Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 IV 274



124 IV 274

46. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. Oktober
1998 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen D. und S.
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 305bis StGB; Geldwäscherei, einfache Einzahlung.

    Durch Geldwäscherei wird der Zugriff der Strafbehörden auf
eine Verbrechensbeute vereitelt. Ermittlungs-, Auffindungs-
oder Einziehungsvereitelung sind gleichrangig. Strafbar ist die
Vereitelungshandlung als solche, unbesehen eines Vereitelungserfolgs
(E. 2).

    Der Vortäter kann sein eigener Geldwäscher sein (Bestätigung der
Rechtsprechung; E. 3).

    Eine einfache Einzahlung auf das dem üblichen privaten Zahlungsverkehr
dienende persönliche Bankkonto am Wohnort ist objektiv nicht Geldwäscherei
(E. 4).

Sachverhalt

    Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 23. Januar 1998 ein
Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 19. Juni 1997. Dabei fand es D.
schuldig der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff.1 Abs. 3-5 BetmG,
teilweise i.V.m. Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG, sowie der mehrfachen
Übertretung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG; es bestrafte ihn mit 12 Monaten
Gefängnis bedingt. Es fand S. schuldig der Widerhandlung gegen Art. 19
Ziff. 1 Abs. 3-5 i.V.m. Ziff. 2 lit. b BetmG sowie der mehrfachen
Übertretung von Art. 19a Ziff. 1 BetmG; es bestrafte sie mit 8 Monaten
Gefängnis bedingt. Es fand beide Angeklagten der Geldwäscherei nicht
schuldig und sprach sie von diesem Vorwurf frei.

    Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu
neuer Entscheidung (zusätzliche Verurteilung wegen Geldwäscherei) an die
kantonale Behörde zurückzuweisen.

    Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf Gegenbemerkungen.

    Das Bundesgericht weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdegegner habe der
Beschwerdegegnerin vom teilweise mit ihr zusammen erwirtschafteten
Drogenerlös mindestens Fr. 22'000.-- übergeben. Sie habe davon in sechs
Malen insgesamt Fr. 9'400.-- auf ihr bestehendes persönliches Salärkonto
eingezahlt, auf das sie auch ihre übrigen Ein- und Auszahlungen vorgenommen
habe. Etwas anderes als eine einfache Einzahlung von Bargeld auf ihr
Konto sei nicht gemacht worden. Die Einzahlung habe das Auffinden
weder erschwert noch vereitelt. Dieser Sachverhalt unterscheide sich
grundlegend von jenem in BGE 119 IV 242. Die Vorinstanz verneint bei der
Beschwerdegegnerin eine objektive und beim Beschwerdegegner jedenfalls
eine subjektive Tatbestandserfüllung.

    Die Beschwerdeführerin macht zunächst eine widersprüchliche
Beurteilung im Sinne von Art. 277 BStP geltend, weil die Vorinstanz für
das gleiche Geschehen bei der Beschwerdegegnerin den objektiven und beim
Beschwerdegegner den subjektiven Tatbestand verneine, bei diesem aber
offenbar eine Erfüllung des objektiven Tatbestands annehme. Sie verletze
Bundesrecht, weil sie beim Beschwerdegegner den Vorsatz verneine und
die Beschwerdegegnerin bereits mangels objektiver Tatbestandserfüllung
freispreche, ohne aber eine Begehung im Sinne des untauglichen Versuchs
zu prüfen (Art. 23 Abs. 1 StGB). Beide seien der Geldwäscherei schuldig
zu sprechen.

Erwägung 2

    2.- Der Gesetzgeber bezeichnete mit den Handlungen, die geeignet sind,
"die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung" von
Vermögenswerten zu vereiteln, die drei gleichrangigen Handlungsvarianten
der Geldwäscherei (BGE 119 IV 59 E. 2a mit Hinweis auf AB 1990 S 195;
BBl 1989 II 1081) und beauftragte die Rechtsprechung, Fallgruppen von
Vereitelungshandlungen zu entwickeln (BGE 119 IV 242 E. 1e). Nach
Wortlaut und systematischer Einordnung unter die Straftaten gegen
die Rechtspflege sollen möglichst lückenlos Handlungen des Täters
erfasst werden, die geeignet sind, den Zugriff der Strafbehörden auf
Vermögenswerte verbrecherischer Herkunft zu vereiteln. Die Revision des
Einziehungsrechts zielte zwar auch auf die Bekämpfung der Geldwäscherei
(BBl 1993 III 305), doch betreffen Geldwäscherei und Einziehungsrecht
unterschiedliche Sachverhalte, nämlich die Strafbarkeit des Täters
wegen Geldwäschereihandlungen zum einen und das davon unabhängige und
weitergehende Einziehungsrecht des Staates zum andern.

    Durch Geldwäscherei wird der Zugriff der Strafbehörden auf eine
Verbrechensbeute vereitelt. Strafbar ist die Vereitelungshandlung als
solche, unbesehen eines Vereitelungserfolgs. Die bisher publizierten
Fälle betrafen (mit der Ausnahme von BGE 120 IV 323) aus verbrecherischem
Drogenhandel herrührende Gelder, nämlich das Verstecken (BGE 119 IV 59; 122
IV 211 E. 2b) und Anlegen (BGE 119 IV 242 E. 1d) sowie das Wechseln (BGE
122 IV 211 E. 2c), jeweils mit dem Ziel, die Spur des Herkommens zu tilgen.

    Zur Fallgruppe der Einzahlungen auf ein Konto wurde bisher nichts
entschieden. Nachfolgend ist eine sogenannte "einfache Einzahlung" von
Drogengeldern auf ein Bankkonto zu beurteilen.

Erwägung 3

    3.- Geldwäschereitauglich sind alle Vermögenswerte, die aus einem
Verbrechen herrühren (BGE 119 IV 242 E. 1b). Auch der Vortäter kann sein
eigener Geldwäscher sein (BGE 120 IV 323 E. 3). Diese Rechtsprechung
wurde im Rahmen des Betäubungsmittelstrafrechts bestätigt, so dass Täter
und Mittäter des verbrecherischen Betäubungsmittelhandels sich unter
den Voraussetzungen von Art. 305bis StGB zusätzlich der Geldwäscherei
schuldig machen können (BGE 122 IV 211 E. 3c). Es fragt sich, ob daran
festzuhalten ist.

    a) In der Literatur ist diese Rechtsprechung nämlich auf
Kritik gestossen (vgl. die Nachweise in BGE 122 IV 211 E. 3a und die
Urteilsanmerkungen von CASSANI, AJP 9/1996 S. 1169, DÉNÉRÉAZ, JdT 145/1997
S. 177, GRABER, AJP 4/1995 S. 515, SCHULTZ, ZBJV 131/1995 S. 845 und
ZBJV 133/1997 S. 391, sowie ACKERMANN, StGB 305bis N. 115 ff., in: Schmid
[Hrsg.], Kommentar Einziehung, organisiertes Verbrechen und Geldwäscherei,
Band I, Zürich 1998; dazu SCHUBARTH, Geldwäscherei - Neuland für das
traditionelle Strafrechtsdenken, FS Günter Bemmann, Baden-Baden 1997,
S. 430; derselbe, Binnenstrafrechtsdogmatik und ihre Grenzen, ZStW 1998
S. 829).

    Die Kritik wird mit einer strukturellen Verwandtschaft der
Geldwäscherei mit Hehlerei und Begünstigung begründet. Geldwäscherei des
Vortäters erscheint danach als Selbstbegünstigung. Die beiden angerufenen
Bestimmungen Art. 160 und 305 StGB sind jedoch anders als Art. 305bis
StGB so formuliert, dass bestraft wird, wer eine Sache, die "ein anderer"
erlangt hat, hehlt bzw. wer "jemanden" begünstigt. ACKERMANN nimmt an,
der sprachliche Unterschied sei unbewusst hineingeschlittert und müsse im
Sinne einer Lückenfüllung praeter legem ausgeebnet werden (aaO, N. 118).
STRATENWERTH kommt zum Ergebnis, Geldwäscherei sei als andere Straftat
im Sinne der Regel anzusehen, dass der Zweck der Selbstbegünstigung sie
nicht zu rechtfertigen vermöge; das befremdliche Ergebnis, dass sich
strafbar macht, wer seine Verbrechensbeute versteckt, sei allein kein
Grund, sich über das Gesetz hinwegzusetzen (Schweizerisches Strafrecht,
Besonderer Teil II, 4. Auflage, Bern 1995, § 54 N. 42).

    b) Die Rechtsprechung, wonach der Vortäter sein eigener Geldwäscher
sein kann, ist zu bestätigen. Der Gesetzestext ist Ausgangspunkt
der Gesetzesanwendung, wobei allerdings auch der klare Wortlaut
auslegungsbedürftig sein kann (BGE 95 IV 68 E. 3a). Gefordert ist die
sachlich richtige Entscheidung aus der ratio legis heraus (BGE 123 II
464 E. 3a). Im insoweit klaren Wortlaut von Art. 305bis StGB weist
nichts auf eine Nichtanwendbarkeit auf den Vortäter hin, und seinem
Sinn und Zweck lässt sich ein Vortäterprivileg nicht entnehmen. Es muss
daher Sache des Gesetzgebers bleiben, allenfalls ein Vortäterprivileg
einzubauen, so dass sich nur noch strafbar macht, wer eine Handlung
vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung [...] von Vermögenswerten zu
vereiteln, die [...] aus einem Verbrechen eines anderen herrühren. Es
erscheint indessen als eine Zielsetzung der Geldwäschereigesetzgebung,
jede Verkehrsfähigkeit von Geldern aus verbrecherischem Drogenhandel
zu unterbinden (BGE 122 IV 211 E. 3b/ee; auch ACKERMANN, aaO, N. 258;
kritisch ARZT, Wechselseitige Abhängigkeit der gesetzlichen Regelung der
Geldwäscherei und der Einziehung, in: TRECHSEL [Hrsg.], Geldwäscherei,
Zürich 1997, S. 29). Mit der Rechtsordnung ist vereinbar, dass diese
Rechtsfolge auch den Vortäter selber trifft. Nach der ratio legis soll
sich Verbrechen nicht lohnen: Unter Strafe gestellt ist daher nicht mehr
wie bis anhin lediglich der kriminelle Erwerbsakt. Vielmehr verbietet der
Geldwäschereitatbestand zum vornherein jegliche Vereitelungshandlungen. Mit
diesem konsequenten Neuansatz in der Verbrechensbekämpfung wird jede
Verfügung über eine Verbrechensbeute in Vereitelungsabsicht (Vorsatz)
und mit Vereitelungseignung tatbestandsmässig; die Beutesicherung wird
bestraft und damit der Genuss der verbotenen Früchte unterbunden.

    c) Auch aus rechtsvergleichender Sicht besteht kein Anlass zu
einer Praxisänderung. Gemäss Art. 6 Ziff. 2 lit. b des Übereinkommens
des Europarats über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und
Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November 1990 (SR 0.311.53)
kann ein Vertragsstaat vorsehen, dass die Straftaten der Geldwäscherei
"nicht auf die Personen Anwendung finden, welche die Haupttat begangen
haben". Damit geht das Übereinkommen von der grundsätzlichen Strafbarkeit
des Vortäters aus. Eine Einschränkung hat der schweizerische Gesetzgeber
in Art. 305bis StGB nicht vorgesehen. Dieser Konzeption ist nunmehr
auch der deutsche Gesetzgeber gefolgt, indem er im entsprechenden §
261 StGB (Geldwäsche) die Einschränkung "eines andern" gestrichen hat
(Bundesgesetzblatt 1998 I Nr. 25 vom 8. Mai 1998, S. 845). Bereits im
amerikanischen Recht fand die Strafnorm auf den Vortäter selber Anwendung
(ARZT, Das schweizerische Geldwäschereiverbot im Lichte amerikanischer
Erfahrungen, ZStrR 106/1989 S. 190).

Erwägung 4

    4.- In der zu beurteilenden Sache fand die Erstinstanz den
Beschwerdegegner und die Beschwerdegegnerin des qualifizierten
bandenmässigen Betäubungsmittelhandels schuldig. Dieser Schuldspruch blieb
vor der Vorinstanz unangefochten und wird von ihr bestätigt. Die Vorinstanz
prüft sodann die Sache unter dem Gesichtspunkt der Geldwäscherei und
spricht mit der Erstinstanz beide Tatbeteiligten von der Anklage der
Geldwäscherei frei, und zwar wie diese deshalb, weil die Beschwerdegegnerin
den objektiven und der Beschwerdegegner jedenfalls den subjektiven
Tatbestand nicht erfüllt habe.

    a) Die Beschwerdegegnerin zahlte neben ihrem Anteil an der
Verbrechensbeute auch dem Beschwerdegegner gehörende Drogengelder auf
ihr Bankkonto ein, auf das sie ebenso ihre übrigen Ein- und Auszahlungen
vorgenommen hatte. Dabei stellt die Vorinstanz fest, dass etwas anderes
als eine einfache Einzahlung von Bargeld auf ein Konto nicht gemacht wurde
und dass die Einzahlung die Einziehung weder erschwert noch vereitelt
habe. Sie folgert aus BGE 119 IV 242, dass "jedenfalls" das blosse
Einzahlen auf ein auf den Namen des Täters lautendes Konto weder zwingend
als Geldwäscherei zu qualifizieren noch diese Qualifikation ausgeschlossen
sei, dass somit jeweils die konkreten Umstände dafür ausschlaggebend
sein dürften, ob bei einer einfachen Einzahlung von Bargeld auf ein
Konto der objektive Tatbestand erfüllt sei. Dieser Rechtsauffassung ist
zuzustimmen. Es fehlen zum einen die von der Beschwerdeführerin geltend
gemachten "Kaschierungshandlungen". Zum andern verletzt die Beurteilung
der Vorinstanz kein Bundesrecht, wonach die einfache Einzahlung auf das
dem üblichen privaten Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto am
Wohnort objektiv nicht Geldwäscherei ist. Die Beschwerdegegnerin hat
deshalb den Tatbestand der Geldwäscherei objektiv nicht erfüllt.

    Demzufolge ist auch eine versuchte Begehung zu verneinen, da sich
ihr Vorsatz auf ein Verhalten bezog, das nach dem Gesagten straflos ist.

    b) Ebensowenig hat der Beschwerdegegner den objektiven Tatbestand der
Geldwäscherei erfüllt, weil nach dem Gesagten die Einzahlung der Gelder
auf das dem üblichen Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto
der Beschwerdegegnerin, der damaligen Gattin des Beschwerdegegners,
den Tatbestand nicht erfüllt und es nach dem massgeblichen
Sachverhalt bezüglich des Beschwerdegegners an den geltend gemachten
"Kaschierungshandlungen" gleichfalls fehlt. Entsprechend fällt auch bei
ihm eine versuchte Geldwäscherei ausser Betracht.

    c) Die vorinstanzliche Gesetzesanwendung ist im Sinne von Art. 277 BStP
nachvollziehbar, wie dies auch die konzise Begründung der Beschwerdeschrift
belegt. Die angefochtene Entscheidung verletzt somit kein Bundesrecht.

Erwägung 5

    5.- (Kostenfolgen)