Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 V 408



125 V 408

66. Auszug aus dem Urteil vom 10. Dezember 1999 i.S. IV-Stelle des Kantons
Zürich gegen S. und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Regeste

    Art. 4 BV: Unentgeltliche Verbeiständung im Administrativverfahren der
Invalidenversicherung; Bemessung der Entschädigung. Die Entschädigung
des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Verwaltungsverfahren der
Invalidenversicherung ist nach kantonalem Recht zu bemessen mit der Folge,
dass das vom kantonalen Gericht auf Beschwerde hin (neu) festgelegte
Honorar vom Eidg. Versicherungsgericht praktisch nur daraufhin zu prüfen
ist, ob es vor dem Willkürverbot standhält.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Voraussetzungen zur
Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung im Verwaltungsverfahren
erfüllt sind. Im Streit liegt der Entscheid der Vorinstanz, mit
welchem der Beschwerdegegnerin als unentgeltlicher Rechtsvertreterin im
Verwaltungsverfahren der Invalidenversicherung in Aufhebung der Verfügung
der IV-Stelle eine Entschädigung von Fr. 1'278.70 (einschliesslich
Mehrwertsteuer und Barauslagen) zugesprochen wurde. Dabei stellt sich
zunächst die vom Eidg. Versicherungsgericht noch nie ausdrücklich
entschiedene Frage, nach welchen Regeln die Entschädigung eines
unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Administrativverfahren der
Invalidenversicherung zu bemessen ist.

    a) Die Regelung der Bemessung der Parteientschädigung, auf welche der
im kantonalen Beschwerdeverfahren obsiegende Versicherte gemäss Art. 85
Abs. 2 lit. f Satz 3 AHVG in Verbindung mit Art. 69 IVG Anspruch hat,
ist mangels bundesrechtlicher Bestimmung dem kantonalen Recht überlassen,
mit welchem sich das Eidg. Versicherungsgericht grundsätzlich nicht zu
befassen hat (Art. 128 OG in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5
Abs. 1 VwVG). Es darf die Höhe der Parteientschädigung nur daraufhin
überprüfen, ob die Anwendung der für ihre Bemessung einschlägigen
kantonalen Bestimmungen, sei es bereits auf Grund ihrer Ausgestaltung
oder aber auf Grund des Ergebnisses im konkreten Fall (RKUV 1993 Nr. U
172 S. 144 Erw. 4b), zu einer Verletzung von Bundesrecht geführt hat
(Art. 104 lit. a OG). Dabei fällt im Wesentlichen nur das Willkürverbot
des Art. 4 Abs. 1 BV in Betracht (BGE 114 V 86 Erw. 4a mit Hinweisen;
RKUV 1993 Nr. U 172 S. 144 Erw. 4b und ZAK 1989 S. 253 Erw. 4a). Nach der
Rechtsprechung ist eine Entschädigung dann willkürlich, wenn sie eine
Norm oder einen klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich
schwer verletzt, sich mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten
lässt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft
(BGE 114 V 86 Erw. 4a mit Hinweis; vgl. ferner BGE 122 I 66 Erw. 3a, 121
I 114 Erw. 3a). Indes hat das Eidg. Versicherungsgericht andere Formen von
Bundesrechtsverletzungen im Bereich der Bemessung von Parteientschädigungen
nicht ausgeschlossen (BGE 114 V 87 Erw. 4a; ZAK 1989 S. 254 Erw. 4a).

    In gleicher Weise richtet sich die Bemessung des Honorars des
unentgeltlichen Rechtsbeistandes, das im Falle unentgeltlicher
Verbeiständung dem Vertreter der im kantonalen Beschwerdeverfahren
unterliegenden Partei gemäss Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG auszurichten ist,
nach kantonalem Recht (BGE 110 V 360).

    b) Ebenso wenig wie für die Bemessung der Parteientschädigung oder
der Entschädigung bei unentgeltlicher Verbeiständung im kantonalen
Beschwerdeverfahren besteht eine bundesrechtliche Grundlage für die
Festsetzung des Honorars des von der IV-Stelle für das Verwaltungsverfahren
in Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung bestellten Rechtsanwalts.
Eine sinngemässe Anwendung der Verordnung über Kosten und Entschädigungen
im Verwaltungsverfahren vom 10. September 1969 (SR 172.041.0), in
ZAK 1992 S. 220 Erw. 4 als Möglichkeit erwogen, drängt sich nicht
auf. Abgesehen davon, dass die vom Bundesrat gestützt auf verschiedene
Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG;
SR 172.021) erlassene Verordnung über Kosten und Entschädigungen im
Verwaltungsverfahren auf Verfahren vor kantonalen IV-Stellen nicht
anwendbar ist (Art. 1 Abs. 2 lit. e in Verbindung mit Art. 3 lit. a VwVG),
wie das Eidg. Versicherungsgericht mit Bezug auf das VwVG in BGE 125 V
403 Erw. 2 bestätigt hat, hätte eine - wenn auch lediglich sinngemässe
- Anwendung dieser bundesrätlichen Verordnung für die Bemessung der
Entschädigung kaum verständliche Konsequenzen: Für die Bemessung der
Parteientschädigung und des Honorars des unentgeltlichen Rechtsbeistandes
im kantonalen invalidenversicherungsrechtlichen Beschwerdeverfahren
wäre mangels bundesrechtlicher Grundlage kantonales Recht massgebend,
während die Höhe der Entschädigung bei unentgeltlicher Verbeiständung im
Administrativverfahren (sinngemäss) nach Bundesrecht zu bestimmen wäre. Die
Entschädigung bei unentgeltlicher Verbeiständung im Verwaltungsverfahren
der Invalidenversicherung ist daher entsprechend den Darlegungen der
Vorinstanz ebenfalls nach kantonalem Recht zu bemessen. Demnach gelten
mit Bezug auf die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts die
vorstehend (Erw. 3a) dargelegten Grundsätze.