Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 IV 177



125 IV 177

27. Urteil des Kassationshofes vom 15. Juni 1999 i.S. X. gegen Z.
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 7 Abs. 1 StGB, Art. 173 ff. StGB.
Erfolgsort bei ehrverletzenden Äusserungen in Briefen.

    Schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht bei ehrverletzenden Äusserungen
in Briefen, die im Ausland verfasst, aus dem Ausland zielgerichtet
an individuell bestimmte Personen in der Schweiz versandt und von den
Adressaten im Inland zur Kenntnis genommen wurden (E. 2 und 3).

    Art. 27 aStGB. Pressestrafrecht.

    Ehrverletzende Äusserungen in Briefen an die rund 250 Mitglieder eines
Vereins fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Bestimmung (E. 4).

Sachverhalt

    Der ECU ist eine als Verein nach deutschem Recht mit Sitz in Starnberg
konstituierte Interessengemeinschaft von mittelständischen Rechtsanwälten,
Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Im Jahre 1994 war der in
Starnberg wohnhafte X. Präsident und der in Bern wohnhafte Z. einer der
Vizepräsidenten des Vereins und hatte dieser rund 250 Mitglieder in ganz
Europa. Die führenden Mitglieder waren in verschiedenen Fragen zerstritten.

    Am 6. Juni 1994 richtete das in Deutschland wohnhafte Vereinsmitglied
Y. einen Brief an den Präsidenten. Darin warf sie unter anderen dem
Vizepräsidenten Z. vor, zu einem Vernichtungsschlag gegen den Verein
angesetzt zu haben, und bat sie den Präsidenten, ein dem Brief beigelegtes
Schreiben an alle Vereinsmitglieder zu verteilen. In diesem Schreiben
führte Y. unter Bezugnahme auf zwei Vereinsveranstaltungen, an denen sie
teilgenommen hatte, unter anderem Folgendes aus:
      "Auf beiden Veranstaltungen habe ich erhebliche und unangenehme

    Spannungen innerhalb des Verbandes miterleben müssen, die nach meiner

    Auffassung einzig und allein im profilneurotischen Bestreben
insbesondere

    der Herren ...(Z.)... und ...(W.)... gründen, Herrn Präsidenten
...(X.)...

    zu entmachten, um selbst den Verband zu führen.
      Den Herren sind alle Mittel recht, wie teilweise falsche
      Anschuldigungen

    bezüglich der Geschäftsführung von ...(X.)... und der geplante

    Konkursantrag zeigen.
      Die Tragik am Vorgehen der Herren ...(Z.)... und ...(W.)... besteht
      in

    der sicheren Tatsache, dass die beiden Herren die ECU als solche

    zerstören...."

    Im Schreiben wird abschliessend zur Gründung eines Fördervereins des
ECU aufgerufen.

    Dieses Schreiben von Y. sandte der Vereinspräsident X. in der Folge
als Beilage zu einem Rundschreiben an alle Vereinsmitglieder, darunter
an mindestens zwei Mitglieder in der Schweiz.

    Der Vizepräsident Z. erstattete gegen den Präsidenten X. und das
Mitglied Y. Strafanzeige und Strafantrag wegen Ehrverletzung und wegen
unlauteren Wettbewerbs.

    Das Obergericht des Kantons Bern stellte mit Entscheid vom 23. Juli
1998 fest, dass der erstinstanzliche Freispruch von X. vom Vorwurf des
unlauteren Wettbewerbs in Rechtskraft erwachsen ist, und es verurteilte X.
wegen übler Nachrede (im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) zu einer
Busse von 1'000 Franken, bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit
von einem Jahr. Es verpflichtete ihn zudem unter Androhung der Straffolgen
von Art. 292 StGB, das Urteilsdispositiv nach Eintritt der Rechtskraft
den damaligen Mitgliedern des ECU Europe kommentarlos zuzustellen.

    X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm zur Last gelegte
Handlung falle nicht unter den Anwendungsbereich des schweizerischen
Strafgesetzbuches, da sie ausschliesslich im Ausland verübt worden sei.
Zudem sei die Handlung im Sinne von Art. 27 aStGB durch das Mittel der
Druckerpresse begangen worden, und daher sei gemäss dieser Bestimmung die
bekannte Verfasserin des Schreibens allein strafrechtlich verantwortlich.
Sodann sei die inkriminierte Äusserung nicht ehrverletzend. Sie sei vor
dem Hintergrund eines tobenden Machtkampfes um die Vormachtstellung im
Verband zu sehen, weshalb, wie bei Äusserungen in einer politischen
Auseinandersetzung, mit der Annahme einer Ehrverletzung besondere
Zurückhaltung geboten sei. Da sowohl die Verfasserin des Schreibens
als auch er selbst als Deutsche in Deutschland lebten, sei auch zu
berücksichtigen, dass dort die Messlatte hinsichtlich ehrverletzender
Äusserungen wesentlich höher liege. Ausserdem habe er die angeblich
ehrverletzende Äusserung nicht im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2
StGB "weiterverbreitet". Denn er habe die Ehrverletzung nicht erneuert,
sondern sich im Sinne eines rein passiven Verhaltens darauf beschränkt,
in seiner Eigenschaft als Vereinspräsident die Meinungsäusserung
eines Vereinsmitglieds unverändert und kommentarlos an die übrigen
Vereinsmitglieder weiterzuleiten. Der Beschwerdeführer macht ferner
geltend, es fehle am Vorsatz. Nachdem er das Schreiben nur quer
durchgelesen habe und im Verband zu jener Zeit von beiden Seiten mit
harten Bandagen um Macht gekämpft worden sei, sei das fragliche Schreiben
nicht ungewöhnlich gewesen und seien ihm die inkriminierten Äusserungen
nicht aufgefallen. Zudem könne von ihm nicht verlangt werden, vor dem
Versand eines Schreibens an die Vereinsmitglieder in ganz Europa zu
prüfen, ob die nach deutschem Recht offensichtlich keine Ehrverletzungen
darstellenden Äusserungen nach irgendeiner anderen Rechtsordnung allenfalls
als ehrverletzend qualifiziert werden könnten. Schliesslich beruft sich
der Beschwerdeführer auf den aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund
der Wahrung berechtigter Interessen. Da im fraglichen Schreiben zur
Gründung eines Fördervereins zur Rettung des Verbands vor dem drohenden
Zerfall aufgerufen worden sei, sei er als Präsident des Verbands geradezu
verpflichtet gewesen, das Schreiben an die übrigen Vereinsmitglieder
weiterzuleiten.

Erwägung 2

    2.- Dem schweizerischen Strafgesetzbuch ist unterworfen, wer in der
Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt (Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1
StGB). Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt als da verübt, wo der Täter
es ausführt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist (Art. 7 Abs. 1 StGB).

    a) Die frühere Rechtsprechung ging von einem relativ weiten Begriff
des Erfolgs im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB aus. Erfolg war danach der
Schaden, um dessentwillen die Handlung unter Strafe gestellt ist. Ein
solcher Schaden trete nicht nur bei den Erfolgsdelikten im technischen
Sinne ein, sondern auch bei den schlichten Tätigkeitsdelikten; ein
Unterschied bestehe nur insofern, als der Erfolg sich bei den ersteren von
der Handlung abhebe, bei den letzteren aber als notwendige Wirkung in der
Handlung eingeschlossen sei (BGE 91 IV 228 betreffend Vorenthalten eines
Unmündigen gemäss Art. 220 aStGB; BGE 87 IV 153 betreffend Vernachlässigung
von Unterstützungspflichten nach Art. 217 aStGB). Schon nach dieser Praxis
war aber das schweizerische Recht dann nicht anwendbar, wenn das im Ausland
begangene schlichte Tätigkeits- oder Unterlassungsdelikt ein abstraktes
Gefährdungsdelikt ist (BGE 97 IV 205 betreffend Fälschung von Ausweisen).

    Die Rechtsprechung zum Begriff des Erfolgs im Sinne von Art. 7 Abs. 1
StGB ist in BGE 105 IV 326, der wiederholten Kritik von Schultz folgend,
geändert worden. Nach diesem Entscheid (betreffend mehrfache Ehe gemäss
Art. 215 aStGB) ist "Erfolg" im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB (und von Art.
346 Abs. 1 StGB) der als Tatbestandselement umschriebene Aussenerfolg
eines sogenannten Erfolgsdelikts. Allerdings hat der Kassationshof
in BGE 109 IV 1 erkannt, dass beim Betrug auch der Ort, an dem die
beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist bzw. eintreten sollte, Ort des
Erfolgs und damit Begehungsort im Sinne von Art. 7 Abs. 1 StGB sei. Beim
Betrug als sogenanntem kupierten Erfolgsdelikt gebe es zwei Erfolge,
nämlich einerseits die Schädigung des Vermögens, die eingetreten sein
müsse, und andererseits die Bereicherung, welche vom Täter beabsichtigt
worden sein müsse (siehe auch BGE 124 IV 241 E. 4c S. 244). In BGE 125
IV 14 betreffend Entziehen von Unmündigen gemäss Art. 220 StGB hat der
Kassationshof die schweizerische Gerichtsbarkeit gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB
mit der Begründung bejaht, dass der Vater, der seine Kinder erlaubterweise
nach Ägypten in die Ferien mitgenommen hatte, seine Rechtspflicht zur
Rückgabe der Kinder am Wohnsitz der Mutter als Inhaberin der elterlichen
Gewalt in der Schweiz erfüllen musste.

    b) Der Kassationshof hatte sich auch schon mit der Frage nach dem
Erfolgsort bei Ehrverletzungsdelikten zu befassen. In BGE 102 IV 35
betreffend angebliche Ehrverletzungen in einer im Ausland herausgegebenen
und gedruckten, aber auch in der Schweiz verbreiteten (deutschen)
Zeitschrift hat der Kassationshof erkannt, bei der üblen Nachrede und
bei der Verleumdung (Art. 173 f. StGB) bestehe der "Erfolg" im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB in der Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung durch
Dritte; sobald der Dritte die Äusserung vernommen habe, sei das Delikt
vollendet (E. 2b S. 38). Auch für Pressedelikte beschränke das Gesetz den
Tatort nicht auf den Ausführungsort (Herausgabe- bzw. Druckort). Bei diesen
Delikten sei der Erfolgsort grundsätzlich dort, wo das Presseerzeugnis
gelesen oder sonstwie zur Kenntnis genommen werde. Eine Anpassung an
die Besonderheiten der Presse erfolge in Bezug auf den Tatort lediglich
insoweit, als der Verbreitungsort als Erfolgsort gelte, weil angenommen
werde, das Presseerzeugnis sei am Verbreitungsort auch zur Kenntnis
genommen worden. Da die Zeitschrift zwar im Ausland herausgegeben
und gedruckt, aber auch in der Schweiz vertrieben worden sei, sei der
Erfolg der darin enthaltenen angeblich ehrverletzenden Äusserung auch
in der Schweiz eingetreten und insoweit gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB die
schweizerische Gerichtsbarkeit gegeben (E. 2c S. 38 f.).

    Diese in BGE 102 IV 35 vertretene Auffassung hat der Kassationshof in
einem nicht publizierten Urteil vom 24. Dezember 1998 in Sachen N. unter
Hinweis auf die in der Zwischenzeit durch BGE 105 IV 326 vorgenommene
Änderung der Rechtsprechung zum Begriff des Erfolgs im Sinne von Art. 7
Abs. 1 StGB aufgegeben. Es ging dabei um eine angeblich ehrverletzende
Äusserung in einer im Ausland herausgegebenen und gedruckten, auch in
der Schweiz vertriebenen (italienischen) Zeitung. Gemäss dem genannten
nicht publizierten Urteil sind die üble Nachrede und die Verleumdung
keine Erfolgsdelikte, sondern schlichte Tätigkeitsdelikte. Zwar sei zur
Tatbestandserfüllung erforderlich, dass ein Dritter von der ehrverletzenden
Äusserung Kenntnis erhalten habe. Diese Kenntnisnahme sei aber kein
Aussenerfolg im Sinne der sogenannten Erfolgsdelikte, sondern die gleichsam
zwingende Folge der vorausgesetzten Tathandlung, die in der Äusserung
gegenüber einem Dritten bestehe. Der Kassationshof hat im genannten
nicht publizierten Urteil vom 24. Dezember 1998 aus diesen Gründen in
ausdrücklicher Abweichung von BGE 102 IV 35 ff. erkannt, dass die in einer
im Ausland gedruckten und herausgegebenen Zeitung enthaltene ehrverletzende
Äusserung nicht in Anwendung von Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1
StGB der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfen sei, auch insoweit
nicht, als die ausländische Zeitung auch in der Schweiz verbreitet und
die ehrverletzende Äusserung somit hier zur Kenntnis genommen werde.

    c) Der Beschwerdeführer beruft sich nicht auf dieses nicht
publizierte Urteil vom 24. Dezember 1998, welches ihm im Zeitpunkt
der Beschwerdebegründung auch gar nicht bekannt sein konnte. Es
kann dahingestellt bleiben, ob an den darin enthaltenen Erwägungen
vollumfänglich festgehalten werden kann, soweit sie die Frage der
schweizerischen Gerichtsbarkeit in Bezug auf angeblich ehrverletzende
Äusserungen in Zeitungen und Zeitschriften betreffen, die im Ausland
herausgegeben und gedruckt, aber auch in der Schweiz verbreitet werden. Der
vorliegend zu beurteilende Fall unterscheidet sich insoweit wesentlich
von dem in jenem Entscheid beurteilten Sachverhalt.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer hat das Schreiben von Deutschland aus per
Post unter anderen an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz
versandt, welche die darin enthaltenen Äusserungen in der Schweiz zur
Kenntnis genommen haben.

    a) Der Tatbestand der üblen Nachrede (Art. 173 StGB) ist erst mit
der Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung durch einen Dritten
vollendet. Ob diese Kenntnisnahme als ein Erfolg im technischen Sinne
der Erfolgsdelikte zu gelten hat, ist in der Lehre, soweit sie sich
überhaupt dazu äussert, umstritten (bejahend z.B. SCHULTZ, ZBJV 113/1977
S. 549; verneinend JOSÉ HURTADO POZO, Droit pénal, partie générale I, 2e
éd. 1997, n. 385; grundsätzlich kritisch gegenüber der Unterscheidung ARZT,
Erfolgsdelikt und Tätigkeitsdelikt, ZStrR 107/1990 S. 168 ff.). Auch wenn
mit dem vorstehend erwähnten nicht publizierten Urteil des Kassationshofes
vom 24. Dezember 1998 i.S. N. angenommen wird, die Kenntnisnahme der
ehrverletzenden Äusserung sei kein Erfolg im technischen Sinne der
Erfolgsdelikte, muss in einem Fall der hier zu beurteilenden Art die
schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht werden.

    b) Der Beschwerdeführer hat das Schreiben zielgerichtet, direkt
und individuell an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz
persönlich adressiert, welche es in der Schweiz zur Kenntnis genommen
haben. Die Kenntnisnahme der Äusserung ist unter diesen Umständen eine
Wirkung, die als ausreichender Anknüpfungspunkt für die schweizerische
Gerichtsbarkeit erscheint und als ein "Erfolg" im Sinne von Art. 7
Abs. 1 StGB zu qualifizieren ist. Es gibt in diesen Fällen von persönlich
adressierten Briefen aus dem Ausland an individuell bestimmte Adressaten
in der Schweiz - anders als allenfalls bei Äusserungen in ausländischen
Zeitungen und Zeitschriften sowie in ausländischen Massenmedien allgemein
keinen sachlichen Grund, die schweizerische Gerichtsbarkeit gemäss Art. 7
Abs. 1 StGB zu verneinen. In der Lehre wird denn auch verschiedentlich der
Fall des Versands eines ehrverletzenden Briefes aus dem Ausland in die
Schweiz als Beispiel eines grenzüberschreitenden Distanzdelikts genannt,
für welches gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB schweizerische Gerichtsbarkeit gilt
(siehe z.B. THORMANN/VON OVERBECK, Das schweizerische Strafgesetzbuch, Art.
7 N. 1), und bereits Stooss hat in den Verhandlungen der Expertenkommission
darauf hingewiesen, dass beispielsweise bestraft werden soll, wer
einen verleumderischen Brief vom Ausland her in die Schweiz gesendet hat
(Protokoll der Verhandlungen der Expertenkommission vom 20. September 1893,
S. 36).

    Die Vorinstanz hat demnach die schweizerische Gerichtsbarkeit mit
Recht bejaht.

Erwägung 4

    4.- Der Beschwerdeführer hat als Vereinspräsident das von einem
Vereinsmitglied verfasste, vereinsinterne Angelegenheiten betreffende
Schreiben in Deutschland vervielfältigt und von Deutschland aus per Post
an die insgesamt rund 250 Vereinsmitglieder in ganz Europa verschickt,
darunter an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz. Damit
hat er die ihm zur Last gelegte Straftat des Weiterverbreitens
einer ehrverletzenden Beschuldigung nicht im Sinne von Art. 27
aStGB durch das Mittel der Druckerpresse begangen. Denn es fehlt
am unstreitig erforderlichen Merkmal der Veröffentlichung, weil das
interne Angelegenheiten der Interessengemeinschaft von mittelständischen
Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. betreffende Schreiben ausschliesslich
an die rund 250 Vereinsmitglieder persönlich verschickt worden ist. Es
ist damit nur an ganz bestimmte Personen abgegeben worden, nicht an jeden
beliebigen Interessenten innerhalb eines Kreises, und es war nicht für
die Öffentlichkeit bestimmt (siehe zum Ganzen TRECHSEL, Schweizerisches
Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 27 N. 3; FRANZ RIKLIN,
Schweizerisches Presserecht, 1996, § 1 N. 7, § 5 N. 83).

    Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Sonderregelung
der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäss Art. 27 aStGB überhaupt
auf Presseerzeugnisse, die im Ausland verfasst und gedruckt, aber auch
in der Schweiz verbreitet werden, anwendbar sei.

    Da somit Art. 27 aStGB nicht zur Anwendung gelangt, ist der Einwand
des Beschwerdeführers unbegründet, dass die bekannte Verfasserin des von
ihm versandten Schreibens gemäss dieser Bestimmung allein strafrechtlich
verantwortlich sei.

Erwägung 5

    5.- a) Die inkriminierten Äusserungen sind nach der zutreffenden
Auffassung der Vorinstanz insgesamt ehrverletzend. Sie betreffen nicht
nur die gesellschaftliche Geltung des Beschwerdegegners als Geschäfts-
oder Berufsmann, sondern sie berühren auch dessen Ruf, ein ehrbarer
Mensch zu sein. Wem als Vizepräsident eines Vereins angeblich alle
Mittel recht sind, wie teilweise falsche Beschuldigungen und die
Einreichung eines Konkursantrags, um in solcher zerstörerischer Weise
den Vereinspräsidenten zu entmachten und in profilneurotischem Bestreben
selber die Präsidentschaft zu übernehmen, der benimmt sich nicht so,
wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch
sich zu verhalten pflegt. Dass die Äusserungen im Rahmen eines tobenden
Machtkampfes um die Vormachtstellung getan worden seien, ist in diesem
Zusammenhang unerheblich. Ein solcher Machtkampf kann nicht mit einer
politischen Auseinandersetzung gleichgesetzt werden, bei welcher eine
strafrechtlich relevante Ehrverletzung nur mit grosser Zurückhaltung
anzunehmen ist.

    b) Indem der Beschwerdeführer das von einem Vereinsmitglied verfasste
Schreiben an die rund 250 Mitglieder verschickte, hat er die darin
enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 Abs.
2 StGB weiterverbreitet. Dass er sie nicht "erneuerte", wiederholte oder
zu seinen eigenen machte, ist unerheblich.

    c) Gemäss einer tatsächlichen Feststellung im angefochtenen Entscheid
hat das Beweisergebnis gezeigt, dass die inkriminierten Stellen dem
Beschwerdeführer nicht verborgen bleiben konnten. Die Behauptung des
Beschwerdeführers, die inkriminierten Äusserungen seien ihm nicht
aufgefallen, steht im Widerspruch dazu und ist nicht zu hören. Dass
der Beschwerdeführer allenfalls weder wusste noch in Kauf nahm, dass
die inkriminierten Äusserungen nach dem schweizerischen Recht, anders
als angeblich nach dem deutschen Recht, als strafrechtlich relevante
Ehrverletzung qualifiziert werden könnten, ist unerheblich. Das Bewusstsein
der Strafbarkeit gehört nicht zum Vorsatz.

    d) Der Beschwerdeführer war als Präsident des Verbands allenfalls
verpflichtet, den Aufruf eines Mitglieds zur Gründung eines Fördervereins
zur Rettung des Verbands an die übrigen Mitglieder weiterzuleiten. Dazu war
es aber nicht notwendig, das Schreiben vollumfänglich und unverändert,
einschliesslich der darin enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen,
weiterzuleiten. Dem Beschwerdeführer wäre es möglich und zumutbar gewesen,
die Weiterleitung des Schreibens in dieser Fassung zu verweigern und
die Verfasserin zu einer Abänderung unter Weglassung der ehrverletzenden
Äusserungen aufzufordern.

    Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.