Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 V 456



125 V 456

75. Auszug aus dem Urteil vom 10. November 1999 i.S. Y. gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich Regeste

    Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und 2 UVG: Adäquanzbeurteilung bei mit
Berufskrankheiten einhergehenden psychischen Störungen. Die Rechtsprechung
zur Adäquanz von psychischen Fehlentwicklungen nach Unfällen (BGE 115 V
133) ist bei psychischen Störungen im Zusammenhang mit Berufskrankheiten
nicht analog anwendbar. Die Adäquanz ist danach zu beurteilen, ob
die Berufskrankheit oder Geschehnisse in deren Zusammenhang nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung
geeignet sind, psychische Störungen der aufgetretenen Art zu verursachen.

Sachverhalt

    A.- Der 1964 geborene Y. war seit März 1990 als Rampenarbeiter
und später als Hilfsbäcker in der Bäckereiabteilung des Konsumvereins X
tätig und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen
Berufs- und Nichtberufsunfall versichert. Nachdem bereits im Frühjahr 1992
rhinokonjunktivitische Symptome aufgetreten waren, kam es am 8. Juli 1992
nach dem Genuss eines Mohnbrötchens zu einer anaphylaktischen Reaktion
mit Husten, Schnupfen, Epiphora, Ohrenschmerzen, starker Atemnot und
generalisierter Urticaria. Der Versicherte wurde notfallmässig in die
medizinische Poliklinik des Universitätsspitals eingeliefert, wo zusätzlich
Erbrechen und Schwindel auftraten. Nach einer intravenösen Behandlung
mit Hydrocortison und einem Antiallergicum konnte er gleichentags wieder
entlassen werden. Die allergologische Abklärung ergab eine polyvalente
Sensibilisierung vom Soforttyp auf eine Gräserpollenmischung, auf
Beifuss, Eschen, Hasel und Roggen, auf Kümmel, Erd- und Haselnuss sowie
auf Sesam und Mohn. In der Folge nahm Y. seine angestammte Tätigkeit in
der Bäckerei wieder auf. Am 11. November 1993 trat nach dem Genuss einer
türkischen Mehlspeise erneut eine anaphylaktische Reaktion auf, gefolgt
von rhinokonjunktivitischen Beschwerden und Atemnot. Der Versicherte
kollabierte und musste erneut notfallmässig in das Universitätsspital
eingeliefert werden, welches er jedoch am folgenden Tag bereits wieder
verlassen konnte. Allergologische Untersuchungen bestätigten die bisher
bekannten Sensibilisierungen, wobei neu auch eine Überempfindlichkeit
auf Mandeln und Paranüsse festgestellt wurde. Des Weitern fand sich
eine leichte obstruktive Ventilationsstörung, die als Asthma bronchiale
interpretiert wurde. Zur Nachbehandlung wurde der Versicherte daher vom
27. Januar bis 9. März 1994 in der Hochgebirgsklinik C. hospitalisiert,
wo die bisher gestellten Diagnosen bestätigt wurden.

    Am 15. September 1994 erliess die SUVA eine Verfügung, mit welcher
sie Y. der arbeitsmedizinischen Vorsorge unterstellte und ihn gemäss
Art. 78 VUV für alle Arbeiten mit Exposition zu Mehlen von Weizen, Roggen
und Buchweizen sowie zu Mohn, Sesam und Haselnüssen als ungeeignet
erklärte. Da eine Aufnahme der bisherigen Tätigkeit nicht mehr in
Frage kam, wurde die Stelle von der Arbeitgeberin auf Ende November
1994 gekündigt. Zur Abklärung der beruflichen Möglichkeiten weilte der
Versicherte vom 2. bis 30. November 1994 in der Rehabilitationsklinik Z,
wo unter anderem am 6. Dezember 1994 ein psychosomatisches Konsilium bei
Dr. med. H. veranlasst wurde (Austrittsbericht vom 7. Dezember 1994).

    Mit Verfügung vom 4. Mai 1995 eröffnete die SUVA dem Versicherten,
sie werde ab 1. April 1995 keine weiteren Versicherungsleistungen mehr
erbringen. Auf Einsprache hin holte sie die ärztliche Beurteilung des
Dr. med. R. von der SUVA-Abteilung Arbeitsmedizin vom 31. Januar 1996
ein. Mit Einspracheentscheid vom 14. Februar 1996 hielt die SUVA an ihrem
Standpunkt fest.

    B.- Beschwerdeweise liess Y. die Zusprechung der gesetzlichen
Leistungen beantragen. Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich
sistierte das Verfahren bis zum Vorliegen eines vom Versicherten in Auftrag
gegebenen Gutachtens des Dr. med. H. vom 31. Dezember 1996. Die SUVA legte
der Beschwerdeantwort die psychiatrische Beurteilung des Dr. med. B. vom
SUVA-Ärzteteam Unfallmedizin vom 10. März 1997 bei. Zusammen mit
der Replik reichte der Versicherte eine ergänzende Stellungnahme des
Dr. med. H. vom 18. August 1997 ein. Das Gericht zog zudem die Akten der
Invalidenversicherung bei. Mit Entscheid vom 21. Januar 1999 wies es die
Beschwerde ab.

    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Y. beantragen, der
vorinstanzliche Entscheid und der Einspracheentscheid seien insoweit
aufzuheben, als damit festgelegt werde, dass er ab 1. April 1995 keine
Versicherungsleistungen mehr beanspruchen könne; es seien ihm die
gesetzlichen Leistungen zu erbringen.

    Die SUVA verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für
Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer leidet unbestrittenermassen an einer
Berufskrankheit nach Art. 9 UVG, welche ihm die Ausübung der bisherigen
Tätigkeit als Hilfsbäcker nicht mehr erlaubt. Hingegen ist er unter
Berücksichtigung der Nichteignungsverfügung der SUVA vom 15. September
1994, also wenn er keine Arbeiten mit Exposition gegenüber Mehlen
von Weizen, Roggen und Buchweizen sowie gegenüber Mohn, Sesam und
Haselnüssen ausführt, aus somatischer und allergologischer Sicht voll
arbeitsfähig. Streitig und zu prüfen ist, ob ihm wegen psychischer Folgen
der Berufskrankheit ein Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung
zusteht.

Erwägung 3

    3.- a) Im Einspracheentscheid vom 14. Februar 1996 ging die
SUVA gestützt auf den Bericht über das im Rahmen der Abklärungen der
Rehabilitationsklinik Z von Dr. med. H. durchgeführte psychosomatische
Konsilium vom 6. Dezember 1994 davon aus, der Beschwerdeführer leide an
einer psychischen Störung in Form einer umfassenden Angsterkrankung
im Sinne spezifischer Phobien mit der Differentialdiagnose einer
posttraumatischen Belastungsstörung, für welche die Berufskrankheit
zumindest eine Teilursache darstelle. Unter Berufung auf die Beurteilung
ihres Anstaltsarztes Dr. med. B. vom 10. März 1997 stellte sie im
vorinstanzlichen Verfahren dann allerdings die Diagnose einer Phobie und
einer damit verbundenen, auf das Einatmen schlechter Luft ausgedehnten
Vermeidungshaltung in Frage und verneinte nunmehr das Vorliegen eines
natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen Berufskrankheit und psychischer
Störung.

    b) Nach Auffassung des kantonalen Gerichts lassen sich die Fragen,
ob überhaupt noch eine psychische Störung mit Krankheitswert und
bejahendenfalls mit welcher Diagnose vorliegt, und ob eine allenfalls
noch bestehende psychische Gesundheitsstörung eine natürliche Folge
der Berufskrankheit darstellt, infolge der divergierenden Meinungen
der medizinischen Sachverständigen nicht schlüssig beantworten. Wie die
unterschiedlichen Darlegungen des Dr. med. H. und des Dr. med. B. zeigten,
könnten sowohl Argumente für wie auch solche gegen die Annahme eines
natürlichen Kausalzusammenhangs vorgebracht werden. Allerdings
vermöge Dr. med. B. durch seine fundiert begründete, schlüssige
und nachvollziehbare Beurteilung die Beweiskraft des Gutachtens
des Dr. med. H. derart stark zu erschüttern, dass der natürliche
Kausalzusammenhang zwischen Berufskrankheit beziehungsweise den
anaphylaktischen Reaktionen und den geltend gemachten psychischen
Gesundheitsstörungen ernsthaft bezweifelt werden müsse. Auf die Einholung
eines weiteren Gutachtens haben die kantonalen Richter schliesslich
verzichtet, weil der adäquate Kausalzusammenhang ihrer Ansicht nach
ohnehin zu verneinen sei.

Erwägung 4

    4.- b) Gemäss Gutachten des Dr. med. H. vom 31. Dezember 1996 liegt
die Hauptsymptomatik in einer radikal zu nennenden Vermeidungshaltung,
welche der Abwehr der Angst vor der Konfrontation mit möglichen Allergenen
diene. Der Versicherte fühle sich zu jeder Zeit bedroht, mit Allergenen
in der Luft konfrontiert zu werden, und versuche diese Möglichkeit mit
entsprechendem Verhalten zu vermeiden. Nach Auffassung des Experten
handelt es sich dabei um eine psychische Störung, welche er diagnostisch
als spezifische Phobie beurteilt. Die massive reaktive Vermeidungshaltung
wirke sich invalidisierend aus. Für die Entwicklung des festgestellten
Zustandsbildes stellen die beiden vom Beschwerdeführer durchgemachten
anaphylaktischen Reaktionen nach den Darlegungen des Psychiaters mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit eine wichtige und nicht wegzudenkende
Teilursache dar.

    Von keiner Seite wird bestritten, dass anaphylaktische Reaktionen
Angstgefühle auslösen können. Wie den medizinischen Unterlagen zu entnehmen
ist, hat der Beschwerdeführer indessen sowohl gegenüber der türkisch
sprechenden Psychiaterin Dr. med. E. (Arztbericht vom 22. August 1995)
wie auch gegenüber Dr. med. H. (Gutachten vom 31. Dezember 1996) erklärt,
er habe weder anlässlich der allergischen Reaktionen noch später Angst
verspürt. Dr. med. H. versucht den Widerspruch zwischen den Aussagen des
Versicherten und seiner Beurteilung spezifischer Phobien mit einer sehr
starken und erfolgreichen Vermeidungshaltung zu erklären, welche Angst
manifest gar nicht erst aufkommen lasse und somit durch eine hochgradige
Fluchttendenz geprägt sei. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dazu
ausgeführt, es sei eine Erfahrungstatsache, dass heftige Angstzustände
später verdrängt werden. Der Versicherte habe tatsächlich ausserordentlich
Angst gehabt, auch wenn er dies im Nachhinein nun verneine.

    Dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den beiden
anaphylaktischen Ereignissen Angst verspürt hat und später nichts mehr
davon weiss oder wissen will, ist durchaus denkbar. Nicht zu überzeugen
vermag dagegen, dass er, obwohl an einer spezifischen Phobie oder an einer
umfassenden Angsterkrankung leidend (Bericht über das psychosomatische
Konsilium bei Dr. med. H. vom 6. Dezember 1994), zwei Sachverständigen
gegenüber erklärt, weder damals noch später Angst gehabt zu haben oder
solche noch zu verspüren. Abgesehen davon, dass eine (Flucht-)Tendenz
kaum hochgradig sein kann, lassen sich in den Akten keine Hinweise finden,
welche die Vermeidungshaltung als krankhaftes, der willentlichen Kontrolle
entzogenes Verhalten erscheinen liessen. Eine nachträgliche richterliche
Befragung des Versicherten, wie sie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vorgeschlagen wird, ergäbe keine Aussage mit einem höheren Wahrheitsgehalt
als er den Äusserungen gegenüber den Dres. med. E. und H. zukommt.

    Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der
psychotherapeutischen Behandlung von Frau Dr. med. E., welche ihm hätte
helfen sollen, allfällige unnötige und unbegründete Ängste abzulegen,
keinerlei Interesse zeigte und sich dermassen gleichgültig verhielt, dass
die Ärztin die Behandlung mit seinem Einverständnis abbrach. Ängste sind
unangenehme und teils sogar bedrohliche Gefühle. Wer von Angstgefühlen
geplagt wird, verhält sich gegenüber Hilfeleistungen daher nicht derart
indifferent, wie es der Versicherte tat.

    c) Dr. med. H. sieht in der ausgeprägten Fluchttendenz und
Vermeidungshaltung den "Beleg" dafür, dass der Versicherte mit grosser
Wahrscheinlichkeit mit heftiger Angst auf die beiden anaphylaktischen
Reaktionen und die Möglichkeit eines Wiederauftretens reagiert hat. Sein
ganzes Verhalten sei derart auffällig, dass angenommen werden müsse,
er habe wenig Möglichkeiten und Ressourcen gehabt, auf die spezifische
Bedrohung auf eine adäquate Art zu reagieren.

    Wie bereits dargetan, leuchtet nicht ein, eine spezifische Phobie
und die daraus entwickelte Vermeidungshaltung auf Ängste zurückzuführen,
die der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben gar nicht gehabt
hat. Zudem ist keineswegs dargetan, dass die Vermeidungshaltung
psychopathologisch ist. Dass sie weiter geht, als sie zur Vermeidung
erneuter Reaktionen auf unverträgliche Speisen und Getränke notwendig ist,
indem auch das Einatmen so genannt schlechter Luft zu vermeiden gesucht
wird, ist kein Hinweis für ein pathologisches Geschehen. Viele Menschen
weichen schlechten Gerüchen oder solchen, die ihnen widerwärtig sind oder
ihrer Gesundheit schaden könnten (wie Abgase stehender Fahrzeuge mit
laufendem Motor) aus, ohne psychisch krank zu sein. Dass eine Haltung,
welche die Wiederholung allergischer Reaktionen durch hiezu geeignete
Stoffe zu vermeiden sucht, zweckmässig und geboten erscheint, bedarf
keiner näheren Begründung.

    d) Vermag demnach das Gutachten des Dr. med. H. nicht zu überzeugen
- wobei sich die dagegen vorgebrachten Einwände teils in gleicher
oder vergleichbarer Weise auch in den Ausführungen des SUVA-Arztes
Dr. med. B. im Bericht vom 10. März 1997 finden -, erscheint es als
vertretbar, die Frage, ob psychische Störungen in natürlich kausalem
Zusammenhang mit der Berufskrankheit vorliegen, nicht weiter abzuklären und
stattdessen zu prüfen, ob sie allenfalls in adäquatem Kausalzusammenhang
zur Berufskrankheit stehen würden, wie dies bereits die Vorinstanz
getan hat.

Erwägung 5

    5.- a) Nach der Rechtsprechung hat ein Ereignis dann als adäquate
Ursache eines Erfolges zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen
Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses
Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE
123 III 112 Erw. 3a, 123 V 103 Erw. 3d, 139 Erw. 3c, 122 V 416 Erw. 2a,
je mit Hinweisen).

    b) Die SUVA hat im Einspracheentscheid bezüglich des adäquaten
Kausalzusammenhangs auf die nach der Rechtsprechung des Eidg.
Versicherungsgerichts für die Beurteilung psychischer Fehlentwicklungen
nach Unfällen geltenden Grundsätze (BGE 115 V 133) verwiesen und
diese als im Zusammenhang mit Berufskrankheiten analog anwendbar
betrachtet. Entsprechend der Einteilung der Unfälle ausgehend vom
augenfälligen Geschehensablauf in drei Gruppen sei von Berufskrankheiten
mit banalen bzw. leichten Beschwerdebildern, solchen mit schweren
Beschwerdebildern und schliesslich dem dazwischen liegenden Bereich zu
unterscheiden. Das kantonale Gericht sah keine Gründe, die gegen eine
sinngemässe Anwendung der Rechtsprechung zur Adäquanz psychischer Leiden
nach Unfällen auf Berufskrankheiten und ihre Folgen sprechen würden. Die
analoge Anwendung dieser Rechtsprechung dränge sich seiner Ansicht nach im
vorliegenden Fall umso mehr auf, als im Wesentlichen nicht die anerkannte
Berufskrankheit, sondern die zwei durchgemachten anaphylaktischen
Reaktionen für die psychischen Beschwerden verantwortlich gemacht würden.

    Der Beschwerdeführer übte im vorinstanzlichen Verfahren Kritik an
der Übernahme dieser seiner Ansicht nach nur auf Unfälle anwendbaren
Praxis. Die Frage des adäquaten Kausalzusammenhangs sei vielmehr auf Grund
der allgemeinen Rechtsprechung zu beurteilen. Im vorliegenden Verfahren
hält er zwar daran fest, dass eine analoge Anwendung der Unfallkriterien
nicht zum Vornherein gegeben sei. Da eine anaphylaktische Reaktion das
typische Unfallelement der Plötzlichkeit aufweise, könne er einer analogen
Anwendung der Rechtsprechung bezüglich der psychischen Unfallfolgen
jedoch zustimmen.

    c) Lehre und Rechtsprechung lassen den sozialen Unfallversicherer
für Schäden nur dann einstehen, wenn diese sowohl in einem natürlichen
wie auch in einem adäquaten Kausalzusammenhang mit dem schädigenden
Ereignis stehen. Der Voraussetzung des adäquaten Kausalzusammenhangs
kommt dabei die Funktion einer Haftungsbegrenzung zu (BGE 123 V 102
Erw. 3b mit Hinweisen). Bei psychischen Gesundheitsschäden geht diese
Beschränkung indessen nicht so weit, dass nur psychisch Gesunde des
Schutzes der sozialen Unfallversicherung teilhaftig werden. Wie das
Eidg. Versicherungsgericht in BGE 112 V 36 Erw. 3c in Änderung seiner
Rechtsprechung erkannt und in BGE 115 V 135 Erw. 4b bestätigt hat,
darf die Frage, ob ein Unfall nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge
und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, eine psychische
Gesundheitsschädigung herbeizuführen, in der sozialen Unfallversicherung
nicht auf den psychisch gesunden Versicherten beschränkt werden. Vielmehr
ist auf eine weite Bandbreite der Versicherten abzustellen. Hiezu
gehören auch jene Versicherten, die auf Grund ihrer Veranlagung für
psychische Störungen anfälliger sind und einen Unfall seelisch weniger
gut verkraften als Gesunde. Die Gründe dafür, dass einzelne Gruppen von
Versicherten einen Unfall langsamer oder schlechter verarbeiten als andere,
können z.B. in einer ungünstigen konstitutionellen Prädisposition oder
allgemein in einem angeschlagenen Gesundheitszustand, in einer psychisch
belastenden sozialen, familiären oder beruflichen Situation oder in der
einfach strukturierten Persönlichkeit des Verunfallten liegen. Somit
bilden im Rahmen der erwähnten, weit gefassten Bandbreite auch solche
Versicherte Bezugspersonen für die Adäquanzbeurteilung, welche im Hinblick
auf die erlebnismässige Verarbeitung eines Unfalles zu einer Gruppe
mit erhöhtem Risiko gehören, weil sie aus versicherungsmässiger Sicht
auf einen Unfall nicht optimal reagieren. Daraus ergibt sich, dass für
die Beurteilung der Frage, ob ein konkretes Unfallereignis als alleinige
Ursache oder als Teilursache nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der
allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, zu einer bestimmten psychischen
Schädigung zu führen, kein allzu strenger, sondern im dargelegten Sinne
ein realitätsgerechter Massstab angelegt werden muss. Umgekehrt ist das
Eidg. Versicherungsgericht in BGE 123 V 98 dem Begehren entgegengetreten,
bei psychischen Gesundheitsschäden auf das Erfordernis der Adäquanz zu
verzichten und die natürliche Kausalität genügen zu lassen, wie es in
der Praxis bei singulären physischen Folgen üblich ist, und es hat an der
Erfüllung der Voraussetzung des adäquaten Kausalzusammenhangs festgehalten.

    Ob psychische Störungen mit einem Unfall oder einer Berufskrankheit
in einem adäquaten Kausalzusammenhang stehen, hängt demnach davon ab,
ob der Unfall oder die Berufskrankheit unter Berücksichtigung der weiten
Bandbreite von Versicherten, für welche die soziale Unfallversicherung
Schutz bieten soll, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der
allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, zu solchen Störungen zu führen.

    d) Das Eidg. Versicherungsgericht hat die Praxis über die Behandlung
psychischer Störungen nach Unfällen entwickelt, um die Vielzahl von
Unfällen mit psychischen Fehlentwicklungen einer praktikablen und
rechtsgleichen Beurteilung zuzuführen. Diese Praxis auf Berufskrankheiten
oder Geschehnisse in deren Zusammenhang anzuwenden wäre jedoch nicht
sachgerecht. Zum einen würde damit unnötigerweise ein schematisches
Element übernommen, das sich für die Einteilung von Unfällen eignet
(leichte und schwere Unfälle sowie der dazwischen liegende Bereich),
für Berufskrankheiten und Geschehnisse im Verlauf derselben jedoch nicht
zugeschnitten ist. Zum andern lassen sich Berufskrankheiten nicht analog
den Unfällen in Gruppen pressen. Wohl ist einer anaphylaktischen Reaktion
die Plötzlichkeit des Geschehens eigen, doch gehen ihr andere wesentliche
Merkmale des Unfallbegriffes (vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 UVV) ab. In einem in
RKUV 1996 Nr. U 264 S. 285 veröffentlichten Urteil, in welchem psychische
Störungen im Zusammenhang mit einer Berufskrankheit zu beurteilen waren,
hat das Eidg. Versicherungsgericht in Erwägung 3b in fine zwar aufgezeigt,
dass der Verwaltungsgerichtsbeschwerde selbst im Falle der Anwendung der
zu psychischen Entwicklungen nach Unfällen ergangenen Praxis kein Erfolg
beschieden sein könnte; seiner Beurteilung hat das Gericht jedoch das
allgemeine Erfordernis der Adäquanz zu Grunde gelegt (RKUV 1996 Nr. U
264 S. 288 f.).

    e) Zu prüfen bleibt somit, ob die Berufskrankheit des Beschwerdeführers
und die dabei durchgemachten anaphylaktischen Reaktionen nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung -
unter Berücksichtigung der weiten Bandbreite der Versicherten, denen
die soziale Unfallversicherung Schutz bieten soll - geeignet sind,
psychische Störungen von der Art, wie sie bei ihm vorliegen sollen,
zu verursachen. Dies ist zu verneinen. Wer gegenüber gewissen Stoffen
allergisch reagiert und nach dem Konsum solche Substanzen enthaltender
Nahrungsmittel (Genuss eines Mohnbrötchens und einer türkischen
Mehlspeise) anaphylaktische Reaktionen durchgemacht hat, entwickelt nach
dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung keine
Vermeidungshaltung, die so weit geht, dass er nicht nur Orte meidet,
wo solche Stoffe vorkommen oder vorkommen können, sondern grundsätzlich
alle Orte, an denen er unangenehme Gerüche (schlechte Luft) vorfindet
oder vermutet, und deswegen nicht arbeiten zu können glaubt.

    Fehlt es somit am adäquaten Kausalzusammenhang, hat die SUVA ihre
Leistungen zu Recht eingestellt.