Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 126 III 249



126 III 249

42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. April 2000 i.S.
Egemetal Demir Celik Sanayi ve Ticaret A.S. gegen Fuchs Systemtechnik
GmbH und ICC-Schiedsgericht (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Verfahrensrechtlicher Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e
IPRG). Ablehnung eines schiedsgerichtlichen Experten wegen Befangenheit.

    Ein Schiedsentscheid kann auch bei Verfahrensmängeln, die nicht
unter Art. 190 Abs. 2 lit. a-d IPRG fallen, wegen Verstosses gegen den
verfahrensrechtlichen Ordre public gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG
angefochten werden (E. 3a und b).

    Der Anspruch auf Anrufung eines Ablehnungsgrundes verwirkt, wenn er
im Schiedsverfahren nicht sofort geltend gemacht wird (E. 3c und d).

    Es verstösst nicht gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public,
wenn ein Ablehnungsgrund nicht von Amtes wegen berücksichtigt wird (E. 4).

Sachverhalt

    Am 26. März 1993 schlossen die türkische Stahlproduzentin Egemetal
Demir Celik Sanayi ve Ticaret A.S. (Beschwerdeführerin) und die deutsche
Fuchs Systemtechnik GmbH (Beschwerdegegnerin) einen Vertrag über die
Lieferung einer Stahlwerkausrüstung für einen Gesamtpreis von DM 12
Mio. Für Streitigkeiten aus dem Vertrag vereinbarten die Parteien die
Zuständigkeit eines nach den Regeln der International Chamber of Commerce
(ICC) entscheidenden Schiedsgerichts mit Sitz in Zürich, wobei als
materielles Recht das schweizerische gelten sollte.

    Die von der Beschwerdegegnerin gelieferte Anlage wurde
am 12./13. Oktober 1994 in Betrieb genommen. Nachdem in der Folge
technische Probleme auftraten, über deren Ursachen sich die Parteien
nicht einig wurden, stellte die Beschwerdeführerin bei der ICC das Gesuch
um Einleitung des Schiedsverfahrens. Sie machte dabei im Wesentlichen
einen Minderungsanspruch und Schadenersatz wegen Vertragsverletzung
geltend. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Abweisung der Klage und
verlangte widerklageweise im Wesentlichen die Zahlung des Restkaufpreises.

    Am 2. Oktober 1997 setzte das Schiedsgericht Dr. Wilfried Heinemann,
welcher für Swiss Steel tätig war, als technischen Experten ein. Die
Parteien erhoben keine Vorbehalte gegen dessen Unparteilichkeit. Der
Sachverständige unterzog die von der Beschwerdegegnerin gelieferte Anlage
vom 25.-27. März 1998 einer Prüfung, wobei diese im Beisein beider Parteien
stattfand. Am 4. Mai 1998 erstattete er einen Gutachtensentwurf und -
nachdem sich die Parteien dazu geäussert hatten - am 19. Juni 1998 das
definitive Gutachten. Am 6./7. Juli 1998 erläuterte er das Gutachten in
einer mündlichen Verhandlung und stellte sich den Fragen der Parteien. Am
31. Juli 1998 erstattete er einen Zusatzbericht, welcher sich zu vom
Gericht gestellten Ergänzungsfragen äusserte. Damit war der Auftrag des
schiedsgerichtlichen Experten erfüllt.

    Mit Eingabe vom 21. Oktober 1998 lehnte die Beschwerdeführerin
den Gutachter als befangen ab und verlangte die Einsetzung eines neuen
Sachverständigen. Mit der dreizehnten Verfügung ("Thirteenth Order")
vom 22. April 1999 wies das Schiedsgericht das Ablehnungsbegehren und
mit Schiedsspruch vom 23. Dezember 1999 die Klage der Beschwerdeführerin
ab. Die Widerklage der Beschwerdegegnerin wurde gutgeheissen.

    Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit
staatsrechtlicher Beschwerde, der Schiedsentscheid sei aufzuheben und
die Sache zur Neubeurteilung an das Schiedsgericht zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene Entscheid
verstosse gegen das Gleichbehandlungsgebot und den verfahrensrechtlichen
Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. d und e IPRG).

    a) Mit Eingabe an das Schiedsgericht vom 21. Oktober 1998 lehnte
die Beschwerdeführerin den schiedsgerichtlich bestellten Gutachter als
befangen ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, bereits am
2. Februar 1998 habe der Experte einen Vertreter der Beschwerdeführerin
gebeten, der Connecticut Steel Corporation (CSC), einer Tochterfirma seiner
Arbeitgeberin Swiss Steel, eine Offerte für die Lieferung von Stahl zu
unterbreiten. Der Sachverständige sei in der Folge aktiv in Verhandlungen
für Stahllieferungen der Beschwerdeführerin an die CSC involviert gewesen,
wobei er unter dem Marktpreis liegende Preise gefordert und möglicherweise
nicht nur Interessen seiner Arbeitgeberin, sondern auch eigene kommerzielle
Interessen verfolgt habe.

    Der Experte führte in seiner Stellungnahme vom 3. November 1998 aus,
er habe zwar einen Kontakt zwischen der CSC und der Beschwerdeführerin
hergestellt, jedoch nie einen Vorteil für sich selber verlangt. Seine
Unparteilichkeit sei nicht beeinträchtigt gewesen.

    b) Das Schiedsgericht stützte den das Ablehnungsbegehren abweisenden
Entscheid vom 22. April 1999, welcher im angefochtenen Schiedsspruch
ausdrücklich bestätigt wird, auf verschiedene Begründungen.

    Zunächst dürfe nicht übersehen werden, dass im Gegensatz zu Schlüssen
von Richtern Expertengutachten nicht bindend seien, sondern der freien
Beweiswürdigung unterlägen. Ein Gutachten sollte deshalb nur dann aus den
Akten gewiesen werden, wenn vernünftigerweise nicht von der Unabhängigkeit
und der Unparteilichkeit des Experten ausgegangen werden könne. Dies sei
im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Experte habe zwar den Kontakt
zwischen der CSC und der Beschwerdeführerin hergestellt, diese habe aber
den Experten immer wieder kontaktiert, obwohl er darum gebeten habe, dass
die Beschwerdeführerin direkt mit der CSC verhandle. Der Gutachter habe
vom Scheitern der Verhandlungen zwischen der Beschwerdeführerin und der CSC
zudem erst nach der Einreichung des Gutachtensentwurfs erfahren. Weil sich
das definitive Gutachten vom Entwurf nicht wesentlich unterscheide, könne
eine Beeinflussung durch die gescheiterten Verhandlungen ausgeschlossen
werden. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die Beschwerdeführerin nach
dem Vorliegen des Entwurfes keine Einwände hinsichtlich der Unabhängigkeit
und der Unparteilichkeit des Experten erhob, als sie dazu Gelegenheit
hatte.

    Im Weiteren habe die Beschwerdeführerin treuwidrig gehandelt (venire
contra factum proprium), indem sie zuerst die Vermittlungsdienste des
Experten akzeptiert und diese trotz dessen Bitte um direkte Kontaktnahme
mit der CSC aktiv gefördert habe, um schliesslich gerade diese
Vermittlungstätigkeit des Gutachters als Ablehnungsgrund geltend zu machen.

    Schliesslich müsse die betroffene Partei einen Ablehnungsgrund
unverzüglich dem Schiedsgericht und der Gegenpartei mitteilen, ansonsten
sie das Ablehnungsrecht verwirke. Die Beschwerdeführerin habe mit
der Geltendmachung des Ablehnungsgrundes bis nach dem Vorliegen des
gutachterlichen Zusatzberichtes zugewartet. Erst nachdem sie von dessen
Inhalt Kenntnis genommen und diesen offensichtlich als für sie negativ
eingeschätzt hatte, habe sie - mehr als acht Monate nach den ersten
kommerziellen Kontakten mit dem Sachverständigen und zweieinhalb Monate
nach dem Scheitern der Verhandlungen mit der CSC - das Ablehnungsbegehren
gestellt.

Erwägung 3

    3.- a) Nach Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG kann ein Schiedsentscheid
angefochten werden, wenn er mit dem Ordre public unvereinbar ist. Dabei
gehen Lehre und Praxis davon aus, dass der Ordre public sowohl einen
materiellen als auch einen verfahrensrechtlichen Gehalt hat. Somit können
auch Verfahrensmängel, welche nicht unter Art. 190 Abs. 2 lit. a-d IPRG
fallen, als gegen den Ordre public verstossend angefochten werden (BGE
117 II 346 E. 1a S. 347; JERMINI, Die Anfechtung der Schiedssprüche
im internationalen Privatrecht, Diss. Zürich 1997, Rz. 600; DUTOIT,
Droit international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18
décembre 1987, N. 8 zu Art. 190 IPRG; BERTI/SCHNYDER, Basler Kommentar,
N. 77 zu Art. 190 IPRG; HEINI, IPRG-Kommentar, N. 38 zu Art. 190 IPRG;
LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international
en Suisse, N. 6 zu Art. 190 IPRG).

    b) Die formellen Verfahrensgarantien, welche in den Rügegründen von
Art. 190 Abs. 2 lit. a-d IPRG und der verfahrensrechtlichen Seite des Ordre
public gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG zum Ausdruck gelangen, sollen
den Parteien eine unabhängige Beurteilung der dem Gericht prozesskonform
unterbreiteten Begehren und Sachbehauptungen gewährleisten (BGE 121 III 331
E. 3c S. 334/5). Ein Verstoss gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public
ist gegeben bei der Verletzung von fundamentalen und allgemein anerkannten
Verfahrensgrundsätzen, deren Nichtbeachtung zum Rechtsempfinden in einem
unerträglichen Widerspruch steht, so dass die Entscheidung als mit der
in den Kulturstaaten geltenden Rechts- und Wertordnung schlechterdings
unvereinbar erscheint (BGE 103 Ia 531 E. 3a S. 532; JERMINI, aaO, Rz. 600;
zum materiellen Ordre public vgl. BGE 121 III 331 E. 3a S. 333; 120 II
155 E. 6a mit Hinweisen). Dafür reicht eine falsche oder gar willkürliche
Anwendung der schiedsgerichtlichen Verfahrensordnung für sich allein nicht
aus (vgl. BGE 121 III 331 E. 3a S. 333; 120 II 155 E. 6a S. 166). Der
verfahrensrechtliche Ordre public im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG
stellt wie der materiellrechtliche eine reine Unvereinbarkeitsklausel dar,
mithin kommt ihm lediglich eine Abwehrfunktion zu (BGE 120 II 155 E. 6a
S. 166/7). Namentlich darf eine extensive Auslegung nicht dazu führen,
dass aus dem verfahrensrechtlichen Ordre public ein eigentlicher "code
de procédure arbitrale" abgeleitet wird, welchem das von den Parteien
frei gewählte Verfahren genügen müsste (JERMINI, aaO, Rz. 600; VISCHER,
IPRG-Kommentar, N. 14 zu Art. 182 IPRG; vgl. auch BGE 103 Ia 531 E. 3a
S. 532).

    c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird die
Verfahrensgarantie von Art. 58 Abs. 1 aBV und von Art. 6 Ziff. 1 EMRK
sinngemäss auch auf das Erfordernis der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit
von Sachverständigen angewendet (BGE 125 II 541 E. 4a S. 544 mit
Hinweisen). Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen einen Schiedsspruch
können nicht nur Ablehnungsgründe geltend gemacht werden, von denen die
Partei erst nach dem Erlass des Schiedsentscheids Kenntnis erhalten hat,
sondern auch solche, die vor dem Schiedsspruch bekannt und geltend gemacht,
aber von dem über die Ablehnung entscheidenden Gremium nicht akzeptiert
worden sind (BGE 118 II 359 E. 3b S. 361). Ausgeschlossen ist eine Partei
hingegen mit Ablehnungsgründen, die sie nicht unverzüglich nach Entdeckung
dem Schiedsgericht und der Gegenpartei mitteilt (BGE 120 II 155 nicht
publ. E. 4; JERMINI, aaO, Rz. 178 ff.; BERTI/SCHNYDER, Basler Kommentar,
N. 27 zu Art. 190 IPRG; DUTOIT, aaO, N. 4 zu Art. 190 IPRG). Während
die Parteien zu Prozessbeginn nicht schon jedes entsprechende Indiz zum
Gegenstand eines unsubstanziierten Ablehnungsantrages machen müssen, trifft
sie mit zunehmendem Prozessverlauf und Näherrücken des Urteilszeitpunkts
die Pflicht, einen echten oder vermeintlichen Mangel auch bei bloss
unvollständiger Kenntnis geltend zu machen (BGE 111 Ia 72 E. 2b S. 74/5;
JERMINI, aaO, Rz. 184/5). Treuwidrig und rechtsmissbräuchlich handelt
die Partei, welche Ablehnungsgründe gleichsam in "Reserve" hält, um
diese bei ungünstigem Prozessverlauf und voraussehbarem Prozessverlust
sowie namentlich nach der Kenntnisnahme von einem für sie nachteiligen
Gutachten nachzuschieben. Wer den Richter, Beamten oder gerichtlichen
Experten nicht unverzüglich ablehnt, sobald er vom Ablehnungsgrund Kenntnis
erhält, sondern sich stillschweigend auf den Prozess einlässt oder diesen
fortführt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung des Ablehnungsgrundes
(BGE 124 I 121 E. 2 S. 122/3; 119 Ia 221 E. 5a S. 228/9 mit Hinweisen).

    d) Nach den Feststellungen im angefochtenen Schiedsentscheid
hat der Experte mit der Beschwerdeführerin erstmals am 2. Februar
1998 ausserhalb seines Gutachtensauftrages Kontakt aufgenommen; die
Verhandlungen der Beschwerdeführerin mit der CSC sind Mitte Juli 1998
definitiv gescheitert. Je nachdem, welches Ereignis als fristauslösend
qualifiziert wird, hat die Beschwerdeführerin mit der Geltendmachung des
Ablehnungsgrundes somit zwischen zweieinhalb und mehr als acht Monaten
zugewartet. Das Ablehnungsgesuch erscheint deshalb im Lichte der zitierten
Rechtsprechung in jedem Fall als verspätet.

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführerin wendet ein, es verstosse gegen jegliches
Rechtsempfinden, die Rüge der Befangenheit des Experten als verspätet zu
qualifizieren. Sobald sich gegen einen Experten Ausstandsgründe ergeben,
habe dieser dem Gericht Mitteilung zu machen. Es sei somit primär an den
Gerichtspersonen, Ausstandsgründe vorzubringen. Das Ablehnungsbegehren der
Beschwerdeführerin als verspätet zu bezeichnen hiesse, an sie als Partei
einen strengeren Massstab als an den gerichtlichen Experten anzulegen. In
einer "dissenting opinion" vom 26. April 1999 zur dreizehnten Verfügung,
welche die von der Beschwerdeführerin ernannte Schiedsrichterin verfasst
hat, geht diese zwar auch davon aus, dass das Ablehnungsbegehren der
Beschwerdeführerin als gegen Treu und Glauben verstossend zurückgewiesen
werden muss; sie hält indessen dafür, dass der Gutachter von Amtes wegen
abzuberufen sei.

    b) Soweit sich die Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihres
Standpunktes auf BGE 111 Ia 72 E. 3b S. 80 stützt, geht ihre Rüge fehl. In
diesem Fall war unklar, wann die betroffene Partei vom Ablehnungsgrund
Kenntnis erhielt. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidstelle
behandelt deshalb die Frage, inwiefern es einer Partei obliegt, in der
Beschwerdeschrift die Tatsachen geltend zu machen, aus denen sich ergibt,
dass sie nicht treuwidrig gehandelt hat. Daraus kann für den vorliegenden
Fall, in dem die Beschwerdeführerin selbst kommerzielle Kontakte mit
dem Experten unterhielt und somit vom Ablehnungsgrund mehrere Monate vor
dessen Geltendmachung genaue Kenntnis hatte, nichts abgeleitet werden.

    c) Die Prozessgesetze des Bundes und der Kantone
unterscheiden regelmässig zwischen Ausschluss- (bzw. Ausstands-)
und Ablehnungsgründen. Diese Differenzierung liegt etwa den Art. 22
ff. OG sowie den von der Beschwerdeführerin zitierten zürcherischen und
bernischen Verfahrensgesetzen zugrunde (vgl. § 95 ff. des zürcherischen
Gerichtsverfassungsgesetzes GVG vom 13. Juni 1976 und Art. 10 ff. der
Zivilprozessordnung ZPO für den Kanton Bern vom 7. Juli 1918). Der im
vorliegenden Fall in Frage stehende Anschein der Befangenheit wird dabei
als Ablehnungsgrund qualifiziert (Art. 23 lit. c OG; § 96 Ziff. 4 GVG ZH;
Art. 11 Ziff. 5 ZPO BE; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 6. Aufl.,
S. 89 Rz. 39; KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Aufl., S. 38).

    Während ein Ausschluss- bzw.  Ausstandsgrund von Amtes wegen
berücksichtigt werden muss, ist die Mitwirkung einer Person, gegen die ein
Ablehnungsgrund vorliegt, nicht von vornherein unzulässig. Ein Richter
oder Experte kann namentlich dann gültig tätig sein, wenn keine Partei
die Ablehnung beantragt (GEISER, in: Geiser/Münch, Prozessieren vor
Bundesgericht, 2. Aufl., S. 40/1 Rz. 1.81c; VOGEL, aaO, S. 89 Rz. 39;
MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S.
9; KUMMER, aaO, S. 37/8). Daraus erhellt, dass auf das Ablehnungsrecht
verzichtet und dieses auch verwirkt werden kann. Einer solchen Verwirkung
stehen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin auch keine unverzichtbaren und unverjährbaren
Grundrechtsansprüche entgegen (BGE 118 Ia 282 E. 6).

    Solange ein Experte am Ausgang eines Verfahrens nicht ein
unmittelbares persönliches Interesse hat, was den Ablehnungsgrund zu einem
Ausschlussgrund werden liesse (vgl. etwa Art. 22 Abs. 1 lit. a OG; Art. 10
Ziff. 4 ZPO BE), verstösst es demnach nicht gegen den verfahrensrechtlichen
Ordre public, wenn Ablehnungsgründe nicht von Amtes wegen berücksichtigt
werden. Dies würde nämlich den Ablehnungsgrund zum Ausstandsgrund machen
und die Sanktion der Rechtsverwirkung wegen treuwidrigem Verhalten obsolet
werden lassen, indem jeder verwirkte Ablehnungsgrund zu einem von Amtes
wegen zu berücksichtigenden Ausstandsgrund würde. Damit würde auch die
Unterscheidung zwischen Ausstands- und Ablehnungsgründen sinnlos.

    d) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass das Schiedsgericht das
Ablehnungsbegehren der Beschwerdeführerin als verspätet abweisen konnte,
ohne gegen den verfahrensrechtlichen Ordre public zu verstossen.