Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 II 300



126 II 300

32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 3. Mai 2000 i.S. Ruth Gonseth gegen Stadtrat Liestal,
Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 7, 11, 13 und 15 USG, Art. 4 LSV; Schiesslärm am Liestaler
Banntag; Art. 10 BV, Art. 2 und 8 EMRK; Anspruch auf körperliche
Unversehrtheit.

    Rechtsmittel: Stadträtliche Weisungen können als Allgemeinverfügungen
Gegenstand einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde bilden (E. 1a). Zur
Zulässigkeit von Feststellungsbegehren (E. 2c und d).

    Die am Liestaler Banntag verwendeten Gewehre sind als Geräte den
Anlagen im Sinne von Art. 7 Abs. 7 USG gleich gestellt (E. 4a).

    Lärmschutzrechtliche Beurteilung des Schiesslärms am Banntag (E. 4b-e).

    Die stadträtlichen Weisungen, die das Schiessen am Banntag regeln,
verstossen weder gegen Umweltrecht (E. 4e/ee) noch gegen grundrechtliche
Schutzpflichten des Staates (E. 5).

Sachverhalt

    Der Banntag ist ein in der Nordwestschweiz, vor allem im Kanton
Basel-Landschaft, seit Jahrhunderten geübter Brauch. Dabei werden jeweils
im Frühjahr in Rotten die Gemeindegrenzen abgeschritten. In manchen
Gemeinden, so unter anderem in Liestal, werden Gewehre mitgeführt, mit
denen ohne Kugeln geschossen wird.

    Der Stadtrat Liestal erliess am 26. März 1996 Weisungen betreffend das
Schiessen am Banntag 1996 in Liestal. Gegen diese Weisungen erhob Ruth
Gonseth Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Für
den Banntag 1997 erliess der Stadtrat neue, teilweise geänderte Weisungen,
welche Ruth Gonseth abermals mit Beschwerde beim Regierungsrat anfocht. Der
Regierungsrat wies die Beschwerden am 7. Juli 1998 ab.

    Ruth Gonseth gelangte gegen diesen Entscheid an das Verwaltungsgericht
des Kantons Basel-Landschaft.

    Am 1. Januar 1999 trat eine Verordnung des Regierungsrates vom
15. Dezember 1998 über das Schiessen am Banntag in Kraft. Diese erlaubt
das Schiessen ohne Kugeln im Siedlungsgebiet während einer bestimmten Zeit
innerhalb von festgesetzten Schiesszonen und beauftragt den Gemeinderat,
die Schiesszeiten und Schiesszonen festzulegen.

    Mit Urteil vom 7. April 1999 erwog das Verwaltungsgericht,
die Weisungen verletzten weder das eidgenössische Umweltschutz-
und Sprengstoffrecht noch das Grundrecht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit. Demgemäss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

    Ruth Gonseth erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es
sei festzustellen, dass die Weisungen des Stadtrats Liestal 1996 und 1997
Bundesrecht und die EMRK (SR 0.101) verletzten.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen
letzter kantonaler Instanzen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes
stützen oder richtigerweise stützen sollten (Art. 97 OG in Verbindung
mit Art. 5 VwVG, Art. 98 lit. g OG; BGE 124 I 223 E. 1a/aa). Verfügungen
sind Anordnungen im Einzelfall, das heisst individuelle, an den Einzelnen
gerichtete Anordnungen, durch welche ein konkretes verwaltungsrechtliches
Rechtsverhältnis rechtsgestaltend oder feststellend in erzwingbarer Weise
geregelt wird (Art. 5 VwVG; BGE 125 I 313 E. 2a S. 316; 121 II 473 E.
2a S. 477). Als anfechtbare Verfügungen gelten auch Allgemeinverfügungen,
das heisst Anordnungen, die sich an unbestimmt viele Personen wenden, aber
einen konkreten Sachverhalt regeln (BGE 125 I 313 E. 2a S. 316; 119 Ia 141
E. 5c/cc S. 150; 112 Ib 249 E. 2b S. 251 f.). Sie sind zu unterscheiden
von Erlassen, das heisst generell-abstrakten Normen. Solche können beim
Bundesgericht nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sondern nur mit
staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (vgl. Art. 84 Abs. 1 OG;
BGE 121 II 473 E. 2b S. 478).

    Die umstrittenen Weisungen richten sich an die Banntagsschützen,
einen nicht namentlich bekannten, aber bestimmbaren, eingeschränkten
Personenkreis. Sie regeln das Verhalten dieser Personen an einem
bestimmten einmaligen Anlass (Banntag 1996 bzw. 1997). Sie gelten
formell zwar für das ganze Gemeindegebiet, in erster Linie - und einzig
streitig - jedoch für das Schiessen im Zentrum von Liestal. Sie regeln
damit konkret das Schiessen an einem begrenzten Ort zu einem bestimmten
Zeitpunkt und sind daher als Allgemeinverfügungen zu betrachten, die der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen.

    b) Das Verwaltungsgericht hat die Weisungen nach dem eidgenössischen
Umweltrecht und Sprengstoffrecht beurteilt. Die angefochtene
Verfügung stützt sich somit auf Bundesverwaltungsrecht. Im Rahmen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann auch die gerügte Verletzung
verfassungsmässiger Rechte beurteilt werden (Art. 104 lit. a OG; BGE 123
II 289 E. 1c S. 291 mit Hinweis).

    c) Die Beschwerdeführerin ist als Einwohnerin von Liestal durch das
von ihr beanstandete Schiessen mehr als jedermann betroffen und daher
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (Art. 103 lit. a OG).

    Umstritten sind Weisungen, welche Anlässe regeln, die bereits in
den Jahren 1996 bzw. 1997 durchgeführt wurden. Da indessen analoge
Weisungen auch in den folgenden Jahren möglich und zu erwarten sind,
die Beurteilung dieser Weisungen angesichts der erheblichen politischen
Diskussion um den Banntag im öffentlichen Interesse liegt und ansonsten nie
eine rechtzeitige letztinstanzliche Beurteilung möglich wäre, besteht ein
aktuelles Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Beantwortung
der aufgeworfenen Rechtsfragen. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ist somit grundsätzlich einzutreten.

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, das Urteil des
Verwaltungsgerichts sei aufzuheben. Als Folge des im Beschwerdeverfahren
geltenden Devolutiveffekts ist das Urteil des Verwaltungsgerichts an
die Stelle des bei ihm angefochtenen Entscheids des Regierungsrats und
der diesem zugrunde liegenden Weisungen getreten. Diese sind daher mit
dem Antrag auf Aufhebung des Verwaltungsgerichtsurteils notwendigerweise
mitangefochten (BGE 125 II 29 E. 1c S. 33).

    b) Die Beschwerdeführerin beantragt neben der Aufhebung der
stadträtlichen Weisungen auch die Feststellung, dass die Weisungen
Bundesrecht und die EMRK verletzten. Es fragt sich, ob auf ein derartiges
Feststellungsbegehren eingetreten werden kann.

    c) Wer ein schutzwürdiges rechtliches oder tatsächliches Interesse
nachweist, kann den Erlass einer Feststellungsverfügung über den
Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher
Rechte oder Pflichten verlangen (Art. 25 VwVG; BGE 123 II 402 E. 4b/aa
S. 413; 120 Ib 351 E. 3a S. 355). Ein solcher Anspruch besteht auch im
bundesgerichtlichen Verfahren (Art. 25 BZP [SR 273] in Verbindung mit
Art. 40 OG; BGE 122 II 97 E. 3; 108 Ib 19 E. 1c S. 22 f.). Indessen kann
die Feststellungsverfügung nicht abstrakte, theoretische Rechtsfragen
zum Gegenstand haben, sondern nur konkrete Rechte oder Pflichten (BGE
123 II 16 E. 2b S. 21; 122 II 97 E. 3; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl.,
Zürich 1998, S. 75 Rz. 201). Sie ist zudem nur zulässig, wenn das
schutzwürdige Interesse nicht ebensogut mit einer rechtsgestaltenden
Verfügung gewahrt werden kann (BGE 123 II 402 E. 4b/aa S. 413; 121 V 311
E. 4a S. 317 f.; 114 V 201 E. 2c S. 203).

    Da sich die Beschwerdeführerin auf ein schutzwürdiges Interesse an
einer weiter gehenden Begrenzung des Schiesslärms stützen kann, durfte
sie von der zuständigen Behörde den Erlass einschränkender Anordnungen
verlangen (BGE 120 Ib 351 E. 3b S. 355; KÖLZ/HÄNER, aaO, S. 78 Rz. 213;
HANS RUDOLF TRÜEB, Rechtsschutz gegen Luftverunreinigung und Lärm, Zürich
1990, S. 217). Lehnt die Behörde den Erlass der entsprechenden Massnahmen
ab, so kann dieser ablehnende Entscheid weitergezogen werden (vgl. BGE
124 II 272; 123 II 74; Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998 in URP
1998 S. 529 ff. und in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904). Tritt die Behörde auf
das Begehren nicht ein, so kann dies mit Rechtsverweigerungsbeschwerde
beanstandet werden (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Oktober 1996,
auszugsweise publiziert in URP 1997 S. 35, E. 4a; SCHRADE/LORETAN,
Kommentar USG, Rz. 13 zu Art. 11; HANS RUDOLF TRÜEB, Die Vollzugsklage
im Umweltrecht, URP 1990 S. 423 ff., 428 f., 436 f.). Dabei müssen jedoch
konkrete, bestimmte Massnahmen verlangt werden. Die generelle Beanstandung,
eine Behörde sei in rechtswidriger Weise untätig geblieben oder habe
ungenügende Massnahmen ergriffen, kann nur als Aufsichtsbeschwerde
vorgebracht werden, die dem Anzeiger keinerlei Parteirechte verschafft und
gegen deren Behandlung kein Rechtsmittel besteht (BGE 124 II 383 E. 1 S.
385; 120 Ib 351 E. 5 S. 358 f.; TRÜEB, aaO, URP 1990 S. 437). Da die
Beschwerdeführerin die Möglichkeit hatte, konkrete rechtsgestaltende
Anordnungen zu beantragen, könnte auf ein bloss allgemein gehaltenes
Feststellungsbegehren nicht eingetreten werden.

    d) Aus der Beschwerde an das Bundesgericht wie auch aus den
Rechtsschriften im kantonalen Verfahren geht nicht eindeutig hervor,
welche Massnahmen die Beschwerdeführerin verlangt. Das Verwaltungsgericht
hat entschieden, dass das Schiessen, so, wie es in den Weisungen 1996
und 1997 zugelassen wird, mit dem Bundesrecht vereinbar sei.

    Im vorliegenden Verfahren ist zu beurteilen, ob das solcherart
zugelassene Schiessen mit dem Bundesrecht vereinbar ist. Dabei können die
Ausführungen der Beschwerdeführerin dahin gehend interpretiert werden,
dass sie bestimmte Massnahmen verlangt, um die Gefährdung durch das
Schiessen zu reduzieren, und dass als solche Massnahmen in erster Linie
das Verlegen des Schiessens auf ausserhalb der Ortschaft Liestal, eventuell
aber auch Einschränkungen des Schiessens innerorts ins Auge gefasst werden
sollen. Auf das entsprechend ausgelegte Begehren der Beschwerdeführerin
kann eingetreten werden.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin rügt verschiedentlich eine unrichtige oder
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und eine
Beeinträchtigung des rechtlichen Gehörs, indem die Vorinstanz auf bestimmte
ihrer Vorbringen nicht eingegangen sei oder beantragte Beweismittel nicht
erhoben habe.

    a) Nachdem als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden hat,
ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden,
soweit dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 105
Abs. 2 OG).

    b) Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid
die Darstellung des Sachverhalts durch die Beschwerdeführerin
wiedergegeben. Diese Darstellung war im Wesentlichen
unbestritten. Insbesondere wurden die Ausführungen der Beschwerdeführerin,
es habe in der Vergangenheit an Banntagen verschiedentlich Unfälle
mit Gehörschädigungen gegeben, von keiner Seite bestritten. Das
Verwaltungsgericht ist bei seinen rechtlichen Erwägungen offensichtlich
von diesen unbestrittenen und aktenkundigen Sachverhaltsfeststellungen
ausgegangen. Ausdrücklich ging es wie die Beschwerdeführerin davon
aus, dass das Schiessen gefährdende Einwirkungen auf die Gesundheit der
betroffenen Bevölkerung habe. Unter diesen Umständen erübrigte es sich,
den Sachverhalt im Einzelnen und detailliert aufzulisten oder die von
der Beschwerdeführerin beantragten Beweiserhebungen betreffend eines
konkreten Unfalls durchzuführen.

    c) Unbegründet ist auch die Rüge, es hätten weitere Akten der
kantonalen Abteilung Lärmschutz, namentlich Messresultate von Lärmmessungen
am Banntag, beigezogen werden müssen. Es ist nicht bestritten, dass die
am Banntag verwendeten Gewehre einen mit dem Schuss eines Sturmgewehrs 57
vergleichbaren Lärm verursachen. Die Störwirkung des Schiessens mit einem
Sturmgewehr 57 ist allgemein bekannt, weshalb weitere Messungen für diese
Immissionen, die nicht nach einem der Anhänge der LSV beurteilt werden
können (s. hinten E. 4c/aa), nicht erforderlich sind.

    d) Die Beschwerdeführerin rügt die Feststellung der Vorinstanz als
falsch, dass das Schiessen insgesamt nur während maximal 1 1/2 Stunden
gestattet gewesen sei. Nach den diesbezüglich grosszügigeren Weisungen
von 1997 war das Schiessen in der Rathausstrasse beim Abmarsch während 45
Minuten erlaubt, bei der Rückkehr pro Rotte während maximal 10 Minuten. Das
ergibt insgesamt maximal 85 Minuten. Dass sich die insgesamt maximal 40
Minuten am Nachmittag auf einen Zeitraum von mehreren Stunden verteilen,
ändert an dieser Gesamtdauer nichts.

Erwägung 4

    4.- Zu prüfen ist die Vereinbarkeit des Banntagsschiessens mit
dem eidgenössischen Lärmschutzrecht. Lärmeinwirkungen sind primär an
der Quelle zu beschränken (Art. 11 Abs. 1 des Umweltschutzgesetztes
[USG; SR 814.01]). Unabhängig von bestehenden Umweltbelastungen sind
die Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies
technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Art. 11
Abs. 2 USG). Überdies sind die Emissionsbegrenzungen zu verschärfen,
wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter
Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig
werden (Art. 11 Abs. 3 USG).

    a) Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind die in Art. 11 Abs. 1 und
2 USG verankerten Grundsätze für die Beurteilung des Banntagsschiessens
nicht anwendbar, da sie nur für Anlagen gelten und die am Banntag
verwendeten Waffen keine Anlagen seien. Nach Art. 7 Abs. 7 USG sind
indessen Geräte den Anlagen gleichgestellt. Gewehre sind als Geräte im
Sinne dieser Bestimmung zu betrachten und fallen daher ebenfalls unter
den Geltungsbereich von Art. 11 USG. Wie im Folgenden darzulegen ist,
hat jedoch die unzutreffende Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen
Einfluss auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens.

    b) Die Einschränkung von Lärmemissionen erfolgt durch Massnahmen, die -
soweit sie direkt auf das Umweltschutzgesetz gestützt werden - in Art. 12
Abs. 1 USG abschliessend aufgezählt sind (BGE 120 Ib 436 E. 2a/aa S. 440
f.; SCHRADE/LORETAN, Kommentar USG, N. 10 zu Art. 12). Für bewegliche
Geräte, welche ausserhalb von ortsfesten Anlagen verwendet werden, fallen
dabei praktisch nur Bau- und Ausrüstungsvorschriften sowie Verkehrs- oder
Betriebsvorschriften in Betracht (Art. 12 Abs. 1 lit. b und c USG; MONIKA
KÖLZ-OTT, Die Anwendbarkeit der bundesrechtlichen Lärmschutzvorschriften
auf menschlichen Alltagslärm und verwandte Lärmarten, URP 1993 S. 377
ff., 387). Diese Massnahmen werden durch Verordnungen oder, soweit
diese nichts vorsehen, durch unmittelbar auf das Umweltschutzgesetz
abgestützte Verfügungen vorgeschrieben (Art. 12 Abs. 2 USG). Die
anzuordnenden Lärmschutzmassnahmen werden in der Lärmschutzverordnung vom
15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) konkretisiert. Für bewegliche Geräte
schreibt Art. 4 Abs. 1 LSV vor, dass die Aussenlärmemissionen so weit
begrenzt werden müssen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie
wirtschaftlich tragbar ist (lit. a) und dass die betroffene Bevölkerung
in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich gestört wird (lit. b). Zu diesem
Zweck ordnen die Vollzugsbehörden betriebliche oder bauliche Massnahmen
sowie Massnahmen für den fachgerechten Unterhalt an (Art. 4 Abs. 2
LSV). Art. 4 LSV konkretisiert somit für den Aussenlärm beweglicher
Geräte die in Art. 11 USG enthaltenen Grundsätze und stimmt in seinen
materiellen Anforderungen mit Art. 11 Abs. 2 und Art. 15 USG überein. Das
Verwaltungsgericht hat das Banntagsschiessen richtigerweise aufgrund von
Art. 4 LSV beurteilt und damit im Ergebnis die dadurch konkretisierten
Grundsätze von Art. 11 USG angewendet, auch wenn es der Meinung war,
diese hätten für die am Banntag verwendeten Gewehre keine Bedeutung.

    c) Zu prüfen bleibt, ob das Verwaltungsgericht Art. 4 LSV im Lichte
der einschlägigen Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes des Bundes richtig
angewendet hat.

    aa) Die Lärmimmissionen ortsfester Anlagen sind grundsätzlich anhand
der vom Bundesrat festgelegten Belastungsgrenzwerte (Anhänge 3-8 LSV)
zu beurteilen (Art. 40 Abs. 1 LSV). Fehlen solche Werte, so müssen die
Lärmimmissionen im Einzelfall nach den Kriterien der Art. 15, 19 und 23
USG bewertet werden (Art. 40 Abs. 3 LSV; BGE 123 II 74 E. 4a und b S. 82
f.; 118 Ib 590 E. 3b S. 596). Dies gilt nach Art. 4 LSV und Art. 7 Abs. 7
USG auch für die Störwirkung des Lärms beweglicher Geräte, soweit dafür
keine Grenzwerte bestehen. Im Rahmen dieser Einzelfallbeurteilung sind
der Charakter des Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit seines Auftretens sowie
die Lärmempfindlichkeit bzw. Lärmvorbelastung zu berücksichtigen (BGE 123
II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb S. 335; 118 Ib 590 E. 4a S. 598). Dabei
ist nicht auf das subjektive Lärmempfinden einzelner Personen abzustellen,
sondern eine objektivierte Betrachtung unter Berücksichtigung von Personen
mit erhöhter Empfindlichkeit (Art. 13 Abs. 2 USG) vorzunehmen (BGE 123
II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb S. 334; Urteil des Bundesgerichts vom
1. Dezember 1994 in URP 1995 S. 31, E. 4c; CHRISTOPH ZÄCH, Kommentar USG,
N. 14 zu Art. 15).

    bb) Das Bundesgericht hat wiederholt entschieden, dass nach dem in
Art. 11 USG enthaltenen Vorsorgeprinzip unnötiger Lärm vermieden werden
muss, falls sich erweist, dass die Massnahmen zur Emissionsbegrenzung
technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar sind (BGE 115
Ib 446 E. 3d S. 453 f.; 113 Ib 393 E. 3 S. 400; URP 1997 S. 35, E. 3b; URP
1998 S. 529 E. 3c). Dies ist allerdings nicht so zu verstehen, dass jeder
im strengen Sinne nicht nötige Lärm völlig untersagt werden müsste. Es
gibt keinen absoluten Anspruch auf Ruhe; vielmehr sind geringfügige,
nicht erhebliche Störungen hinzunehmen (Art. 15 USG; BGE 123 II 325 E.
4d/bb S. 335 f.; URP 1998 S. 529 E. 5b/c; ZÄCH, aaO, N. 13 zu Art. 15).

    cc) Die Lärmschutzvorschriften des Umweltschutzgesetzes sind in erster
Linie zugeschnitten auf Geräusche, die als unerwünschte Nebenwirkungen
einer bestimmten Tätigkeit auftreten. Diese können grundsätzlich mit
geeigneten Massnahmen an der Quelle reduziert werden, ohne dass dadurch
die entsprechenden Tätigkeiten als solche in Frage gestellt werden.
Daneben gibt es jedoch auch Geräusche, welche den eigentlichen Zweck einer
bestimmten Aktivität ausmachen. Dazu gehören beispielsweise das Läuten
von Kirchen- oder Kuhglocken, das Musizieren, das Halten von Reden mit
Lautverstärkern an Anlässen in der Öffentlichkeit. Solche Lärmemissionen
können nicht völlig vermieden und in der Regel auch nicht in der
Lautstärke wesentlich reduziert werden, ohne dass zugleich der Zweck der
sie verursachenden Tätigkeit vereitelt würde. Derartige Lärmemissionen als
unnötig und unzulässig zu qualifizieren, würde implizieren, die betreffende
Tätigkeit generell als unnötig zu betrachten. Die Rechtsprechung hat
im Allgemeinen solche Emissionen zwar aufgrund des Umweltschutzgesetzes
beurteilt, aber zugleich unter Berücksichtigung des Interesses an der
Lärm verursachenden Tätigkeit diese nicht völlig verboten, sondern bloss
einschränkenden Massnahmen unterworfen (Urteil des Bundesgerichts vom
18. März 1998 in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904 und in URP 1998 S. 529
betr. Schussanlage zur Abwehr von Vögeln in Rebbergen; vgl. auch Urteil
des Bundesgerichts vom 2. August 1995 i.S. R., RDAT 1996 I n. 62 pag. 183,
betr. Freiluftmusikveranstaltungen; aus der kantonalen Praxis: URP 1996
S. 668 [Verwaltungsgericht Zürich] betr. Kirchenglocken; RDAF 1995 S. 75
[Verwaltungsgericht Waadt] betr. Freiluftkonzerte). Da eine Reduktion
der Schallintensität meist den mit der betreffenden Tätigkeit verfolgten
Zweck vereiteln würde, bestehen diese Massnahmen in der Regel nicht
in einer Reduktion des Schallpegels, sondern in einer Einschränkung
der Betriebszeiten (BGE 119 Ib 463 E. 4-6; 118 Ib 234 E. 2b S. 239 f.;
SCHRADE/LORETAN, aaO, N. 29 zu Art. 12). Analog hat das Bundesgericht
auch Lärmemissionen von Kinderspielplätzen, Jugendtreffpunkten oder
offenen Restaurants nicht völlig verboten, sondern bloss eingeschränkten
Betriebszeiten unterstellt (BGE 123 II 74, 325; 118 Ib 590). Solcher Lärm
ist zwar rein technisch streng genommen nicht nötig, um spielen, sich
unterhalten oder in einem Restaurant konsumieren zu können. Indessen
sind diese Aktivitäten nach allgemeiner Lebenserfahrung in der Regel mit
bestimmten Geräuschentwicklungen verbunden; diese völlig zu untersagen,
wäre praktisch gleichbedeutend mit einem Verbot der entsprechenden
Aktivitäten im Freien. Das wäre eine welt- und lebensfremde Konsequenz,
die nicht im Sinne des Umweltschutzgesetzes liegen kann. In solchen Fällen
kann deshalb eine Lärmemission nicht schon dann unzulässig sein, wenn
sie rein technisch vermeidbar wäre. Vielmehr ist eine Interessenabwägung
vorzunehmen zwischen dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung und dem Interesse
an der lärmverursachenden Tätigkeit.

    dd) Diese Überlegungen müssen auch für lärmige Brauchtums- und andere
öffentliche Anlässe gelten. Es gibt zahlreiche gesamtschweizerische oder
lokale Anlässe, an denen in der Öffentlichkeit Geräusche verursacht
werden, die teilweise über den sonst üblichen Belastungsgrenzwerten
liegen. Zu denken ist an das Abbrennen von Feuerwerk am 1. August oder
in der Neujahrsnacht, das Musizieren an der Fasnacht oder an anderen
Brauchtumsanlässen, aber auch an Sportanlässe, Demonstrationen,
Freiluftkonzerte und dergleichen. Es ist nicht der Sinn des
Umweltschutzgesetzes, derartige Anlässe generell zu verbieten. Das
Umweltschutzgesetz will Emissionen begrenzen, sie aber nicht völlig
verhindern. Es stellt deshalb im Allgemeinen keine Grundlage für
ein gänzliches Verbot einer bestimmten Tätigkeit dar (BGE 124 II
219 E. 8b S. 233; SCHRADE/LORETAN, aaO, N. 17a zu Art. 11 und N. 28
zu Art. 12). Vielmehr sind solche Lärmbelastungen insbesondere im
Hinblick auf ihre normalerweise beschränkte Dauer und Häufigkeit in einem
ortsüblichen Umfang zumutbar. Dabei ist den örtlichen Behörden ein gewisser
Beurteilungsspielraum zuzugestehen, soweit es sich um Anlässe mit lokaler
Ausprägung oder Tradition handelt.

    d) Der angefochtene Entscheid ist anhand dieser Grundsätze zu
beurteilen, wobei das Bundesgericht nur bei Bundesrechtswidrigkeit,
mit Einschluss der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens,
einschreiten kann, nicht aber bei blosser Unangemessenheit (Art. 104 OG).

    aa) Das Verwaltungsgericht erwog, das Banntagsschiessen habe für die
Gesundheit der Anwesenden gefährdende Auswirkungen, die indessen durch
die angefochtenen Weisungen gerade eingeschränkt würden. Bei der Wahl
der zu treffenden Massnahmen sei das Verhältnismässigkeitsprinzip von
grosser Bedeutung. Es werde nicht verlangt, dass die Gefahr vollständig
und endgültig abgewehrt werde. Die Weisungen erlaubten das Schiessen nur
während insgesamt maximal 1 1/2 Stunden und nur in genau festgelegten und
signalisierten Zonen. Des Weiteren werde die Bevölkerung informiert,
so dass es jedem überlassen sei, sich zu den Schiesszeiten ausserhalb
der Liestaler Altstadt aufzuhalten. Zudem würden jedermann gratis
Gehörschutzpfropfen zur Verfügung gestellt. Unter diesen Umständen
könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Bevölkerung durch das
Banntagsschiessen in ihrem Wohlbefinden im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. b
LSV erheblich gestört werde.

    bb) Die Beschwerdeführerin kritisiert zunächst, die Vorinstanz
habe nicht ausgeführt, welche Interessen im vorliegenden Fall betroffen
seien. Diese Rüge geht fehl. Die auf dem Spiel stehenden Interessen sind
offensichtlich und liegen auch für die Beschwerdeführerin auf der Hand. Sie
bringt selber vor, dass für die Schützen das Schiessen zum Banntag gehöre
wie das Salz zur Suppe. Ebenso klar sind die entgegenstehenden Interessen
von Personen, die das Schiessen wegen der Lärmbelastung und der damit
verbundenen Gesundheitsgefährdung ablehnen.

    cc) Für das Banntagsschiessen bestehen keine Belastungsgrenzwerte;
insbesondere ist Anhang 7 LSV nicht für das Schiessen ausserhalb von
Schiessanlagen anwendbar (Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998
in URP 1998 S. 529 ff. und in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904 E. 4b). Das
Verwaltungsgericht hat daher richtigerweise eine Einzelfallbeurteilung
vorgenommen (vorne E. 4d/aa).

    dd) Eine sozio-psychologische Untersuchung über die Zusammenhänge von
Schiesslärm bei Schiessständen und Störwirkung bei den Betroffenen führte
zum Schluss, dass Schiesslärm dann als besonders störend empfunden wird,
wenn die Betroffenen ihre Freizeit verbringen und (zuhause) Erholung
suchen (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Oktober 1996 in URP 1997 S. 35
E. 3c). Das Bundesgericht hat den Knall-Lärm von Schussanlagen in einem
Rebberg mit einer Frequenz von 60 Schüssen pro Stunde tagsüber nicht als
erheblich störend bezeichnet (Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998
in URP 1998 S. 529 ff. und in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904, E. 5c).

    Das Verwaltungsgericht hat insbesondere angesichts der relativ
kurzen Dauer des Schiessens die daraus resultierende Störung als nicht
erheblich und über die Weisungen hinaus gehende Einschränkungen als
unverhältnismässig bezeichnet. Im Lichte des bisher Ausgeführten ist
diese Beurteilung nicht zu beanstanden. Das Schiessen findet an einem
einzigen Tag pro Jahr statt. Geschossen wird im Zentrum von Liestal
am Vormittag während 20 (1996) bzw. 45 (1997) Minuten, am Nachmittag
während insgesamt maximal 20 (1996) bzw. 40 (1997) Minuten. Der Zeitraum,
während welchem die Anwohner und Passanten behindert oder beeinträchtigt
werden, ist damit ohne weiteres vergleichbar mit Belästigungen, welche im
Zentrum von Städten und Ortschaften auch bei zahlreichen anderen Anlässen
(z.B. Demonstrationen, Sportanlässe, Umzüge, Festanlässe, Fasnacht
etc.) in Kauf zu nehmen sind. Der blosse Umstand, dass Massnahmen denkbar
sind, welche das Schiessen noch weiter einschränken, kann noch nicht zur
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheids führen, da nach dem Gesagten
kein Rechtsanspruch auf absolute Lärmminimierung besteht.

    ee) An dieser Beurteilung ändern auch die Bemerkungen des BUWAL
nichts. Das Bundesamt führt aus, die wirksamste Massnahme zum Schutz
der Bevölkerung wäre, dass die Veranstaltung ausserhalb des bewohnten
Gebiets durchgeführt werde. Eine weniger weit gehende Möglichkeit zur
Emissionsbegrenzung bestünde darin, dass die Anzahl der Schützen sowie
die Anzahl der Schützen pro Salve begrenzt würde und ein Schützenmeister
das Schiesskommando gibt. Solche Massnahmen hätten zum Inhalt älterer
Weisungen zum Banntagsschiessen gehört.

    Zum Brauch des Banntagsschiessen gehört gerade, dass in begrenztem
Umfang auch in der Liestaler Altstadt geschossen wird. Es ist nicht zu
beanstanden, wenn die lokalen Behörden in Würdigung dieses Umstandes
das Schiessen innerorts erlauben. Wohl vermögen die übrigen, vom BUWAL
vorgeschlagenen Massnahmen, die Lärmbelastung weiter zu reduzieren.
Doch steht, wie vorne (E. 4c/dd) erwähnt, den lokalen Behörden bei der
Art der zu ergreifenden Massnahmen ein gewisser Beurteilungsspielraum
zu. Diesen Gestaltungsbereich haben die Behörden in Kenntnis der örtlichen
Gegebenheiten und der am Banntag herrschenden Traditionen pflichtgemäss
zu nutzen. Dabei sind sie aus umweltschutzrechtlicher Sicht befugt,
weiter gehende Massnahmen der vom BUWAL genannten Art anzuordnen, soweit
sich solche Massnahmen zur weiteren Emissionsbegrenzung eignen. Indessen
erweisen sich die in den hier umstrittenen Weisungen enthaltenen Massnahmen
aus umweltschutzrechtlicher Sicht als ausreichend, um die Störung der
Bevölkerung auf ein zumutbares Mass zu begrenzen.

    e) Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass ein Anlass von 1 1/2
Stunden pro Tag noch nicht als störend im Sinne der Lärmschutzverordnung
zu betrachten sei, doch sei das Banntagsschiessen nicht bloss störend,
sondern gefährlich und könne auch schwere Körperverletzungen verursachen.

    aa) Es ist unbestritten, dass durch das Schiessen Körperverletzungen,
namentlich Gehörschäden, eintreten können. Die Vorinstanz hat erwogen,
die angefochtenen Weisungen hätten gerade zum Ziel, diese Gefährdungen
zu begrenzen, indem das Schiessen zeitlich und räumlich beschränkt
werde. Es trifft zu, dass diese Massnahmen die Möglichkeit einer
Gesundheitsbeeinträchtigung nicht völlig ausschalten können. Indessen kann
ein völliger Ausschluss jeglichen Risikos nicht verlangt werden. Zahlreiche
oder gar die meisten menschlichen Tätigkeiten können unter gewissen
Umständen zu Gesundheitsbeeinträchtigungen Dritter führen. Das Polizei-
und Umweltrecht kann und soll die Wahrscheinlichkeit einer solchen
Beeinträchtigung möglichst begrenzen. Die Forderung nach einem Null-Risiko
hätte jedoch zur Folge, dass ein grosser Teil sämtlicher menschlicher
Aktivitäten verboten werden müsste, was unverhältnismässig wäre. Auch
das Vorsorgeprinzip kann daher Risiken nur bestmöglich begrenzen, aber
nicht völlig ausschliessen (BGE 124 II 219 E. 8b S. 233; 117 Ib 28 E. 6c
S. 34 f.; CHRISTOPH ERRASS, Katastrophenschutz, Freiburg 1998, S. 46, 53,
95 f.; HANSJÖRG SEILER, Recht und technische Risiken, Zürich 1997, S. 71,
152 ff.). Das gilt nicht nur für Tätigkeiten, die mit wirtschaftlicher
Zielsetzung durchgeführt werden, sondern in einem gewissen Umfang auch
für Vergnügungen wie Sportanlässe, Freiluftkonzerte, Festanlässe, Fasnacht
und andere Brauchtumsanlässe, Feuerwerk etc.

    bb) Risiken sind umso eher zumutbar, wenn den potenziell
Beeinträchtigten wirksame und zumutbare Schutzmassnahmen zur Verfügung
stehen. Zwar widerspricht dies dem Grundsatz der Lärmbegrenzung an der
Quelle, doch gilt dieser Grundsatz im Lärmschutzrecht nicht ausnahmslos. So
gehen Gesetz und Rechtsprechung davon aus, dass Lärmimmissionen unter
Umständen auch durch Schallschutzvorrichtungen und Schliessen von Fenstern
an den betroffenen Objekten zu reduzieren sind (Art. 20, 21 und 25 Abs. 3
USG; Art. 10, 11, 15 und 16 LSV; BGE 120 Ib 76 E. 3 S. 82 ff.; 119 Ib
348 E. 6b S. 363; 117 Ib 125 E. 3a S. 127 und E. 6c/bb S. 133; Urteil
des Bundesgerichts vom 24. Juni 1997 in URP 1997 S. 495, E. 6e). Damit
wird anstelle einer Begrenzung an der Quelle dem Betroffenen zugemutet,
selber eine Schutzmassnahme zu treffen. Nach Art. 4 der Verordnung vom
24. Januar 1996 über den Schutz des Publikums von Veranstaltungen vor
gesundheitsgefährdenden Schalleinwirkungen und Laserstrahlen (SR 814.49)
kann die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen gewähren,
worauf der Veranstalter dem Publikum einen Gehörschutz anzubieten und es
auf die mögliche Gehörschädigung aufmerksam zu machen hat.

    cc) Es ist unbestritten, dass die Bevölkerung über das Schiessen am
Banntag informiert wird, dass bestimmte Schiesszonen bezeichnet werden
und dass unentgeltlich Gehörschutzpfropfen zur Verfügung gestellt
werden. Der Bevölkerung wird dadurch ermöglicht, sich wirksam vor den
Lärmimmissionen zu schützen. Die damit verbundene teilweise Abweichung
vom Grundsatz der Begrenzung an der Quelle ist jedenfalls dann zulässig,
wenn die Beeinträchtigung - wie am Banntag - nur einmal im Jahr während
einer kurzen Dauer stattfindet. Es ist für die Betroffenen zumutbar, sich
während dieser kurzen Zeit ausserhalb der Schiesszone oder innerhalb von
Gebäuden aufzuhalten oder sich mit einem Gehörschutz zu versehen. Dass der
Banntag in Liestal an einem Werktag stattfindet, ändert daran nichts. Auch
bei anderen Anlässen oder Veranstaltungen kommt es oft vor, dass Personen,
die in städtischen Verhältnissen Geschäfte zu verrichten haben, dabei
vorübergehend durch Absperrungen oder Einschränkungen verschiedenster
Art behindert werden.

    dd) Die Beschwerdeführerin erwähnt verschiedene Unfälle und Vorfälle,
die zu Körperverletzungen Dritter führten. Die meisten davon betreffen
indessen frühere Jahre, als noch nicht die hier angefochtenen Weisungen
galten. Diese bezwecken gerade, derartige Vorfälle zu vermeiden. Nach den
von der Beschwerdeführerin selber vorgelegten Unterlagen wurden am Banntag
1997 die Schiesszonen klar signalisiert, so dass es den Betroffenen möglich
war, die Gefahrenzonen zu meiden. Zwar erwähnt die Beschwerdeführerin
auch Vorfälle aus den Jahren 1996 und 1997. So kam es am Banntag 1996
zu Handgreiflichkeiten und 1997 wurde eine Rauchbombe gegen Dritte
geworfen. Diese Handlungen wurden jedoch nicht mit Gewehren ausgeübt und
haben keinen Zusammenhang mit dem von der Beschwerdeführerin beanstandeten
Schiessen bzw. mit den streitigen Weisungen. Es ist nicht ersichtlich, wie
ein Verbot des Schiessens geeignet oder erforderlich sein könnte, derartige
Vorkommnisse zu vermeiden. Die übrigen zitierten Unfälle ereigneten sich
offensichtlich deshalb, weil die Betroffenen sich nicht schützten. In
zwei Fällen handelte es sich um Teilnehmer des Umzugs, die sich durch
fehlerhafte Gewehrmanipulationen selbst verletzten. Die Halsverletzung
eines Passanten durch Schiesspulver war nach den bei den Akten liegenden
Unterlagen darauf zurückzuführen, dass sich der Betroffene trotz der Tafel
"Schiesszone" hinter die Schützen begab. Dass in Einzelfällen Vorschriften
verletzt oder angeordnete Sicherheitsmassnahmen missachtet werden,
bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Vorschriften als solche ungenügend
wären. Vielmehr sind Massnahmen direkt gegenüber den Fehlbaren zu treffen
(vgl. BGE 123 II 74 E. 5c S. 87; 118 Ib 590 E. 3d S. 597).

    ee) Gesamthaft verstösst es nicht gegen Umweltschutzrecht des Bundes,
wenn die Vorinstanz annahm, dass die getroffenen Massnahmen hinreichend
geeignet waren, die Bevölkerung vor den Auswirkungen des Schiessens zu
schützen, und das Schiessen daher nicht als erhebliche Störung im Sinne von
Art. 4 Abs. 1 lit. b LSV zu betrachten sei. Damit bleibt für die Anwendung
von Art. 4 Abs. 3 LSV, den die Beschwerdeführerin als verletzt bezeichnet,
kein Raum.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundrechts
auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäss Art. 6 KV/BL, der
Bundesverfassung und Art. 2 EMRK.

    a) Nach neuerer Auffassung haben Grundrechte nicht nur eine abwehrende
Funktion gegen Beeinträchtigungen durch den Staat, sondern begründen
auch eine staatliche Schutzpflicht gegen Gefährdungen, die von Dritten
verursacht werden. Diese Auffassung wurde vor allem in Deutschland
entwickelt (grundlegend BVerfGE 39 1 (41); 46 160 (164); 49 89 (141
f.); GEORG HERMES, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit,
Heidelberg 1987, passim; HANS H. KLEIN, Die grundrechtliche Schutzpflicht,
DVBl 1994 S. 489-497; DIETRICH MURSWIEK, Die staatliche Verantwortung für
die Risiken der Technik, Berlin 1985). Sie wird auch in der schweizerischen
Lehre und Rechtsprechung vertreten (BGE 119 Ia 28 E. 2 S. 31; ULRICH
HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 4. Aufl.,
Zürich 1998, S. 377 Rz. 1095; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte in der
Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 18 f., 28; HANS REINHARD, Allgemeines
Polizeirecht, Diss. Bern 1993, S. 78; PETER SALADIN, Kernenergie und
schweizerische Staatsordnung, Fs. Huber, Bern 1981, S. 297 ff., 311 ff.;
MARTIN SCHUBARTH, Risikogesellschaft oder Opfergesellschaft, Zur Realität
des Rechts auf Leben in der Schweiz und in der Europäischen Union,
Fs. Hangartner, S-t.Gallen/Lachen 1998, S. 1055-1064, passim; SEILER,
aaO, S. 69 ff.; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Der Grundrechtseingriff, VVDStRL
57 S. 57 ff., 77 ff.; vgl. auch Art. 35 BV und Botschaft vom 20. November
1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1 ff., 191 ff.). Auch
Art. 2 EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten positiv zum Schutz des Lebens
(statt vieler Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
vom 28. Oktober 1998 i.S. OSMAN C. VEREINIGTES KÖNIGREICH, zit. in
Pra 88/1999 Nr. 44 S. 254, § 115 f.; ARTHUR HAEFLIGER/FRANK SCHÜRMANN,
Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl.,
Bern 1999, S. 55 ff.). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat
sodann aus der Freiheit des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) eine
staatliche Pflicht zum Schutz bedrohter Grundrechte hergeleitet (Urteil
vom 9. Dezember 1994 i.S. Lopez Ostra c. Spanien, Serie A 303 C, § 51;
vgl. ANDREAS KLEY-STRULLER, Der Schutz der Umwelt durch die Europäische
Menschenrechtskonvention, EuGRZ 1995 S. 507-514).

    b) Die grundrechtliche Schutzpflicht kann aber ebenso wenig wie
das Umweltrecht einen absoluten Schutz gegen jegliche Beeinträchtigung
und Risiken gewähren. Das ergibt sich einerseits aus den faktisch
begrenzten Mitteln des Staates (vgl. Urteil Osman, § 116; BGE 119 Ia 28
E. 2 S. 31 f.), andererseits aber auch daraus, dass ein solch absoluter
Schutz unweigerlich dazu führen müsste, dass zahlreiche Tätigkeiten
Dritter verboten werden müssten, was in Konflikt treten würde zu deren
ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Betätigungsmöglichkeiten
(HÄFELIN/HALLER, aaO, S. 378 Rz. 1096; YVO HANGARTNER, Grundzüge des
schweizerischen Staatsrechts, Bd. 2, Zürich 1982, S. 32 f.; REINHARD, aaO,
S. 75 f.; SEILER, aaO, S. 71 f.). Auch bei Annahme einer grundrechtlichen
Schutzpflicht ist deshalb eine Abwägung zwischen den beteiligten Interessen
erforderlich (HERMES, aaO, S. 199 ff.; WEBER-DÜRLER, aaO, S. 82). Dies
ist in erster Linie Sache der einschlägigen Gesetzgebung, welche durch
Festlegung der unzulässigen bzw. zulässigen Tätigkeiten die Grenze zwischen
einer unerlaubten Gefährdung und einem hinzunehmenden Restrisiko definiert
(ALEXANDRA GERBER/HANSJÖRG SEILER, Verwaltungsrichter und Technologie,
ZBl 100/1999 S. 289-311, 301; KLEIN, aaO, S. 491; SEILER, aaO, S. 72).

    c) Die Frage nach der Tragweite der grundrechtlichen Schutzpflicht
ist daher in der Regel gleichbedeutend mit der Frage nach der
richtigen Anwendung des einschlägigen Gesetzesrechts. Erweisen sich
die beanstandeten Weisungen als mit dem eidgenössischen Umweltrecht
vereinbar (E. 4), so verletzen sie deshalb auch nicht das Grundrecht
auf körperliche Unversehrtheit, selbst wenn damit nicht jegliches Risiko
völlig ausgeschaltet werden kann.