Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 I 247



124 I 247

31. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
9. Juli 1998 i.S. T. gegen Steuerverwaltung und Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 BV und Art. 49 BV, Art. 9 EMRK; Quellensteuer; gesetzliche
Grundlage; Verjährung; Rechtsgleichheit; Glaubens- und Gewissensfreiheit.

    Verfassungsmässigkeit einer kantonalen Regelung, wonach der Steuerabzug
an der Quelle die Kirchensteuer mit einbezieht, diese jedoch auf Gesuch
dem Quellensteuerpflichtigen, der keiner staatlich anerkannten Kirche
angehört, zurückerstattet wird:

    - Erfordernis der Grundlage in einem formellen Gesetz (E. 3 und 4);

    - Verjährung des Anspruchs auf Rückerstattung auch ohne ausdrückliche
Bestimmung (E. 5);

    - Gebot der rechtsgleichen Behandlung (E. 6);

    - Glaubens- und Gewissensfreiheit (E. 7).

Sachverhalt

    A.- Der aus Sri Lanka stammende T. ist für sein Erwerbseinkommen nach
luzernischem Recht quellensteuerpflichtig. Der Steuerabzug auf seinen
Einkünften aus Arbeitserwerb und Arbeitslosentaggeldern wurde jeweils
aufgrund des kantonalen Quellensteuertarifs vorgenommen. In diesem
Tarif ist ein Anteil von sechs Prozent für die Kirchensteuer staatlich
anerkannter Kirchgemeinden eingerechnet.

    Am 22. März 1996 ersuchte T., der als Hindu keiner staatlich
anerkannten Kirchgemeinde angehört, die Steuerverwaltung des Kantons Luzern
um Rückerstattung der an der Quelle abgezogenen Kirchensteuer seit seiner
Einreise in die Schweiz im Jahr 1988. Die Verwaltung hiess das Gesuch am
9. April 1996 hinsichtlich der Jahre 1991 bis 1996 im Betrag von Fr. 522.--
gut, lehnte aber eine Rückerstattung der Kirchensteuern der Jahre
1988 bis 1990 von insgesamt Fr. 187.15 ab, da der Rückzahlungsanspruch
verjährt sei. Die kantonale Steuerverwaltung hielt an ihrer Auffassung
im Einspracheentscheid fest. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
wies die hiergegen gerichtete Beschwerde am 13. Oktober 1997 ab.

    Gegen diesen Entscheid führt T. staatsrechtliche Beschwerde wegen
Verletzung von Art. 4 und 49 BV sowie Art. 9 EMRK. Das Bundesgericht
weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach § 173 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Luzern vom 27. Mai
1946 (StG/LU) werden die Kirchensteuern nur von Konfessionsangehörigen
und juristischen Personen erhoben. Unterliegt eine Person der
Quellensteuerpflicht, so schliesst zwar der Steuerabzug an der Quelle
in jedem Fall die Kirchensteuer ein, weil im Quellensteuertarif
die Kirchensteuer bereits eingerechnet ist. Doch erstattet nach § 18
Abs. 1 der vom Regierungsrat gestützt auf § 62c Abs. 1 und § 180 Abs. 1
StG/LU erlassenen Quellensteuerverordnung (QStV) vom 8. November 1994
die kantonale Steuerverwaltung einer quellensteuerpflichtigen Person,
die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehört, auf Gesuch hin
die im Steuerabzug enthaltene Kirchensteuer zurück. Eine entsprechende
Bestimmung enthielt bereits § 8bis Abs. 2 der Quellensteuerverordnung
vom 29. Dezember 1956 in der Fassung vom 16. Januar 1967.

    Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ordnung, wonach die mit der
Quellensteuer abgezogene Kirchensteuer nur auf rechtzeitiges, binnen
fünf Jahren gestelltes Gesuch hin zurückerstattet werde, missachte das
Legalitätsprinzip. Sie sei zum einen nicht in einem Gesetz im formellen
Sinn, sondern lediglich auf Verordnungsstufe enthalten und verletze zum
andern die höherrangige Vorschrift von § 173 Abs. 1 StG/LU. Die erwähnte
Regelung verstosse schliesslich gegen das Rechtsgleichheitsgebot, weil sie
quellensteuerpflichtige Personen gegenüber Schweizern und niedergelassenen
Ausländern, die im ordentlichen Verfahren veranlagt werden, ohne Grund
ungleich behandle.

Erwägung 3

    3.- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen
öffentliche Abgaben der Grundlage in einem Gesetz im formellen
Sinn. Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur (rechtssatzmässigen)
Festsetzung einer Abgabe an den Verordnungsgeber, so muss es zumindest den
Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlage
der Abgabe selber festlegen (BGE 112 Ia 39 E. 2a; 118 Ia 320 E. 3; 120 Ia
1 E. 3c). Die vom Verordnungsgeber aufgrund verfassungskonformer Delegation
erlassenen Rechtssätze dürfen jedoch nicht zu einer Aufhebung oder Änderung
gesetzlicher Bestimmungen führen (vgl. BGE 103 Ia 369 E. 4b S. 378).

    Aus der kantonalen gesetzlichen Ordnung ergibt sich Folgendes:
Für das Erwerbseinkommen und das entsprechende Ersatzeinkommen
quellensteuerpflichtig (§ 62b StG/LU) sind aufgrund von § 62a Abs. 1
StG/LU ausländische Arbeitnehmer, welche die fremdenpolizeiliche
Niederlassungsbewilligung nicht besitzen, jedoch im Kanton ihren
steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Gemäss § 62c
Abs. 1 StG/LU bestimmt der Regierungsrat die Höhe des Steuerabzugs
entsprechend den für die Einkommenssteuer natürlicher Personen geltenden
Steuersätzen. Der Steuerabzug umfasst laut § 62c Abs. 4 StG/LU die
Staats- und Gemeindesteuern. Als (ordentliche) Gemeindesteuern gelten
nach § 168 StG/LU unter anderem die direkten Steuern der staatlich
anerkannten Kirchgemeinden. § 62v Abs. 2 StG/LU bestimmt, dass die
kantonale Steuerverwaltung dem Steuerpflichtigen zuviel abgezogene und
abgerechnete Quellensteuern direkt zurückerstatten kann.

    Das Luzerner Steuergesetz schreibt demnach vor, dass der Steuerabzug
für alle quellensteuerpflichtigen Personen auch die Kirchensteuer als
ordentliche Gemeindesteuer einschliesst. Damit legt es für den Bezug
der Kirchensteuer an der Quelle den Kreis der Abgabepflichtigen, den
Gegenstand und die Bemessungsgrundlage der Abgabe selber fest. Ausserdem
sieht das Gesetz die Rückerstattung zuviel abgezogener und abgerechneter
Quellensteuern durch die kantonale Steuerverwaltung vor. Für das
in der Quellensteuerverordnung geregelte Verfahren, wonach die
Kirchensteuer von allen Quellensteuerpflichtigen erhoben und den nicht
kirchensteuerpflichtigen Personen auf Gesuch hin zurückerstattet wird,
besteht folglich eine hinreichende Grundlage in einem formellen Gesetz. Die
Rüge der fehlenden gesetzlichen Grundlage erweist sich als unbegründet.

Erwägung 4

    4.- Die Regelung der Quellensteuerverordnung verstösst auch nicht
gegen § 173 Abs. 1 StG/LU. Dass gemäss dieser Vorschrift die Kirchensteuern
nur von Konfessionsangehörigen und juristischen Personen "erhoben" werden
dürfen, besagt, dass einzig diese Personen kirchensteuerpflichtig sind und
Kirchensteuern zu entrichten haben. Andere Personen sind demgegenüber nicht
kirchensteuerpflichtig und müssen daher keine Kirchensteuern bezahlen. Das
gilt auch für quellensteuerpflichtige Personen. Die Kirchensteuer wird
ihnen wohl mit den übrigen Steuern an der Quelle abgezogen, auf ihr Gesuch
hin aber zurückerstattet. Durch die nachträgliche Rückerstattung wird
gewährleistet, dass konfessionsfremde Quellensteuerpflichtige, die sich
gegenüber der kantonalen Steuerverwaltung als solche zu erkennen geben,
nicht zur Kirchensteuer herangezogen werden. Dem Abzug dieser Steuer an
der Quelle kommt daher insoweit lediglich der Charakter eines vorläufigen
Bezugs zu; er läuft nicht auf eine Pflicht zur Zahlung und somit nicht auf
eine § 173 Abs. 1 StG/LU verletzende "Erhebung" von Kirchensteuern hinaus.

Erwägung 5

    5.- Das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass auch ohne ausdrückliche
Bestimmung die Rückerstattung der an der Quelle abgezogenen Kirchensteuer
verjähre, und in Anlehnung an § 146 StG/LU eine Frist von fünf Jahren,
wie sie auch für den Steuerbezug besteht, angenommen. Gestützt darauf
hat es den Entscheid der Steuerverwaltung, dem Beschwerdeführer die
Kirchensteuern der Jahre 1988 bis 1990 nicht zurückzuerstatten, geschützt.

    Der Beschwerdeführer rügt dies als willkürlich. Willkürlich ist ein
Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar
erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich
unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder
in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, was in der
staatsrechtlichen Beschwerde darzulegen ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG;
BGE 110 Ia 1 E. 2). Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die
Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (BGE
123 I 1 E. 4a mit Hinweisen). Inwiefern von Willkür gesprochen werden muss,
legt der Beschwerdeführer nicht dar. Auf die Rüge ist nicht einzutreten.

    Es sei beigefügt, dass der Rüge auch bei besserer Begründung kein
Erfolg beschieden sein könnte: In der Lehre und Rechtsprechung ist als
allgemeiner Grundsatz des schweizerischen Verwaltungsrecht anerkannt,
dass öffentlichrechtliche Forderungen auch dann, wenn das Gesetz es
nicht vorsieht, durch Zeitablauf erlöschen (BGE 113 Ia 146 E. 3d;
116 Ia 461 E. 2; 122 II 26 E. 5; Imboden/Rhinow, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 34 B I). Es ist daher sachlich richtig
und nicht willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht angenommen hat,
dass Ansprüche auf Rückerstattung der Quellensteuer der Verjährung
unterliegen. Auch die vom Gericht - in Anlehnung an die Bezugsverjährung
nach § 146 StG/LU - aufgestellte Frist von fünf Jahren kann nicht als
willkürlich kurz bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer erachtete selber
in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eine Frist von zehn Jahren
(entsprechend Art. 127 OR), allenfalls acht Jahren (analog § 160 StG/LU),
als haltbar.

Erwägung 6

    6.- Ein Erlass verletzt die von Art. 4 Abs. 1 BV gebotene
Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein
vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen nicht
ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund
der Verhältnisse aufdrängen (BGE 119 Ia 123 E. 2b mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer erblickt eine Missachtung dieses Grundsatzes darin,
dass quellensteuerpflichtige Personen, die keiner staatlich anerkannten
Kirchgemeinde angehören, ein Gesuch zu stellen haben, um die an der Quelle
abgezogene Kirchensteuer zurückzuerhalten; im Vergleich dazu werde bei
Schweizern und niedergelassenen Ausländern, die im ordentlichen Verfahren
veranlagt werden, die Kirchensteuer von vornherein nicht bezogen.

    a) Die Quellensteuer tritt an die Stelle der im ordentlichen Verfahren
zu veranlagenden Steuern (§ 62e StG/LU). Sie ermöglicht eine zweckmässige
Steuererhebung bei ausländischen Staatsangehörigen, die sich nur
kurzfristig oder vorübergehend in der Schweiz aufhalten. Denn das zeitlich
aufwendige ordentliche Veranlagungs- und Bezugsverfahren lässt sich bei
dieser Personengruppe administrativ nicht ohne weiteres durchführen,
und es kann ihr die Erfüllung der umfangreichen Mitwirkungspflichten kaum
zugemutet werden (vgl. ZIGERLIG/RUFENER in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Basel und Frankfurt am Main 1997, Vorbemerkungen zu
Art. 32-38 StHG, N. 3). Angesichts dieser Schwierigkeiten und der
grossen Zahl der kurzfristig oder vorübergehend in der Schweiz tätigen
ausländischen Arbeitnehmer hat das Bundesgericht wiederholt erkannt,
das Quellensteuerverfahren für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung
sei im Licht des Rechtsgleichheitsgebots sachlich gerechtfertigt und
halte vor Art. 4 BV stand. Das Gericht hat aber auch festgehalten, die
Ausgestaltung des Steuerabzugs, welche notwendigerweise mit Abweichungen
gegenüber der ordentlichen Veranlagung verbunden sei, dürfe nicht zu
stossenden Ungleichheiten führen (BGE 91 I 81 E. 3b S. 87 ff. und E. 5
S. 89; 96 I 45 E. 4 S. 51 f.; DANIELLE YERSIN, L'égalité de traitement
en droit fiscal, ZSR 111/1992 II S. 252 ff.).

    b) Es ist auch sachgerecht und nicht zu beanstanden, dass die
Kirchensteuer quellensteuerpflichtiger Personen mit dem Steuerabzug
an der Quelle erhoben wird. Dem Umstand, dass ein Teil der
Quellensteuerpflichtigen nicht der Kirchensteuerpflicht unterliegt,
kann dabei auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden: So haben
einige Kantone wie etwa Zürich, Bern, Basel-Landschaft, St. Gallen und
Graubünden für den Steuerabzug eigens Tarife mit und ohne Kirchensteuer
geschaffen, während andere Kantone wie beispielsweise Luzern, Uri,
Schwyz, Nidwalden, Aargau und Thurgau die Kirchensteuer durchwegs in
den Steuerabzug einschliessen und die Steuer nachträglich den nicht
kirchensteuerpflichtigen Personen auf deren Gesuch hin zurückerstatten.

    Die Schaffung unterschiedlicher Tarife ermöglicht die vollständige
Gleichstellung Quellensteuerpflichtiger mit anderen Steuerpflichtigen, die
keiner staatlich anerkannten Kirche angehören. Das System nachträglicher
Rückerstattung weist demgegenüber gewisse administrative Vorteile auf.
Namentlich ist es aufgrund der geringeren Zahl von Tarifen weniger
fehleranfällig und dadurch einfacher zu handhaben; es erlaubt auch
eine bessere Kontrolle der Erhebung der Kirchensteuern durch die
Steuerverwaltung. Daher kann nicht gesagt werden, für eine derartige
Ordnung sei kein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen
ersichtlich. Dass der Quellensteuerpflichtige die Rückerstattung mit einem
bestimmten, vom Arbeitgeber auszufüllenden Formular zu verlangen hat,
folgt sachgerecht aus dieser Ordnung. Die Belastung des Pflichtigen mit
dieser Formalität fällt im Ergebnis geringer aus, als wenn er - wie andere
Steuerpflichtige - eine Steuererklärung abzugeben hätte. Die Regelung
der luzernischen Quellensteuerverordnung sprengt den gesetzgeberischen
Gestaltungsspielraum offensichtlich nicht und hält vor Art. 4 BV stand.

Erwägung 7

    7.- Der Beschwerdeführer macht geltend, als Hindu gehöre er keiner
der im Kanton Luzern staatlich anerkannten Landeskirchen an. Dessen
ungeachtet sei die Kirchensteuer mit der von seinen Einkünften abgezogenen
Quellensteuer erhoben worden und weigerten sich die kantonalen Instanzen,
ihm diese in den Jahren 1988 bis 1990 für eigentliche Kultuszwecke erhobene
Steuer zurückzuerstatten. Das verstosse gegen die in Art. 49 BV und Art. 9
EMRK garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit.

    a) Nach Art. 49 Abs. 6 Satz 1 BV ist niemand gehalten, Steuern
zu zahlen, welche speziell für eigentliche Kultuszwecke einer
Religionsgemeinschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden. Es trifft
zu, dass die dem Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 1990 an der
Quelle abgezogenen Kirchensteuern faktisch den Landeskirchen verblieben
sind, denen er nicht angehört. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht Folge
davon, dass der Beschwerdeführer zur Bezahlung solcher Steuern angehalten
wurde. Vielmehr ist es einzig und allein darauf zurückzuführen, dass er
den ihm kantonal- und bundesverfassungsrechtlich zustehenden Anspruch
auf Rückerstattung der ihm bloss vorläufig an der Quelle abgezogenen
Kirchensteuern nicht binnen der Verjährungsfrist von fünf Jahren geltend
gemacht hat. Die Rüge, der angefochtene Entscheid verletze Art. 49 Abs. 6
BV, ist unbegründet.

    b) Die in Art. 9 EMRK garantierte Glaubens-, Gewissens- und
Religionsfreiheit verpflichtet die Vertragsstaaten, bei der Festsetzung
von Rechten und Pflichten auf die religiösen und moralischen Überzeugungen
der Person Rücksicht zu nehmen. In diesem Bereich hat das Gesetz neutral
zu sein (VELU/ERGEC, La Convention européenne des droits de l'homme,
Bruxelles 1990, N. 720 mit Hinweisen). Art. 9 EMRK ist namentlich verletzt,
wenn eine Person verpflichtet wird, Steuern an eine Religionsgemeinschaft
zu bezahlen, der er nicht angehört oder nicht angehören will (Urteil
des EGMR i.S. Darby vom 23. Oktober 1990, Serie A, Band 187, S. 17
f. Ziff. 45 f.). In der Schweiz ist indessen niemand gehalten, an einer
Religionsgemeinschaft teilzunehmen oder an eine Religionsgemeinschaft
Steuern zu entrichten, der er nicht angehört oder nicht angehören
will. Dieses Recht ist in Art. 49 Abs. 2 und 6 BV ausdrücklich garantiert
und findet als Verfassungsgrundsatz unmittelbar Anwendung (U. HÄFELIN
in Kommentar BV, N. 72 zu Art. 49, mit Hinweisen). Das kantonale
Steuergesetz ist entsprechend ausgestaltet, dass die Kirchensteuer
nur von den Personen erhoben werden darf, die der Konfession angehören
(§ 173 Abs. 1 StG/LU), respektive quellensteuerpflichtige Personen die
Kirchensteuer zurückverlangen können, wenn sie keiner staatlich anerkannten
Kirchgemeinde angehören (§ 62v StG/LU, § 18 QStV). Die Kirchensteuer wird
auch nicht durch das kirchliche Gemeinwesen selbst, sondern durch den Staat
(Kanton) erhoben; dieser und nicht die Kirche erstattet die an der Quelle
erhobene Steuer auf Gesuch hin zurück, wenn die Person keiner Landeskirche
angehört. Das Gesetz gewährleistet auf diese Weise eine neutrale Regelung
und respektiert die Konvention.

    Es verletzt die Konvention auch nicht, die Rückerstattung davon
abhängig zu machen, dass das Gesuch innerhalb einer bestimmten Frist
gestellt wird. Art. 9 EMRK garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit,
die Bestimmung verbietet aber nicht, dass das interne Recht die
Befreiung von der Kirchensteuer oder deren Rückerstattung von der
Einhaltung bestimmter Formvorschriften und Fristen abhängig macht
(vgl. mutatis mutandis Fall Gottesmann gegen Schweiz, Entscheid der
EKMR vom 4. Dezember 1984, DR 40 S. 284/287). Dass der Beschwerdeführer
von dieser Regelung offenbar keine Kenntnis hatte, ändert nichts. Der
Hinweis auf die Möglichkeit der Rückerstattung war auch im Merkblatt
für quellensteuerpflichtige Ausländer und Ausländerinnen der kantonalen
Steuerverwaltung vom Dezember 1990 enthalten. In diesem Zeitpunkt waren
die Rückerstattungsansprüche des Beschwerdeführers für die Steuern
1988-1990 nicht verjährt. Bei der Quellenbesteuerung handelt es sich
um ein vereinfachtes Verfahren, wie es in anderen europäischen Ländern
ebenfalls gebräuchlich ist, das aber die steuerpflichtige Person nicht
von jeglichen Mitwirkungspflichten befreit. Diese ist zwar der Pflicht
enthoben, eine Steuererklärung auszufüllen, doch muss sie auf Verlangen
über ihre Verhältnisse mündlich oder schriftlich Auskunft geben (§
62g StG/LU). Sie muss auch tätig werden und ein Gesuch einreichen (und
sich nötigenfalls vorgängig informieren), wenn sie keiner Landeskirche
angehört und die Kirchensteuer zurückerstattet haben will. Eine solche
Ordnung, die vom Steuerpflichtigen eine minimale Mitwirkung verlangt, ist
indessen zumutbar und verstösst nicht gegen Art. 9 EMRK. Sie ist zudem
sinnvoll, weil auf diese Weise die Steuerverwaltung prüfen kann, ob die
Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind oder nicht. Eine
Konventionsverletzung liegt auch in dieser Hinsicht nicht vor.