Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 385



125 II 385

37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28.
Juni 1999 i.S. Staat Solothurn gegen B. und Verwaltungsgericht des Kantons
Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV; Gleichstellungsgesetz; Lohngleichheit,
Solothurner Physiotherapeutinnen.

    Grundsätze für die gerichtliche Überprüfung einer Arbeitsplatzbewertung
(E. 5).

    Anwendung dieser Grundsätze, Bedeutung eines arbeitswissenschaftlichen
Gutachtens (E. 6).

Sachverhalt

    B. ist seit 1. Dezember 1994 öffentlichrechtlich als Physiotherapeutin
am Kantonsspital Olten angestellt. Am 30. Dezember 1994 erhob sie zusammen
mit anderen Physiotherapeutinnen Klage gegen den Staat Solothurn mit
dem Rechtsbegehren, die ihr zustehende rechts- und geschlechtsgleiche
Besoldung gemäss Art. 4 BV zukünftig und rückwirkend seit wann rechtens
nebst Zins seit wann rechtens zu bezahlen. Das Verfahren wurde mit
Rücksicht auf aussergerichtliche Vergleichsverhandlungen und auf
die hängige Gesamtrevision des staatlichen Besoldungswesens (Projekt
BERESO) sistiert. Im Rahmen dieses Projekts wurde für eine Anzahl von
Verwaltungsfunktionen eine analytische Arbeitsplatzbewertung in der Form
einer vereinfachten Funktionsanalyse durchgeführt und gestützt darauf
die Einstufung in die Lohnklassen vorgenommen. Die Rechtsgrundlagen für
die generelle Besoldungsrevision traten am 1. Januar 1996 in Kraft. Die
Physiotherapeutinnen wurden in die Lohnklasse 13 eingereiht.

    Mit Klagebegründung vom 15. Mai 1997 stellte B. das Rechtsbegehren,
der Kanton Solothurn sei zu verurteilen, ihr die ihr zustehende rechts-
und geschlechtsgleiche Besoldung gemäss Art. 4 BV, mindestens jedoch
entsprechend der Lohnklasse 17, zukünftig und rückwirkend seit wann
rechtens nebst Zins seit wann rechtens zu bezahlen. Die Klage wurde
ausdrücklich als Pilotverfahren bezeichnet, während die Verfahren
der übrigen Physiotherapeutinnen (mit Ausnahme der Klage einer
Chef-Physiotherapeutin) sistiert blieben.

    Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn liess ein
arbeitswissenschaftliches Gutachten von Prof. Dr. Christof Baitsch
und Dr. Christian Katz erstellen. Dieses kam zum Schluss, die Funktion
der Physiotherapeutin sei nach den Kriterien und Gewichtungen, die der
Besoldungsrevision zugrunde lagen, in die Besoldungsklasse 18 einzureihen.

    Mit Teilurteil vom 28. Oktober 1998 stellte das Verwaltungsgericht in
Gutheissung der Klage fest, dass der Kanton Solothurn verpflichtet sei, B.
ab 1. Januar 1996 eine Besoldung der Lohnklasse 18 zu bezahlen (Ziff. 1
des Dispositivs), und dass B. für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis 31.
Dezember 1995 Anspruch auf die Differenz zwischen dem effektiv bezahlten
und dem diskriminierungsfreien Lohn habe (Ziff. 2 des Dispositivs),
je zuzüglich Zins. Es erwog gestützt auf das gerichtliche Gutachten,
als rechts- und geschlechtsgleiche Besoldung habe die Einstufung der
Physiotherapeutinnen in die Lohnklasse 18 zu gelten. Die Einstufung in
die Klasse 13 sei diskriminierend und verletze Art. 4 Abs. 2 BV und das
Gleichstellungsgesetz vom 24. März 1995 (GlG; SR 151).

    Der Staat Solothurn erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Antrag, Ziff. 1 des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufzuheben und
festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin mit Wirkung ab 1. Januar 1996
in der Lohnklasse 15 zu besolden sei.

    Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne
der Erwägungen gut, hebt. Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts
auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV und Art. 3 GlG haben
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn für
gleichwertige Arbeit und dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt
noch indirekt benachteiligt werden (BGE 125 I 71 E. 2; 124 II 409 E. 7-9,
mit Hinweisen). Vorliegend geht es um die formal geschlechtsneutrale
Einstufung der Funktion «Physiotherapeut/in». Eine direkte Diskriminierung
steht nicht zur Diskussion.

    b) Eine indirekte geschlechtsbedingte Diskriminierung liegt vor, wenn
eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw.
überwiegend Angehörige des einen Ge- schlechts ohne sachliche Begründung
gegenüber jenen des anderen Geschlechts erheblich benachteiligt (Botschaft
vom 24. Februar 1993 zum Gleichstellungsgesetz, BBl 1993 I 1248 ff., 1295
f.; BGE 125 I 71 E. 2a S. 79; 124 II 409 E. 7 S. 424 f., mit Hinweisen).
Eine Ungleichbehandlung, welche nicht spezifisch Angehörige des einen
Geschlechts betrifft, fällt demgegenüber nicht in den Geltungsbereich
von Art. 4 Abs. 2 BV bzw. des Gleichstellungsgesetzes, sondern beurteilt
sich einzig nach Art. 4 Abs. 1 BV (vgl. BGE 124 II 529 E. 5d S. 533
f.). Der Beschwerdeführer bestreitet im Verfahren nicht mehr, dass der
Beruf der Physiotherapeutin als Frauenberuf zu bezeichnen sei. Nach
den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz war der Frauenanteil
an den Personen, die eine Ausbildung als Physiotherapeut/in begonnen
haben, in den letzten sieben Jahren nie kleiner als 75,6%. Gemäss
dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten beschäftigt der
Kanton Solothurn im Bürgerspital Solothurn und im Kantonsspital Olten
gesamthaft acht Physiotherapeuten und 24 Physiotherapeutinnen. Es ist
aufgrund dieser Zahlenverhältnisse nicht bundesrechtswidrig, die Funktion
«Physiotherapeut/in» als frauenspezifisch zu bezeichnen (vgl. BGE 124 II
529 E. 5f-h, S. 535 f.).

    (c-e: Grundsätze zur Beurteilung einer Lohndiskriminierung, vgl. BGE
125 I 71 E. 2c; 124 II 409 E. 9, 436 E. 7a).

Erwägung 4

    4.- a) Die Bewertung der verschiedenen Funktionen erfolgte im Rahmen
des Projekts BERESO aufgrund einer vereinfachten Funktionsanalyse. Dabei
wurden die für die Beurteilung einer Funktion massgebenden Anforderungen in
sechs Kriterien zusammengefasst und diese unterschiedlich gewichtet. Die
einzelnen Funktionen wurden anhand dieser Kriterien aufgrund einer
Skala von 0,5 (bei Kriterium 1 von 0,25) bis 5,0 bewertet. Die Summe der
gewichteten Punkte ergab einen Arbeitswert für die jeweils betrachtete
Funktion.

    b) Die vom Kanton gewählten Kriterien und die jeweiligen maximalen
Punktzahlen lauten wie folgt:
      K1: Ausbildung und Erfahrung                         300 K2: Geistige
      Anforderungen                           300 K3: Verantwortung
      230 K4: Psychische Belastung                              60
      K5: Physische Belastung                               60 K6:
      Beanspruchung der Sinnesorgane/Arbeitsbedingungen 50

    Diese Kriterien und Gewichtungen wurden auch vom Verwaltungsgericht
zugrunde gelegt. Sie können grundsätzlich nicht als diskriminierend
betrachtet werden (BGE 125 I 71 E. 3a S. 80 f.; 124 II 409 E. 10d
S. 430). Umstritten sind demgegenüber die Werte, welche der Funktion
«Physiotherapeut/in» bei den einzelnen Kriterien zuzuordnen sind.

    c) Das Projekt BERESO basierte auf der Bewertung von 132
Schlüsselfunktionen. Die Funktion «Physiotherapeut/in» gehörte nicht zu
den Schlüsselfunktionen. Ihre ursprüngliche Einstufung erfolgte auf der
Basis derjenigen der Ergotherapeutin, welche wie folgt bewertet wurde:
      K1:  2,0 K2:  2,5 K3:  2,0 K4:  3,0 K5:  3,0 K6:  2,0

    Daraus resultierte ein totaler Arbeitswert von 311 Punkten, was zur
Einreihung in die Lohnklasse 14 führte. Im Kantonsrat wurde anschliessend
für die meisten Funktionen im Pflegebereich ein Minusklassenentscheid
getroffen, so dass die Physiotherapeutinnen wie die Ergotherapeutinnen
in die Lohnklasse 13 eingereiht wurden.

    d) Die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Experten verglichen
die Funktion der Physiotherapeutin mit männlich dominierten
Vergleichsfunktionen und kamen dabei für die Funktion Physiotherapeutin
zu folgenden Ergebnissen:
      K1:  2,5 K2:  3,0 K3:  2,5 K4:  3,5 K5:  3,5 K6:  2,0

    Daraus resultierten 405,5 Arbeitswertpunkte.

    e) Das Verwaltungsgericht schloss sich weitgehend der Beurteilung
durch die Gutachter an mit Ausnahme des Kriteriums K4, wo es einen Wert
von 3,0 (statt 3,5) annahm. Das ergab total 399,5 Arbeitswertpunkte,
was zu einer Einreihung in die Lohnklasse 18 führte.

    f) Der Beschwerdeführer anerkennt, dass die ursprüngliche
Einreihung in die Lohnklasse 13 zu tief ist. Er rügt jedoch eine
offensichtlich unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellung
sowie einen Ermessensmissbrauch durch die Vorinstanz. Die Gutachter
hätten sich zu stark auf die so genannten Wertungshilfen abgestützt,
welche jedoch nur für das Kriterium K1 verwendet worden seien. Für die
übrigen Kriterien seien diese durch Quervergleichsdiskussionen über
alle Schlüsselstellen abgelöst worden. Die einseitige Abstützung der
Gutachter auf die Wertungshilfen wirke daher strukturverzerrend. Die
von den Experten verwendete minimale Vergleichsbasis genüge nicht,
um die sich auf Quervergleichsüberlegungen stützende Bewertung der
einzelnen Kriterien nachzuvollziehen. Die Informationsbeschaffung der
Gutachter sei im Alleingang erfolgt, so dass diese nicht über den gleichen
Informationshintergrund verfügten wie die Projektgremien. So hätten sie die
Selbständigkeit der Physiotherapeutinnen hervorgehoben und nicht gewürdigt,
dass diese unter einer verantwortlichen ärztlichen Leitung stünden. Zudem
hätten die Experten den Ermessensspielraum immer zu Gunsten der Klägerinnen
ausgelegt, was zu einer Kumulation grosszügiger Bewertungen geführt habe.

    Im Einzelnen erachtet der Beschwerdeführer folgende Bewertungen
als zutreffend:
      K1:  2,25    (statt 2,5) K2:  2,5     (statt 3,0) K3:  2,0     (statt
      2,5) K4:  2,5     (statt 3,0) K5:  3,5     (wie Verwaltungsgericht)
      K6:  2,0     (wie Verwaltungsgericht)

    Gesamthaft ergebe dies 326,5 Arbeitswertpunkte, was zu einer Einstufung
in die Lohnklasse 15 führe.

Erwägung 5

    5.- Es stellt sich zunächst die Frage, ob und wie weit das
Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überhaupt
im Einzelnen auf die Bewertungen bestimmter Funktionen einzugehen hat.

    a) Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überprüft
das Bundesgericht frei die richtige Anwendung des Bundesrechts,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 104
lit. a OG). An die Begründung der Beschwerde ist es nicht gebunden
(Art. 114 Abs. 1 OG). Nachdem als Vorinstanz ein Gericht entschieden hat,
ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, soweit
diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgte (Art. 105 Abs. 2 OG). Eine
Ermessensüberprüfung steht dem Bundesgericht nicht zu (Art. 104 lit. c OG).

    b) Die Bewertung bestimmter Funktionen in Bezug auf andere Funktionen
oder auf bestimmte Anforderungskriterien kann nie objektiv und wertneutral
erfolgen, sondern enthält zwangsläufig einen erheblichen Wertungsbereich,
dessen Konkretisierung davon abhängt, wie eine bestimmte Aufgabe von der
Gesellschaft bzw. vom Arbeitgeber bewertet wird (ANDREAS C. ALBRECHT, Der
Begriff der gleichwertigen Arbeit im Sinne des Lohngleichheitssatzes «Mann
und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit» [Art. 4
Abs. 2 BV], Diss. Basel 1998, S. 136, 162, 166 f.). Wissenschaftliche
Studien können diese Beurteilung unterstützen, indem sie die Tatsachen
erheben und Vorurteile beseitigen, aber sie können nicht die normative
Wertung ersetzen.

    Diese Entscheidung hängt einerseits von Sachverhaltsfragen ab,
beispielsweise der Frage, was für Tätigkeiten im Rahmen einer bestimmten
Funktion ausgeführt werden, welche ausbildungsmässigen Anforderungen dafür
verlangt werden, unter welchen Umständen die Tätigkeit ausgeübt wird usw.
Andererseits hängt sie ab von der relativen Gewichtung, welche diesen
einzelnen Elementen beigemessen wird. Diese Gewichtung ist grundsätzlich
nicht bundesrechtlich vorgegeben. Die zuständigen kantonalen Behörden
haben, soweit nicht das für sie verbindliche kantonale Recht bestimmte
Vorgaben enthält, einen grossen Ermessensspielraum. Bundesrechtlich
vorgegeben sind jedoch die Schranken dieses Spielraums: Die Bewertung
darf nicht willkürlich oder rechtsungleich erfolgen (Art. 4 Abs. 1 BV),
und sie darf keine geschlechtsdiskriminierenden Elemente enthalten
(Art. 4 Abs. 2 BV bzw. Art. 3 GlG). Die Bewertung und Einstufung einer
bestimmten Tätigkeit oder Funktion ist somit weder eine reine Sach- noch
Rechts- noch Ermessensfrage, sondern enthält Elemente von allen drei. Die
Anwendung des Gleichstellungsgesetzes kann daher nicht dazu führen, dass
eine bestimmte Wertung als die rechtlich einzig richtige bezeichnet wird;
sie kann nur bestimmte Wertungen als unzulässig, weil diskriminierend,
qualifizieren. In diesem Rahmen bleibt ein erheblicher Ermessensspielraum
der zuständigen politischen Behörden (BGE 125 I 71 E. 4c S. 83 f.).

    c) Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör und aus der
spezifischen Natur des Lohngleichheitsgebots ergibt sich eine
richterliche Prüfungspflicht (BGE 118 Ia 35 E. 2d S. 38 f.). Wenn
eine Lohndiskriminierung gerügt wird, kann sich daraus ein Anspruch
auf Einholung eines Gutachtens ergeben, soweit für die Prüfung, ob
eine Diskriminierung vorliegt, spezifische Fachkenntnisse über die
rechtserheblichen Sachverhaltsfragen vorausgesetzt werden (BGE 117 Ia
262 E. 4c S. 269 f.). Hingegen kann es aus den genannten Gründen nicht
Sache eines arbeitswissenschaftlichen Gutachtens sein, die «richtige»
Lohneinstufung festzulegen. Es gibt verschiedene Bewertungsverfahren,
die sich in Aufgliederung, Gewichtung und Bewertung der Anforderungen
unterscheiden. Solche Verfahren machen die Bewertungen transparenter,
können aber nicht beanspruchen, die einzige unter dem Aspekt des
Lohngleichheitsgebots zulässige Lösung darzustellen. Auch die Frage,
ob ein System diskriminierend sei, kann in dieser Form nicht allein von
arbeitswissenschaftlichen Experten beurteilt werden, da es sich dabei
teilweise um eine Rechtsfrage handelt, die nicht von einem Gutachter,
sondern vom Gericht zu beantworten ist (BGE 118 Ia 35 E. 3b S. 40;
ALBRECHT, aaO, S. 60, 175 f.).

    d) Hat ein kantonales Gericht ein Lohnsystem beurteilt, so ergeben
sich daraus für die bundesgerichtliche Kognition folgende Ergebnisse: Die
Feststellung des Sachverhalts kann im Rahmen von Art. 105 OG überprüft
werden. Frei überprüfbare Rechtsfrage ist, ob das kantonale Gericht
die richterliche Prüfungspflicht richtig gehandhabt hat (BGE 118 Ia 35
E. 2e S. 39). Die Bewertung verschiedener Tätigkeiten ist im Rahmen der
genannten bundesrechtlichen Schranken eine Ermessensfrage, in die das
Bundesgericht nicht eingreifen kann. Frei überprüfbare Rechtsfrage ist
hingegen, ob das Gericht die bundesrechtlichen Schranken des behördlichen
Ermessensspielraums richtig interpretiert hat. Bundesrecht ist verletzt,
wenn das kantonale Gericht in Verletzung des Gleichstellungsgesetzes
entweder eine diskriminierende Bewertung als nicht diskriminierend oder
aber eine nicht diskriminierende Bewertung als diskriminierend beurteilt.
Soweit sich ein kantonales Gericht nur auf das Gleichstellungsgesetz
stützt (und nicht auf eine Bestimmung des kantonalen Rechts, wonach
es die Angemessenheit der Besoldung überprüft), hat es somit nicht
zu beurteilen, ob eine Besoldungseinstufung anhand irgendwelcher
Bewertungsmethode «richtig» oder überzeugend ist, sondern einzig, ob
sie geschlechtsdiskriminierend ist. Solange eine politische Behörde
eine Arbeitsplatzbewertung vorgenommen hat, die nicht diskriminierend
ist, verletzt ein Gericht Bundesrecht, wenn es unter Berufung auf das
Gleichstellungsgesetz diese Bewertung aufhebt.

    e) Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn im Rahmen eines
gerichtlichen Verfahrens eine einzelne Funktion aus einem ganzen
Besoldungssystem zur Diskussion gestellt wird. Dass das gesamte Lohnsystem
ein austariertes Ganzes darstellt, steht zwar einer gerichtlichen
Überprüfung der Besoldungseinreihung nicht entgegen (BGE 117 Ia 262 E. 3c
S. 267). Doch ist zu beachten, dass aus den genannten Gründen mehrere
Besoldungssysteme zulässig sind. Allein darin, dass eine (männliche
oder weibliche) geschlechtstypische Funktion tiefer eingestuft wird als
eine geschlechtsneutrale oder eine für das andere Geschlecht typische
Funktion, liegt noch keine Diskriminierung. Ob eine solche vorliegt,
kann nur beurteilt werden, wenn die in Frage stehende Funktion mit ihren
Vernetzungen im gesamten Lohngefüge betrachtet wird (BGE 118 Ia 35 E. 3b S.
40; 117 Ia 262 E. 4c S. 269). Zu diesem Zweck muss die zur Diskussion
stehende geschlechtstypische Funktion mit bestimmten anderen (nicht
geschlechtstypischen) Funktionen verglichen werden (vgl. BGE 124 II 409,
436, 529). Dabei darf sich aber der Vergleich nicht auf eine bestimmte
Funktionsgruppe beschränken, sondern muss die Vernetzungen zwischen den
einzelnen Gruppen einbeziehen (BGE 117 Ia 262 E. 4c S. 269).

Erwägung 6

    6.- Im Lichte dieser Erwägungen ist das angefochtene Urteil zu
überprüfen.

    a) Das Verwaltungsgericht hatte den Gutachtern die Frage gestellt: «Wie
ist die Arbeit der Physiotherapeut/in ... hinsichtlich der Merkmale K1-K6
im Vergleich zur Arbeit der männlichen Vergleichsfunktionen zu bewerten?».
Diese Fragestellung ist zumindest missverständlich; rechtserheblich
ist nicht, wie die Funktion der Physiotherapeutin nach der Auffassung
bestimmter arbeitswissenschaftlicher Lehrmeinungen zu bewerten ist, sondern
einzig, ob die vom Kanton verwendete - an sich nicht diskriminierende
(vorne E. 4b) - Bewertungsmethode auf eine geschlechtsneutrale Weise
gehandhabt wurde (BGE 118 Ia 35 E. 3b S. 40; vgl. ALBRECHT, aaO, S. 175).

    b) Die Gutachter äusserten sich entsprechend der Fragestellung
im Hauptteil ihres Gutachtens dazu, in welche Stufe die Funktion der
Physiotherapeutin bezüglich der einzelnen sechs Kriterien ihres Erachtens
einzustufen sei. Dabei kamen sie bei den meisten Kriterien zu einer
höheren Einstufung als der Kanton. Doch ist damit nicht die entscheidende
Frage beantwortet: Rechtserheblich ist nicht, ob eine andere Bewertung
als die vom Kanton vorgenommene auch vertretbar oder gar besser begründet
erscheint, sondern einzig, ob die vom Kanton vorgenommene Bewertung auf
eine Weise gehandhabt wurde, welche spezifisch die weibliche Funktion
gegenüber männlichen Funktionen benachteiligt.

    c) In der Folge hat sich auch das Verwaltungsgericht nicht näher
mit der rechtserheblichen Frage auseinandergesetzt, sondern erwogen,
die von den Gutachtern vorgenommenen Einstufungen seien (bei den meisten
Kriterien) folgerichtig oder überzeugend. Im Einzelnen geht jedoch aus dem
angefochtenen Urteil nicht hervor, aufgrund welcher Überlegungen die vom
Kanton vorgenommenen (tieferen) Bewertungen diskriminierend sein sollen.

    d) Es ist umstritten, wie die Funktion der Physiotherapeutin bezüglich
des Kriteriums K1 (Ausbildung und Erfahrung) zu bewerten ist. Gemäss
den vom Kanton verwendeten Wertungshilfen werden für eine abgeschlossene
Berufslehre 2,0 Punkte eingesetzt. Das Verwaltungsgericht hat zusätzliche
0,5 Punkte zugestanden, da die Funktion der Physiotherapeutin das in der
Wertungshilfe genannte Kriterium «Lehre mit qualifizierter Voraussetzung
(z.B. Matura etc.)» erfülle. Es erwog, die Aufnahmebedingungen für die
Physiotherapeutenausbildung verlangten eine abgeschlossene Berufslehre
oder 11 Schulstufen mit Abschluss, Kenntnisse in Physik und Chemie
mit Mindestnote 4, ein dreimonatiges Krankenpflegepraktikum sowie
eine Aufnahmeprüfung. Das sei eine qualifizierte Voraussetzung. Der
Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, diese Voraussetzungen
seien zwar höher als eine Berufslehre ohne besondere Voraussetzung,
aber nicht gleichwertig mit der Matura, weshalb eine Einstufung mit 2,25
gerechtfertigt sei. Eine bestandene Matura höher zu gewichten als zwei
andere überobligatorische Schuljahre, ist in vielen Bereichen üblich. Nach
dem vorne Ausgeführten steht nicht zur Diskussion, ob dies «richtig»
sei, sondern ob es geschlechtsdiskriminierend sei. Da gerichtsnotorisch
der Frauenanteil bei den Maturanden gesamtschweizerisch ca. 50% beträgt
und die Maturitätsquote bei den Frauen seit den 90er Jahren gar höher
liegt als bei den Männern, kann jedenfalls nicht behauptet werden, es
sei geschlechtsdiskriminierend, die Matura höher zu gewichten. Die heute
vom Beschwerdeführer zugestandene Bewertung von 2,25 kann unter diesen
Umständen nicht als diskriminierend betrachtet werden.

    e) Bei den übrigen umstrittenen Kriterien K2, K3 und K4 ist aus
dem angefochtenen Urteil, dem Gutachten und den Rechtsschriften nicht
ersichtlich, ob die vom Kanton vorgenommenen Einstufungen auf einer
geschlechtsdiskriminierenden Handhabung der Bewertungsmethode beruhen.

    f) Zudem wirft die Vergleichsbasis Fragen auf: In den
Vergleich einbezogen wurden ursprünglich fünf männlich dominierte
Vergleichsfunktionen, nämlich Korporal Kantonspolizei (Lohnklasse
14), Wachtmeister Kantonspolizei (LK 15), Zivilschutzinstruktor (LK
17), Motorfahrzeugkontrolle-Sachverständiger (LK 17) sowie Techniker
Tiefbauamt (LK 18). In der Folge vergleicht das Gutachten jedoch die
Funktion der Beschwerdegegnerin bei den stark gewichteten Kriterien
K1-K3 nur mit den höher eingestuften Funktionen Zivilschutzinstruktor,
MfK-Sachverständiger und Techniker. Die beiden Polizeifunktionen
werden nur bei den weniger stark gewichteten Kriterien K4, K5 und K6
einbezogen. Das Verwaltungsgericht befasst sich in seinen Erwägungen
ausschliesslich mit den höher eingestuften Funktionen und macht zu den
weniger hoch eingestuften Polizeifunktionen keine Aussagen. Das kann sich
verzerrend auf die Beurteilung auswirken: eine Diskriminierung ergibt
sich nicht schon aus der Tatsache einer Besoldungsdifferenz, sondern nur
daraus, dass diese Differenz auf geschlechtsdiskriminierende Kriterien
und Bewertungen zurückzuführen ist. Sollte sich herausstellen, dass ein
bestimmter Bewertungsgesichtspunkt, der zu einer tieferen Einstufung der
Physiotherapeutinnen führte, gleichermassen auch bei männlich dominierten
Funktionen verwendet wurde und dort zu einer vergleichbaren Einstufung
führte, dann wäre das ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen einer
Diskriminierung. Das bedingt, dass für einen aussagekräftigen Vergleich
nicht nur höher, sondern auch etwa gleich und tiefer eingestufte
männliche Funktionen einbezogen werden. Richtig ist demgegenüber, dass
keine frauenspezifischen Vergleichsfunktionen herangezogen wurden.
Ein solcher Vergleich könnte nichts darüber aussagen, ob die Funktion
der Beschwerdegegnerin diskriminiert wurde, da auch die weibliche
Vergleichsfunktion ihrerseits Opfer einer Diskriminierung sein könnte.

    g) Gesamthaft ist somit nicht erstellt, dass eine tiefere
Einstufung als Lohnklasse 18 diskriminierend ist. Umgekehrt lässt
sich aufgrund der Aktenlage auch nicht abschliessend verneinen, dass
die vom Beschwerdeführer zugestandene Einstufung in die Lohnklasse
15 diskriminierend ist. Der Beschwerdeführer bringt vor, im Projekt
BERESO habe sich die Bewertung stark auf einen Quervergleich über alle
132 Schlüsselstellen abgestützt, und beruft sich auf einen Massstab,
der in intensiven Quervergleichsdiskussionen entwickelt worden
sei. Quervergleiche sind zwar durchaus zulässig, schliessen aber
nicht aus, dass die verwendeten Massstäbe diskriminierend sind. Der
Beschwerdeführer substantiiert die Massstäbe und Kriterien, auf die er
sich beruft, nicht näher. Zwar legt er eine «Kurzbegründung für Anträge
auf Veränderungen von Schlüsselstellen» vom 31. Oktober 1995 vor, worin
für einige Funktionen mit verschiedenen Begründungen - unter anderem mit
Hinweis auf Quervergleichsüberlegungen - Abweichungen vom Resultat der
Vereinfachten Funktionsanalyse vorgeschlagen wurden. Die Funktionen Physio-
bzw. Ergotherapeutin sind darin jedoch nicht erwähnt. Es geht auch sonst
aus den Akten nicht hervor, aufgrund welcher Überlegungen und Vergleiche
die Einstufung der Funktion Physiotherapeutin erfolgte. Daher kann nicht
beurteilt werden, ob die verwendeten Überlegungen diskriminierend sind.

Erwägung 7

    7.- Aufgrund der Aktenlage kann somit nicht beurteilt werden, ob die
Einstufung der Physiotherapeutinnen diskriminierend ist. Der Sachverhalt
ist unvollständig abgeklärt. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben
und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen
(Art. 114 Abs. 2 OG). Das Verwaltungsgericht wird abzuklären haben, ob die
Gesichtspunkte und Quervergleichsüberlegungen, die der Beschwerdeführer
zur Begründung seiner Einstufungen bei den Kriterien K2, K3 und K4 geltend
macht, in diskriminierender Weise zum Nachteil der Beschwerdegegnerin
gehandhabt wurden oder ob sie nicht in ähnlicher Weise auch bei gleich
eingestuften männlichen Funktionen angewendet wurden.