetzgebung
(Asylgesetz vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31, AS 1999 2262] und der
Asylverordnung 1 über Verfahrensfragen bzw. der Verordnung vom 11. August
1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen
[VVWA; SR 142.281], alle am 1. Oktober 1999 in Kraft getreten) Rechnung
zu tragen, auch wenn ausschliesslich die kantonale Verweigerung einer
fremdenpolizeilichen Bewilligung zur Diskussion steht.

    c) aa) Der Beschwerdeführer macht neben einer Verletzung von Art. 8
EMRK auch eine falsche Anwendung von Art. 13 lit. f BVO geltend. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen kantonale Entscheide über die
Verweigerung einer fremdenpolizeilichen Bewilligung, auf deren Erteilung
kein Anspruch besteht, ist indessen unzulässig, auch wenn die kantonale
Behörde - wie hier - im Bewilligungsentscheid vorfrageweise über die
Unterstellungsfrage entschieden bzw. im Rahmen ihres Ermessensentscheids
die zu Art. 13 lit. f BVO entwickelten Grundsätze beigezogen hat (BGE
122 II 186 ff.; ALAIN WURZBURGER, La jurisprudence récente du Tribunal
fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 1 S. 350).

    bb) Nach Art. 26 aAsylG hat der Flüchtling, dem Asyl gewährt
wurde, "Anspruch auf Regelung seiner Anwesenheit" im Kanton, in dem
er sich ordnungsgemäss aufhält; nach einem entsprechenden Aufenthalt
von fünf Jahren erwirbt er, soweit kein Ausweisungsgrund vorliegt,
die Niederlassungsbewilligung (Art. 28 aAsylG; vgl. BGE 122 II 1 E. 1d
S. 4 f.). Eine analoge Regelung kennt das neue Asylgesetz (SR 142.31):
Danach haben Personen, denen Asyl gewährt wurde, "Anspruch auf eine
Aufenthaltsbewilligung" im Kanton, in dem sie sich ordnungsgemäss aufhalten
(Art. 60 Abs. 1 AsylG); befinden sie sich seit mindestens fünf Jahren
ordnungsgemäss in der Schweiz, können sie um die Niederlassungsbewilligung
ersuchen, wenn gegen sie kein Ausweisungsgrund nach Art. 10 Abs. 1 lit. a
oder lit. b ANAG (gerichtliche Bestrafung bzw. mangelhafte Eingliederung
in die hiesige Ordnung) vorliegt (Art. 60 Abs. 2 AsylG).

    Das Bundesamt für Flüchtlinge hat dem Beschwerdeführer das Asyl
verweigert und ihn wegen subjektiver Nachfluchtgründe (Art. 8a aAsylG
bzw. Art. 54 AsylG) lediglich vorläufig aufgenommen, da der Vollzug der
Wegweisung in den Heimatstaat nicht zulässig und ein solcher in einen
Drittstaat nicht möglich sei. Dem Beschwerdeführer erwächst aus seinem
asylrechtlichen Status somit kein Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung;
ein solcher ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen Regeln des
Fremdenpolizeirechts (Art. 18 Abs. 1 aAsylG und Art. 44 Abs. 2 AsylG;
Botschaft des Bundesrats vom 4. Dezember 1995 zur Totalrevision des
Asylgesetzes sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
Niederlassung, BBl 1996 II 1 ff.). Es bleibt zu prüfen, ob er direkt
gestützt auf Art. 8 EMRK über ein entsprechendes Recht verfügt.

Erwägung 2

    2.- a) Art. 8 EMRK garantiert den Schutz des Familienlebens.
Unter gewissen Umständen lässt sich daraus ein Anspruch auf Erteilung
einer Anwesenheitsbewilligung ableiten, denn es kann Art. 8 EMRK
verletzen, wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörige hier weilen,
die Anwesenheit in der Schweiz untersagt und damit das Familienleben
vereitelt wird (BGE 118 Ib 145 E. 4 S. 152, 153 E. 3c S. 157; 116
Ib 353 E. 1b S. 355; 109 Ib 183 E. 2 S. 185 ff.). Voraussetzung ist
indessen, dass zumindest ein Familienangehöriger hier über ein gefestigtes
Anwesenheitsrecht verfügt; er muss grundsätzlich entweder das Schweizer
Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung besitzen. Eine blosse
Aufenthaltsbewilligung genügt hierzu nur, soweit sie ihrerseits auf einem
gefestigten Rechtsanspruch beruht (BGE 122 II 1 E. 1e, 289 E. 1c, 385
E. 1c; 119 Ib 91 E. 1c; WURZBURGER, aaO, S. 286 mit Hinweisen; DENISE
BUSER, Bemerkungen zu BGE 122 II 1 1, in AJP 1996 S. 621 f.; vgl. auch
STEPHAN BREITENMOSER, Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
in der Schweizer Rechtsprechung zum Ausländerrecht, in EuGRZ 1993 S. 537
ff.; PETER MOCK, Convention européenne des droits de l'homme, immigration
et droit au respect de la vie familiale, in AJP 1996 S. 543 f.; ders.,
Mesures de police des étrangers et respect de la vie privée et familiale,
in ZSR 112/1993 I S. 104 f.). Für einen auf Art. 8 EMRK gestützten Anspruch
auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung genügt nicht, dass ein Entscheid
einer Fremdenpolizeibehörde lediglich geeignet ist, die Gestaltung des
Familienlebens irgendwie zu beeinflussen. Wer selber keinen Anspruch auf
längere Anwesenheit hat, vermag einen solchen auch nicht einer Drittperson
zu verschaffen, selbst wenn eine gelebte familiäre Beziehung zur Diskussion
stehen sollte (BGE 119 Ib 91 E. 1c S. 94, mit Hinweis; WURZBURGER, a.a.O,
S. 286).

    b) Der Beschwerdeführer ersucht um die Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung, da nur diese ihm erlaube, gestützt auf Art. 7
der Verordnung vom 25. November 1987 über die vorläufige Aufnahme von
Ausländern (AS 1987 1669 ff., 1995 5041) seine Familie gegebenenfalls
nachzuziehen. Da er sein Familienleben nirgendwo sonst leben könne, sei
das Ermessen der kantonalen Behörden durch Art. 8 Ziff. 1 EMRK beschränkt;
ihm sei deshalb die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, damit er seine
Familie nachziehen könne.

    aa) Das Bundesgericht hat bisher angenommen, dass der vorläufig
aufgenommene Ausländer - einschliesslich des Flüchtlings, dem wegen
Asylausschlussgründen der Schutz nach dem nationalen Recht verweigert
wird - über kein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügt, das ihm unter
Berufung auf Art. 8 EMRK erlauben würde, seine Familie nachzuziehen
(unveröffentlichte Urteile vom 18. Oktober 1999 i.S. Z., E. 1c/bb;
vom 15. Mai 1996 i.S. E., E. 1c; vom 11. Januar 1996 i.S. F., E. 1e;
vom 15. Dezember 1993 i.S. A., E. 1; vom 27. Februar 1990 i.S. M.,
E. 1; vom 14. August 1989 i.S. B., E. 2b; vgl. auch WURZBURGER, aaO, S.
286). Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers besteht kein Anlass,
im vorliegenden Fall hierauf zurückzukommen bzw. seine faktisch geduldete
Anwesenheit als derart gefestigt zu werten, dass ihm ein Anspruch auf
Erteilung der Anwesenheitsbewilligung einzuräumen oder ihm direkt gestützt
auf Art. 8 EMRK der Familiennachzug zu bewilligen wäre:

    bb) Der Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene war bis zum
1. Oktober 1999 in Art. 7 der bereits erwähnten Verordnung vom 25. November
1987 über die vorläufige Aufnahme (und die Internierung) von Ausländern
geregelt. Diese Bestimmung machte die Bewilligung des Familiennachzugs
unter anderem davon abhängig, dass die kantonale Fremdenpolizei vorgängig
bereit war, dem Ausländer eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Sie
knüpfte damit an die allgemeine Regel von Art. 4 ANAG an, wonach dem
Ausländer bzw. seinen Angehörigen grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung
einer fremdenpolizeilichen Bewilligung zukommt. Nach Art. 18 Abs. 1 aAsylG
regelte das Bundesamt für Flüchtlinge das Anwesenheitsverhältnis nach den
gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern,
soweit der Vollzug der Wegweisung - wie hier - nicht möglich, nicht
zulässig oder nicht zumutbar war (Non-Refoulementverbot: Art. 45 aAsylG
und Art. 33 Flüchtlingskonvention). Fallen diese Voraussetzungen, die im
Wesentlichen auch heute noch gelten, dahin, ist die vorläufige Aufnahme
aufzuheben; sie erlischt überdies von sich aus, wenn der Ausländer
freiwillig ausreist oder eine Aufenthaltsbewilligung erhält (Art. 14b
Abs. 2 ANAG). Die vorläufige Aufnahme eines Flüchtlings, dem das Asyl
unter Wegweisung aus der Schweiz verweigert wurde und dessen Rechtsstellung
sich deshalb ausschliesslich nach der Flüchtlingskonvention richtet, hat
damit zum Vornherein bloss provisorischen Charakter (vgl. zur vorläufigen
Aufnahme wegen Nachfluchtgründen den Grundsatzentscheid der Schweizerischen
Asylrekurskommission vom 7. März 1995, in: VPB 60/1996 Nr. 32 S. 285). Sie
besteht nur solange, als der Vollzug der angeordneten Wegweisung nicht
zulässig, nicht möglich oder nicht zumutbar ist, und begründet als solche
kein gefestigtes Anwesenheitsrecht im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 8
EMRK (vgl. auch die Weisung des EJPD vom 22. Februar 1993 über die Regelung
des Aufenthaltes, Ziff. 5.9.1).

    cc) Das Bundesgericht hat bisher die Frage offen gelassen,
wie es sich verhielte, wenn die - als Provisorium konzipierte
(vgl. Art. 14c ANAG) - vorläufige Aufnahme über viele Jahre hinweg
verlängert werden müsste und damit faktisch zu einem Dauerstatus
würde; dem Betroffenen könnte unter diesen Umständen zwar nicht ein
rechtliches, doch zumindest ein faktisches Anwesenheitsrecht zukommen,
das allenfalls einen Familiennachzug zu rechtfertigen vermöchte bzw. die
Schweiz verpflichten könnte, dem Beschwerdeführer ein Anwesenheitsrecht
einzuräumen, welches es ihm erlauben würde, die für einen Familiennachzug
diesbezüglich erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen
(unveröffentlichtes Urteil vom 11. Januar 1996 i.S. F., E. 1e; vgl. auch
KÄLIN/CARONI, Diskriminierungsverbot und Familiennachzug, in: TANGRAM,
Bulletin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Nr. 4, März 1998,
S. 58). Der Beschwerdeführer ist nunmehr seit über sieben Jahren als
anerkannter Flüchtling in der Schweiz, wobei er sein Familienleben weder
in seinem Heimatstaat noch in einem anderen Land angemessen leben kann. Er
verfügt heute offenbar wieder über eine Arbeitsstelle und scheint sich auch
sonst integriert zu haben. Hinsichtlich seiner familiären Verhältnisse
legt er - entgegen seiner grundsätzlichen Mitwirkungspflicht (vgl. BGE
124 II 361 E. 2b S. 365) - jedoch nicht dar, ob und inwiefern er während
seiner Anwesenheit die Beziehungen zu seiner Frau und seinen Kindern im
Rahmen des Möglichen (brieflicher und telefonischer Verkehr, Besuche in
der Schweiz usw.) trotz der räumlichen Trennung gepflegt hat. Aus den
Akten ist ebenfalls nicht ersichtlich, ob durch die Verweigerung der
Bewilligung tatsächlich in eine intakte, gelebte familiäre Beziehung
(vgl. BGE 122 II 1 E. 1e S. 5) eingegriffen wird.

Erwägung 3

    3.- a) Weitere diesbezügliche Abklärungen erübrigen sich indessen:
Art. 8 EMRK gilt nicht absolut. Die Europäische Menschenrechtskonvention
verschafft grundsätzlich weder ein Recht auf Asyl noch ein solches
auf Aufenthaltsbewilligung oder -verlängerung (HAEFLIGER/SCHÜRMANN,
Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl.,
Bern 1999, S. 261 f.). Es kann daraus weder ein Recht auf eine bestimmte
Bewilligungsart (vgl. BGE 122 II 385 E. 1b mit Hinweisen) noch auf die Wahl
des den Betroffenen für das Familienleben am geeignetsten erscheinenden
Orts abgeleitet werden (MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen
Menschenrechtskonvention [EMRK], 2. Aufl., Zürich 1999, Rz. 576, S. 370;
ALEXANDRA GERBER/BÉATRICE MÉTRAUX, Le regroupement familial des réfugiés,
requérants d'asile et des personnes admises provisoirement, in: WALTER
KÄLIN, Droit des réfugiés, Fribourg 1991, S. 101). Entscheidend ist
allein, dass der Ausländer faktisch die Möglichkeit hat, das Verhältnis
zu seinen Familienangehörigen in angemessener Weise zu pflegen, wozu mit
Blick auf Art. 8 EMRK jede Anwesenheitsberechtigung genügt, welche dies
zulässt (BGE 122 II 385 E. 1b; GERBER/MÉTRAUX, aaO, S. 111).

    b) Das neue Asylrecht enthält mit Art. 39 AsylV 1 nunmehr eine
spezialgesetzliche Bestimmung, welche dies erlaubt, weshalb es sich - für
den Familiennachzug aufgenommener Flüchtlinge - nicht mehr rechtfertigt,
einen ausländerrechtlichen Bewilligungsanspruch aus Art. 8 Ziff. 1
EMRK abzuleiten: Nach Art. 51 Abs. 5 AsylG regelt der Bundesrat für
Flüchtlinge, die vorläufig aufgenommen worden sind, die Voraussetzungen
für die Vereinigung ihrer Familie in der Schweiz. Gestützt hierauf
erliess er Art. 39 AsylV 1, wonach das Bundesamt für Flüchtlinge -
nach Einreichung eines Asylgesuchs durch die Familienangehörigen von
vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen bei einer schweizerischen Vertretung
im Ausland - die Einreise in die Schweiz bewilligt, wenn ihr Angehöriger
nicht innert dreier Jahre nach der vorläufigen Aufnahme als Flüchtling
in einen Drittstaat weiterreisen kann. Das Bundesamt darf auf Grund der
Stellungnahme der kantonalen Behörde die Einreise verweigern, wenn die
sich in der Schweiz aufhaltenden vorläufig aufgenommenen Flüchtlinge es
offensichtlich unterlassen, ihre Lage zu verbessern, namentlich, falls
sie eine ihnen zugewiesene zumutbare Arbeit nicht annehmen (Art. 39
Abs. 2 lit. a AsylV 1), ohne Absprache mit der zuständigen Stelle ein
Arbeitsverhältnis auflösen oder dessen Auflösung verschulden und damit
ihre Lage verschlechtern (Art. 39 Abs. 2 lit. b AsylV 1) oder mit ihrem
allgemeinen Verhalten und ihren Handlungen erkennen lassen, dass sie nicht
gewillt oder nicht fähig sind, sich in die hiesige Ordnung einzufügen
(Art. 39 Abs. 2 lit. c AsylV 1). Die Familienmitglieder sind nach ihrer
Einreise als Flüchtlinge anzuerkennen und - sofern sie nicht selber die
Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG erfüllen - ebenfalls vorläufig
aufzunehmen. Die durch Art. 8 EMRK geschützten familiären Beziehungen
können damit, soweit völkerrechtlich geboten, in der Schweiz gelebt werden;
ein Anspruch auf die Erteilung einer kantonalen Aufenthaltsbewilligung
ist hierfür nicht erforderlich, weshalb sich die Frage, ob bei einem
langjährigen faktischen Anwesenheitsrecht eines Flüchtlings ein
fremdenpolizeirechtlicher Anspruch auf eine kantonale Bewilligung zu
bejahen wäre, nicht mehr stellt. Der Beschwerdeführer hat beim Bundesamt
für Flüchtlinge ein Gesuch um Familiennachzug eingereicht; ob die
Voraussetzungen hierfür gegeben sind, bildet zurzeit Gegenstand weiterer
Abklärungen. Beim Entscheid, ob den Angehörigen des Beschwerdeführers
die Einreise erlaubt werden kann und sie ebenfalls vorläufig aufzunehmen
sind, wird das Bundesamt Art. 8 EMRK Rechnung tragen müssen, da diese
Bestimmung nicht nur die Fremdenpolizei-, sondern auch die Asylbehörden
bindet. Gegen einen allfällig negativen Entscheid steht der Rechtsweg an
die Schweizerische Asylrekurskommission offen (vgl. Art. 25 in Verbindung
mit Art. 44 u. 45 Abs. 1 lit. e und Art. 105 Abs. 1 lit. c AsylG),
womit auch der Rechtsweggarantie von Art. 13 EMRK Genüge getan ist. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht bleibt ausgeschlossen
(vgl. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziffern 1, 2, 4 und 5 OG).
   c) Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht:

    aa) Entgegen seinen Ausführungen hat nicht jeder vorläufig Aufgenommene
vorbehaltlos und sofort gestützt auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK einen Anspruch auf
Aufenthaltsbewilligung und Familiennachzug. Art. 8 EMRK verbietet nicht,
die Einwanderung und den Zugang zum Staatsgebiet zu regeln und an gewisse
Bedingungen zu knüpfen, so lange die materiellen und prozessualen Garantien
der Europäischen Menschenrechtskonvention beachtet sind (vgl. WILDHABER,
Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention,
Art. 8, Rz. 416 f.; MICHELE DE SALVIA, Compendium de la CEDH, Les principes
directeurs de la jurisprudence relative à la Convention européenne des
droits de l'homme, Kehl/Strassburg/Arlington 1998, Rz. 12 zu Art. 8;
PETER ZIMMERMANN, Der Grundsatz der Familieneinheit im Asylrecht der
Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz, Berlin 1991, S. 100 ff.;
KÄLIN/CARONI, aaO, S. 52). Gestützt auf Art. 8 EMRK besteht kein absolutes
Recht auf Einreise. Hat - wie hier - der Betroffene selber die Entscheidung
getroffen, zumindest vorübergehend von seiner Familie getrennt zu leben
(Nachfluchtgründe), so verstösst es nicht ohne weiteres gegen das Recht
auf Schutz seines Familienlebens, wenn ihm die Einreise von Angehörigen
untersagt oder diese an gewisse Bedingungen geknüpft wird (FROWEIN/PEUKERT,
Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/Arlington
1996, Rz. 26 zu Art. 8, S. 357). Die meisten europäischen Staaten gewähren
ein Recht auf Nachzug der engeren Familie erst nach einer gewissen
Zeit, wenn der Unterhalt gesichert erscheint und eine geeignete Wohnung
vorhanden ist (FROWEIN/PEUKERT, aaO, Rz. 26 zu Art. 8). Entsprechende
Einschränkungen sind umso berechtigter, wenn der Staat - wie hier -
wegen Asylunwürdigkeit oder subjektiver Nachfluchtgründe davon absieht,
dem nachzugswilligen Ausländer ein Anwesenheitsrecht zu gewähren, und
sich in Respektierung seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen darauf
beschränkt, die angeordnete Wegweisung vorübergehend nicht zu vollziehen.

    bb) Zwar ist in der Literatur die bisherige, als zu streng empfundene
Praxis mit Blick auf Art. 8 EMRK kritisiert worden (RUEDI ILLES, Das
Recht auf Familienleben von Asylsuchenden und vorläufig aufgenommenen
Ausländern, in: A-syl 2/99 S. 8 ff.; ZIMMERMANN, aaO, S. 251 ff.;
ACHERMANN/HAUSAMMANN, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern/Stuttgart
1991, S. 46 ff. u. 127 f.; HANS HEGETSCHWEILER, Die Familienzusammenführung
von vorläufig Aufgenommenen und anderen Personen, die kein Asyl und keine
Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz haben, in: Asyl 1/89 S. 7 ff.;
MARC SPESCHA, Handbuch zum Ausländerrecht, Bern/Stuttgart/Wien 1999,
S. 94 ff.). Den entsprechenden Einwänden hat der Gesetzgeber inzwischen
aber in Art. 51 Abs. 5 AsylG Rechnung getragen, indem er dem Bundesrat die
Kompetenz eingeräumt hat, für Flüchtlinge, die - wie der Beschwerdeführer -
vorläufig aufgenommen sind, die Voraussetzungen für eine Vereinigung der
Familie in der Schweiz zu regeln. In der Botschaft führte der Bundesrat
aus:

    "Bei Absatz 5 handelt es sich um die Ausnahmefälle, in denen einem

    Flüchtling nicht Asyl, sondern aufgrund des Vorliegens eines

    Asylausschlussgrundes eine vorläufige Aufnahme gewährt wurde. Auf diese

    Personenkategorie haben bisher in bezug auf die Familienzusammenführung
   die strengen Regeln der Verordnung vom 25. November 1987 über
   die vorläufige Aufnahme von Ausländern (SR 142.281; Änderung vom
   22. November

    1995) und der BVO Anwendung gefunden (vgl. Art. 3 Abs. 2 AsylV 1). Da
   diese Personen aufgrund ihrer Flüchtlingseigenschaft kaum aus
   der Schweiz ausreisen werden, soll der Bundesrat die Möglichkeit
   haben, differenzierte und abgestufte Voraussetzungen für eine
   Familienvereinigung in der Schweiz aufzustellen. Dabei können die in
   die Schweiz nachziehenden

    Familienmitglieder der vorläufig aufgenommenen Flüchtlinge ebenfalls
   höchstens denselben Rechtsstatus erlangen, den die Flüchtlinge selbst
   besitzen" (BBl 1996 II 70).

    cc) Gestützt hierauf erging Art. 39 AsylV 1, in dessen Rahmen der
Beschwerdeführer - sollte er die entsprechenden Voraussetzungen, welche
weniger streng sind als jene von Art. 38 und 39 BVO und für die er keine
kantonale Aufenthaltsbewilligung erhältlich machen muss (vgl. für andere
vorläufig Aufgenommene die Regelung in Art. 24 VVWA), erfüllen - seine
Familie asylrechtlich wird nachziehen können. Den Einwand, Art. 39 AsylV
1 sei als solcher mit Art. 8 EMRK unvereinbar, hat gegebenenfalls die
Eidgenössische Asylrekurskommission zu prüfen, nachdem der Gesetzgeber
die Familienvereinigung von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen nunmehr
spezialgesetzlich im Asylbereich geregelt hat (vgl. die Weisung 52.1 des
Bundesamts für Flüchtlinge zum Asylgesetz vom 20. September 1999 über
die Regelung des Aufenthaltes von asylsuchenden, schutzbedürftigen und
vorläufig aufgenommenen Personen sowie Flüchtlingen, Ziff. 6.8.2). Erst
bei einem allfälligen Vollzug der Wegweisung - in dessen Rahmen wiederum
die Einheit der Familie zu respektieren sein wird (Art. 44 Abs. 1 AsylG) -
wird sich die Frage eines Härtefalls erneut stellen können, die dannzumal
asyl- (vgl. Art. 105 Abs. 1 lit. e AsylG) oder ausländerrechtlich zu
beantworten sein wird (vgl. ANDREAS ZÜND, Schwerwiegende persönliche
Notlage und fremdenpolizeilicher Härtefall in verfahrensrechtlicher
Hinsicht, in: Asyl 2/00 S. 11 ff.).

    dd) Die vom Bundesrat in die Asylverordnung aufgenommene Regelung
trägt der in der Doktrin geübten Kritik an der bisher ausländerrechtlich
verankerten Regelung des Familiennachzugs vorläufig aufgenommener
Flüchtlinge in weiten Teilen Rechnung. So ist HEGETSCHWEILER in
seinen Ausführungen etwa davon ausgegangen, dass, losgelöst von einer
Aufenthaltsbewilligung, dann ein Anspruch auf Familiennachzug zu bejahen
sei, wenn der Ausländer sich während dreier Jahre hier aufgehalten und
vor der Einreise mit den betreffenden Familienangehörigen zusammengelebt
habe, soweit keine konkreten Anzeichen für eine Rückkehrmöglichkeit
in das Heimatland oder eine Ausreise in ein Drittland bestehen würden;
zudem müsse der Betroffene gewisse minimale persönliche und wirtschaftliche
Voraussetzungen erfüllen (HEGETSCHWEILER, aaO, S. 9; vgl. auch ZIMMERMANN,
aaO, S. 252). Dies entspricht der neuen Regelung für vorläufig aufgenommene
Flüchtlinge. ILLES legt seinerseits dar, dass die der Rechtsprechung
des Bundesgerichts zugrunde liegende Idee, wonach niemand mehr Rechte
übertragen könne, als er selber habe, nicht tangiert werde, soweit die
vorläufige Aufnahme eines Familienangehörigen lediglich zur vorläufigen
Aufnahme des anderen führe. Auf diesem Konzept beruht wiederum Art. 39
AsylV 1, wenn er in Abs. 3 den Einbezug in die vorläufige Aufnahme als
Flüchtling (abgeleitete Verfolgung) vorsieht, soweit der Betroffene nicht
selber die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3 AsylG erfüllt.

    Auf die vorliegende Beschwerde ist deshalb in Anwendung von Art. 100
Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG nicht einzutreten. Sollte das Bundesamt für
Flüchtlinge das Gesuch des Beschwerdeführers nicht innert nützlicher
Frist behandeln, wird er sich hiergegen wegen Rechtsverzögerung wehren
können. Dabei wird mit Blick auf Art. 8 EMRK der Tatsache Rechnung zu
tragen sein, dass er sich nunmehr bereits seit mehr als sieben Jahren
als vorläufig aufgenommener Flüchtling in der Schweiz befindet.

    d) Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob und inwiefern
der Beschwerdeführer heute noch über ein aktuelles und praktisches
Interesse an seiner Eingabe verfügt (Art. 103 lit. a OG), nachdem
sich die von ihm beabsichtigte Familienzusammenführung asylrechtlich
realisieren lässt und er ausschliesslich mit Blick hierauf um eine
Aufenthaltsbewilligung im Kanton Graubünden nachgesucht hat. Unter
welchen Umständen andere vorläufig aufgenommene Personen (vgl. zu diesen
Art. 24 VVWA) allenfalls einen Anspruch auf eine ausländerrechtliche
Bewilligung aus Art. 8 Ziff. 1 EMRK ableiten können, ist - weil nicht
Verfahrensgegenstand - hier nicht weiter zu prüfen.