Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 I 185



124 I 185

23. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 3. Juni 1998 i.S. M. gegen Konkursmasse des V. und S. sowie
Staatsanwaltschaft und Appellationsgericht (Ausschuss) des Kantons
Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 14 Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II, §
10 Abs. 3 lit. a StPO/BS. Notwendige Verteidigung. Im Grundsatz des fairen
Verfahrens enthaltene richterliche Fürsorge- und Aufklärungspflichten.

    § 10 Abs. 3 lit. a der StPO/BS in der bis Ende 1997 geltenden Fassung
enthält - entgegen BGE 113 Ia 218 - keine gesetzliche Grundlage für eine
notwendige Verteidigung (E. 2).

    Pflicht des Richters, die nicht anwaltlich vertretene Angeklagte
über ihre Verteidigungsrechte aufzuklären und bei einer offenkundig
ungenügenden Verteidigung das zur Gewährleistung einer genügenden
Verteidigung Erforderliche vorzukehren (E. 3 und 4).

Sachverhalt

    Das Strafgericht (Dreiergericht) des Kantons Basel-Stadt verurteilte
M. am 28. November 1996 wegen gewerbsmässigen Diebstahls (Art. 137
Ziff. 1b StGB in der bis Ende 1994 geltenden Fassung) und mehrfacher
Urkundenunterdrückung (Art. 254 Abs. 1 StGB) zu 2 3/4 Jahren Gefängnis. Es
war zur Überzeugung gelangt, dass sie an ihrem Arbeitsplatz als Verkäuferin
in einer Metzgerei, welche zunächst von S., dann von V. geführt wurde,
zwischen dem 2. Januar 1986 und dem 7. April 1993 rund Fr. .......... aus
der Kasse gestohlen hatte.

    Gegen dieses Urteil liess M. durch ihren erbetenen Verteidiger
U. unmittelbar im Anschluss an die Verkündigung des Dispositivs Appellation
erklären. Am 15. August 1997 legte U. das Mandat nieder. Mit Schreiben
vom 10. September 1997 begründete W. M. die Appellation für seine Frau
und vertrat diese auch an der Hauptverhandlung des Appellationsgerichts
vom 17. September 1997. Mit Urteil vom gleichen Tag bestätigte das
Appellationsgericht den erstinstanzlichen Entscheid.

    Am 10. Oktober 1997 reichte J. dem Appellationsgericht eine Vollmacht
zur Vertretung von M. ein und teilte mit, dass er eine Übernahme des
Mandates prüfe.

    Mit Eingabe vom 23. Februar 1998 lässt M. durch J. staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV sowie Art. 6 Ziff. 3 lit. c
und Ziff. 2 EMRK (Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Rechts
auf notwendige Verteidigung, willkürliche Beweiswürdigung) erheben mit
dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichts vom 17. September 1997
aufzuheben, und die Angelegenheit zur Neubeurteilung und Freisprechung
der Beschwerdeführerin an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Im Vernehmlassungsverfahren beantragt der Geschädigte S.,
das angefochtene Urteil sei vollumfänglich zu bestätigen. Das
Appellationsgericht weist den Vorwurf, es habe das Recht von M. auf
notwendige Verteidigung verletzt, zurück und verweist im übrigen auf
sein Urteil. Die Staatsanwaltschaft bestreitet, dass das angefochtene
Urteil auf einer willkürlichen Beweiswürdigung beruhe und beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen. Das Strafgericht verzichtete auf Vernehmlassung,
während sich die Konkursmasse des V. innert Frist nicht vernehmen liess.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerdeführerin wirft dem Appellationsgericht eine
Verletzung ihres von Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK garantierten
Rechts auf notwendige Verteidigung vor, weil es das Appellationsverfahren
durchgeführt habe, ohne dass ihr dabei ein rechtskundiger Vertreter
beigestanden hätte.

    Das Appellationsgericht hält dem in der Vernehmlassung entgegen, es
sei fraglich, ob aus Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK oder Art. 4 BV überhaupt
ein Recht auf notwendige Verteidigung abgeleitet werden könne. Selbst
wenn dem so wäre, habe ein solcher Fall hier aber nicht vorgelegen. In
zweiter Instanz sei Zurückhaltung zu üben, einer Angeklagten gegen ihren
Willen einen Verteidiger beizugeben und ihr unter Umständen die Kosten
dafür aufzudrängen. Das Rechtsmittelverfahren finde ausschliesslich
auf Initiative der Angeklagten statt; wenn es ihr aber frei stehe,
darauf zu verzichten und das angefochtene Urteil zu akzeptieren, müsse
es ihr auch frei stehen, sich nicht durch einen Anwalt, sondern durch
eine nahestehende Person vertreten zu lassen. Das gelte jedenfalls
dann, wenn wie hier, diese aufgrund ihrer Erfahrung in diversen Zivil-
und Sozialversicherungsprozessen in der Lage sei, die Angeklagte zu
vertreten. Als Beleg für die juristische Kompetenz des Ehemannes der
Angeklagten verweist das Appellationsgericht auf zwei EMRK-Zitate,
welche dieser in der Appellationsbegründung machte, und auf einen
Befangenheitsantrag, den er an der Hauptverhandlung stellte.

    b) In BGE 113 Ia 218, welcher den Kanton Basel-Stadt betraf, zog das
Bundesgericht, weil das kantonale Prozessrecht in der damals wie auch für
das vorliegende Verfahren geltenden Fassung das Institut der notwendigen
Verteidigung nicht kannte, dessen Bestimmung über die amtliche Verteidigung
als Grundlage für die notwendige Verteidigung heran.

    § 10 Abs. 3 lit. a der Strafprozessordnung vom 15. Oktober 1931
(StPO/BS; in der Fassung, wie er bis Ende 1997 galt) bestimmt, dass
einem unvermögenden Angeschuldigten auf sein Begehren von Amtes wegen
ein Advokat als Rechtsbeistand beizugeben ist, sofern der gesetzliche
Strafrahmen der ihm vorgeworfenen Taten eine Höchststrafe von 5 Jahren
Zuchthaus überschreitet. Das Bundesgericht kam zum Schluss, die Anwendung
dieser Bestimmung müsse - entgegen dem an sich klaren Wortlaut - im
Sinn einer konventions- und verfassungskonformen Auslegung auf die
notwendige Verteidigung ausgedehnt werden, indem immer dann, wenn die
Voraussetzungen für die amtliche Verteidigung erfüllt seien, auch eine
notwendige Verteidigung Platz greifen müsse (BGE 113 Ia 218 E. 3d).

    c) Gegen die Verankerung des Instituts der notwendigen Verteidigung
in der basel-städtischen StPO durch eine ausdehnende Auslegung von §
10 Abs. 3 lit. a StPO ist in der Lehre berechtigte Kritik laut geworden
(HANS DUBS, Schwerpunkte einer Revision der Basler Strafprozessordnung,
BJM 1989 S. 113 ff., S. 127 Anm. 9; CHRISTIAN HOENEN, Die notwendige
Verteidigung im Basler Strafprozess, BJM 1988, S. 289-292).

    § 10 Abs. 3 lit. a StPO regelt nach seinem klaren Wortlaut und Sinn
ausschliesslich die amtliche Verteidigung. Er wurde in der Praxis nie -
offenbar auch nach dem Ergehen von BGE 113 Ia 218 nicht - anders aufgefasst
(Vernehmlassung des Appellationsgerichts S. 3). Er ist auf die notwendige
Verteidigung auch nicht zugeschnitten. Der abstrakte Strafrahmen ist als
Kriterium dafür, ob eine Verteidigung notwendig ist oder nicht, schon an
sich ungeeignet (vgl. aber das Urteil vom 24. Mai 1991 i.S. Quaranta,
in welchem sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für die
Gewährung der amtlichen Verteidigung am abstrakten Strafrahmen orientierte,
Publications de la Cour européenne des droits de l'homme, EGMR Série A,
vol. 205, Ziff. 33 = VPB 1991 Nr. 52 S. 428 f.; das Bundesgericht ist
dem Gerichtshof in diesem Punkt nicht gefolgt, BGE 120 Ia 43 E. 2b). Die
Annahme eines Strafrahmens von bis zu 5 Jahren Zuchthaus würde zudem
dazu führen, dass sie schon bei relativ leichten Delikten (z.B. kleinerer
Diebstahl, Art. 139 Ziff. 1 StGB) ungeachtet der Umstände des Einzelfalles
(tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, besondere persönliche
Verhältnisse des Angeklagten) Platz greifen müsste. In solchen Fällen sind
die Kantone nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts indessen selbst
nicht verpflichtet, die amtliche Verteidigung zu gewähren (vgl. dazu BGE
122 I E. 3a; 120 Ia 43 mit Hinweisen). Es kann schon aus diesem Grund nicht
daran festgehalten werden, § 10 Abs. 3 lit. a StPO als Grundlage für die
notwendige Verteidigung im basel-städtischen Strafprozess heranzuziehen.

    Der Kanton Basel-Stadt hat im übrigen in der Zwischenzeit seine
Strafprozessordnung revidiert. § 14 der seit dem 1. Januar 1998 geltenden
Fassung sieht nun, wie alle andern kantonalen Strafprozessordnungen, mit
Ausnahme derjenigen des Kantons St. Gallen, ausdrücklich vor, dass ein
Angeschuldigter unter bestimmten Umständen - u.a. wenn eine Freiheitsstrafe
von mehr als 18 Monaten zu erwarten ist - notwendig verteidigt werden muss.

Erwägung 3

    3.- Das Appellationsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen,
dass die basel-städtische Prozessordnung in der auf den vorliegenden
Fall anwendbaren Fassung das Institut der notwendigen Verteidigung nicht
kennt. Das bedeutet indessen noch nicht, dass es der Beschwerdeführerin
zu Recht keinen Verteidiger bestellte.

    a) Aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens, wie er in weitgehend
übereinstimmender Weise von Art. 4 BV und Art. 6 EMRK garantiert wird
(BGE 113 Ia 412 E. 3b S. 421), ergibt sich für den Richter die Pflicht,
die rechtsungewohnten, anwaltlich nicht vertretenen Verfahrensbeteiligten
über ihre Rechte aufzuklären (Niklaus Schmid, Strafprozessrecht,
3. A. Zürich 1997, Rz. 245). Er hat sie insbesondere frühzeitig auf
das Recht hinzuweisen, jederzeit einen Verteidiger beizuziehen (ROBERT
HAUSER/ERHARD SCHWERI, Schweizerisches Strafprozessrecht, 3. Aufl. Zürich
1997, S. 142 Rz. 5). Art. 14 Abs. 3 lit. d des UNO-Paktes II (SR 0.103.2)
schreibt nun ausdrücklich vor, dass eine Angeklagte, die keinen Verteidiger
hat, über ihr Recht zu unterrichten ist, einen solchen beizuziehen. Diese
Aufklärungspflicht bezieht sich auf die Verteidigung allgemein, mithin
sowohl auf die private wie auch auf die amtliche. Dem zuständigen Richter
erwächst aus dem von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 4 BV garantierten
Anspruch auf ein faires Verfahren und Art. 14 Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II
die Pflicht, genügend abzuklären, ob die Angeklagte Kenntnis davon hat,
unter welchen Voraussetzungen sie Anspruch auf welche Verteidigung hat und
wie sie diesen Anspruch geltend machen kann. Gegebenenfalls hat er sie
insbesondere darüber aufzuklären, dass sie Anspruch auf unentgeltliche
amtliche Verteidigung hat; dies kann nur unterbleiben, wenn es von
vornherein als ausgeschlossen erscheint, dass deren Voraussetzungen
erfüllt sein könnten.

    b) Diese richterliche Fürsorgepflicht erschöpft sich nicht darin,
die Angeklagte dort, wo sie gar keinen Verteidiger hat, über ihre
Verteidigungsrechte zu unterrichten.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts muss der amtliche wie der
private Verteidiger die Interessen der Angeschuldigten in ausreichender
und wirksamer Weise wahrnehmen und die Notwendigkeit von prozessualen
Vorkehrungen im Interesse der Angeschuldigten sachgerecht und kritisch
abwägen. Die Angeschuldigte hat Anspruch auf eine sachkundige, engagierte
und effektive Wahrnehmung ihrer Parteiinteressen. Wird von den Behörden
untätig geduldet, dass der Verteidiger seine anwaltlichen Berufs- und
Standespflichten zum Schaden der Angeschuldigten in schwerwiegender Weise
vernachlässigt, kann darin eine Verletzung der in Art. 4 BV und Art. 6
Ziff. 3 EMRK gewährleisteten Verteidigungsrechte liegen (BGE 120 Ia 48 E. 2
mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts und
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie die Literatur). Der
zuständige Richter ist im Falle einer offenkundig ungenügenden Verteidigung
nicht nur verpflichtet, den amtlichen Verteidiger zu ersetzen (BGE 120 Ia
48 E. 2b a.E.). Er hat auch bei einer privaten Verteidigung einzuschreiten
und nach der Aufklärung der Angeschuldigten über ihre Verteidigungsrechte
das zur Gewährleistung einer genügenden Verteidigung Erforderliche
vorzukehren, d.h. z.B. einen amtlichen Verteidiger zu bestellen.

Erwägung 4

    4.- a) Der Ehemann der Beschwerdeführerin war entgegen der Auffassung
des Appellationsgerichts offensichtlich nicht in der Lage, die Interessen
seiner Frau im Verfahren sachgerecht wahrzunehmen. Das ergibt sich schon
aus der von ihm verfassten Appellationsbegründung vom 10. September
1997, die über weite Strecken völlig an der Sache vorbei geht und sich
in teilweise wirren Vorwürfen an verschiedene basel-städtische Behörden
ergeht, ohne dass ein Zusammenhang mit dem vorliegenden Strafverfahren
erkennbar wäre. Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen
Urteil fehlt weitgehend. Es kann somit keine Rede davon sein, dass
die Beschwerdeführerin in ihrem Mann einen Vertreter hatte, der dem
Staatsanwalt in der gerichtlichen Auseinandersetzung auch nur ansatzweise
hätte Paroli bieten können; daran ändert entgegen der Auffassung
des Appellationsgerichts nichts, dass dieser sich - in nicht eben
folgerichtiger Weise - auf die EMRK berief und einen Befangenheitsantrag
stellte. Das war dem Ehemann der Beschwerdeführerin offenbar auch selber
bewusst, bezeichnete er sich doch in der Appellationsbegründung als bloss
"vorläufigen Vertreter", und an der Hauptverhandlung führte er aus,
er habe keinen Anwalt, daher vertrete er seine Frau, soweit er es könne.

    Die Auffassung des Appellationsgerichts, der Ehemann
der Beschwerdeführerin sei fachlich ausreichend qualifiziert
gewesen, um sie im Appellationsverfahren zu vertreten, ist daher kaum
nachvollziehbar. Es kommt hinzu, dass der Ehemann selber im Zusammenhang
mit den der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Diebstählen der Hehlerei
verdächtigt wurde, das Verfahren gegen ihn dann aber eingestellt
wurde. Das Appellationsgericht geht denn auch in anderem Zusammenhang
von einer beim Ehemann bestehenden Interessenkollision aus. Ein in einer
Interessenkollision stehender Verteidiger kann eine genügende Verteidigung
nach Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK indes nicht gewährleisten
(grundsätzlich zur Unabhängigkeit des Anwaltes: BGE 123 I 193 E. 4).

    b) Angesichts der Schwere der gegen sie erhobenen Vorwürfe hätte
die Beschwerdeführerin nach der Rechtsprechung im Appellationsverfahren
gestützt auf Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK Anspruch auf einen
amtlichen Verteidiger gehabt, wenn sie damals nicht über genügend Mittel
verfügte, um selber einen Privatverteidiger zuzuziehen (vgl. BGE 120 Ia
43 E. 2 mit Hinweisen). Das bestreitet das Appellationsgericht in der
Vernehmlassung mit Recht nicht. Nach seiner Auffassung stand indessen
die Ernennung eines amtlichen Anwalts "nicht zur Diskussion": die
Beschwerdeführerin habe kein Gesuch gestellt, ihr einen amtlichen Anwalt
zu bestellen, obwohl sie um diese Möglichkeit gewusst habe. Ausserdem
habe sie über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um selber einen
privaten Verteidiger beizuziehen.

    c) Dass die Beschwerdeführerin um die Möglichkeit wusste, sich amtlich
verteidigen zu lassen, und dementsprechend bewusst kein entsprechendes
Gesuch stellte, ist indessen eine durch nichts bewiesene Mutmassung
des Appellationsgerichts. Und dass sie über genügend finanzielle
Mittel verfügte, um einen Privatverteidiger beizuziehen, beruht auf
einer in einem anderen Zusammenhang gemachten, sehr unbestimmten
Aussage über ihre "ordentlichen" finanziellen Verhältnisse. Daraus
durfte das Appellationsgericht nicht unbesehen ableiten, dass eine
amtliche Verteidigung schon ausser Betracht fiel, weil sich die
Beschwerdeführerin einen privaten Verteidiger hätte leisten können. Das
erscheint auch zweifelhaft. Ihrer staatsrechtlichen Beschwerde legte sie
jedenfalls eine Bescheinigung ihrer Wohngemeinde über ihre finanziellen
Verhältnisse bei, die belegt, dass das Ehepaar von der AHV-Rente lebt
und die Beschwerdeführerin über kein steuerbares Vermögen verfügt. Die
Gemeinde beantragt denn auch, ihr die unentgeltliche Prozessführung zu
gewähren. Dies spricht dafür, dass im Verfahren vor dem Appellationsgericht
die Voraussetzung der Mittellosigkeit für eine amtliche Verteidigung
erfüllt gewesen wäre.

    d) Wie es sich letztlich damit verhält, kann indessen offen
bleiben. Wie dargelegt, war die Beschwerdeführerin im Appellationsverfahren
durch ihren Ehemann nicht in fachlich ausreichend qualifizierter Weise
verteidigt, und es stand keineswegs fest, dass sie um ihren Anspruch
auf einen unentgeltlichen amtlichen Verteidiger wusste oder dass die
Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Unter diesen Umständen wäre
das Appellationsgericht verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin
über diese Möglichkeit genügend aufzuklären. Indem es das unterliess,
verletzte es ihre verfassungs- und konventionsrechtlich garantierten
Verteidigungsrechte.