Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 IV 291



125 IV 291

44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. November 1999
i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Schaffhausen
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 89 Abs. 2 OG, Art. 93 Abs. 2 OG, Art. 272 Abs. 1 BStP, Art. 280
Abs. 2 StPO/SH; staatsrechtliche Beschwerde, Beschwerdefrist.

    Wenn die Behörde ihren Entscheid nach dessen Eröffnung ohnehin
schriftliche begründet oder im Einzelfall schriftlich begründen muss,
gelten die Entscheidungsgründe als "von Amtes wegen" nachträglich
zugestellt (Änderung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

    Der Einzelrichter in Strafsachen des Kantonsgerichts Schaffhausen
verurteilte X. am 2. September 1998 wegen grober Verkehrsregelverletzung
(gefährliches Überholen) zu einer bedingten Gefängnisstrafe von zehn Tagen
und Fr. 500.-- Busse. Eine Berufung des Verurteilten wies das Obergericht
des Kantons Schaffhausen am 26. Februar 1999 ab, wobei es zum Schluss
der Verhandlung das Dispositiv mündlich eröffnete und das Urteil mündlich
kurz begründete.

    X. reichte am 30. März 1999 eine staatsrechtliche Beschwerde ein mit
dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben; zudem verlangte er,
nach Vorliegen des schriftlich begründeten Obergerichtsentscheids sei ihm
gestützt auf Art. 93 Abs. 2 OG, evtl. Art. 89 Abs. 2 OG, eine angemessene,
mindestens 30-tägige Frist zur evtl. Ergänzung der Beschwerdeschrift
anzusetzen. Die Begründung des angefochtenen Entscheids wurde am 7. Mai
1999 zugestellt. Am 10. Juni 1999 reichte X. eine Beschwerdeergänzung
ein mit unveränderten Anträgen.

    Im Ergebnis weist das Bundesgericht die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der Beschwerdeführer macht geltend, mit der Anmeldung der
Nichtigkeitsbeschwerde habe er dem Obergericht mitgeteilt, dass für die
Fristberechnung für die staatsrechtliche Beschwerde Art. 89 Abs. 2 OG zum
Zuge kommen müsse, wonach diese noch innert 30 Tagen seit dem Eingang
der begründeten Urteilsausfertigung geführt werden könne. Ansonsten
müsse er die staatsrechtliche Beschwerde im Detail begründen, ohne die
schriftlichen Entscheidgründe des Obergerichts zu kennen, was einer klaren
Verweigerung des rechtlichen Gehörs gleichkomme. Der Vizepräsident des
Obergerichts habe ihn unter Hinweis auf ein neueres Bundesgerichtsurteil
wissen lassen, dass seine Auffassung nicht richtig sei, da die Zustellung
des begründeten Entscheides auf eine Nichtigkeitsbeschwerde hin "nicht
von Amtes wegen" erfolge. Diese Obergerichtspraxis sei absolut stossend
und vom Bundesgericht neu zu überprüfen. In jedem Fall sei ihm nach
Vorliegen des begründeten Obergerichtsentscheids eine angemessene,
mindestens 30-tägige Frist zur allfälligen Ergänzung der Beschwerde
anzusetzen (Art. 93 Abs. 2 OG).

    b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist binnen 30 Tagen, von der
nach dem kantonalen Recht massgebenden Eröffnung oder Mitteilung des
Erlasses oder der Verfügung an gerechnet, dem Bundesgericht schriftlich
einzureichen (Art. 89 Abs. 1 OG). Werden von Amtes wegen nachträglich
Entscheidungsgründe zugestellt, so kann die Beschwerde noch innert 30
Tagen seit dem Eingang der Ausfertigung geführt werden (Abs. 2).

    c) Die bisherige konstante Rechtsprechung erachtet die nachträgliche
Zustellung von Entscheidgründen als von Amtes wegen erfolgt, wenn das
Gesetz sie in allgemeiner Weise - also nicht bloss für den Fall, dass eine
Partei es verlangt oder gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt wird
- vorschreibt oder wenn in der Praxis in jedem Fall so vorgegangen wird
(BGE 106 Ia 238; 101 Ia 66; 99 Ia 557; 97 I 57; 77 I 68; 74 I 169; 72
I 294). Art. 89 Abs. 2 OG gelangt dagegen nicht zur Anwendung, wenn die
Gerichtskanzlei eines Kantons von Fall zu Fall und nach eigenem Gutdünken
darüber befindet, ob sie einer oder beiden Parteien ein begründetes Urteil
zustellen will (BGE 106 Ia 238).

    aa) Diese Praxis wurde in einem Schaffhauser Fall am 2. Juli 1998
und 4. Januar 1999 bestätigt. Nach Art. 280 Abs. 2 der Strafprozessordnung
für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986 (StPO/SH) kann, sofern
kein Rechtsmittel angemeldet wird, von einer schriftlichen Begründung
des Urteils abgesehen werden, wenn die mündliche Eröffnung mit den
hauptsächlichen Urteilsgründen im Verhandlungsprotokoll festgehalten ist
(lit. a) und wenn das Urteil in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht
nicht wesentlich von der Anklageschrift abweicht (lit. b). Diese Bestimmung
gilt gemäss der Verweisung in Art. 309 StPO/SH auch für Entscheide einer
Rechtsmittelinstanz. Somit würden nach der Gesetzgebung des Kantons
Schaffhausen mündlich eröffnete und begründete Strafurteile nicht von
Amtes wegen nachträglich schriftlich begründet. Art. 309 StPO/SH sei
erst am 1. Januar 1996 in Kraft getreten. In der kurzen Zeit seither
habe sich noch keine vom Gesetzestext abweichende, ständige Praxis bilden
können. Dass die im Rechtsmittelverfahren gefällten Entscheide in jedem
Fall schriftlich begründet würden, hätten weder die beteiligten Parteien
noch die kantonalen Behörden geltend gemacht (unveröffentlichter Entscheid
der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Juli 1998 i.S. S., E. 1b).

    bb) Im gleichen Entscheid (E. 1c) wird weiter ausgeführt, Art. 272
Abs. 1 Satz 2 BStP (SR 312.0) verpflichte das kantonale Gericht, eine
schriftliche Ausfertigung seines Urteils zuzustellen, wenn gegen das
Urteil die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet worden
sei. Im vorliegenden Fall habe die Verteidigerin des Beschwerdeführers
einen Tag nach der Zustellung des Urteilsdispositivs eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet und das Obergericht habe eine
schriftliche Begründung ausgefertigt. Obwohl das Obergericht nach
Art. 272 Abs. 1 Satz 2 BStP verpflichtet sei, seine Urteile schriftlich
zu begründen, bestehe diese Pflicht doch nur dann, wenn die Partei einen
besonderen Schritt unternehme und die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
anmelde. Auch im Fall von Art. 272 Abs. 1 Satz 2 BStP werde das Urteil des
Obergerichts nicht voraussetzungslos schriftlich begründet, sondern nur,
wenn eine Partei ein Rechtsmittel durch förmliche Erklärung eingelegt
habe. Demnach ändere die Tatsache, dass der Beschwerdeführer gegen
das Urteil des Obergerichts die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
angemeldet habe, nichts daran, dass das Urteil nicht von Amtes wegen
schriftlich begründet worden sei. Die 30-tägige Frist für die Einreichung
der staatsrechtlichen Beschwerde habe demnach schon mit der mündlichen
Eröffnung und Begründung des angefochtenen Urteils und der schriftlichen
Mitteilung des Urteilsdispositivs zu laufen begonnen.

    d) Nach der soeben dargestellten bisherigen Rechtsprechung liegt
eine Begründung des Entscheids "von Amtes wegen" vor, wenn schon vor
der Eröffnung des Entscheids feststeht, dass die Behörde ihren Entscheid
schriftlich begründen wird. Der Begriff "von Amtes wegen" kann aber auch so
verstanden werden, dass die Behörde zwar nicht generell, aber im konkreten
Einzelfall verpflichtet ist, den Entscheid schriftlich zu begründen. Denn
in einem solchen Fall steht ihr kein Ermessensspielraum darüber zu, ob
sie den Entscheid nun schriftlich begründen will oder nicht - sie muss es
tun. In der Folge ist zu prüfen, welche Lösung sachlich gerechtfertigt ist.
   e/aa) In der Botschaft zum OG wird Folgendes ausgeführt (BBl 1943
   I 140):
       "Die Befristung der staatsrechtlichen Beschwerde bedarf im Interesse
   der Rechtssicherheit einer eingehenderen Ordnung. Als Ausgangspunkt
   wird die nach kantonalem Recht massgebende Eröffnung oder Mitteilung
   genannt, um nicht die Meinung aufkommen zu lassen, es eile nicht,
   solange nicht die schriftliche Begründung bekannt sei, mindestens wo
   eine solche überhaupt stattfindet. Da der Fristenlauf die Vollziehung
   nicht hemmt, muss auch die

    Beschwerde sofort zulässig sein. Wird derart Beschwerde geführt,
bevor die

    Entscheidungsgründe bekannt sind, so wird durch Art.  89 Abs. 2 und
   allenfalls durch Art. 93 Abs. 2 dafür gesorgt, dass der Beschwerdeführer
   nachträglich noch zum Worte komme. Wo von Amtes wegen nachträglich

    Entscheidungsgründe zugestellt werden, soll der Beschwerdeführer,
falls er
   kein Bedürfnis empfindet, vorher Beschwerde zu erheben, nicht zu einer

    Beschwerdebegründung ins Blaue hinein verpflichtet werden, sondern
er kann
   noch binnen 30 Tagen seit dem Eingang der Ausfertigung der

    Entscheidungsgründe Beschwerde führen."

    Damit werden zu Art. 89 Abs. 2 OG - der vom Parlament diskussionslos
übernommen wurde - zwei wesentliche Punkte hervorgehoben: Einerseits
soll keine unnötige Zeit bis zur Einreichung der staatsrechtlichen
Beschwerde verstreichen (deshalb gilt als Ausgangspunkt der Frist
bereits die mündliche Eröffnung des Entscheids) und anderseits soll der
Beschwerdeführer nicht zu unnötigen Rechtsvorkehren gezwungen werden (er
soll "nicht zu einer Beschwerdebegründung ins Blaue hinein verpflichtet
werden"). Mit anderen Worten heisst dies, dass die 30-tägige Frist zur
Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde zu laufen beginnen soll,
sobald die Grundlagen für eine korrekte Beschwerdeführung vorliegen. Das
trifft zu, wenn der Betroffene die Entscheid- beziehungsweise
Anfechtungsgründe kennt, was z.B. bei Fragen der Zuständigkeit oder
des Ausstands bereits während des Verfahrens möglich sein kann oder wenn
anlässlich der Eröffnung des Entscheids dieser mündlich begründet oder zur
Begründung auf bestimmte Aktenstücke verwiesen wird oder dann spätestens,
wenn der Betroffene die schriftliche Urteilsausfertigung erhalten hat.

    Die Regelungen im Bundesstrafprozess und in der Schaffhauser
Strafprozessordnung entsprechen diesen Überlegungen. So sieht Art. 272
Abs. 2 BStP vor, dass der Beschwerdeführer erst nach Zustellung der
schriftlichen Ausfertigung des Entscheides, mithin in Kenntnis der
vorinstanzlichen Entscheidgründe, seine Beschwerde verfassen muss. Gemäss
Schaffhauser Strafprozessordnung kann nur dann von einer schriftlichen
Begründung des Urteils abgesehen werden, wenn die mündliche Eröffnung mit
den hauptsächlichen Urteilsgründen im Verhandlungsprotokoll festgehalten
ist und wenn das Urteil in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht nicht
wesentlich von der Anklageschrift abweicht (Art. 280 Abs. 2 lit. a und b
StPO/SH). Also auch hier kann auf die schriftliche Urteilsbegründung nur
verzichtet werden, wenn der Betroffene die Entscheidgründe bereits kennt.

    bb) Die bisherige Rechtsprechung, wonach eine Begründung des Entscheids
"von Amtes wegen" nur vorliegt, wenn schon vor der Eröffnung des Entscheids
feststeht, dass die Behörde ihren Entscheid schriftlich begründen wird,
hat zur Konsequenz, dass der Betroffene oftmals staatsrechtliche Beschwerde
führen muss, ohne die Entscheid- beziehungsweise Anfechtungsgründe zu
kennen. Dass eine solche Beschwerdeführung, zumal das Bundesgericht nur
auf klar und detailliert erhobene Rügen eintritt (BGE 117 Ia 393 E. 1c
mit Hinweisen), nicht sinnvoll sein kann, wird wohl niemand bestreiten
wollen. Auch wenn dem Betroffenen - nachdem er die staatsrechtliche
Beschwerde vorläufig begründet hatte - nach Zustellung der schriftlichen
Urteilsausfertigung gemäss Art. 93 Abs. 2 OG eine Frist zur Ergänzung
der Beschwerde angesetzt werden kann, ist das Ergebnis mit dem Sinn und
Zweck des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Denn auf diese Weise müssen
sowohl der Betroffene durch die vorläufige Beschwerdebegründung und den
zusätzlichen Antrag betreffend Fristansetzung zur Beschwerdeergänzung als
auch das Bundesgericht wegen der verschiedenen Eingaben des Betroffenen
mehrmals unnötig tätig werden. Ein solches Vorgehen widerspricht klar
den Absichten des Gesetzgebers, nämlich dem Beschleunigungsgebot und dem
Postulat der Prozessökonomie.

    Die bisherige Lösung ist auch im Hinblick auf Art. 272 Abs. 1 BStP
stossend, weil diese Bestimmung die kantonale Behörde dazu anhält,
ihren Entscheid nach Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde ohne Verzug
"von Amtes wegen" schriftlich auszufertigen. Gerade wer sowohl eine
staatsrechtliche Beschwerde als auch eine Nichtigkeitsbeschwerde einreicht
und im Bundesstrafprozess nachliest, dass ihm die kantonale Behörde von
Amtes wegen eine schriftliche Begründung zukommen lassen muss, wird kaum
nachvollziehen können, wenn ihm nun gesagt wird, dieselbe schriftliche
Begründung sei bezüglich der staatsrechtlichen Beschwerde nicht von Amtes
wegen erfolgt.

    cc) Eine sinnvolle und mit der Absicht des Gesetzgebers im Einklang
stehende Lösung ergibt sich demgegenüber, wenn man unter der nachträglichen
Zustellung von Entscheidungsgründen "von Amtes wegen" (Art. 89 Abs. 2
OG) versteht, dass die Behörde ihren Entscheid nach dessen Eröffnung
ohnehin schriftlich begründet oder im Einzelfall schriftlich begründen
muss. Weiss das der Betroffene, so ist er nicht verpflichtet, vorerst
"ins Blaue hinein" staatsrechtliche Beschwerde zu führen; er kann
die Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe abwarten und auf
dieser Grundlage eine den Begründungsanforderungen genügende Beschwerde
verfassen. Kennt er die Entscheidungsgründe bereits vorher, kann er
die Beschwerde unverzüglich einreichen. Zudem kommt bei dieser Lösung
die gesetzliche nicht erstreckbare Frist von 30 Tagen (Art. 89 Abs. 2
OG) zum Zuge, was unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und der
Rechtsgleichheit begrüssenswert und angesichts der gerichtsnotorischen
Fristerstreckungsgesuche bei richterlichen Fristen auch dem Postulat der
Prozessökonomie förderlich ist. Insbesondere entfällt auch die bisher
mögliche konträre Auslegung der Begriffe "von Amtes wegen" in Art. 89
Abs. 2 OG und in Art. 272 Abs. 1 BStP. Da auf diese Weise somit der Sinn
und Zweck des Gesetzes besser erreicht werden kann und zudem der gleiche
Begriff in verwandten Bereichen gleich ausgelegt wird, ist die bisherige
Rechtsprechung insoweit zu ändern, als die Zustellung von Entscheidgründen
immer dann "von Amtes wegen" erfolgt, wenn die Behörde ihren Entscheid
ohnehin schriftlich begründet oder ihn im Einzelfall schriftlich begründen
muss. Die I. öffentlichrechtliche Abteilung hat dieser Änderung auf Anfrage
(Art. 16 OG) zugestimmt.

    f) Der Beschwerdeführer hat innert 10 Tagen seit der mündlichen
Eröffnung des Entscheids eine eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
angemeldet. Ohne die definitiven Entscheidgründe des Obergerichts
zu kennen, hat er innert 30 Tagen seit der mündlichen Eröffnung eine
15-seitige staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Nach Zustellung
der schriftlichen Begründung hat er - ebenfalls unter Einhaltung einer
30-tägigen Frist - eine Beschwerdeergänzung nachgereicht und gleichzeitig
beantragt er, das Bundesgericht solle ihm eine mindestens 30-tägige Frist
zur Begründung der staatsrechtlichen Beschwerde ansetzen.

    Da der Beschwerdeführer fristgemäss eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet hatte, musste das Obergericht gemäss
Art. 272 Abs. 1 BStP den Entscheid schriftlich ausfertigen, weshalb nach
der neuen Rechtsprechung die 30-tägige Frist des Art. 89 Abs. 2 OG mit
dessen Zustellung begann. Ab diesem Zeitpunkt kannte der Beschwerdeführer
die Entscheidungsgründe des Obergerichts und war deshalb an sich auch
in der Lage, eine staatsrechtliche Beschwerde zu verfassen, die den
Anforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügt. Innert Frist hat
er denn auch eine Beschwerdeergänzung eingereicht, worauf grundsätzlich
einzutreten ist. Da sich an den Entscheidungsgründen seit der schriftlichen
Zustellung durch das Obergericht nichts mehr geändert hat, besteht kein
Grund, dem Beschwerdeführer nun noch eine Frist zur Beschwerdeergänzung
anzusetzen. Folglich ist sein diesbezüglicher Antrag abzuweisen.

    Nach der Schaffhauser Strafprozessordnung kann - als Mass-nahme zur
Entlastung der Gerichte - von einer schriftlichen Begründung des Urteils
unter der dreifachen Bedingung abgesehen werden, dass kein Rechtsmittel
angemeldet wird (Art. 280 Abs. 2 StPO/SH), die mündliche Eröffnung mit den
hauptsächlichen Urteilsgründen im Verhandlungsprotokoll festgehalten ist
(lit. a) und das Urteil in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht nicht
wesentlich von der Anklageschrift abweicht (lit. b). Der Beschwerdeführer
hat nebst der staatsrechtlichen Beschwerde auch Nichtigkeitsbeschwerde
erhoben, und im Verhandlungsprotokoll des Obergerichts finden sich
keine Urteilsgründe. Das Obergericht hätte seinen Entscheid somit ohnehin
schriftlich ausfertigen müssen, wodurch die anbegehrte Arbeitsentlastung im
voraus zunichte war. Unter solchen Umständen dient die bisherige Regelung,
wonach die staatsrechtliche Beschwerde innert 30 Tagen seit Eröffnung des
Dispositivs eingereicht werden musste, bloss noch als Prozessfalle. Dies
wird mit der neuen Rechtsprechung verhindert. Im Übrigen kann auch in
Zukunft die schriftliche Ausfertigung des Urteils unterbleiben, sofern
der Betroffene im Verhandlungsprotokoll und in der Anklageschrift die
wesentlichen Urteilsgründe nachlesen kann und gestützt darauf auf die
Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet.