Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 V 82



124 V 82

13. Urteil vom 30. Januar 1998 i.S. Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit
St. Gallen gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste

    Art. 97 und 128 OG; Art. 1 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 und 2, Art.
45 Abs. 1, Art. 55 Abs. 1 und 2 VwVG; Art. 30 Abs. 3 Satz 4 und Art. 103
Abs. 6 AVIG; Art. 97 Abs. 2 AHVG.

    - Art. 97 Abs. 2 AHVG ist auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung
analog anzuwenden; in diesem Bereich ergangene kantonale Zwischenentscheide
über die Gewährung oder Verweigerung der aufschiebenden Wirkung beruhen
daher auf einer bundesrechtlichen Grundlage.

    - Die vom kantonalen Gericht einer Beschwerde gegen eine
Verfügung betreffend die Einstellung in der Anspruchsberechtigung
gewährte aufschiebende Wirkung bewirkt für die Verwaltung der
Arbeitslosenversicherung in jedem Fall einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil, weil die Einstelltage bei gerichtlicher Anfechtung aufgrund
der gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG nach sechs Monaten eintretenden
Vollstreckungsverwirkung kaum je getilgt werden könnten. Art. 30 Abs. 3
Satz 4 AVIG schliesst die Gewährung des Suspensiveffekts der Beschwerde
gegen eine Einstellungsverfügung aus (Änderung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 14. Mai 1996 stellte das Kantonale Amt für
Industrie, Gewerbe und Arbeit, St. Gallen (KIGA), den 1969 geborenen
B. wegen Missachtung einer Weisung betreffend eine ihm zugewiesene
Arbeit und den Besuch eines Kurses ab 17. April 1996 für 20 Tage in der
Anspruchsberechtigung ein. Mit einer weiteren Verfügung vom 22. November
1996 stellte das KIGA den Versicherten ab 19. Juni 1996 für die Dauer
von 45 Tagen in der Bezugsberechtigung ein, weil er einen Integrations-
und Weiterbildungskurs, zu dessen Besuch er angewiesen worden sei, ohne
entschuldbaren Grund abgebrochen habe.

    B.- B. liess beide Verfügungen beschwerdeweise anfechten mit dem
Begehren um deren Aufhebung. In der gegen die Verfügung vom 22. November
1996 gerichteten Beschwerde liess er überdies u.a. beantragen, im Sinne
einer vorsorglichen Massnahme sei das KIGA anzuweisen, die seit April
1996 aufgelaufenen und noch nicht abgerechneten Arbeitslosentaggelder
umgehend abzurechnen und die ausstehenden Beträge zuzüglich 5% Verzugszins
auszuzahlen.

    Mit Zwischenentscheid vom 5. März 1997 wies das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen das KIGA an, B. "in Nachachtung der aufschiebenden
Wirkung der Rekurse die aufgrund der angefochtenen Einstellungsverfügungen
nicht ausgezahlten Taggelder vorderhand auszurichten bzw. deren Ausrichtung
zu veranlassen" (Dispositiv-Ziffer 1), während es die übrigen Begehren
abwies (Dispositiv-Ziffer 2).

    C.- Das KIGA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Zwischenentscheides sei
aufzuheben.

    Während B. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen
lässt, unterstützt das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (ab
1. Januar 1998: Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, nachfolgend: BWA)
das Rechtsbegehren des KIGA.

    D.- Auf Aufforderung des Instruktionsrichters reichte das BWA am
18. August 1997 eine weitere Vernehmlassung ein, in der es u.a. vor dem
Hintergrund von Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG am Antrag auf Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde festhielt.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Die Vorinstanz hat das Gesuch des Versicherten um
Anordnung vorsorglicher Massnahmen, d.h. um Ausrichtung der von den
Einstellungsverfügungen erfassten Taggelder, unter dem Gesichtswinkel
der aufschiebenden Wirkung geprüft. Sie hat festgehalten, die Frage
des Suspensiveffekts beurteile sich gemäss Art. 103 Abs. 6 AVIG nach
kantonalem Recht; laut Art. 51 des Gesetzes des Kantons St. Gallen über
die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai 1965 habe der Rekurs aufschiebende
Wirkung. Das KIGA habe in den beiden angefochtenen Einstellungsverfügungen
den Entzug der aufschiebenden Wirkung nicht angeordnet, weshalb das
Begehren um Leistungsausrichtung "zur Gewährleistung der aufschiebenden
Wirkung" zu schützen sei.

    Das KIGA macht im wesentlichen geltend, bei den Einstellungsverfügungen
handle es sich um negative Verfügungen, welche nach der Rechtsprechung
(BGE 123 V 41 Erw. 3, 117 V 185) der aufschiebenden Wirkung nicht
zugänglich seien.

    Dieser Einwand geht fehl. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in einem
neuesten Urteil in Sachen S. vom 7. Mai 1997 (SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 327)
dargelegt hat, stellt der Verwaltungsakt betreffend die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentaggelder keine negative Verfügung
dar, bei der sich die Frage der aufschiebenden Wirkung von vornherein
gar nicht stellen kann. Die entsprechende Verfügung ist vielmehr eine
Anordnung, die eine teilweise Verweigerung, eine zeitweilige Einstellung
des laufenden Taggeldes zum Gegenstand hat, welche vollstreckt werden
muss und daher einem Aufschub durchaus zugänglich ist (vgl. BGE 117 V
188 Erw. 1b). Denn damit kann bei Verfügungen über die Einstellung in der
Anspruchsberechtigung erreicht werden, dass die im Verfügungs-Dispositiv
angeordnete Rechtsfolge vorläufig nicht eintritt, sondern die Taggelder
vollumfänglich ausbezahlt werden (vgl. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege,
2. Aufl., S. 241). Mit der Einstellungsverfügung wird somit nicht -
wie dies bei einer negativen Verfügung zutrifft (BGE 123 V 41 Erw. 3) -
ein Leistungsanspruch verweigert, sondern das dem Versicherten an sich
zustehende Taggeld wird für eine bestimmte Dauer nicht ausgerichtet
(SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 327).

    b) Somit ist zu prüfen, ob der kantonale Zwischenentscheid
selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden
kann. Der Beschwerdegegner bestreitet dies mit dem Argument, dass sich
die vorinstanzliche Verfügung ausschliesslich auf kantonales Recht stütze,
weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zulässig sei.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidg.  Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen
Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem
Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG
auf Art. 5 VwVG. Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen
der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes
stützen (und im übrigen noch weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher
umschriebene Voraussetzungen erfüllen). Verfügungen im Sinne dieser
Umschreibung können nach dem Wortlaut des zweiten Absatzes von Art. 5
VwVG auch Zwischenverfügungen sein, insoweit sie den Anforderungen
des vorangehenden ersten Absatzes entsprechen. Zudem verweist Art. 5
Abs. 2 VwVG bezüglich der Zwischenverfügungen auf Art. 45 des gleichen
Gesetzes, laut welchem nur solche Zwischenverfügungen anfechtbar sind,
die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 45
Abs. 1 VwVG). Dieser grundsätzliche Vorbehalt gilt als Voraussetzung
für die Zulässigkeit eines selbständigen, der Endverfügung vorangehenden
Beschwerdeverfahrens, insbesondere für alle in Art. 45 Abs. 2 VwVG - nicht
abschliessend - aufgezählten Zwischenverfügungen. Für das letztinstanzliche
Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen
Zwischenverfügungen nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung
offensteht (BGE 116 V 132 f. Erw. 1, 110 V 354 f. Erw. 1a, 109 V 231
Erw. 1, 105 V 267 Erw. 1, 104 V 176 Erw. 1, 98 V 220 f. mit Hinweisen;
GYGI, aaO, S. 140 ff.; KNAPP, Précis de droit administratif, 4. Aufl.,
S. 236 Nr. 1059).

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die vom Eidg.
Versicherungsgericht in SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 328 f. Erw. 3 sowie im
unveröffentlichten Urteil M. vom 29. März 1994 offengelassene Frage,
ob sich für die im Bereich der Arbeitslosenversicherung ergangenen
kantonalen Zwischenentscheide über die Gewährung oder Verweigerung der
aufschiebenden Wirkung eine bundesrechtliche Grundlage finden lässt oder
ob sie ausschliesslich auf selbständigem kantonalem Prozessrecht beruhen
und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde deshalb unzulässig ist (vgl. BGE
123 I 277 Erw. 2b).

    a) Gemäss Art. 103 Abs. 6 AVIG bestimmt sich das kantonale Verfahren -
unter Vorbehalt der bundesrechtlichen Minimalvorschriften laut Abs. 2 bis 5
- nach kantonalem Recht; für das Verfahren der letzten kantonalen Instanz
bleibt Art. 1 Abs. 3 VwVG vorbehalten. Gemäss dieser Bestimmung finden
auf Verfahren letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches
Recht des Bundes nicht endgültig verfügen, nur die Art. 34 bis 38 VwVG und
61 Abs. 2 und 3 VwVG über die Eröffnung von Verfügungen und Art. 55 Abs. 2
und 4 VwVG über den Entzug der aufschiebenden Wirkung Anwendung. Aus dieser
Ordnung könnte geschlossen werden, dass durch die fehlende Verweisung auf
Art. 55 Abs. 1 VwVG, wonach die Beschwerde aufschiebende Wirkung hat,
Beschwerden, die sich gegen eine AlV-rechtliche Verfügung richten, die
nicht eine Geldleistung zum Gegenstand hat, keine aufschiebende Wirkung
zukommt.

    b) Gemäss Art. 97 Abs. 2 AHVG kann die Ausgleichskasse in ihrer
Verfügung einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen,
auch wenn die Verfügung auf eine Geldleistung gerichtet ist; im übrigen
gilt Art. 55 Abs. 2 bis 4 VwVG. Das Eidg. Versicherungsgericht hat
diese im AHV-Bereich geltende Regelung, wo vorinstanzliche Verfügungen
über die aufschiebende Wirkung immer auf Bundesrecht beruhen, auf dem
Gebiet der Krankenversicherung nach KUVG als analog anwendbar erklärt
(RSKV 1981 Nr. 445 S. 80 ff. Erw. 2). Es erscheint naheliegend, Art. 97
Abs. 2 AHVG auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung ebenfalls
sinngemäss anzuwenden, zumal der in RSKV 1981 Nr. 445 S. 82 Erw. 2 für
diese Lösung unter Berufung auf die im wesentlichen gleichlautenden
verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AHVG (Art. 85 Abs. 2) und des
KUVG (Art. 30bis Abs. 3) angeführte Grund - eine möglichst weitgehende
Vereinheitlichung der bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften auf dem
Gebiete der Sozialversicherung - auch im Verhältnis zwischen AHV und
Arbeitslosenversicherung gilt. Mit der Annahme einer bundesrechtlichen
Grundlage kann sodann - wie in BGE 117 V 190 Erw. 1c in fine dargelegt
wurde - eine Gabelung des Rechtsweges vermieden werden, die sich mit
dem nicht nur für das einzelne Verfahrensstadium, sondern für den
Verfahrensablauf insgesamt geltenden Einfachheitsgebot im Sinne von
Art. 103 Abs. 4 AVIG nicht vereinbaren lässt.

Erwägung 4

    4.- Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine
Zwischenverfügung im Sinne von Art. 45 VwVG. Da Endverfügungen letzter
kantonaler Instanzen im Bereich der Arbeitslosenversicherung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht unterliegen
(Art. 101 lit. d AVIG), ist die vorinstanzliche Zwischenverfügung gemäss
Art. 45 Abs. 1 VwVG nur unter der Voraussetzung selbständig anfechtbar,
dass sie für den Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken kann.

    Nach der Rechtsprechung beurteilt sich das Vorliegen eines
nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht nur anhand eines einzigen
Kriteriums. Vielmehr prüft das Gericht jenes Merkmal, das dem angefochtenen
Entscheid am besten entspricht. Namentlich beschränkt sich das Gericht
nicht nur darauf, allein den Nachteil als nicht wieder gutzumachend zu
betrachten, den auch ein für den Beschwerdeführer günstiges Endurteil nicht
vollständig zu beseitigen vermöchte (BGE 121 V 116 unten, mit Hinweisen).

    Für die Verwaltung kann die Zwischenverfügung über den Suspensiveffekt
einen irreparablen Nachteil bewirken, wenn - bei Ausrichtung der streitigen
Taggelder - die Wiedereinbringlichkeit der vom Versicherten allenfalls
zu Unrecht bezogenen und deswegen zurückzuerstattenden Betreffnisse
gefährdet ist (unveröffentlichte Erw. 1 des in BGE 123 V 39 auszugsweise
publizierten Urteils N. vom 11. Februar 1997; BGE 110 V 43 Erw. 4a;
SCARTAZZINI, Zum Institut der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde in
der Sozialversicherungsrechtspflege, in: SZS 1993 S. 319 f. mit weiteren
Hinweisen).

Erwägung 5

    5.- a) Im Urteil S. vom 7. Mai 1997 (SVR 1997 ALV Nr. 106 S.
329 Erw. 4b) hielt das Eidg. Versicherungsgericht dafür, dass die
aus der Gewährung der aufschiebenden Wirkung durch die Vorinstanz
resultierende vorläufige Auszahlung der mit der verfügten Einstellung in
der Anspruchsberechtigung gesperrten Taggelder für die Arbeitslosenkasse
keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könne, weil kaum
die Gefahr der Uneinbringlichkeit des in Frage stehenden Betrages
(rund Fr. 5'380.--) bestehe, zumal die Arbeitslosenkasse gegebenenfalls
die Möglichkeit hätte, ihre Rückforderung der zu Unrecht ausbezahlten
Arbeitslosenentschädigung später mit dem laufenden Taggeld zu verrechnen
(Art. 94 Abs. 2 AVIG). Dementsprechend trat das Gericht mangels Vorliegens
eines irreparablen Nachteils auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der
Arbeitslosenkasse nicht ein.

    b) Indessen fällt gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG die Einstellung
in der Anspruchsberechtigung binnen sechs Monaten nach Beginn der
Einstellungsfrist dahin. Diese Ordnung ist Ausdruck der gesetzgeberischen
Entscheidung, ein an sich einstellungswürdiges Verhalten nach Ablauf von
sechs Monaten nicht mehr als kausal für die Arbeitslosigkeit zu betrachten
(BGE 122 V 45 Erw. 3c/bb mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung handelt
es sich um eine Vollstreckungsfrist, und der Anspruch auf Vollstreckung
geht mit dem unbenütztem Ablauf der Frist infolge Verwirkung unter (BGE
114 V 352 Erw. 2b, 113 V 73 Erw. 4b in fine).

    c) Gestützt auf das erwähnte Urteil S. vom 7. Mai 1997 müssten im
vorliegenden Fall die beiden ab 17. April (20 Tage) und 19. Juni 1996
(45 Tage) verfügten Einstellungen in der Anspruchsberechtigung infolge
der von der Vorinstanz am 5. März 1997 angeordneten aufschiebenden
Wirkung der Beschwerden von der Verwaltung zurückgenommen werden, da sie
aufgrund von Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG nicht mehr vollstreckt werden
könnten. Mit der Gewährung des Suspensiveffekts für Beschwerden gegen
Einstellungsverfügungen wird somit das Institut der Einstellung in der
Anspruchsberechtigung infolge der innert sechs Monaten eintretenden
Vollstreckungsverwirkung faktisch ausser Kraft gesetzt, da die
verfügten Einstelltage bei gerichtlicher Anfechtung kaum je innert
dieser Frist getilgt werden könnten. Aus diesem Grund bewirkt die
Gewährung des Suspensiveffekts für die gegen die Einstellungsverfügung
gerichtete Beschwerde durch das kantonale Gericht für die Verwaltung der
Arbeitslosenversicherung in jedem Fall einen irreparablen Nachteil. Dem
Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde steht somit auch unter
diesem Gesichtswinkel nichts entgegen.

Erwägung 6

    6.- a) Nach der Rechtsprechung zu Art. 97 Abs. 2 AHVG und Art. 55
Abs. 1 VwVG ist es Sache der zuständigen Behörde zu prüfen, ob die
Gründe, die für die sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung sprechen,
gewichtiger sind als jene, die für die gegenteilige Lösung angeführt
werden können. Dabei steht der Behörde ein gewisser Beurteilungsspielraum
zu (BGE 110 V 45 Erw. 5b). Im allgemeinen wird sie ihren Entscheid auf
den Sachverhalt stützen, der sich aus den vorhandenen Akten ergibt, ohne
zeitraubende weitere Erhebungen anzustellen. Bei der Abwägung der Gründe
für und gegen die sofortige Vollstreckbarkeit können auch die Aussichten
auf den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache ins Gewicht fallen, sie
müssen allerdings eindeutig sein. Im übrigen darf die verfügende Behörde
die aufschiebende Wirkung nur entziehen, wenn sie hiefür überzeugende
Gründe geltend machen kann (BGE 105 V 268 f. Erw. 2 mit Hinweisen).

    b) Eine solche Interessenabwägung hat zwar grundsätzlich auch Platz
zu greifen, wenn über die Frage (des Entzuges) der aufschiebenden Wirkung
der Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung zu entscheiden ist. Dabei
hat das Gericht indessen im Hinblick auf die kurze Verwirkungsfrist
von sechs Monaten gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG das Interesse der
Verwaltung an der Vollstreckung regelmässig stärker zu gewichten als das
Interesse des Versicherten an der vorläufigen Auszahlung der gesperrten
Taggelder. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG,
wonach die Einstellung in der Anspruchsberechtigung binnen sechs Monaten
nach Beginn der Einstellungsfrist zu tilgen ist, als Ausdruck einer
gesetzgeberischen Entscheidung verstanden werden muss, die im Bereich der
vorsorglichen Massnahmen zu respektieren ist und folglich die Gewährung
des Suspensiveffekts der Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung
ausschliesst. In diesem Sinne ist die Rechtsprechung gemäss SVR 1997 ALV
Nr. 106 S. 327 zu ändern.