Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 I 14



125 I 14

3. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8.
Dezember 1998 i.S. Ella Aegerter und Mitbeteiligte gegen Kanton Basel-Stadt
und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV; Art. 17 Gleichstellungsgesetz; Lohngleichheit.
   (Keine) intertemporalrechtliche Anwendung des Gleichstellungsgesetzes
   (E. 2).

    Der Anspruch auf diskriminierungsfreien Lohn kann im Rahmen der
Verjährung auch nachträglich geltend gemacht werden. Einschränkung auf
Grund von Treu und Glauben (E. 3)?

Sachverhalt

    A.- Am 27. Oktober 1987 beantragten 19 im Kanton Basel-Stadt
tätige Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen
dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, es sei ihnen gestützt
auf Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV ab dem Jahr 1986 ein höherer Lohn zu
bezahlen. Den ablehnenden Entscheid des Regierungsrates zogen sie an das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt weiter, welches die Beschwerde
abwies. Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde wurde vom
Bundesgericht am 31. Mai 1991 gutgeheissen (BGE 117 Ia 262). In der Folge
hiess das Appellationsgericht mit Urteil vom 9. Juli 1993 die 19 Rekurse
teilweise gut und wies den Kanton an, die damaligen Rekurrentinnen ab
1. November 1987 um zwei Lohnklassen höher zu entlöhnen, da die bisherige
Lohneinstufung geschlechtsdiskriminierend sei.

    Nachdem das Bundesgericht auf eine dagegen erhobene staatsrechtliche
Beschwerde des Kantons Basel-Stadt nicht eingetreten war (BGE 120 Ia 95),
reihte der Kanton alle Kindergärtnerinnen und Kindergärtner bzw. Arbeits-
und Hauswirtschaftslehrerinnen und -lehrer auf den 1. August 1994 um zwei
Lohnklassen höher ein.

    Am 29. April 1994 reichten 582 am ersten Verfahren nicht beteiligte
Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrer und -lehrerinnen den
Antrag ein, sie seien rückwirkend per 1. Mai 1989 in die entsprechenden
höheren Lohnklassen einzureihen und es sei ihnen ab 1. Mai 1989 die
sich aus dieser Neueinreihung ergebende Lohndifferenz nachzuzahlen. Mit
Entscheid vom 21. November 1995 beschloss der Regierungsrat des Kantons
Basel-Stadt, den Antragstellerinnen eine Lohnnachzahlung für die Zeit
vom 1. Mai 1994 bis 31. Juli 1994 zu leisten. Im Übrigen wies er die
Begehren ab. Dagegen erhoben 581 der Gesuchstellerinnen Rekurs an das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt mit dem Antrag, es seien
ihnen die entsprechenden Lohnnachzahlungen seit 1. Mai 1989 auszurichten.

    Das Appellationsgericht hiess mit Urteil vom 16. Mai 1997 die Rekurse
teilweise gut und stellte fest, die Rekurrentinnen seien ab 1. November
1993 um jeweils zwei Lohnklassen höher einzustufen und entsprechend zu
entlöhnen. Im Übrigen wies es die Rekurse ab. Den Rekurrentinnen wurde
eine Gebühr von je Fr. 50.-- auferlegt. Das Gericht erwog, dass die im
alten Lohngesetz von 1970 vorgesehene Einstufung der drei Fachrichtungen
das Gleichheitsgebot (Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV) verletze und jeweils eine
um zwei Lohnklassen höhere Einreihung angemessen wäre. Der Anspruch auf
geschlechtsneutrale Entlöhnung könne grundsätzlich auch rückwirkend geltend
gemacht werden. Diese Befugnis werde aber nicht nur durch die Verjährung,
sondern auch in weiteren Fällen eingeschränkt. Erst mit der im Oktober
1993 erfolgten Eröffnung des Urteils vom 9. Juli 1993 habe der Kanton
Kenntnis von Vorliegen und Ausmass einer Verletzung von Art. 4 Abs. 2
Satz 3 BV erhalten. Diejenigen Bediensteten, die vor diesem Zeitpunkt ihre
Lohneinstufung nicht angefochten hätten, hätten nach Treu und Glauben ihre
Ansprüche eingebüsst. Zum Kostenpunkt erwog das Gericht, die in Art. 12
(recte: Art. 13 Abs. 5) des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die
Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151)
vorgesehene Kostenfreiheit komme nicht zum Tragen, da dieses Gesetz noch
keine Anwendung finde.

    B.- 558 der ursprünglichen Gesuchstellerinnen erhoben am 15. August
1997 staatsrechtliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde an
das Bundesgericht. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen sie,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Mai 1997 aufzuheben. Mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellen sie den Antrag, dieses Urteil
bezüglich des Kostenentscheids aufzuheben.

    Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde gut und
erklärt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für gegenstandslos.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerdeführerinnen haben beide Rechtsmittel in einer
einzigen Beschwerdeschrift erhoben, was grundsätzlich nicht zu beanstanden
ist. Welches Rechtsmittel zulässig ist, ob vorliegend beide Rechtsmittel
ergriffen werden können und in welchem Umfang darauf einzutreten ist,
prüft das Bundesgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition.
Entsprechend der subsidiären Natur der staatsrechtlichen Beschwerde ist
zunächst zu prüfen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht
(BGE 123 II 289 E. 1a S. 290, mit Hinweis).

    b) Die Beschwerdeführerinnen rügen hauptsächlich eine Verletzung
von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV. Der in dieser Bestimmung statuierte
Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit ist - soweit es
wie vorliegend um öffentlichrechtliche Arbeitsverhältnisse geht -
ein verfassungsmässiges Recht, welches vorbehältlich anderslautender
Regelungen mit staatsrechtlicher Beschwerde durchzusetzen ist (BGE
124 II 409 E. 1a S. 411 f.; 120 Ia 95 E. 1c/bb S. 98 f.; je mit
Hinweisen). Dieser Anspruch wird heute durch das am 1. Juli 1996 in
Kraft getretene Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung
von Frau und Mann konkretisiert, welches bezüglich öffentlichrechtlicher
Dienstverhältnisse öffentliches Recht des Bundes darstellt und mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde durchgesetzt werden kann (BGE 124 II 409
E. 1d). Vorliegend stehen jedoch einzig Lohnansprüche für die Zeit vor
dem Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes zur Diskussion. Da der
erstinstanzliche Entscheid des Regierungsrates bereits am 21. November
1995, mithin vor dem Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes erging,
ist dieses Gesetz gemäss seinem Art. 17 auf die vorliegende Streitsache
nicht anwendbar, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig
ist. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher einzutreten.

    c) Wie es sich mit der Nichtanwendung von Art. 13 Abs. 5 GlG bezüglich
der Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren verhält, kann
angesichts des Ausgangs der staatsrechtlichen Beschwerde offen bleiben.

Erwägung 3

    3.- a) Nach dem insoweit rechtskräftigen Urteil des
Appellationsgerichts haben die Beschwerdeführerinnen Anspruch auf den um
zwei Lohnklassen höheren Lohn, da die im Lohngesetz vorgesehene Besoldung
diskriminierend ist. Zur Diskussion steht einzig, ob dieser Lohnanspruch
- wie das Appellationsgericht entschieden hat - erst für die Zeit seit
dem 1. November 1993 besteht, oder aber - wie die Beschwerdeführerinnen
vorbringen - bereits seit dem 1. Mai 1989.

    b) Das Bundesgericht hat am 3. Juli 1998 in einem ähnlich gelagerten
Fall entschieden, dass das Lohngleichheitsgebot eine zwingende Bestimmung
ist und ein sich daraus ergebender Anspruch im Rahmen der Verjährungsfrist
auch nachträglich noch geltend gemacht werden kann. Das ergibt sich
aus der Natur des Lohngleichheitsgebots als unmittelbar anwendbares
subjektives Individualrecht (BGE 124 II 436 E. 10d/e S. 450 ff.). Zwar
gibt das Diskriminierungsverbot grundsätzlich keinen Anspruch auf eine
bestimmte Lohnhöhe, sondern nur darauf, dass keine diskriminierenden
Lohnunterschiede bestehen. Da es aber rechtlich nicht zulässig ist,
rückwirkend Löhne zu reduzieren, kann eine in der Vergangenheit erfolgte
Diskriminierung nur dadurch beseitigt werden, dass den rechtswidrig
Benachteiligten eine entsprechende Lohnnachzahlung geleistet wird (BGE
124 II 436 E. 11 S. 456 ff.).

    c) Im zitierten Urteil war bereits das Gleichstellungsgesetz
anwendbar, während der vorliegende Fall einzig nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3
BV zu entscheiden ist. Das ändert jedoch nichts an der Beurteilung. Das
Bundesgericht ist schon in früheren Entscheiden davon ausgegangen, dass
unter der Herrschaft von Art. 4 Abs. 2 BV ein Anspruch auf Nachzahlung
besteht (vgl. BGE 124 II 436 E. 10c S. 450, mit Hinweisen). Das
entspricht der Rechtslage bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen,
wo das Lohngleichheitsgebot als zwingende Bestimmung im Sinne von
Art. 341 Abs. 1 OR gilt (vgl. BGE 124 II 436 E. 10e/bb S. 451 f.,
mit zahlreichen Hinweisen). Die Tragweite des verfassungsrechtlichen
Anspruchs auf Lohngleichheit kann nicht weniger weit gehen als diejenige
des privatrechtlichen (BGE 124 II 436 E. 10e/cc S. 452).

    d) Das Appellationsgericht ist grundsätzlich gleicher Ansicht. Es
geht jedoch davon aus, die Zulässigkeit der Nachforderung werde nicht
nur durch den Eintritt der Verjährung, sondern auch in weiteren Fällen
eingeschränkt. Soweit keine klare Verletzung des Gleichheitsgebots
vorliege, würde die Rechtssicherheit in unerträglicher Weise verletzt,
wenn der Arbeitgeber gezwungen wäre, rückwirkend Lohnnachzahlungen zu
gewähren. Er müsse deshalb auf die geltende Rechtslage, wie sie durch
Lohnabrede oder rechtskräftige Lohnverfügung geschaffen worden sei,
vertrauen können und brauche nicht mit rückwirkenden Lohnforderungen zu
rechnen. Vorliegend habe der Kanton erst im Oktober 1993 mit der Eröffnung
des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 9. Juli 1993 Kenntnis von der
Verletzung der Lohngleichheit erhalten. Diejenigen Bediensteten, die nicht
vorher bereits eine Lohnnachforderung gestellt hätten, hätten nach Treu
und Glauben ihre Ansprüche für die Zeit bis zum Erlass des die Ungewissheit
beendenden Gerichtsurteils eingebüsst. Das Appellationsgericht beruft sich
damit nicht auf eine kantonalrechtliche Verjährungsbestimmung, sondern auf
die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Das sind
bundesverfassungsrechtliche Grundsätze, deren Anwendung das Bundesgericht
frei prüft.

    e) Im zitierten Urteil vom 3. Juli 1998 hat das Bundesgericht
entschieden, dass die im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes anwendbare
Verjährungsfrist eine bundesrechtliche sei (BGE 124 II 436 E. 10k
S. 456). Das muss auch gelten für die unmittelbar aus Art. 4 Abs. 2
Satz 3 BV fliessenden Ansprüche. Es ist somit zu prüfen, ob die vom
Appellationsgericht angerufenen verfassungsrechtlichen Grundsätze die
bundesrechtliche Verjährungsfrist abzukürzen vermögen.

    f) Der Hinweis des Appellationsgerichts auf die Rechtssicherheit läuft
darauf hinaus, dass der Zeitraum, für welchen eine Nachzahlung geschuldet
ist, davon abhängt, ob die Rechtslage klar und sich der Schuldner seiner
Zahlungspflicht bewusst war. Eine solche Auffassung ist willkürlich. Es
gibt zahlreiche Fälle, in denen sich ein Schuldner auf Grund einer
unklaren Rechts- oder Sachlage seiner Schuld nicht bewusst ist und deren
Bestand oder Umfang auch nicht kennen kann. Das ist insbesondere dann
der Fall, wenn es um neuere Gesetze geht, deren Auslegung und Tragweite
mangels gefestigter Praxis noch nicht ohne weiteres klar ist. Damit ist
unausweichlich eine gewisse Rechtsunsicherheit verbunden. Das ist keine
Besonderheit des Diskriminierungsverbots, sondern gilt in vielen anderen
Bereichen gleichermassen und kann keinen Einfluss auf den Bestand oder die
Durchsetzbarkeit einer Forderung haben. Der Zustand der Rechtsunsicherheit
wird durch die Verjährung zeitlich begrenzt. Das subjektive Bewusstsein des
Schuldners kann diese Frist nicht zusätzlich verkürzen. Dass der Kanton
keine Rückstellungen gebildet hat, vermag daran nichts zu ändern. Die
Durchsetzbarkeit einer Forderung kann klarerweise nicht davon abhängen,
ob der Schuldner Mittel für die Bezahlung bereitgestellt hat. Das gilt
auch, wenn der Schuldner ein Gemeinwesen ist; Zahlungen, die sich
aus übergeordnetem Recht bzw. aus gerichtlichen Urteilen ergeben,
sind gebundene Ausgaben und müssen unabhängig von finanzrechtlichen
Gegebenheiten des betreffenden Gemeinwesens geleistet werden (BGE 124 II
436 E. 10h S. 455, mit Hinweisen).

    g) Auch die Geltendmachung von Lohnansprüchen ist an die Schranke
des Rechtsmissbrauchsverbots bzw. des Gebots von Treu und Glauben
gebunden. Wie das Bundesgericht im privaten Arbeitsrecht entschieden
hat, ist jedoch das blosse Zuwarten mit der Geltendmachung eines
Anspruchs kein Rechtsmissbrauch (BGE 110 II 273 E. 2 S. 275; 105 II
39 E. b S. 42). Generell darf innerhalb der Verjährungsfrist eine
Anspruchsverwirkung wegen rechtsmissbräuchlicher Verzögerung nur mit
grosser Zurückhaltung angenommen werden (BGE 94 II 37 E. 6b S. 41). Zum
Zeitablauf müssen weitere Umstände hinzutreten, welche die Rechtsausübung
mit der früheren Untätigkeit des Berechtigten in einem unvereinbaren
Widerspruch erscheinen lassen (BGE 116 II 428 E. 2 S. 431; 95 II 109 E. 4
S. 116; 94 II 37 E. 6c S. 42). Der Umstand, dass eine in diskriminierender
Weise entlöhnte Stelle angetreten und beibehalten wurde, ohne eine
Nachzahlung zu fordern, kann für sich allein nicht als gültiger Verzicht
auf die Geltendmachung des Anspruchs auf Lohngleichheit betrachtet werden,
wäre doch sonst das Diskriminierungsverbot praktisch nicht durchsetzbar
(BGE 124 II 436 E. 10e/dd S. 453). Auch dass sich die Beschwerdeführerinnen
am ersten, im Jahre 1987 von 19 Lehrkräften eingeleiteten Verfahren nicht
beteiligt haben, vermag keinen rechtsgültigen Verzicht darzustellen. Eine
Anspruchsverwirkung infolge Rechtsmissbrauchs kann nicht schon darin
liegen, dass die Beschwerdeführerinnen ihren Anspruch später geltend
gemacht haben als andere Personen in ähnlicher Situation. Besondere
Umstände, welche die Annahme eines Rechtsmissbrauchs begründen könnten,
werden vom Kanton nicht vorgebracht.

    h) Dass der fragliche Lohn durch die damals anwendbare
Besoldungsregelung rechtssatzmässig festgelegt worden war, vermag
die Nachforderung ebenfalls nicht auszuschliessen. Denn im Rahmen der
Beurteilung individueller Lohnbegehren ist vorfrageweise zu prüfen, ob
die für die fragliche Zeitdauer anwendbare generelle Besoldungsregelung
mit dem in Art. 4 Abs. 2 BV enthaltenen (seit 1981 in Kraft stehenden)
Diskriminierungsverbot vereinbar ist (BGE 124 II 436 E. 10f S. 453 f.).

    i) Im Verwaltungsrecht gilt zwar der Grundsatz, dass eine
formell rechtskräftige Verfügung ein Rechtsverhältnis verbindlich
regelt. Namentlich kann sie in einem späteren Verantwortlichkeitsverfahren
nicht mehr in Frage gestellt werden (vgl. Art. 12 VG). In diesem
Lichte liesse sich fragen, ob nicht ein Lohn, der durch rechtskräftige
Anstellungsverfügung festgelegt wurde, als verbindlich zu gelten
hat (vgl. auch das obiter dictum in BGE 105 Ia 120, 122). Jedoch
schafft schon nach den Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts eine
Verwaltungsverfügung nicht in gleicher Weise materielle Rechtskraft wie
ein gerichtliches Urteil. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen
nachträglich widerrufen oder angepasst werden, wenn sie sich als
rechtswidrig erweist (BGE 121 II 93 E. 3b S. 95, mit Hinweisen; ULRICH
HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts,
3. Aufl. Zürich 1998, S. 200 ff.; BLAISE KNAPP, Précis de droit
administratif, 4. Aufl. Basel 1991, S. 248 ff.; RENÉ RHINOW/BEAT
KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband,
Basel 1990, S. 121 ff.). Im Bereich des Lohngleichheitsgebots hätte zudem
die Annahme einer materiellen Rechtskraft von Anstellungsverfügungen
eine Ungleichbehandlung privatrechtlicher und öffentlichrechtlicher
Arbeitsverhältnisse zur Folge. Auch innerhalb der öffentlichrechtlichen
Verhältnisse ergäben sich Ungleichbehandlungen je nachdem, ob die Höhe
des Lohnes in der Anstellungsverfügung festgelegt ist oder ob diese
auf generelle Besoldungsregelungen verweist. Insgesamt würde so die
Durchsetzbarkeit des verfassungsrechtlichen Lohngleichheitsgebots in
einem unerträglichen Mass von Zufälligkeiten in der Ausgestaltung des
Arbeitsverhältnisses abhängen. Das Bundesgericht hat daher schon mehrmals
entschieden, dass das Verbot der Lohndiskriminierung im öffentlichen
und privaten Arbeitsverhältnis unterschiedslos gilt, und - ausser in dem
genannten obiter dictum in BGE 105 Ia 120 - nie darauf abgestellt, ob eine
formelle Anstellungsverfügung vorliegt oder nicht (vgl. BGE 124 II 436
E. 10e/cc/dd S. 452 f.; 117 Ia 262 E. 3c S. 267, 270 E. 2b S. 272 f.). Im
Gegenteil wurde in BGE 118 Ia 35 die staatsrechtliche Beschwerde einer
Berufsberaterin gutgeheissen, welche 1982 durch Regierungsratsbeschluss
in eine bestimmte Lohnklasse eingereiht worden war und erst im Jahre
1988 eine Nachforderung gestellt hatte. Das setzt voraus, dass eine
Nachforderung auch zulässig ist, wenn die ursprüngliche Einreihung mit
förmlichem Beschluss festgesetzt wurde.

    k) Der in Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV enthaltene Anspruch auf
diskriminierungsfreien Lohn kann somit im Rahmen der ordentlichen
Verjährungsfrist auch nachträglich geltend gemacht werden. Das
Appellationsgericht hat diese Bestimmung verletzt, indem es den Anspruch
der Beschwerdeführerinnen auf Lohnnachzahlung erst seit dem 1. November
1993 anerkannt hat.