Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 I 313



125 I 313

29. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10.
Mai 1999 i.S. Bernischer Lehrerinnen- und Lehrerverein gegen Regierungsrat
des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 86 Abs. 1 OG; Anfechtbarkeit eines Beschlusses über die Sistierung
des ordentlichen Gehaltsaufstiegs.

    Natur des Rechtssatzes, der Verfügung und der Allgemeinverfügung. Der
angefochtene Beschluss, durch den die Gehaltserhöhung des Berner
Lehrpersonals für ein bestimmtes Schuljahr sistiert wird, ist eine
Allgemeinverfügung (E. 2a). Anfechtbarkeit der Allgemeinverfügung (E. 2b).

    Gegen Allgemeinverfügungen ist nach dem Berner Gesetz über
die Verwaltungsrechtspflege die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an
das kantonale Verwaltungsgericht jedenfalls dann gegeben, wenn die
Streitsache in den Geltungsbereich von Art. 6 EMRK fällt (E. 3). Das
trifft für Streitigkeiten über rein vermögensrechtliche Ansprüche aus
dem öffentlichen Dienstverhältnis zu (E. 4). Überweisung der Sache an
das kantonale Verwaltungsgericht (E. 5).

Sachverhalt

    Das bernische Gesetz über die Anstellung der Lehrkräfte vom 20. Januar
1993 (LAG, BSG 430.250) enthält keine Regelung über die Gehälter, sondern
stellt in Art. 12 Abs. 1 lediglich fest, dass Lehrkräfte Anspruch auf
Gehalt und gegebenenfalls auf Zulagen haben. Nach Art. 12 Abs. 2 legt
der Grosse Rat die Grundsätze der Gehaltsordnung durch Dekret fest und
regelt der Regierungsrat das Nähere.

    Gemäss dem Gehaltskonzept im Dekret über die Anstellung der
Lehrkräfte vom 8. September 1994 (LAD, BSG 430.250.1) be- misst sich
das den einzelnen Lehrkräften ausbezahlte Gehalt nach einem Grundgehalt
(Art. 4 LAD).

    Nach Art. 8 LAD erhöht jede sog. Erfahrungsstufe das Grundgehalt um
zwei bis drei Prozent (Abs. 1 und 3); dabei wird für jedes - innerhalb
oder ausserhalb des Schuldienstes - absolvierte Praxisjahr höchstens eine
Erfahrungsstufe angerechnet (Abs. 2). Gemäss Art. 8 Abs. 5 LAD bestimmt
der Regierungsrat Näheres über die Erfahrungsstufen und legt nach lit. c
unter anderem fest, unter welchen Voraussetzungen die Anrechnung von
Erfahrungsstufen sistiert werden kann.

    Gestützt auf Art. 8 Abs. 5 lit. c LAD fasste der Regierungsrat des
Kantons Bern am 13. Mai 1998 folgenden Beschluss (Nr. 1077/98):
      «1. Für die Lehrkräfte und andere der Lehreranstellungsgesetzgebung

    unterstellte Personen wird die Anrechnung einer weiteren ordentlichen

    Erfahrungsstufe, welche im Schuljahr 1998/99 fällig wird, sistiert.

    Sinngemäss gilt dies auch für die Vorstufen.
      2. Personen im Aufholstatus erhalten im Schuljahr 1998/99 nur die
      im LAD

    Artikel 21 Absatz 1 definierten zusätzlichen Erfahrungsstufen.
      3. Neueintretende Lehrkräfte mit anrechenbaren Praxisjahren werden im

    Schuljahr 1998/99 so eingestuft, dass die Einstufung den bereits

    angestellten Lehrkräften mit gleichviel anrechenbaren Praxisjahren

    entspricht.
      4. Der Regierungsrat entscheidet zu einem späteren Zeitpunkt,
      ob und wann

    die für das Schuljahr 1998/99 sistierte Erfahrungsstufe nachgewährt
werden

    kann.
      5. Dieser Beschluss tritt am 1. August 1998 in Kraft. Er ist in der

    Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung zu publizieren.»

    Der Regierungsrat begründet diesen Beschluss damit, dass das Wachstum
der Gehaltsaufwendungen für Lehrkräfte die im Budget und Finanzplan
1998-2001 vorgesehenen Mittel übersteige, sofern nicht einschränkende
Massnahmen getroffen würden. Da die Vorgaben gemäss Finanzplan zwingend
einzuhalten seien, müsse das Wachstum der Gesamtlohnsumme für Anstellungen
nach der Lehreranstellungsgesetzgebung beschränkt bzw. der Gehaltsaufstieg
gebremst werden.

    Die Erziehungsdirektion orientierte die Lehrerschaft im
Amtlichen Schulblatt des Kantons Bern vom 12. Juni 1998 über den
Regierungsratsbeschluss Nr. 1077. Dieser ist am 22. Juli 1998 in der
Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung (BAG 98-31) publiziert worden.

    Mit Eingabe vom 9. Juli 1998 hat der Bernische Lehrerinnen-
und Lehrerverein gegen den Regierungsratsbeschluss Nr. 1077/98
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der
Gewaltentrennung erhoben und Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
verlangt. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Regierungsrat habe mit
dem umstrittenen Hoheitsakt die verfassungsrechtlichen Grundsätze über die
Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen verletzt und den Rahmen der ihm
durch Art. 8 Abs. 5 lit. c LAD verliehenen Verordnungskompetenz gesprengt.

    Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein

Auszug aus den Erwägungen:

                    aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nach Auffassung des Beschwerdeführers sind mit dem angefochtenen
Regierungsratsbeschluss Rechtssätze geschaffen worden. Rechtssätze sind
Anordnungen genereller und abstrakter Natur, die für eine unbestimmte
Vielheit von Menschen gelten und eine unbestimmte Vielheit von Tatbeständen
regeln ohne Rücksicht auf einen bestimmten Einzelfall oder auf eine Person.
Demgegenüber richtet sich die Verfügung als Einzelakt regelmässig an
einen Einzelnen oder an eine bestimmte Anzahl von Adressaten. Sie enthält
eine verbindliche Anordnung, durch die eine konkrete Rechtsbeziehung
rechtsbegründend, -aufhebend, -gestaltend oder -feststellend geregelt wird;
werden entsprechende Regelungsbegehren abgewiesen oder wird darauf nicht
eingetreten, so gilt auch das als Verfügung (vgl. BGE 122 I 328 E. 1a;
123 V 290 E. 3a). Zwischen Rechtssatz und Verfügung steht die sog.
Allgemeinverfügung, die zwar einen konkreten Sachverhalt regelt, sich
aber an einen mehr oder weniger grossen, offenen oder geschlossenen
Adressatenkreis richtet (vgl. BGE 101 Ia 73 E. 3a; 112 Ib 249 E. 2b;
119 Ia 141 E. 5 c/cc, je mit Hinweisen auf die Lehre).

    Der angefochtene Beschluss regelt einen einzelnen bestimmten
Sachverhalt, indem er die Anrechnung der Erfahrungsstufe für das Schuljahr
1998/99 auf das Gehalt der Berner Lehrkräfte suspendiert. Er richtet sich
an einen grösseren Adressatenkreis - alle dem Gesetz über die Anstellung
der Lehrkräfte unterstellten Personen -, der bestimmt bzw. bestimmbar
ist. Der Regierungsratsbeschluss ist daher als generell-konkreter
Hoheitsakt, als Allgemeinverfügung, zu qualifizieren. Von einer
sog. Sammelverfügung unterscheidet er sich nur insofern, als er sich
auch auf allenfalls neu in den Dienst eintretende Personen bezieht
(vgl. Tobias Jaag, Die Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Einzelakt,
Zürcher Habilitationsschrift 1985, S. 52 f.). Zudem ist der Beschluss
über die Sistierung der Gehaltserhöhung für das Schuljahr 1998/99 -
gleich wie etwa der Beschluss über die Erhöhung der Verbandsbeiträge der
Studierenden für das folgende Semester (BGE 103 Ib 315, nicht publ. E. 3)
- ohne weitere Konkretisierungs-Verfügung unmittelbar durchsetzbar.

    b) Ihrer Konkretheit wegen werden die Allgemeinverfügungen in der
Regel den gewöhnlichen Verfügungen gleichgestellt (BGE 101 Ia 73 E. 3a;
112 Ib 252 E. 1b, mit Hinweisen). Dies gilt grundsätzlich auch für
die Anfechtbarkeit. Ist indessen - wie etwa bei Verkehrsanordnungen -
der Kreis der Adressaten offen und werden diese durch den Erlass der
Allgemeinverfügung nur virtuell berührt, so muss die Allgemeinverfügung im
Anwendungsfall noch vorfrageweise auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft
werden können (Entscheid vom 17. März 1976 i.S. D. gegen Gemeinde Tamins,
E. 1a, publ. in ZBl 77/1976 S. 353, BGE 112 Ib 249 E. 2b in fine, anders
dagegen BGE 113 IV 123, wo eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung
als reine Verfügung behandelt worden ist; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER,
Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3.A. 1998 N. 739, 742,
THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH HERZOG, Kommentar zum Gesetz
über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997, N. 45 zu Art. 49,
TOBIAS JAAG, Die Allgemeinverfügungen im schweizerischen Recht, ZBl 85/1984
S. 433 ff. 454 f., je mit Hinweisen). Ob und inwieweit die Anfechtbarkeit
solcher Allgemeinverfügungen auch unmittelbar an deren Erlass gewährleistet
sein müsse, ist umstritten (vgl. JAAG, Die Allgemeinverfügung, aaO S. 452;
Entscheid des Bundesrates vom 22. Oktober 1985, publ. in ZBl 87/1986 S. 237
f.). Ist dagegen der Adressatenkreis bestimmt oder bestimmbar und kann die
Allgemeinverfügung ohne konkretisierende Anordnung einer Behörde angewendet
und vollzogen werden, so bildet sie ein der Verfügung gleichgestelltes
direktes Anfechtungsobjekt (BGE 103 Ib 315, nicht publ. E. 3, s.a. JAAG,
Die Allgemeinverfügung, aaO S. 453 mit N. 85 und 87, RENÉ A. RHINOW/BEAT
KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband,
Nr. 5 Bc S. 16 f.).

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. c des Berner Gesetzes über die
Verwaltungsrechtspflege vom 23. Mai 1989 (VRPG, BSG 155.21) beurteilt
das Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz Beschwerden gegen
Verfügungen und Entscheide, die sich auf öffentliches Recht stützen. Diese
Generalklausel wird indes durch Ausnahmebestimmungen eingeschränkt. So
erklärt Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen Verfügungen und Entscheide betreffend die Genehmigung von Erlassen
oder Allgemeinverfügungen als unzulässig. Was für die Anfechtbarkeit der
Allgemeinverfügungen selbst gilt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zweck
der Ausnahmevorschrift von Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG ist offenbar in
erster Linie, die kantonale Genehmigung kommunaler Verkehrsregelungen
von der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung auszunehmen. Andererseits
sollen die genehmigungsbedürftigen Allgemeinverfügungen wie die
generell-abstrakten Normen nicht direkt im Anschluss an ihren Erlass
(bzw. ihre Genehmigung), sondern erst anlässlich ihrer Anwendung
im Einzelfall akzessorisch anfechtbar sein. Demnach ginge das Berner
Verwaltungsrechtspflegegesetz davon aus, dass die Allgemeinverfügung bzw.
deren Genehmigung keiner doppelten Überprüfung durch das Verwaltungsgericht
(direkt und akzessorisch) unterliegt. Allerdings steht nach der Doktrin
die kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde dann unmittelbar anschliessend
an den Erlass bzw. die Genehmigung der Allgemeinverfügung offen, wenn
es zu deren Anwendung keiner Konkretisierung im Einzelfall mehr bedarf
(vgl. zum Ganzen MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, aaO, N. 15 in fine und N. 16
zu Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG). Wie Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG hinsichtlich
der Anfechtbarkeit von Allgemeinverfügungen im Einzelnen zu verstehen sei,
kann hier jedoch letztlich offen bleiben.

    b) Ungeachtet des in Art. 75 bis 78 VRPG enthaltenen Ausnahmekatalogs
ist die Zuständigkeit des Berner Verwaltungsgerichts (oder einer
anderen richterlichen Behörde) dort zu bejahen, wo eine konkrete
Streitsache in den Geltungsbereich von Art. 6 EMRK fällt. Diese
Bestimmung gewährleistet für alle Zivil- und Strafsachen im Sinne der
Konvention die Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches,
auf Gesetz beruhendes Gericht. Der sich aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergebende
Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz verlangt nach bundesgerichtlicher
Praxis von den Kantonen, dass sie eine richterliche Überprüfung auch in
jenen von der Konventionsbestimmung erfassten Fällen vorsehen, wo sie
nach der massgebenden kantonalen Gesetzgebung noch nicht besteht. Die
gerichtliche Kontrolle ist in dieser Situation direkt gestützt auf Art. 6
Ziff. 1 EMRK zu ermöglichen (BGE 121 II 219 E. 2c; 120 Ia 19 E. 6 S. 31,
209 E. 6d S. 215, je mit Hinweisen). Dieser Anforderung wird im Berner
Verwaltungsrechtspflegegesetz dadurch entsprochen, dass in Art. 1 Abs. 2
staatliche Abkommen - und damit die EMRK - ausdrücklich vorbehalten
werden. In der Praxis bedeutet dies, dass das Verwaltungsgericht
auch ohne gesetzliche Grundlage und sogar entgegen den kantonalen
Ausnahmevorschriften zuständig zur Behandlung von Streitsachen ist,
welche nach Massgabe der EMRK richterlicher Beurteilung bedürfen (BVR
1993 S. 396; vgl. MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, aaO, N. 10-13 zu Art. 74
Abs. 1 und N. 1 zu Art. 77 Abs. 1 VRPG, WALTER KÄLIN/URS BOLZ, Handbuch
des bernischen Verfassungsrechts, S. 187).

    c) Somit fragt sich hier, ob der Streit über die Sistierung der
Gehaltserhöhungen nicht «zivilrechtliche Ansprüche» im Sinne von Art. 6
Ziff. 1 EMRK betreffe und daher der Rechtsweg an den - kantonalen -
Richter offen stehen müsse.

Erwägung 4

    4.- Wie das Bundesgericht unlängst in zwei Entscheiden dargelegt hat
(vgl. Urteile vom 11. Juli 1997, E. 3b von 2A.11/1997 publ. in Praxis
1998 Nr. 84 S. 505 f. und E. 4c von 2A.584/1996 publ. in ZBl 99/1998
S. 228 f.), sind Streitigkeiten aus dem öffentlichen Dienstverhältnis nach
eigener Rechtsprechung und der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte noch weitgehend dem Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1
EMRK entzogen. Grund hiefür ist, dass das Gemeinwesen, das öffentliche
Interessen wahrzunehmen hat, die Beziehungen zu seinen Bediensteten soll
autonom gestalten können. Das gilt namentlich für die Begründung des
Dienstverhältnisses, für Lohneinstufungen und Beförderungen sowie für die
Beendigung des Dienstverhältnisses (Urteile des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte i.S. Francesco Lombardo vom 26. November 1992, Serie A,
Band 249-B, S. 26 Ziff. 17; i.S. Florence Neigel vom 17. März 1997, Recueil
des arrêts et décisions, 1997-II S. 410 und i.S. Huber vom 19. Februar
1998, Recueil 1998 I S. 105; Urteil des Bundesgerichtes i.S. B. vom
22. März 1996, publ. in ZBl 98/1997 S. 75 ff. E. 2c und d). Dagegen
können Streitigkeiten über rein vermögensrechtliche Ansprüche aus dem
Dienstverhältnis zivilrechtlicher Natur sein. So hat der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen
von Beamten zivilrechtlichen Charakter zuerkannt (zit. Urteil i.S.
Francesco Lombardo sowie Urteil i.S. Massa vom 24. August 1993, Serie A
Band 265-B S. 20 Ziff. 26) und in neueren Entscheiden Gehaltsansprüche in
gleicher Weise behandelt, falls diese als «purement patrimonial» gelten
können (Urteile i.S. De Santa, Lapalorcia und Abenavoli vom 2. September
1997, Recueil 1997-V S. 1663 Ziff. 18, S. 1667 Ziff. 21 und S. 1690 Ziff.
16; i.S. Couez und Benkessiouer vom 24. August 1998, Recueil 1998-V
S. 2265 Ziff. 24-25 und S. 2287 f. Ziff. 29-31). Art. 6 Ziff. 1 EMRK findet
demnach auf dienstrechtliche Besoldungsstreitigkeiten Anwendung, soweit
diese nicht bloss Folge dienstrechtlicher Anordnungen sind, die in den
Ermessensbereich des Gemeinwesens fallen und nach dem eingangs Erwähnten
nicht als zivilrechtlich gelten können. Massgebend für die Unterstellung
unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist mithin, dass dem Gemeinwesen hinsichtlich
der umstrittenen Lohnleistung keine Gestaltungsfreiheit zukommt und dass
dem Angestellten gegenüber dem Gemeinwesen - gleich wie gegenüber einem
privaten Arbeitgeber - ein subjektiver und individueller Vermögensanspruch
zusteht, den die öffentliche Hand kraft gesetzlich umschriebener
Verpflichtung zu erfüllen hat (vgl. MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, aaO, N.
11 zu Art. 78 lit. b VRPG mit Hinweisen, RUTH HERZOG, Art. 6 EMRK und
kantonale Verwaltungsrechtspflege, Bern 1995, S. 249; s.a. JOCHEN
A. FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention,
EMRK-Kommentar, 2.A. 1996, N. 24 und 31 zu Art. 6).

    Im vorliegenden Fall angefochten ist die Sistierung der Anrechnung
einer Erfahrungsstufe und der damit verbundenen Gehaltserhöhung,
auf die den Berner Lehrkräften im Rahmen von Art. 8 LAD ein Anspruch
zusteht. Dieser Aufschub ist vom Regierungsrat ausschliesslich
aus finanzpolitischen Gründen angeordnet worden und steht mit den
individuellen Einstufungen und den von den Lehrkräften erbrachten
Leistungen in keinem Zusammenhang. Die gegenüber dem ganzen Lehrpersonal
verfügte Sistierung betrifft dieses in Gehaltsansprüchen, die nach der
aufgezeigten Rechtsprechung als zivilrechtlich im Sinne von Art. 6 Ziff. 1
EMRK zu betrachten sind. Streitigkeiten über solche vermögensrechtliche
Ansprüche und Verpflichtungen können - wie in E. 3 dargelegt - dem
kantonalen Verwaltungsgericht unterbreitet werden.

Erwägung 5

    5.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist somit mangels Erschöpfung
des kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 Abs. 1 OG) nicht einzutreten. Da
der angefochtene Beschluss mit keiner Rechtsmittelbelehrung versehen war
und dem Beschwerdeführer aus dieser Unterlassung kein Nachteil erwachsen
darf (vgl. Art. 107 Abs. 3 OG, BGE 124 I 255 E. 1a/aa; Art. 26 Abs. 2 der
Berner Kantonsverfassung, Art. 44 Abs. 5 i.V.m. Art. 55 Abs. 1 lit. d
VRPG), wird die Beschwerde dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern zur
Behandlung überwiesen (BGE 123 II 231 E. 8b S. 238 ff.).

    Es werden keine Kosten erhoben.