Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 III 49



126 III 49

12. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. Dezember 1999
i.S. H. P. c. J. T. (Berufung) Regeste

    Art. 287 Abs. 1 ZGB; Kinderunterhaltsvertrag: Genehmigung durch die
Vormundschaftsbehörde und Wirkungen der Vereinbarung vor der Genehmigung.

    Ein mündlich und für in der Schweiz mit ihrer Mutter lebende
Kinder geschlossener Unterhaltsvertrag, mit dem in einem ausländischen
Scheidungsurteil festgesetzte Unterhaltsbeiträge deutlich heraufgesetzt
worden sein sollen, muss von der dafür zuständigen Vormundschaftsbehörde in
der Schweiz nach Art. 287 Abs. 1 ZGB genehmigt werden (E. 2a und b). Die
Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn mit dieser Vereinbarung bei
unverändertem Bedarf der Kinder einzig Beiträge für sie erhöht worden wären
(E. 2c bis e).

    Die Arrestprosequierungsklage, mit der um Zuspruch verarrestierter
Unterhaltsbeiträge in der Höhe des behaupteten Vertrages ersucht wird,
ist abzuweisen, weil aus einem noch nicht genehmigten Unterhaltsvertrag
nicht auf Erfüllung geklagt werden kann (E. 3).

Sachverhalt

    H.P., die mit ihren Kindern von Brasilien nach Genf gezogen
war, und J.T. wurden in São Paolo am 8. März 1990 geschieden. Im
Scheidungsurteil waren für den Fall, dass die Mutter und die Kinder
nicht im Urteilsstaat wohnen, Unterhaltsbeiträge pro Kind und Monat
von USD 500.- festgesetzt. Tatsächlich wurden für den Unterhalt aber
jährlich ungefähr Fr. 192'000.- und für Ferien Fr. 30'000.- pro Jahr
bezahlt. H.P. behauptet, die Summe sei im November 1991 in Genf im Hinblick
auf ihre Wiederverheiratung einvernehmlich auf insgesamt Fr. 120'000.-
pro Jahr gesenkt worden; diese Summe entspreche den nach der Scheidung
einvernehmlich festgesetzten Kinderunterhaltsbeiträgen.

    Nach einer ersten gerichtlichen Auseinandersetzung (Beschluss des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Juli 1995) hiess das Bezirksgericht
Zürich die gegen J.T. gerichtete, auf dem Anspruch der Kinder aus
der angeblichen Unterhaltsvereinbarung vom November 1991 beruhende
Arrestprosequierungsklage von H.P. gut, sprach dieser Fr. 50'000.-
nebst 5% Zins seit dem 1. Juli 1995 samt Kosten des Betreibungs-
und Arrestverfahrens zu und hob den Rechtsvorschlag des beklagten
J.T. auf. Weiter stellte es fest, dass sich dieser im November 1991
verpflichtet hatte, der Klägerin für die Kinder F. und S. je Fr. 5'000.-
monatlich im Voraus bis zu deren Ausbildungsabschluss, längstens bis zum
vollendeten 25. Altersjahr zu entrichten. Die Berufung des Beklagten gegen
dieses Urteil wurde vom Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom
24. Juli 1998 gutgeheissen und die Klage abgewiesen.

    Die Klägerin beantragt mit Berufung, der Beschluss des Obergerichts vom
24. Juli 1998 sei aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventualiter sei
die Sache zur Ergänzung des Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung im
Sinne der rechtlichen Erwägungen an die Vorinstanzen zurückzuweisen. Der
Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist
die Berufung ab

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Das Obergericht hat mit Beschluss vom 24. Juli 1998 entschieden,
ein gerichtlich festgesetzte Unterhaltsbeiträge abändernder Vertrag müsse
von der Vormundschaftsbehörde in jedem Fall genehmigt werden. Seine im
Arrestverfahren zwischen den gleichen Parteien vertretene Ansicht
(Beschluss vom 21. Juli 1995), wonach ein Kinderunterhaltsbeiträge
heraufsetzender Vertrag nicht genehmigt werden müsse, sei falsch und
müsse daher fallengelassen werden. Weil die angebliche Vereinbarung
vom November 1991 so oder anders genehmigungsbedürftig sei, brauche ihr
Bestehen und gegebenenfalls ihr Inhalt beweismässig nicht weiter abgeklärt
zu werden. Weiter komme selbst auf das Verständnis von Art. 287 Abs. 1
ZGB nichts an, weil der Vertrag schriftlich vorliegen müsse, damit für
ihn überhaupt eine Genehmigung eingeholt werden könnte.

    a) Der Beklagte findet zunächst, die angebliche Vereinbarung vom
November 1991 müsse gemäss Art. 157 und 158 Ziff. 5 ZGB vom Richter und
damit in jedem Fall genehmigt werden, weil mit ihr der im brasilianischen
Scheidungsurteil festgelegte Kinderunterhaltsbeitrag abgeändert worden sei.

    aa) Keine Rolle für den vorliegenden Fall spielt der Umstand, dass mit
der angeblichen Vereinbarung vom November 1991 Kinderunterhaltsbeiträge
erhöht worden sind, die in einem ausländischen Scheidungsurteil festgelegt
wurden, weil schweizerisches Recht anzuwenden ist (Art. 64 Abs. 2 und
Art. 83 Abs. 1 IPRG [SR 291] i.V.m. Art. 1 und 4 Abs. 1 des Haager
Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom
2. Oktober 1973 [SR 0.211.213.01]).

    bb) Nach der herrschenden Lehre ist die Vormundschaftsbehörde für die
Genehmigung eines Unterhaltsvertrages auch dann zuständig, wenn mit ihm in
einem Scheidungsurteil festgesetzte Kinderunterhaltsbeiträge abgeändert
werden (LÜCHINGER/GEISER, Basler Kommentar, ZGB Bd. I/1, Basel 1996,
N. 16 lemma 2 zu Art. 157 ZGB mit Hinweisen; HINDERLING/STECK, Das
schweizerische Ehescheidungsrecht, 4. Aufl. 1995, S. 494 in Fn 16b;
DESCHENAUX/TERCIER/WERRO, Le mariage et le divorce, 4. Aufl. 1995,
Rz 847 S. 170; HAUSHEER/SPYCHER/KOCHER/BRUNNER, Handbuch des
Unterhaltsrechts, Rz 06.163 S. 383 f.; C. HEGNAUER, Droit suisse de la
filiation, 4. Aufl. 1998, Rz 21.28 S. 146). Einzig BÜHLER/SPÜHLER und
SPÜHLER/FREI-MAURER finden, der Scheidungsrichter sei zuständig (Berner
Kommentar, je N. 22 und 33 zu Art. 157 ZGB sowie N. 167 und 170 zu Art. 158
ZGB). Aus BGE 107 II 10 E. 2 S. 12 f. kann darauf entgegen der Ansicht
des Beklagten nicht geschlossen werden. Zum einen betraf dieser Entscheid
einen vertraglichen Verzicht auf Kinderunterhaltsbeiträge. Zum anderen
stand im Betreibungsverfahren die Genehmigungspflicht grundsätzlich
zur Diskussion (MARTIN STETTLER, Schweizerisches Privatrecht, III/2,
S. 356 nach Fn 202; LÜCHINGER/GEISER, aaO N. 16 lemma 2 zu Art. 157 ZGB),
weshalb sich das Bundesgericht zur Frage, ob statt des Richters auch die
Vormundschaftsbehörde die Genehmigung erteilen kann, nicht hätte zu äussern
brauchen (obiter dictum). Das neue Scheidungsrecht folgt der herrschenden
Lehre (vgl. Art. 134 Abs. 2 und Art. 315b in der ab dem 1.1.2000 geltenden
Fassung des Zivilgesetzbuches; Botschaft des Bundesrates vom 15. November
1995 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 1996
I 130 f.).

    Von der Entlastung der Gerichte abgesehen spricht ein wesentliches
Argument für die in der Lehre mehrheitlich vertretene Meinung: Wenn die
Vormundschaftsbehörde zuständig ist, eine Vereinbarung zu genehmigen,
mit der ein Unterhaltsbeitrag geändert worden ist, der in einem
ausschliesslich auf Kindesrecht gründenden Urteil festgesetzt wurde
(so im Ergebnis BGE 113 II 113 E. 4 S. 116; HEGNAUER, Berner Kommentar,
N. 42 und 95 zu Art. 287/288 ZGB; STETTLER, aaO S. 355 f.), muss dies
logischerweise auch für den in einem Scheidungsurteil enthaltenen
Kinderunterhaltsbeitrag gelten. Denn hier wie dort hat ein Gericht
gestützt auf eine Klage entschieden, die in der Sache nach den gleichen
Normen zu beurteilen war (Art. 156 Abs. 2 i.V.m. Art. 276 ff. ZGB für
das Scheidungsurteil bzw. die letztgenannten Bestimmungen direkt im Fall
eines ausschliesslich im Kindesrecht gründenden Unterhaltsurteils). Weil
die angebliche Unterhaltsvereinbarung vom November 1991 nicht während
eines gerichtlichen Verfahrens geschlossen worden sein kann, fällt die
richterliche auf Art. 287 Abs. 3 ZGB gestützte Kompetenz weg mit der
Folge, dass im vorliegenden Fall allein die Vormundschaftsbehörde für
die Genehmigung zuständig ist.

    b) Die Klägerin hält dem angefochtenen Beschluss in der Sache entgegen,
ein mündlich geschlossener (und nachgewiesener) Unterhaltsvertrag sei
gültig, soweit mit ihm bloss vorbestehende Unterhaltsbeiträge für die
Kinder erhöht worden sind. Diesfalls würde die Genehmigungspflicht nach
Art. 287 Abs. 1 ZGB den Interessen der Kinder schaden, weil diese um
die höheren Beträge gebracht würden. Das Bundesgericht habe bisher auch
nur Verträge als genehmigungsbedürftig erachtet, mit denen zu Lasten
des Kindes auf Unterhaltsbeiträge ganz oder zum Teil verzichtet worden
war. Der Beklagte hält dagegen, man dürfe das Kindesinteresse nicht derart
stark gewichten, dass eine Genehmigung unnötig sei; auch die Interessen
des Unterhaltsverpflichteten müssten berücksichtigt werden und es diene
auch dem Wohl des Kindes nicht, einen möglicherweise unbezahlbaren
Unterhaltsbeitrag zu erhalten.

    Nach Art. 7 ZGB i.V.m. Art. 11 Abs. 1 OR ist eine
Unterhaltsvereinbarung formlos gültig (BGE 47 II 19 S. 21; P. BREITSCHMID,
Basler Kommentar, ZGB Bd. I/1, N. 2 zu Art. 287/288 ZGB). Was das
Obergericht zur Schriftform ausführt, ist rechtlich unerheblich
und spielt nur für die Beweisbarkeit der Vereinbarung eine Rolle.
Dass sich aus Gründen der Praktikabilität im Genehmigungsverfahren
einfache Schriftlichkeit aufdrängt (HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 36
zu Art. 287/288 ZGB), vermag keinen Formzwang zu begründen, weil die
genehmigende Behörde die Vertragsparteien anhören (MARTIN METZLER,
Die Unterhaltsverträge nach dem neuen Kindesrecht, Diss. Freiburg,
Zürich 1980, S. 92 f.) und den Inhalt der Vereinbarung vor Erlass ihrer
Verfügung protokollieren kann. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt,
eine Genehmigung sei stets dann erforderlich, wenn kein schriftlicher
Vertrag vorliege, macht er die Gültigkeit einer Unterhaltsvereinbarung
im Ergebnis von der Einhaltung einer Form abhängig, was nach dem Gesagten
nicht angeht. Wenn kein schriftlicher Vertrag vorliegt, hat das Kind als
Gläubiger aber keinen Rechtsöffnungstitel, weshalb ihm grundsätzlich nur
die Klage zur Verfügung steht.

    c) Unterhaltsvereinbarungen, die auf Art. 276 ZGB fussen, sind ohne
Genehmigung der Vormundschaftsbehörde für das Kind ungültig; dieses
wird erst mit behördlichem Plazet rechtswirksam verpflichtet (Art. 287
Abs. 1 ZGB; HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 69 f. und 73 zu Art. 287/288
ZGB). Damit ist aber die Frage, ob jeder Kinderunterhaltsvertrag eine
Genehmigung braucht, noch nicht entschieden.

    Zwar ist der Klägerin darin beizupflichten, dass sich die
Sachverhalte der bisher publizierten Bundesgerichtsurteile betreffend die
Genehmigungspflicht von Abänderungsverträgen über Kinderunterhalt nie auf
Fälle von vertraglicher Erhöhung von Unterhaltsbeiträgen bezogen haben
(BGE 113 II 113 S. 114 lit. A und E. 4 S. 116 f.; 107 II 10 S. 11 lit. C
und E. 2 S. 13). Jedoch lässt sich daraus allein nichts für den Standpunkt
der Klägerin ableiten, umso weniger als im zuletzt genannten Entscheid der
Abänderungsvertrag schlechthin genehmigungsbedürftig erklärt worden ist
(BGE 113 II 113 E. 4 S. 116).

    d) An den klaren und unzweideutigen Wortlaut einer Bestimmung ist die
rechtsanwendende Behörde grundsätzlich gebunden. Sprechen keine triftigen
Gründe für eine vom Gesetzestext abweichende oder ihm gar zuwiderlaufende
Auslegung, braucht eine Gesetzesbestimmung nicht weiter ausgelegt zu werden
(Art. 1 Abs. 1 ZGB; BGE 124 III 266 E. 4 S. 268; 122 III 469 E. 5a S. 474
je mit Hinweisen).

    aa) Da Art. 287 Abs. 1 ZGB die Genehmigung für "Unterhaltsverträge"
schlechthin vorsieht, bietet der Wortlaut keine Handhabe dafür, eine
noch so genau umschriebene Kategorie von Unterhaltsverträgen von der
Genehmigungspflicht auszunehmen (so im Ergebnis schon die bundesrätliche
Botschaft zum neuen Kindesrecht, BBl. 1974 II S. 63). Daher wird in
der Literatur die Genehmigung für Unterhaltsverträge häufig ausnahmslos
verlangt; dies auch für sämtliche Abänderungsverträge unabhängig davon,
ob darin der Unterhaltsbeitrag herauf- oder herabgesetzt wird (STETTLER,
aaO S. 355 f. bei Fn 201 und 208; HAUSHEER/SPYCHER/KOCHER/BRUNNER, aaO
Rz 06.163 S. 383 f.). Insoweit spricht nichts dafür, den angeblichen
Unterhaltsvertrag vom November 1991, mit dem im ausländischen
Scheidungsurteil festgesetzte Unterhaltsbeiträge einvernehmlich massiv
heraufgesetzt worden sein sollen, von der Genehmigungspflicht auszunehmen.

    bb) Wohl darf eine Gesetzesbestimmung u. a. mit Rücksicht auf ihren
Zweck vom Wortlaut abweichend ausgelegt BGE 124 III 229 E. 3c S. 235 f.,
266 E. 4 S. 268; 123 III 280 E. 2b/bb S. 285; 122 III 324 E. 7a S. 325) und
in hinreichend begründeten Fällen auch auf Sachverhalte nicht angewendet
werden, die vom Wortlaut der Norm an sich erfasst wären (BGE 124 III 463
E. 4b/aa S. 465; 123 III 213 E. 5b S. 218; 121 III 219 E. 1d/aa S. 224 f.;
dazu zuletzt H. M. RIEMER, Zur sogenannten "teleologischen Reduktion",
recht 17/1999, S. 176 ff.). Für letzteres Vorgehen bestehen hier zuwenig
Anhaltspunkte:

    Die Genehmigungspflicht soll vorab dem Wohl des Kindes dienen und es
vor Nachteilen schützen (HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 40 zu Art. 287/288
ZGB; STETTLER, aaO S. 335 Abs. 3), weshalb die Genehmigungsbehörde bei
ihrer Prüfung denn auch die Interessen des Kindes zu wahren hat. Daher
darf die Genehmigung in der Regel nicht verweigert werden, wenn der
Vertrag das Kind besser stellt als das Gesetz (BGE 107 II 10 E. 2 S. 13;
HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 55 und 92 zu Art. 287/288 ZGB; BREITSCHMID,
aaO N. 14 zu Art. 287 ZGB).

    Da es dem Wohl des Kindes nicht schadet, wenn ihm ein höherer als
vom Gericht zugestandener Unterhaltsbeitrag versprochen wird, braucht
eine solche Vereinbarung nach Auffassung von C. HEGNAUER (Grundriss des
Kindesrechts und des übrigen Verwandtschaftsrechts, 5. Aufl. 1999, Rz
21.28 S. 164 mit Hinweisen) keine Genehmigung. Weil aber auch die Prüfung
der Frage, ob die Bedürfnisse des Kindes stärker angestiegen sind als
der Unterhaltsbeitrag heraufgesetzt worden ist, im Interesse des Kindes
liegt, könnte diese Ansicht von vornherein nur für den Fall zutreffen,
dass sich der Unterhaltsschuldner zu mehr verpflichtet, obwohl sich die
Verhältnisse auf Seiten des Kindes nicht verändert oder gar insofern
verbessert haben, als das Kind nur noch einen geringeren Finanzbedarf hat
als im Zeitpunkt der ersten Festlegung des Unterhaltsbeitrages. Zwar ist
bei dieser Konstellation auf den ersten Blick nicht ersichtlich, wovor das
Kind mit der Genehmigungspflicht geschützt werden soll. Jedoch entstünde
unnötige Unsicherheit über die Frage, ob sich die Situation des Kindes
über alles betrachtet wirklich verbessert hat mit der unerwünschten Folge,
dass Unsicherheit über die Tragweite der Genehmigungspflicht entstünde
(vgl. BGE 64 II 406 E. 1 S. 408 f. zur Sicherheit des Geschäftsverkehrs im
Zusammenhang mit Art. 421 Ziff. 8 ZGB). Weiter könnten Unterhaltsprozesse
nicht vermieden werden, weil das Kind dem Unterhaltsschuldner, der auf
dem ungenehmigten Vertrag beharrt, stets entgegenhalten könnte, sein
Bedarf sei stärker angestiegen als der Unterhaltsbeitrag heraufgesetzt
worden ist; das Kind könnte mit diesem Argument trotz des Vertrages stets
auf eine höhere Leistung klagen. Schliesslich darf nicht ausser Acht
bleiben, dass die Genehmigungspflicht auch der Wahrung von Interessen
des Unterhaltspflichtigen dient (HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 55 zu
Art. 287/288 ZGB), weil die Unterhaltsvereinbarung den Erfordernissen
von Art. 285 ZGB genügen muss (MEIER/STETTLER, Droit civil VI/2:
Les effets de la filiation (art. 270 à 327 CC), Rz 552 S. 269;
HAUSHEER/SPYCHER/KOCHER/BRUNNER, aaO Rz 06.160 S. 382; HEGNAUER,
Grundriss, Rz 21.20 S. 161). Erinnert sei insbesondere daran, dass der
Unterhaltspflichtige grundsätzlich keinen Beitrag entrichten muss, der
sein Existenzminimum beeinträchtigt (BGE 123 III 1 E. 3b/bb S. 5).

    e) Gelangt man damit zum Schluss, dass der angebliche Vertrag vom
November 1991 genehmigungsbedürftig ist, bleibt nur noch zu prüfen, ob
allein deswegen auch die Arrestprosequierungsklage abgewiesen werden
kann. Denn mit der Bejahung der Genehmigungspflicht steht noch nicht
fest, dass die behauptete Vereinbarung, sofern sie geschlossen wurde,
rechtlich irrelevant ist.

Erwägung 3

    3.- Für den Fall, dass die Genehmigungspflicht bejaht wird, macht
die Klägerin nämlich geltend, gemäss Art. 287 Abs. 1 ZGB wäre der
behauptete Vertrag für den Beklagten schon vor der Genehmigung durch
die Vormundschaftsbehörde verbindlich. In der Sache verlangt sie im
vorliegenden Verfahren denn auch um Zuspruch des verarrestierten Betrages
(Fr. 50'000.-), pocht mithin insoweit auch auf Erfüllung des angeblichen
Vertrages.

    a) Die Meinungen zum damit angeschnittenen Problemkreis lassen sich
hauptsächlich in drei Gruppen einteilen, wovon zwei wegfallen:

    aa) HAUSHEER/SPYCHER/KOCHER/BRUNNER sind der Ansicht, die Genehmigung
durch die Vormundschaftsbehörde sei Gültigkeitserfordernis für den
Unterhaltsvertrag (aaO Rz 06.158 S. 382). Diese Ansicht ist wohl vom
Wortlaut des Art. 158 Ziff. 5 ZGB inspiriert, worin die Rechtsgültigkeit
der Scheidungskonvention von der richterlichen Genehmigung abhängig gemacht
wird (BGE 107 II 10 E. 2 S. 12, 102 II 65 E. 2; BÜHLER/SPÜHLER, N. 171 zu
Art. 158 ZGB; HINDERLING/STECK, aaO S. 515 mit Fn 4). Vor der Genehmigung
befindet sich die Vereinbarung in einem rechtlichen Schwebezustand: die
Parteien können von ihr nicht zurücktreten und dem Scheidungsrichter
einzig beantragen, er möge ihr die Genehmigung verweigern. Weil die
Konvention Bestandteil des Dispositivs des Scheidungsurteils ist, können
daraus resultierende Forderungen erst nach Eintritt der Rechtskraft des
Scheidungsurteils geltend gemacht werden (BGE 119 II 297 E. 3b S. 301
f.; 117 II 218 E. 4c S. 227; 99 II 359 E. 3b und c S. 361 f.; 71 II
132 E. 1 und 3; SPÜHLER/FREI-MAURER, N. 150 f. und 172 zu Art. 158 ZGB;
HINDERLING/STECK, aaO S. 519 f. bei Fn 13a bis 17).

    Jedoch ist für die Genehmigung im vorliegenden Fall nicht der
Scheidungsrichter, sondern die Vormundschaftsbehörde zuständig (E. 2a
hiervor) und es steht auch weder eine Scheidungsklage noch eine auf
Abänderung des Scheidungsurteils abzielende Klage (Art. 157 ZGB) zur
Beurteilung, weshalb Art. 158 Ziff. 5 ZGB hier nicht angewendet und
infolgedessen auch nicht auf dieser Basis argumentiert werden kann. Denn
die Vormundschaftsbehörde genehmigt nach Art. 287 Abs. 1 ZGB nicht mittels
eines Urteils, sondern mit einer beschwerdefähigen Verfügung (Art. 420
Abs. 2 ZGB), die nicht mit Berufung an das Bundesgericht weitergezogen
werden kann (BGE 111 II 1 E. 3 S. 8; HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 64
zu Art. 287/288 ZGB; BREITSCHMID, aaO N. 10 zu Art. 287 ZGB).

    bb) Obwohl METZLER gewisse Zweifel nicht unterdrücken kann,
geht er insofern am weitesten, als er dem Kind aus dem geschlossenen
Unterhaltsvertrag nach Art. 7 ZGB i.V.m. Art. 75 OR schon vor der
Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde einen Erfüllungsanspruch
einräumt (aaO S. 99 f. und 103 f.), was HEGNAUER (Berner Kommentar,
N. 71 zu Art. 287/288 ZGB) zu Recht ablehnt. Denn wie METZLER selbst
zutreffend festhält (aaO S. 105), kann der Unterhaltspflichtige nicht
zurückverlangen, was er aufgrund des im Fall der Verweigerung der
Genehmigung wegfallenden Vertrages (HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 74
zu Art. 287/288 ZGB; METZLER, aaO S. 102 und 104) über das gesetzliche
Minimum hinaus geleistet hat, weil es in Erfüllung einer sittlichen Pflicht
erbracht worden ist (Art. 63 Abs. 2 OR; VON TUHR/PETER, Allgemeiner
Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, 3. Aufl. 1979,
S. 34 und 482 f.; HEGNAUER, Grundriss, Rz 21.24 S. 162). Angesichts
dieses Umstandes macht es keinen Sinn, dem Kind vor der Genehmigung eines
Unterhaltsvertrages einen Erfüllungsanspruch einzuräumen, weil damit die
Genehmigungspflicht selbst überflüssig würde. Denn für das Kind könnten
aus dem ungenehmigten Vertrag gleichermassen Forderungen gestellt werden
wie aus dem genehmigten. Zudem scheitert der Hinweis auf Art. 75 OR, worin
die Fälligkeit einer Forderung geregelt ist, schon daran, dass dem die
Forderung begründenden Unterhaltsvertrag vor der Genehmigung Nichtigkeit
droht (lit. cc Abs. 2 hiernach). Eine Forderung, deren Bestehen noch von
einer Genehmigung abhängt, kann nicht fällig sein.

    cc) Da der Kinderunterhaltsvertrag nach Art. 287 Abs. 1 ZGB für
das Kind erst mit der Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde
verbindlich wird, kann aus dem Wortlaut ohne weiteres geschlossen werden,
der Unterhaltsschuldner sei bereits mit Abschluss des Unterhaltsvertrages
an ihn gebunden. In der Lehre wird dieser Umkehrschluss denn auch mit
unterschiedlichen Konsequenzen in der Sache zu Recht gezogen (HEGNAUER,
Berner Kommentar, N. 70 und 73 zu Art. 287/288 ZGB; METZLER, aaO
S. 88, 99 f., 103 und 105; ohne Begründung Stettler, aaO S. 334 unten).
Denn wäre der noch ungenehmigte Unterhaltsvertrag ein rechtliches Nichts,
könnte nicht erklärt werden, weshalb Art. 287 Abs. 1 ZGB für den Zeitraum
zwischen dem Abschluss des Vertrages und dessen Genehmigung durch die
Vormundschaftsbehörde vorschreibt, er sei nur für das Kind unverbindlich.

    Erteilt die Vormundschaftsbehörde die Genehmigung, entfaltet der
Unterhaltsvertrag Wirkung ab dem Zeitpunkt seines Abschlusses; verweigert
sie diese, so fällt der Vertrag ex tunc dahin. Der Unterhaltspflichtige
kann für den Fall, dass die Genehmigung des Vertrages verweigert wird, von
diesem nicht zurücktreten und dem Kind nur eine höhere Leistung anbieten
(HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 73 f. zu Art. 287/288 ZGB; METZLER,
aaO S. 102 und 104; allgemein E. BUCHER, Berner Kommentar, N. 70 f. und
132 f. zu Art. 19 ZGB). Umgekehrt darf für das Kind vor der Genehmigung
des Vertrages nur auf Erfüllung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches
geklagt werden, weil der Vertrag auch für das Kind in der Schwebe bleibt
(STETTLER, aaO S. 336 oben; METZLER, aaO S. 101; vgl. BREITSCHMID,
aaO N. 9 zu Art. 287 ZGB). Das Fehlen des Erfüllungsanspruches vor der
Genehmigung ist letztlich Folge des allgemeinen Grundsatzes, dass dem
Rechtsgeschäft einer handlungsunfähigen Person (hier dem Unterhaltsvertrag
für das unmündige Kind: HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 13 zu Art. 287/288
ZGB) in Rücksicht auf die Mitwirkungspflicht der Eltern, des Vormundes
und der vormundschaftlichen Behörden stets die Nichtigkeit droht, auf
die sich alle Beteiligten berufen können (BUCHER, N. 3 ff., 136 ff. und
151 ff. zu Art. 17/18 ZGB). Auch der Vertrag zwischen dem Mündel und
einem Dritten befindet sich in einem Schwebezustand, bevor er durch
den Vormund bez. zusätzlich durch die Vormundschafts- und evtl. durch
die Aufsichtsbebehörde genehmigt ist (Art. 410 f., 421 f. und 424 ZGB;
dazu BGE 117 II 18 E. 5 und 7, A. LEUBA, Basler Kommentar, ZGB Bd. I/2,
N. 14 ff. zu Art. 410 ZGB und N. 5 f. zu Art. 411 ZGB, TH. GEISER, Basler
Kommentar, ZGB Bd. I/2, N. 4 ff. zu Art. 424 ZGB, DESCHENAUX/STEINAUER,
Personnes physiques et tutelle, 3. Aufl. 1995, Rz 250 und 255 ff. S. 77
ff., H. M. RIEMER, Grundriss des Vormundschaftsrechts, 2. Aufl. 1997,
§ 4 Rz 102 ff. und 150 ff. S. 74 ff. und 89 f. sowie BUCHER, N. 33 f.,
96 ff. und 144 ff. zu Art. 19 ZGB).

    b) Über eine Arrestprosequierungsklage wird im ordentlichen bez.
beschleunigten Verfahren befunden (hier § 53 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO/ZH
i.V.m. Art. 280 Abs. 1 ZGB), das sich jedoch bezüglich des allenfalls
zuzusprechenden Betrages auf die verarrestierte Summe zu beschränken
hat, hier mithin auf die aus dem angeblichen Vertrag vom November
1999 geschuldeten und im Betrag von Fr. 50'000.- verarrestierten
Unterhaltsbeiträge. Das Arrestprosequierungsurteil erlangt im geschilderten
Rahmen auch volle materielle Rechtskraft (BGE 121 III 184 E. 2b S. 186 f.;
110 III 97 E. 2 S. 98; AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechts, 6. Aufl. 1997, § 4 Rz 47 bis 49 und § 51 Rz 97
f. S. 22 f. und 425). Infolgedessen durfte der Anspruch auf Erfüllung des
angeblichen Vertrages geprüft werden. Weil dieser nach den vorstehenden
Darlegungen vor der Genehmigung des Unterhaltsvertrages nicht geltend
gemacht werden kann (E. 3a/cc hiervor), verletzt der angefochtene
Beschluss, mit dem die Klage abgewiesen worden ist, Bundesrecht nicht.