Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 IV 184



124 IV 184

32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Mai
1998 i.S. G. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 19b BetmG; Vorbereitung des Eigenkonsums, geringfügige Menge.

    Bei der Beurteilung der Geringfügigkeit der Menge steht der
rechtsanwendenden Behörde ein grosser Ermessensspielraum zu. Keine
Ermessensüberschreitung der kantonalen Behörde, welche eine Menge von 11
g Haschisch als nicht mehr geringfügig erachtet hat (E. 2a und 2b).

    Art. 19a Ziff. 1 und 2 BetmG; Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes,
leichter Fall.

    Leichter Fall aufgrund der Umstände verneint bei Konsum von Haschisch
(E. 3b).

Sachverhalt

    G. rauchte am 2. September 1996 in Aarau eine
Haschischzigarette. Überdies war er im Besitz von 11 g Haschisch, das
für den Eigenkonsum bestimmt war.

    Am 3. Dezember 1997 verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Aargau
zweitinstanzlich wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
gemäss Art. 19a Ziff. 1 BetmG zu Fr. 300.-- Busse.

    G. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an
dieses zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Verfahren)

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht
die Anwendung von Art. 19b BetmG abgelehnt. Bei 11 g Haschisch handle es
sich um eine geringfügige Menge im Sinne dieser Bestimmung.

    a) Wer nur den eigenen Konsum vorbereitet, ist nicht strafbar, wenn
es sich um geringfügige Mengen handelt (Art. 19b BetmG).

    Der unbestimmte Begriff der Geringfügigkeit gab während der
parlamentarischen Beratungen Anlass zu ausführlichen Diskussionen. Der
Gesetzgeber räumte hier den rechtsanwendenden Behörden bewusst einen
grossen Ermessensspielraum ein. Als Richtschnur für die Bestimmung der
«geringfügigen Menge» betrachtete man eine Wochenration des jeweiligen
Konsumenten. Nach der Praxis der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt werden
Mengen bis zu ca. 30 g Haschisch als geringfügig betrachtet. Wesentlich
restriktiver ist die Praxis im Kanton Solothurn, wo jene Menge als
geringfügig gilt, die üblicherweise für eine Konsumation ausreicht
(PETER ALBRECHT, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Sonderband
Betäubungsmittelstrafrecht, Bern 1995, Art. 19b N. 8).

    b) Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, reichen 11 g
Haschisch nach den Angaben des Beschwerdeführers aus zur Erstellung
von ca. 44 Hanfzigaretten. Mit Blick darauf hat die Vorinstanz das ihr
zustehende grosse Ermessen nicht überschritten, wenn sie eine geringfügige
Menge verneint hat. Der angefochtene Entscheid verletzt insoweit deshalb
Bundesrecht nicht.

    Damit wird bei Haschisch nicht für die ganze Schweiz eine einheitliche
11-Gramm-Grenze festgelegt. Für eine unterschiedliche kantonale
Rechtsanwendung aufgrund abweichender lokaler Anschauungen kann es gute
Gründe geben. Angesichts des vom Gesetzgeber den rechtsanwendenden
Behörden bewusst eingeräumten grossen Ermessensspielraums greift das
Bundesgericht hier nur mit Zurückhaltung ein, zumal derzeit noch wenig
Zahlenmaterial aus den Kantonen zur Frage der Geringfügigkeit vorhanden
ist.

    c) In dem unveröffentlichten Urteil vom 15. März 1994 in Sachen
Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh. gegen B. hat das
Bundesgericht die Auffassung der damaligen Vorinstanz, die Aufzucht
von 5 Hanfpflanzen falle unter Art. 19b BetmG und sei deshalb straflos,
als zutreffend bezeichnet. Diese 5 Hanfpflanzen dienten jedoch in erster
Linie der Zierde und sollten alsdann an Schafe verfüttert werden. Der
damalige Täter beabsichtigte also nur, gelegentlich von den Blättern zu
rauchen. Aus diesem Grund geht der Einwand des Beschwerdeführers, man
könne aus 5 Hanfpflanzen ein halbes kg Marihuana ernten, weshalb auch der
Besitz von 11 g Haschisch unter Art. 19b BetmG falle, an der Sache vorbei.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer macht überdies geltend, die Vorinstanz habe zu
Unrecht einen leichten Fall im Sinne von Art. 19a Ziff. 2 BetmG verneint.

    a) Wer unbefugt Betäubungsmittel vorsätzlich konsumiert oder wer zum
eigenen Konsum eine Widerhandlung im Sinne von Art. 19 BetmG begeht,
wird mit Haft oder mit Busse bestraft (Art. 19a Ziff. 1 BetmG). In
leichten Fällen kann das Verfahren eingestellt oder von einer Strafe
abgesehen werden; es kann eine Verwarnung ausgesprochen werden (Art. 19a
Ziff. 2 BetmG).

    Der «leichte Fall» ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Bei dessen
Anwendung verfügt der Sachrichter über einen weiten Ermessensspielraum
(BGE 124 IV 44 E. 2a; 106 IV 75 E. 2b). Bei der Beurteilung, ob ein
Fall leicht ist, sind die gesamten objektiven und subjektiven Umstände
des Einzelfalles zu berücksichtigen. Der Richter darf nicht nur auf
ein einziges Element, z.B. auf die Art der Droge, auf die Vorstrafen
des Täters, auf die Umstände, unter denen er gehandelt hat, oder auf
die geringere oder grössere Drogenabhängigkeit, abstellen (BGE 106
IV 75 E. 2c). Bei Konsum von Haschisch ist nicht stets ein leichter
Fall gegeben. Die Annahme eines leichten Falles ist ausgeschlossen,
wenn jemand regelmässig Haschisch konsumiert und nicht die Absicht hat,
sein Verhalten zu ändern (BGE 124 IV 44 E. 2).

    b) Der Beschwerdeführer hat eine Haschischzigarette geraucht. Wäre
dieser Sachverhalt alleine zu beurteilen, so wäre ein leichter
Fall anzunehmen. Das Rauchen der Haschischzigarette steht jedoch im
Zusammenhang mit dem Besitz von 11 g Haschisch, den die Vorinstanz, wie
dargelegt, bestrafen durfte. Im übrigen ist der Beschwerdeführer nach den
verbindlichen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid
(Art. 277bis Abs. 1 BStP) einschlägig vorbestraft. Er konsumiert seit
rund 30 Jahren Betäubungsmittel und ist regelmässiger Haschischkonsument.

    In Anbetracht dieser Umstände hat die Vorinstanz ihr Ermessen nicht
überschritten, wenn sie einen leichten Fall verneint hat. Der angefochtene
Entscheid verletzt daher auch insoweit kein Bundesrecht.

Erwägung 4

    4.- (Strafzumessung)

Erwägung 5

    5.- (Kostenfolgen)