Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 230



125 II 230

22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16.
April 1999 i.S. L.G. und S.G. gegen Verwaltungsgericht des Kantons
Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 1, 3 und 12 OHG: Verhältnis familienrechtlicher
Kindesschutzmassnahmen zur Opferhilfe.

    Ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen
Entscheides ist trotz rein hypothetischer Pflicht zur Rückzahlung bezogener
Entschädigungen gegeben (E. 1).

    Betreuungskosten können als Hilfeleistung unter Art. 3 OHG oder als
Entschädigung unter Art. 12 OHG fallen (E. 2).

    Bewirken getroffene Massnahmen des familienrechtlichen Kindesschutzes
einen hinreichenden Schutz im Sinn des OHG, besteht kein Anspruch mehr
auf Leistungen durch die Opferhilfe (E. 3).

Sachverhalt

    M.G. pflegte seine beiden Töchter L.G., geb. 1980, und S.G., geb. 1984,
mit einem Ledergürtel zu schlagen. Die Vormundschaftsbehörde von Zuchwil
entzog ihm deshalb am 21. Juni 1994 bzw. am 5. Juli 1994 die väterliche
Obhut und platzierte die Töchter im Sozialpädagogischen Kleinheim
für Jugendliche «Roots» in Derendingen. Am 16. August 1994 wurde eine
Beistandschaft im Sinne von Art. 308 ZGB errichtet und am 22. Mai 1995
entzog das Oberamt Bucheggberg-Wasseramt dem Vater die elterliche Gewalt
über seine Töchter. Der Amtsgerichtspräsident von Bucheggberg-Wasseramt
verurteilte M.G. am 29. September 1994 wegen mehrfacher Tätlichkeiten
gegenüber seinen Töchtern zu 14 Tagen Haft, unter Gewährung des bedingten
Strafvollzugs.

    Die X. AG, Dienstleistungen für Soziale Sicherheit, ersuchte das
Amt für Gemeinden und Soziale Sicherheit, Abteilung Soziale Dienste
und Familien, im Namen von L.G. und S.G. wiederholt um Leistungen nach
der Opferhilfegesetzgebung. Am 5. Juli 1995 verfügte die Abteilung eine
Kostengutsprache für juristische Beratung von maximal 7 Stunden und für
sozialmedizinische Beratung im Umfang von höchstens Fr. 1'500.--.

    Am 21. Juni 1996 ersuchte die X. AG um weitere Hilfe nach
Opferhilfegesetz, insbesondere um Übernahme der bisher im Kleinheim
Roots entstandenen Aufenthaltskosten und um Kostengutsprache für die
entsprechenden künftig noch entstehenden Aufwendungen, sowie um die
Zusprechung einer Genugtuungssumme. Die Abteilung Soziale Dienste und
Familien des Amtes für Gemeinden und Soziale Sicherheit wies das Gesuch
am 2. Dezember 1996 bezüglich der Kosten ab; die Genugtuungsforderung
verwies sie aus Zuständigkeitsgründen in ein separates Verfahren.

    Die X. AG führte im Namen von L.G. und S.G. Verwaltungsbeschwerde
gegen diesen Entscheid. Das Departement des Innern des Kantons Solothurn
wies die Beschwerde am 16. Juli 1997 ab; auf das Gesuch um Zusprechung
einer Genugtuungssumme trat das Departement nicht ein.

    Im Namen von L.G. und S.G. erhob die X. AG am 10. September 1997
kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn wies die Beschwerde am 17. Dezember 1997 ab.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 2. Februar 1998 stellt die
X. AG im Namen von L.G. und S.G. im Wesentlichen den Antrag, das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 17. Dezember 1997
sei aufzuheben.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                   Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Gegen Verfügungen letzter Instanzen der Kantone
im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht gemäss Art. 97
Abs. 1 OG und Art. 98 lit. g OG zulässig. Ein Ausschlussgrund nach
Art. 99-102 OG besteht nicht. Insoweit steht einem Eintreten auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts entgegen.

    b) Nach Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.

    Die Beschwerdeführerinnen bestreiten nicht, dass die Kosten ihres
Heimaufenthaltes durch Sozialhilfe gedeckt werden, die teils von der
Gemeinde Zuchwil, teils vom Kanton Solothurn geleistet wird. Nach §
61 Abs. 3 in Verbindung mit § 56 des kantonalen Sozialhilfegesetzes
vom 2. Juli 1989 (SHG; BGS 835.221) wird wirtschaftliche Hilfe, die
ein Empfänger für sich selbst während seiner Unmündigkeit oder bis zum
Abschluss einer Ausbildung bezogen hat, in der Regel von diesem nicht
zurückgefordert. Das Verwaltungsgericht hat daraus den Schluss gezogen,
es sei nach kantonalem Recht zumindest nicht ausgeschlossen, dass ein
unmündiger Empfänger von Sozialhilfe diese später zurückzahlen müsse,
und hat deshalb ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerinnen an
der Õberprüfung des angefochtenen Entscheids bejaht. Dieser Auffassung
hat allerdings das Amt für Gemeinden und soziale Sicherheit des Kantons
Solothurn in seiner Vernehmlassung vom 20. Mai 1998 widersprochen:
Die Kosten der Kindesschutzmassnahmen würden sozialhilferechtlich den
Eltern angerechnet, die gemäss Art. 276 ZGB für den Unterhalt der Kinder
aufzukommen haben; rückerstattungspflichtig seien daher ausschliesslich die
Eltern (hier: der Vater) und nicht die Kinder; diese erlitten daher durch
die sozialhilferechtliche Kostentragung keinerlei finanziellen Nachteil.

    Es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichtes sein, über die zwischen der
kantonalen Verwaltung und dem Verwaltungsgericht streitige Auslegung des
kantonalen Sozialhilfegesetzes zu entscheiden, zumal sich die Frage einer
Rückerstattungspflicht aktuell nicht stellt, also hypothetischer Natur ist.
Es muss daher im vorliegenden Zusammenhang genügen, dass eine spätere
Rückzahlungspflicht der Beschwerdeführerinnen - zumindest nach Auffassung
des Verwaltungsgerichts als oberster kantonaler Gerichtsinstanz im Bereich
des Sozialrechts - nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Unter
diesen Umständen haben sie ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung
des angefochtenen Entscheids und sind zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
legitimiert.

    c) Die Beschwerdeführerinnen haben im kantonalen Verfahren ein
Genugtuungsbegehren gestellt. Das Departement trat auf dieses nicht ein und
das Verwaltungsgericht bestätigte diesen Entscheid. In der vorliegenden
Beschwerde wird der Nichteintretensentscheid nicht beanstandet. Die
Beschwerdeführerinnen beantragen allerdings die vollumfängliche Aufhebung
des angefochtenen Entscheids. Soweit damit auch die Aufhebung des
den Genugtuungsanspruch betreffenden Teils verlangt wird, kann darauf
mangels sachbezogener Begründung nicht eingetreten werden (Art. 108
Abs. 2 OG; vgl. BGE 118 Ib 134 E. 2 S. 135 f.). Im Übrigen ist auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.

    d) Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von
Bundesrecht einschliesslich Õberschreitung oder Missbrauch des Ermessens
(Art. 104 lit. a OG) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 104 lit. b
OG). Als Vorinstanz amtete eine richterliche Behörde. Das Bundesgericht
ist an deren tatsächliche Feststellungen gebunden, soweit diese nicht
offensichtlich unrichtig bzw. unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande kamen (Art. 105 Abs. 2 OG).

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 2 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von
Straftaten (OHG; SR 312.5) begründen nur Straftaten, die das Opfer in
seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar
beeinträchtigen, die Opfereigenschaft im Sinne des Opferhilfegesetzes. Das
Bundesgericht verneinte bisher die Opfereigenschaft, wenn blosse
Tätlichkeiten vorlagen. Ob die im vorliegenden Fall betroffenen
Beschwerdeführerinnen in ihrer psychischen Integrität verletzt wurden, hat
das Verwaltungsgericht nicht näher geprüft. Auch im bundesgerichtlichen
Verfahren muss die Frage nicht abschliessend beurteilt werden, da die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ohnehin abzuweisen ist (soweit darauf
überhaupt einzutreten ist), wie sich im Folgenden ergeben wird.

    b) Opfer einer Straftat im Sinn von Art. 2 Abs. 1 OHG sind berechtigt,
die im Gesetz vorgesehene Hilfe zu beanspruchen. Die Beratungsstellen
leisten und vermitteln dem Opfer medizinische, psychologische,
soziale, materielle und juristische Hilfe und informieren über die
Hilfsangebote (Art. 3 Abs. 2 OHG). Sie leisten ihre Hilfe sofort und
wenn nötig während längerer Zeit; sie müssen so organisiert sein,
dass sie jederzeit Soforthilfe leisten können (Art. 3 Abs. 3 OHG). Die
Leistungen der Beratungsstellen und die Soforthilfe sind unentgeltlich;
die Beratungsstellen übernehmen weitere Kosten, wie Arzt-, Anwalts-
und Verfahrenskosten, soweit dies aufgrund der persönlichen Verhältnisse
des Opfers angezeigt ist (Art. 3 Abs. 4 OHG). Nebst der Inanspruchnahme
von Leistungen der Beratungsstellen können Opfer einer in der Schweiz
verübten Straftat im Kanton, in dem die Tat begangen wurde, unter den
Voraussetzungen von Art. 12 OHG eine Entschädigung oder Genugtuung
geltend machen.

    c) Die Beschwerdeführerinnen wurden aufgrund einer vormundschaftlichen
Kindesschutzmassnahme in das Jugendheim «Roots» in Derendingen eingewiesen.
Die Einwohnergemeinde Zuchwil, deren Vormundschaftsbehörde die Massnahme
angeordnet hatte, hat für einen Teil der Kosten des Heimaufenthaltes
nach Massgabe des Sozialhilfegesetzes aufzukommen (§ 56 SHG). Die
Beschwerdeführerinnen möchten mit ihrer Beschwerde erreichen, dass die
Opferhilfe die Heimkosten übernimmt.

    d) Betreuungskosten können unter zwei Arten des Opferhilfeangebots
fallen: Zum einen kann sich die Frage im Rahmen der Beratungshilfe nach
Art. 3 OHG stellen; sind die Voraussetzungen für eine Hilfeleistung
gegeben, beurteilt sich eine Kostenübernahme nach Abs. 4 der
genannten Bestimmung. Andererseits können Betreuungskosten als
Aufwendungen zur Schadensbehebung in Betracht fallen; wird mit dem
Kostenübernahmebegehren eine Schadenersatzleistung bezweckt, handelt es
sich um ein Entschädigungsbegehren im Sinn von Art. 12 Abs. 1 OHG. Beide
Ansprüche können unabhängig voneinander geltend gemacht werden. Der
Berechtigte hat die Wahl zu treffen, in welchem Sinn er Opferhilfe
beanspruchen will. Ob vorliegend ein Anspruch nach Art. 3 Abs. 4 OHG oder
nach Art. 12 Abs. 1 OHG oder nach beiden Bestimmungen zur Diskussion steht,
hängt von den Begehren ab, welche die Beschwerdeführerinnen gestellt und
in ihren Eingaben begründet haben.

    Das Verwaltungsgericht fasste das Kostenübernahmebegehren als
Entschädigungsbegehren gemäss Art. 11 ff. OHG auf. Es hat übersehen,
dass die Beschwerdeführerinnen gar nie Entschädigungsbegehren gestellt
haben. In ihren Eingaben unternehmen sie nicht einmal den Versuch, einen
Schaden zu behaupten, für welchen sie durch die Opferhilfe entschädigt
werden möchten. Es liegt kein Entschädigungsanspruch im Streit. Mit
ihrem Kostenübernahmebegehren beanspruchen die Beschwerdeführerinnen
ausschliesslich eine Hilfeleistung im Sinn von Art. 3 OHG.

Erwägung 3

    3.- a) Muss ein Opfer infolge der Straftat in einer geeigneten
Institution betreut werden, so wird die Beratungsstelle diese Aufgabe in
der Regel nicht selber wahrnehmen können, sondern Dritthilfe vermitteln
und - sofern die Voraussetzungen für eine Kostentragung gemäss Art. 3
Abs. 4 OHG gegeben sind - Kostengutsprache leisten. Im vorliegenden
Fall hat die Beratungsstelle weder die Heimplatzierung vermittelt noch
Kostengutsprache geleistet. Erst rund zwei Jahre nach dem Heimeintritt
haben die Beschwerdeführerinnen ihr Kostenübernahmebegehren gestellt. Zu
diesem Zeitpunkt war eine Vermittlung von Dritthilfe nicht mehr
erforderlich. Es kann deshalb nur noch darum gehen, ob die Opferhilfe
Kosten von Massnahmen übernehmen muss, die eine andere in der Sache
zuständige Behörde ohne Einbezug der Beratungsstelle angeordnet hat.

    b) Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Botschaft des
Bundesrates zum Opferhilfegesetz vom 25. April 1990 ausgeführt, dass
die Entschädigung durch den Staat die Ausnahme zu bilden habe, indem
die Opferhilfe nicht an die Stelle anderer, dem Opfer bereits aufgrund
bestehender Gesetze zustehender Entschädigungsmöglichkeiten treten
solle (BBl 1990 II 961 ff., insbesondere S. 976). Der hier angesprochene
Grundsatz der Subsidiarität ist in Art. 14 OHG verankert und betrifft das
im 4. Abschnitt des Gesetzes geregelte Entschädigungssystem, d.h. die
Leistung von Entschädigung und Genugtuung gemäss Art. 11 ff. OHG. Das
Verwaltungsgericht ist gestützt auf Art. 14 OHG zum Schluss gekommen, dass
die Normen über den zivilrechtlichen Kindesschutz vorgehen und dass deshalb
eine Übernahme der umstrittenen Heimkosten durch die Opferhilfestelle
ausgeschlossen sei. Diese Schlussfolgerung geht von einer unzutreffenden
Prämisse aus: Art. 14 OHG bezieht sich - wie sich aus dem Wortlaut und
der systematischen Stellung der Bestimmung ohne weiteres ergibt - nur
auf Ansprüche, die dem Opfer als Entschädigung für erlittenen Schaden und
als Genugtuung zustehen. Um solche Ansprüche geht es aber - wie bereits
gesagt - im vorliegenden Fall nicht. Die genannte Bestimmung ist deshalb
auf die hier zur Diskussion stehende Anspruchskollision grundsätzlich
nicht anwendbar. Es kann aus ihr kein Vorrang kindesschutzrechtlicher
Massnahmen gegenüber Betreuungsleistungen nach Art. 3 Abs. 2 OHG abgeleitet
werden und somit auch keine Regelung für die umstrittene Frage, ob die
Opferhilfestelle die Kosten der von der Vormundschaftsbehörde Zuchwil
angeordneten Massnahme zu tragen habe. Auch die übrigen Bestimmungen des
Opferhilfegesetzes enthalten keine ausdrückliche Regelung dieser Frage.

    c) Das Verwaltungsgericht hat festgehalten, dass die Folgen der
Straftat nur eine Teilursache für die Heimeinweisung bilden. Mitursächlich
waren auch das familiäre Umfeld und die Unfähigkeit der Eltern der
Beschwerdeführerinnen, die Erziehungsaufgaben wahrzunehmen. Das
Bundesgericht ist an diese Sachfeststellungen gebunden. Es ist somit
davon auszugehen, dass die Folgen der Straftat für die Anordnung und
Beibehaltung der Massnahme nicht allein entscheidend waren, obwohl die
Heimbetreuung den Beschwerdeführerinnen auch ermöglichen sollte, die
unmittelbaren Folgen der Straftat zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund
weist die Massnahme in sachlicher Hinsicht sowohl eine kindes- als auch
eine opferschutzrechtliche Komponente auf; insofern überschneidet sich die
Zielsetzung des Kindesschutzes mit derjenigen des Opferschutzes. Im Rahmen
einer Gesamtbeurteilung kommt den Folgen der Straftat kein derartiges
ursächliches Gewicht zu, dass man sagen könnte, der kindesschutzrechtliche
Charakter der Massnahme werde in den Hintergrund gedrängt. Dies schliesst
es aus, den allfälligen Vorrang der Opferhilfe mit dem Zweck der Massnahme
zu begründen.

    d) Nach Art. 1 Abs. 1 OHG soll den Opfern von Straftaten wirksame Hilfe
geleistet und ihre Rechtsstellung verbessert werden. Soweit wirksame Hilfe
durch andere Institutionen geleistet wird, kann es nicht dem Zweck des
Opferhilfegesetzes entsprechen, diese Leistungen zurückzudrängen. Bewirken
die angeordneten Massnahmen des familienrechtlichen Kindesschutzes einen
hinreichenden Schutz im Sinn des Opferhilfegesetzes, besteht grundsätzlich
keine Notwendigkeit für eine nachträgliche Betreuungshilfe seitens der
Beratungsstelle. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass - wie
schon gesagt - die angeordnete kindesschutzrechtliche Heimeinweisung
Betreuungshilfe durch die Beratungsstelle überflüssig machte. Insofern
fehlt die Grundlage für eine Kostentragung durch die Opferhilfe, wie sie
sonst besteht, wenn die Beratungsstelle im Rahmen der Soforthilfe und
der weiteren Hilfe Betreuungsleistungen vermittelt hat.

    e) Es kann auch nicht gesagt werden, dass materielle Hilfe seitens
der Beratungsstelle nötig sei, um die unbestrittenermassen gebotene
Heimbetreuung sicherzustellen. Die Finanzierung des Heimaufenthaltes
ist auch dann gewährleistet, wenn es sich nicht um Opferhilfe handelt:
In diesem Fall finden gemäss § 56 SHG die Grundsätze des kantonalen
Sozialhilfegesetzes Anwendung. Die Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen
Rückerstattungsanspruchs gegen die Beschwerdeführerinnen kann für sich
allein nicht die Kostentragung durch die Opferhilfe rechtfertigen. Immerhin
besteht die Möglichkeit, im Überschneidungsbereich von Opferhilfe
und Kindesschutz auf die - ohnehin nur als Ausnahme vorgesehene -
Rückerstattungsmöglichkeit gemäss § 61 Abs. 3 i.V.m. § 56 SHG zu
verzichten, um eine Schlechterstellung von minderjährigen Opfern zu
verhindern, welche aufgrund der bereits ergriffenen Kindesschutzmass-
nahmen nicht in den Genuss von Opferhilfe gekommen sind. Eine derartige
Schlechterstellung ist ohnehin ausgeschlossen, wenn generell davon
abgesehen wird, die Kosten von Kindesschutzmassnahmen von den Kindern
zurückzufordern, wie dies das Amt für Gemeinden und soziale Sicherheit
des Kantons Solothurn dargelegt hat (vgl. oben, E. 1b).

    f) Für den Zeitraum nach der Gesuchseinreichung vom 21. Juni 1996 hat
das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf ein ärztliches Gutachten vom 10.
Januar 1996 ausgeführt, dass es längst nicht mehr darum gehen könne,
mit dem Heimaufenthalt das vom Opferhilfegesetz beabsichtigte Ziel der
Wiederherstellung des vordeliktischen Zustandes zu verwirklichen. Dem
Antrag der Vormundschaftsbehörde vom 25. April 1995 könne entnommen werden,
dass beabsichtigt gewesen sei, die Kinder wieder in die Obhut des Vaters zu
übergeben, was letztlich einzig an der Uneinsichtigkeit und der gänzlich
fehlenden Kooperationsbereitschaft des Vaters gescheitert sei. Damit sei
belegt, dass selbst aus der Sicht der Vormundschaftsbehörde die Folgen
des strafbaren Verhaltens damals bereits nicht mehr andauerten. Wolle
sich aber der erziehungsberechtigte Elternteil nicht um die Kinder
kümmern, bestehe eine mit keinem strafbaren Verhalten im Zusammenhang
stehende Situation, bei der die Vormundschaftsbehörde für das Kindeswohl
zu sorgen habe. Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind nicht zu
beanstanden. Es verletzt kein Bundesrecht, dass das Verwaltungsgericht
bezogen auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung (21. Juni 1996) die
Folgen der körperlichen Misshandlung als nicht mehr ursächlich für die
Fortsetzung der therapeutischen Heimbetreuung erachtet hat. Damit kann
eine Prüfung unterbleiben, ob die Beschwerdeführerinnen mit ihrem Gesuch
wenigstens für die Zukunft hätten verlangen können, dass an die Stelle
der Kindesschutzmassnahme eine Opferhilfeleistung trete.