Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 V 276



125 V 276

43. Auszug aus dem Urteil vom 18. Juni 1999 i.S. H. gegen "Die
Eidgenössische" Gesundheitskasse und Versicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt Regeste

    Art. 12 Abs. 2 lit. b KVV: Mahngebühren. Die Erhebung angemessener
Mahngebühren und Umtriebsspesen beim Verzug in der Zahlung von Prämien
und Kostenbeteiligungen ist unter der Voraussetzung der schuldhaften
Verursachung der (bei rechtzeitiger Zahlung unnötigen) Aufwendungen
durch die versicherte Person auch im Bereich des neuen KVG zulässig,
sofern der Krankenversicherer in seinen allgemeinen Bestimmungen über die
Rechte und Pflichten der Versicherten eine entsprechende Regelung vorsieht.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- c) aa) Dem Beschwerdeführer wurden [im Zusammenhang mit der
Durchsetzung ausstehender Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen
von der Krankenkasse] zusätzlich Mahnspesen von Fr. 50.-- sowie
ein Umtriebsspesenanteil von Fr. 20.-- belastet. Die Erhebung eines
Unkostenbeitrages für Spesen und Umtriebe, welche durch das Verhalten eines
Versicherten verursacht worden sind, war unter dem KUVG bei entsprechenden
statutarischen Bestimmungen zulässig (nicht veröffentlichte Urteile F. vom
25. Januar 1984 und B. vom 22. März 1982).

    bb) Es fragt sich, ob unter dem neuen Recht an dieser Rechtsprechung
festgehalten werden kann.

    Im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 2 KUVG, wonach sich die Krankenkassen nach
ihrem Gutfinden einrichteten, soweit das Gesetz keine entgegenstehenden
Vorschriften enthielt, fehlt im neuen Recht ein entsprechender Hinweis
auf eine Autonomie der Versicherer. Das Gesetzmässigkeitsprinzip hat das
Autonomieprinzip abgelöst, indem das KVG die Krankenpflegeversicherung
in wesentlichen Bereichen vollständig und detailliert regelt (BGE 124 V
359 f. Erw. 2d mit Hinweisen; zur sozialen Krankentaggeldversicherung
vgl. demgegenüber BGE 124 V 205 Erw. 3d). In Bereichen, in denen
die gesetzliche Regelung nicht detailliert ist, sind kasseninterne
Bestimmungen hingegen nicht von vornherein unzulässig (MAURER,
Das neue Krankenversicherungsrecht, S. 9; zurückhaltender EUGSTER,
Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht
[SBVR], Rz. 5). Davon geht auch Art. 12 Abs. 2 lit. b KVV aus,
wonach die Krankenkassen dem Anerkennungsgesuch an das Bundesamt für
Sozialversicherung allfällige allgemeine Bestimmungen über die Rechte
und Pflichten der Versicherten beizulegen haben.

    Bezüglich der Erhebung von Mahngebühren beim Verzug in der Zahlung
von Prämien und Kostenbeteiligungen vertritt EUGSTER (aaO, Rz. 341)
die Auffassung, dass autonome Regelungen der Versicherer zulässig
sind, sofern die versicherte Person die (unnötigen) Kosten schuldhaft
verursacht hat und die Entschädigung angemessen ist (anders bezüglich
Kosten, die beim Gesetzesvollzug notwendigerweise entstehen; vgl. hiezu
auch RKUV 1992 Nr. K 891 S. 72 Erw. 2b betreffend KUVG sowie SVR 1994
BVG Nr. 18 S. 47 Erw. 4 betreffend BVG). Nachdem die Durchsetzung der
finanziellen Verpflichtungen der Versicherten gegenüber den Versicherern
weder gesetzlich noch verordnungsmässig ausführlich geregelt ist und
die Erhebung von Mahngebühren nicht in gesetzliche Ansprüche eingreift,
kann dieser Auffassung gefolgt werden.

    cc) Da Art. 12 Abs. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen
[der Kasse] ... die Erhebung von Umtriebsspesen bis zu einem Betrag
von Fr. 50.-- pro Fall bei Verletzung der Mitwirkungspflichten des
Versicherten (Prämieninkasso/Leistungsauszahlung) ausdrücklich vorsieht
und der Beschwerdeführer mehrmals gemahnt werden musste, erging der
vorinstanzliche Entscheid, soweit er die Auferlegung von Mahn- und
Umtriebsspesen in der Höhe von insgesamt Fr. 70.-- schützt, zu Recht.