Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 III 185



125 III 185

33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. März 1999 i.S. H.
gegen Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe in der Schweiz
(FEA) (Revision) Regeste

    Art. 139a OG; Art. 10 EMRK. Revision wegen einer von den Organen der
EMRK festgestellten Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäusserung.

    Voraussetzungen des Revisionsgrundes von Art. 139a OG
(E. 2). Verhältnis von Art. 139a OG zu Art. 50 aEMRK (E. 3).

    Tragweite des Rechts auf freie Meinungsäusserung gegenüber
wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen: Gerichtliche Verbote von
Äusserungen, welche die Wettbewerbsstellung der Anbieter eines Erzeugnisses
beeinträchtigen, sind unter dem Blickwinkel von Art. 10 EMRK im Rahmen
des Notwendigen und Verhältnismässigen zulässig (E. 4).

Sachverhalt

    A.- H., der in einem eigenen Labor umweltbiologische Forschung
betreibt, verfasste mit Professor B. einen Forschungsrapport mit dem Titel
«Vergleichende Untersuchungen über die Beeinflussung des Menschen durch
konventionell und im Mikrowellenofen aufbereitete Nahrung». Im Jahre 1992
erschienen mehr oder weniger vollständige, durch redaktionelle Einführungen
begleitete Veröffentlichungen dieses Forschungsberichts, namentlich im
«JOURNAL Franz Weber» Nr. 19, in «RAUM & ZEIT» Nr. 55 und im «VITA SANA
MAGAZIN» Nr. 1. Das «JOURNAL Franz Weber» kündigte die Publikation bereits
auf dem Titelblatt an, wo der Text: «Mikrowellen: Gefahr wissenschaftlich
erwiesen!» stand und ein den Tod darstellender Sensemann, der einen
Mikrowellenherd trägt, abgebildet war. Die Berichterstattung trug die
Õberschrift: «Mikrowellenherde: eine Gefahr für die Gesundheit. Die
Beweise sind unwiderlegbar!» und wurde von einer von René d'Ombresson
verfassten «Allgemeinverständlichen Zusammenfassung der Untersuchung»
eingeleitet, die mit den Worten schloss: «Die Forschungsergebnisse von
B. und H. sind dermassen besorgniserregend, dass man den Gebrauch von
Mikrowellen schnellstens verbieten und die Herstellung sowie den Handel mit
solchen Geräten einstellen sollte. Zugleich sollten alle Mikrowellenherde,
die derzeit in Betrieb sind, vernichtet werden. Die öffentliche Gesundheit
steht auf dem Spiel!». Danach folgte unter dem Titel «Der vollständige
Rapport der Untersuchung» der Forschungsbericht selbst, worin unter anderem
ausgeführt wurde, dass die im Blut der Versuchspersonen festgestellten
Veränderungen auf krankhafte Störungen hinweisen würden und ein Bild
zeigten, «das auch für den Beginn eines kanzerogenen Prozesses gelten
kann...» Im Anschluss an diese Veröffentlichung wies der Fachverband
Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe in der Schweiz (FEA) H. darauf
hin, seine Ausführungen hinsichtlich des Einflusses von im Mikrowellenherd
zubereiteter Nahrung auf die menschliche Gesundheit seien eine völlig
unsachliche Verteufelung des Gerätes, welche ernsthaften wissenschaftlichen
Begründungen ermangle und durch nichts gerechtfertigt sei, und forderte
ihn auf, eine Erklärung abzugeben, wonach er künftig schriftliche oder
mündliche unlautere Aussagen betreffend die Mikrowellenherde unterlassen
werde. H. reagierte nicht.

    Am 7. August 1992 reichte der Fachverband beim Handelsgericht des
Kantons Bern gegen H. eine Unterlassungsklage ein. Mit Urteil vom
19. März 1993 hiess das Handelsgericht die Klage gut und erliess die
folgenden Verbote:
      «1. Es wird dem Beklagten unter Androhung der Straffolgen von
      Art. 292

    StGB und Art. 403 ZPO (Haft oder Busse beziehungsweise Busse bis Fr.

    5'000.--, Haft oder in schweren Fällen Gefängnis bis zu einem Jahr)

    verboten, die Behauptung aufzustellen, im Mikrowellenherd zubereitete

    Speisen seien gesundheitsschädlich und führten zu Veränderungen im Blut

    ihrer Konsumenten, welche auf eine krankhafte Störung hinweisen und ein

    Bild zeigten, das für einen Beginn eines kanzerogenen Prozesses gelten

    könne.
      2. Es wird dem Beklagten unter Androhung derselben Straffolgen
      verboten,

    in Publikationen oder öffentlichen Vorträgen über  Mikrowellenherde die

    Abbildung eines Sensemannes oder eines ähnlichen Todessymboles zu

    verwenden.»

    Gegen das handelsgerichtliche Urteil legte H. Berufung an das
Bundesgericht ein. Dieses wies am 25. Februar 1994 die Berufung ab und
bestätigte das angefochtene Urteil (BGE 120 II 76 ff.). H. erhob gegen das
Urteil des Bundesgerichts eine Individualbeschwerde bei der Europäischen
Kommission für Menschenrechte, worin er eine Verletzung der Art. 6, 8
und 10 EMRK rügte. Mit Urteil vom 25. August 1998 stellte der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass Art. 10 EMRK verletzt worden sei;
eine Verletzung der Art. 6 und 8 EMRK verwarf er hingegen. Im Weiteren
verpflichtete er die Schweizerische Eidgenossenschaft, H. mit Fr. 40'000.--
zu entschädigen.

    Mit Gesuch vom 20. Oktober 1998 verlangt H. die Revision des
Urteils des Bundesgerichts vom 25. Februar 1994. Er stellt die Anträge,
dieses Urteil sowie jenes des Handelsgerichts aufzuheben, die Klage des
Gesuchsgegners abzuweisen und diesen zu verpflichten, ihm Fr. 20'450.--
als Ersatz für Gerichtskosten, Fr. 33'947.50 als Rückerstattung
geleisteter Anwaltsentschädigungen, Fr. 32'900.-- als Ersatz für eigene
Anwaltskosten, je zuzüglich Zins, zu bezahlen. Das Bundesgericht heisst das
Revisionsgesuch teilweise gut, hebt Ziffer 1 seines Urteils vom 25. Februar
1994 auf und entscheidet - unter Abweisung der übrigen Revisionsbegehren -
neu wie folgt:
      «1. Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf
      einzutreten

    ist, und Ziffer 1 des Urteils des Handelsgerichts des Kantons Bern
vom 19.

    März 1993 wird wie folgt geändert:
      1. Es wird dem Beklagten unter Androhung der Straffolgen von Art. 292

    StGB und Art. 403 ZPO (Haft oder Busse bis Fr. 5'000.--, Haft oder in

    schweren Fällen Gefängnis bis zu einem Jahr) verboten, in
Verlautbarungen,

    die an weitere Bevölkerungskreise gerichtet sind, ohne Hinweis auf den

    herrschenden Meinungsstreit als wissenschaftlich gesichert
darzustellen,

    dass im Mikrowellenherd zubereitete Speisen gesundheitsschädlich

    seien und zu Veränderungen im Blut ihrer Konsumenten führten,
welche auf

    eine krankhafte Störung hinweisen und ein Bild zeigten, das für einen

    Beginn eines kanzerogenen Prozesses gelten könne.
      Im Übrigen wird das Urteil des Handelsgerichts bestätigt.»

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Gesuchsteller stützt sein Revisionsgesuch auf Art. 139a
OG. Nach dieser Bestimmung ist die Revision eines Entscheides des
Bundesgerichts oder einer Vorinstanz zulässig, wenn der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte oder das Ministerkomitee des
Europarates eine Individualbeschwerde wegen Verletzung der Europäischen
Menschenrechtskonvention gutgeheissen hat und eine Wiedergutmachung nur
durch Revision möglich ist. Die erste Voraussetzung ist vorliegend ohne
weiteres gegeben. Näher zu prüfen ist hingegen die zweite Voraussetzung.
Sie ist gegeben, wenn und soweit das Urteil des Europäischen Gerichtshofs
und die Leistung der Entschädigung, die dem Gesuchsteller darin
zugesprochen wird, nicht ausreichen, um einen der Konvention entsprechenden
Zustand zu gewährleisten (vgl. BGE 123 I 283 E. 3 S. 286 ff.).

Erwägung 3

    3.- In Anwendung von Art. 50 aEMRK (heute: Art. 41 EMRK, vgl. AS
1998 S. 2998) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
dem Gesuchsteller eine Entschädigung von Fr. 40'000.-- für die
Kosten und Auslagen zugesprochen, welche ihm in den Verfahren vor dem
Handelsgericht, dem Bundesgericht, der Menschenrechtskommission und dem
Gerichtshof entstanden sind. Damit bleibt kein Raum mehr für weitere
Entschädigungsansprüche des Gesuchstellers im Zusammenhang mit den
gleichen Verfahren (vgl. BGE 123 I 283 E. 3b/bb S. 287 f.). Vielmehr
genügt die Leistung der vom Gerichtshof zugesprochenen Entschädigung als
Wiedergutmachung. Insoweit ist daher der Revisionsgrund von Art. 139a OG
offensichtlich nicht gegeben. Die Begehren des Gesuchstellers auf Ersatz
von Gerichtskosten, Rückerstattung von geleisteten Anwaltsentschädigungen
und Ersatz von eigenen Anwaltskosten aus den früheren Verfahren sind
abzuweisen.

Erwägung 4

    4.- Der Gesuchsteller strebt jedoch vor allem auch die Aufhebung
der ihm auferlegten Verbote an. Auch in diesem Zusammenhang stellt
sich die Frage, ob und wieweit im Hinblick auf die Wiedergutmachung
der festgestellten Konventionsverletzung eine Abänderung des
bundesgerichtlichen Urteils vom 25. Februar 1994 erforderlich ist.

    a) Nach Art. 10 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie
Meinungsäusserung. Dieses Recht darf nur eingeschränkt werden, wenn und
soweit seine Einschränkung vom Gesetz vorgesehen ist, einem legitimen Zweck
dient und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist (Art. 10
Abs. 2 EMRK). Der Europäische Gerichtshof sieht im Bundesgesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241) eine hinreichende gesetzliche
Grundlage für das gegenüber dem Gesuchsteller ausgesprochene Verbot. Er
erachtet es weiter als unzweifelhaft, dass das Verbot auf den Schutz der
Rechte anderer gerichtet ist und damit im Dienst eines legitimen Zwecks
steht. Hingegen gelangt er zum Schluss, dass die Meinungsäusserungsfreiheit
des Gesuchstellers stärker eingeschränkt worden ist, als es in einer
demokratischen Gesellschaft notwendig ist. In diesem Zusammenhang äussert
sich der Gerichtshof eingehend zum Inhalt des «JOURNAL Franz Weber»
Nr. 19. Er hält in seinen Erwägungen fest, der Gesuchsteller sei weder
für die Titeltexte der Frontseite, noch für das Editorial Franz Webers,
noch für die Texte von René d'Ombresson auf den Seiten 3 bis 10 als Autor
oder Mitautor verantwortlich. Auch an der Auswahl der Illustrationen
habe sich der Gesuchsteller nicht beteiligt. Es könne ihm nur der Auszug
aus dem Forschungsbericht auf den Seiten 5 bis 10 zugerechnet werden,
und zwar mit Ausnahme der Titel und Zwischentitel. In diesem Auszug
werde jedoch nirgends ausdrücklich vorgeschlagen, dass Mikrowellenherde
verboten, zerstört oder boykottiert werden sollten. Vor allem aber sei
die Auffassung des Gesuchstellers, wonach sich die Einnahme von im
Mikrowellenherd zubereiteter Nahrung schädlich auf die menschliche
Gesundheit auswirke, erheblich nuancierter dargestellt, als die
schweizerischen Behörden annehmen würden. Dieser Eindruck ergebe sich
namentlich aus der wiederholten Verwendung des Konjunktivs und aus der
Wahl von zurückhaltenden Formulierungen. In dieser Hinsicht seien die
letzten Zeilen des Auszugs, welche die Schlüsse zusammenfassen würden, die
der Gesuchsteller aus seinen Versuchen ziehe, besonders aufschlussreich:
Dort werde zwar ausgeführt, die Testergebnisse zeigten «Veränderungen,
die von pathogenen Störungen zeugen»; es werde dann jedoch präzisiert,
dass die Testergebnisse ein Bild ergäben, das dem Beginn eines kanzerogenen
Prozesses entsprechen «könnte» und «Aufmerksamkeit verdiene». In gleicher
Weise werde nicht die Aussage gemacht, dass die Einnahme bestrahlter
Nahrung für den Menschen schädlich sei, weil sie ihn einer indirekten
Strahlung aussetze, sondern bloss die Vermutung aufgestellt, dass es
sich so verhalten «könnte». Im Weiteren vermisst der Gerichtshof auch
Anhaltspunkte dafür, dass die Ausführungen des Gesuchstellers im «JOURNAL
Franz Weber» Nr. 19 die Interessen der Mitglieder des Gesuchsgegners
wesentlich beeinträchtigt hätten.

    In Würdigung dieser Umstände gelangt der Gerichtshof zum Ergebnis,
dass zwischen dem Umfang der Verbote, welche die schweizerischen Gerichte
ausgesprochen haben, und dem Verhalten, auf das sie damit hätten antworten
wollen, ein Missverhältnis bestehe. Die Verbote würden bewirken, dass die
Arbeiten des Gesuchstellers teilweise zensuriert und dessen Möglichkeit,
in der Öffentlichkeit eine Meinung zu vertreten, die in der laufenden
Auseinandersetzung ihren Platz habe, stark eingeschränkt würden. Dass
es sich um eine Minderheitsmeinung handle, die zudem einer vernünftigen
Grundlage zu entbehren scheine, könne nicht entscheidend sein. In einem
Bereich, in dem es keine sicheren Beweise gebe, wäre es nach der Auffassung
des Gerichtshofs besonders stossend, die Meinungsäusserungsfreiheit auf
die Wiedergabe allgemein anerkannter Lehren einzuschränken.

    b) Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
mag für den Gesuchsteller einerseits eine Genugtuung bedeuten und ihm
anderseits mit der zugesprochenen Entschädigung von Fr. 40'000.-- zu
einem finanziellen Ausgleich für die durch den Prozess verursachten Kosten
verhelfen. Es beseitigt jedoch die vom Handelsgericht ausgesprochenen und
vom Bundesgericht in seinem Entscheid vom 25. Februar 1994 bestätigten,
an den Gesuchsteller gerichteten Verbote nicht. Diese Verbote dürfen
nur insoweit bestehen bleiben, als es den Grenzen der Notwendigkeit
entspricht, wie sie der Gerichtshof in seinen Erwägungen gezogen hat. Da
aber eine Beseitigung oder Einschränkung der Verbote nur auf dem Weg der
Revision erreicht werden kann, ist der Revisionsgrund von Art. 139a OG
grundsätzlich gegeben.

    Zu prüfen bleibt allerdings, in welcher Hinsicht und wieweit die
Verbote einzuschränken sind, um vor Art. 10 EMRK standzuhalten. In diesem
Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass der Gerichtshof die Verbote
lediglich insoweit als unverhältnismässig erachtet hat, als sie als Antwort
auf den im «JOURNAL Franz Weber» Nr. 19 veröffentlichten Forschungsbericht
zu verstehen sind, den der Gerichtshof als hinreichend nuanciert und dessen
Auswirkungen auf die Interessen der Mitglieder des Gesuchsgegners er zudem
als zuwenig nachgewiesen angesehen hat. Im Weiteren ist der Gerichtshof
bei seiner Würdigung der konkreten Umstände davon ausgegangen, dass dem
Gesuchsteller nur der Text des Forschungsberichts zugerechnet werden
könne, während er weder für die Titel, die Zwischentitel und die weiteren
Texte anderer Autoren, welche die Zeitung enthielt, noch für die Auswahl
der Illustrationen verantwortlich gemacht werden könne. Daraus ergibt
sich, dass dem Gesuchsteller die Veröffentlichung von Texten, die dem
genannten Forschungsbericht in Bezug auf die Nuancierung der Darstellung
vergleichbar sind, für sich allein ohne Verletzung von Art. 10 EMRK auch
im Wettbewerbsbezug nicht verboten werden kann.

    Demgegenüber ist ausgehend von der Rechtsauffassung des Gerichtshofs
anzunehmen, dass ein an den Gesuchsteller gerichtetes Verbot
wettbewerbsgeneigter Verlautbarungen, mit denen gesundheitsschädigende
Wirkungen von im Mikrowellenherd zubereiteter Nahrung ohne Hinweis auf
den herrschenden Meinungsstreit als wissenschaftlich erwiesen hingestellt
werden, jedenfalls dann mit Art. 10 EMRK vereinbar ist, wenn konkrete
Anzeichen dafür bestehen, dass es zu solchen Verlautbarungen kommen wird,
und wenn diese zudem auch geeignet sind, die Wettbewerbsstellung der
Mitglieder des Gesuchsgegners wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. BGE
116 II 357 E. 2a S. 359, mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen aber sind
gegeben: Das Handelsgericht stellt in seinem Urteil vom 19. März 1993
in tatsächlicher Hinsicht fest, der Gesuchsteller habe sich nie von der
Veröffentlichung im «JOURNAL Franz Weber» Nr. 19 distanziert, sondern
vor Gericht lediglich ausgeführt, er sei mit der von René d'Ombresson
verfassten Einleitung und Zusammenfassung nicht hundertprozentig
einverstanden gewesen; zum Bild des Sensemannes habe er erklärt, es gefalle
ihm gut; er bleibe nach wie vor bei seinen Schlussfolgerungen und wolle
diese in den Massenmedien weiter zur Diskussion stellen; hinter seiner
wissenschaftlichen Auffassung stehe offensichtlich eine weltanschauliche;
in der Hauptverhandlung habe er an seinen bisherigen Aussagen festgehalten
und erklärt: «Diese Mikrowellenerzeugnisse führen zu Krebs, daran gibt es
heute nichts mehr zu rütteln» und: «Ich werde den Weg meiner Wissenschaft
weiter beschreiten». Dies sind konkrete Anzeichen dafür, dass seitens
des Gesuchstellers wettbewerbswidrige Verlautbarungen zu befürchten
sind, mit denen angeblich wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse
über Gesundheitsschädigungen durch Mikrowellenherde verbreitet werden;
angesichts der Erklärung des Gesuchstellers, wonach ihm das Bild des
Sensemannes gut gefalle, besteht auch die Gefahr, dass dabei dieses
oder ein ähnliches Todessymbol zur Untermalung der Aussagen verwendet
wird. Dass solche Verlautbarungen, wenn sie an weitere Bevölkerungskreise
gerichtet werden, geeinet sind, die Wettbewerbsstellung der Mitglieder des
Gesuchsgegners wesentlich zu beeinträchtigen, liegt auf der Hand. Das gilt
umso mehr, wenn die Äusserungen zusätzlich noch mit Todessymbolen bildlich
untermalt werden. Der Gesuchsgegner hat jedoch aufgrund von Art. 9 Abs. 1
lit. a UWG Anspruch darauf, dass der drohenden rechtswidrigen Beeinflussung
des Wettbewerbs mit entsprechenden Verboten begegnet wird.

    c) Eine gesamthafte Aufhebung der gegenüber dem Gesuchsteller
ausgesprochenen Verbote ist deshalb weder erforderlich noch angezeigt.
Klarzustellen ist hingegen, dass dem Gesuchsteller lediglich an
weitere Bevölkerungskreise gerichtete Verlautbarungen verboten sind,
in welchen gesundheitsschädigende Wirkungen von im Mikrowellenherd
zubereiteten Speisen ohne Hinweis auf den herrschenden Meinungsstreit als
wissenschaftlich gesichert hingestellt werden. Das Verbot, in Publikationen
oder öffentlichen Vorträgen über Mikrowellenherde die Abbildung eines
Sensemannes oder eines ähnlichen Todessymboles zu verwenden, ist
unverändert aufrechtzuerhalten, wobei zur Begründung im Einzelnen auf
das Urteil vom 25. Februar 1994 verwiesen werden kann. Festzuhalten
ist schliesslich, dass der Unterlassungsanspruch des Gesuchsgegners
seine Grundlage nicht in einer geschehenen Verletzung, sondern in der
Gefahr drohender Verletzungen findet (Art. 9 Abs. 1 lit. a UWG). Dass
diese Gefahr besteht und ernst zu nehmen ist, unterliegt angesichts des
Verhaltens und der Erklärungen des Gesuchstellers keinem Zweifel.

    Die Teilnahme an der laufenden Auseinandersetzung über die
gesundheitlichen Auswirkungen der Nahrungsaufbereitung in Mikrowellenherden
soll dem Gesuchsteller im Õbrigen nicht verwehrt werden. Er ist frei,
seine Auffassungen zu äussern, solange er dies nicht in an weitere
Bevölkerungskreise gerichteten Verlautbarungen auf eine Weise tut, die
den unzutreffenden Eindruck erweckt, es handle sich um wissenschaftlich
gesicherte Erkenntnisse. Es geht nicht um eine Zensur der Arbeiten
des Gesuchstellers, sondern bloss darum, unrichtige, irreführende oder
unnötig verletzende und damit unlautere Äusserungen zu verhindern, die
geeignet sind, den Wettbewerb zu beeinflussen und die Wettbewerbsstellung
der Mitglieder des Gesuchsgegners zu beeinträchtigen (Art. 2 und Art. 3
lit. a UWG).