Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 II 529



124 II 529

51. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 2. Oktober 1998 i.S. A. gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV; Gleichstellungsgesetz; Lohngleichheit;
Solothurner Sozialbetreuerin.

    Keine Geschlechtsdiskriminierung durch Höhereinstufung von Männern
mit Führungsfunktion gegenüber einer Frau ohne Führungsfunktion (E. 4).

    Geschlechtsdiskriminierung durch generelle Einstufung der Funktion
"Sozialbetreuer(in)"? Voraussetzungen, damit eine Funktion als
geschlechtsspezifisch betrachtet werden kann (E. 5).

    Gutheissung der Beschwerde wegen ungenügender Feststellung des
Sachverhalts (E. 6).

Sachverhalt

    Im Zuge einer für das ganze Staatspersonal durchgeführten
Besoldungsrevision (Projekt BERESO) erliess der Kantonsrat des Kantons
Solothurn am 17. Mai 1995 eine Verordnung über die Besoldungen
des Staatspersonals sowie der Lehrkräfte an kantonalen Schulen.
Diese Verordnung enthält einen Einreihungsplan für eine Anzahl
von Funktionen. Die Funktion "Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin I"
ist in die Klassen 14-16 eingereiht. Gemäss § 7 der Verordnung reiht
sodann der Regierungsrat auf Vorschlag der Kommission für Besoldungs-
und Personalfragen jede im Einreihungsplan nicht ausdrücklich genannte
Funktion entsprechend ihrem Schwierigkeitsgrad und nach den von ihm
beschlossenen Richtpositionsumschreibungen in eine Lohnklasse ein. Die
Verordnung trat am 1. Januar 1996 in Kraft.

    Im Herbst 1995 wurde den Staatsbediensteten individuell die ab
1. Januar 1996 geltende Einreihung provisorisch mitgeteilt.

    A. arbeitet seit 1985 als Sozialarbeiterin bei der Jugendanwaltschaft
des Kantons Solothurn. Bis Ende 1995 war sie in der alten Lohnklasse
10 eingestuft. Gemäss Mitteilung vom Herbst 1995 wurde sie provisorisch
neu in die Besoldungsklasse 15 eingereiht.

    Mit Beschluss vom 2. Juli 1996 bestätigte der Regierungsrat des
Kantons Solothurn die Einreihung in die Besoldungsklasse 15.

    A. erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Verfügung
betreffend definitive Einreihung in die Lohnklasse 15 aufzuheben und ihre
Funktion in die Lohnklasse 17 einzureihen, eventuell den Entscheid an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie rügt eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1
und 2 BV sowie von Art. 3 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die
Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von
Art. 3 GlG, einerseits indem der Kanton generell die Funktion
"Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin I" nur in die Lohnklassen 14-16 eingereiht
habe, andererseits indem konkret ihre Stelle nur in die Lohnklasse 15
eingereiht worden sei.

    a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 GlG dürfen Arbeitnehmerinnen und  Arbeitnehmer
aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden.
Eine direkte Diskriminierung liegt vor, wenn sich eine Ungleichbehandlung
ausdrücklich auf die Geschlechtszugehörigkeit oder auf ein Kriterium
stützt, das nur von einem der beiden Geschlechter erfüllt werden kann,
und wenn sie sich nicht sachlich rechtfertigen lässt. Eine indirekte
Diskriminierung liegt vor, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im
Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts
gegenüber denjenigen des anderen benachteiligt, ohne dass dies sachlich
begründet wäre (BGE 124 II 409 E. 7 S. 424 f., mit Hinweisen).

    b) Insbesondere haben Mann und Frau Anspruch auf gleichen Lohn
für gleichwertige Arbeit (Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV; Art. 3 Abs. 2
GlG). Eine besoldungsmässige Diskriminierung kann sich sowohl aus der
konkreten Entlöhnung einer bestimmten Person im Vergleich mit Personen
des anderen Geschlechts ergeben als auch aus der generellen Einstufung
bestimmter Funktionen. Auch hier kann die Diskriminierung direkt oder
indirekt sein. Zwar kommt den zuständigen kantonalen Behörden bei
der Ausgestaltung eines Besoldungssystems im öffentlichen Dienst ein
erheblicher Gestaltungsspielraum zu (BGE 123 I 1 E. 6b/c S. 8; 121 I
49 E. 4c S. 53 f.). Das Lohngleichheitsgebot schränkt diesen grossen
Spielraum nicht grundsätzlich ein. Es bedeutet nicht, dass nur noch eine
ganz bestimmte Methode für die Bewertung von Arbeitsplätzen zulässig wäre,
und legt nicht positiv fest, welcher Massstab dabei anzuwenden ist; es
verbietet jedoch die Wahl direkt oder indirekt geschlechtsdiskriminierender
Bewertungskriterien (BGE 124 II 409 E. 9b S. 427; vgl. BGE 123 I 1 E. 6b
S. 8; je mit Hinweisen).

    c) Bezüglich der Entlöhnung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn
diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird (Art. 6 GlG). Es
obliegt alsdann dem Arbeitgeber, diese Vermutung zu widerlegen.

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführerin rügt eine Diskriminierung durch ihre
individuelle Einstufung in die Lohnklasse 15, während die männlichen
Sozialarbeiter in der Bewährungshilfe und in der Strafanstalt Oberschöngrün
in den Klassen 16 bzw. 18 eingereiht seien. Der Kanton bestreitet
nicht, dass die von der Beschwerdeführerin genannten Sozialarbeiter
höher eingestuft sind. Er bringt jedoch vor, einer der Sozialarbeiter
der Bewährungshilfe sei deren Leiter und deshalb in der Klasse 18; der
andere sei Stellvertreter des Leiters und deshalb in der Klasse 16. Die
Sozialarbeiter der Strafanstalt hätten eine grössere psychische Belastung
zu tragen als die Beschwerdeführerin; zudem hätten sie Führungsfunktionen
wahrzunehmen, indem sie während der Wochenend-Pikettdienste über die
ganze Anstalt weisungsberechtigt seien.

    b) Aus den Stellenbeschreibungen der Sozialarbeiter der Bewährungshilfe
geht hervor, dass einer der dortigen Sozialarbeiter, der in die Klasse
18 eingereiht ist, für deren Leitung in fachlicher und organisatorischer
Hinsicht verantwortlich ist. Er hat vier Unterstellte; einer davon ist sein
Stellvertreter und in Klasse 16 eingestuft. Die übrigen Sozialarbeiter
der Bewährungshilfe sind - wie die Beschwerdeführerin - in die Klasse
15 eingestuft. Die beiden in die Klasse 16 eingereihten Sozialarbeiter
der Strafanstalt Oberschöngrün haben während ihrer Pikettdienste die
Gesamtverantwortung für die Anlage, was eine Führungsaufgabe darstellt. Die
Beschwerdeführerin hat demgegenüber gemäss ihrer Stellenbeschreibung keine
Führungsverantwortung. Sie ist in die Jugendanwaltschaft integriert,
die vom Jugendanwalt geleitet wird. Wohl hat sie den Psychologen der
Jugendanwaltschaft während dessen Abwesenheit zu vertreten, doch nimmt
auch dieser keine eigentliche Führungsaufgabe wahr.

    c) Es ist allgemein üblich und mit dem Rechtsgleichheitsgebot
vereinbar, Funktionen mit Führungsverantwortung höher einzustufen als
Funktionen, die im Übrigen vergleichbar sind, jedoch keine Führungsaufgaben
umfassen. Unterschiede in der Führungsfunktion sind ein sachlich haltbares
Kriterium für eine ungleiche Lohneinstufung (nicht publizierte Urteile
des Bundesgerichts vom 8. Juni 1998 i.S. F., E. 2d; vom 6. November
1995 i.S. M., E. 2). Das gilt grundsätzlich auch im Herrschaftsbereich
des Gleichstellungsgesetzes. Mit Führungsfunktion von Männern besetzt
werden, stellt jedenfalls solange keine Diskriminierung dar, als die sich
daraus ergebenden Lohnunterschiede in dem Rahmen liegen, der auch bei
Funktions-unterschieden zwischen Angehörigen des nämlichen Geschlechts
üblich und zulässig ist. Vorliegend beträgt die Differenz gegenüber den
meisten der genannten Sozialarbeiter eine Lohnklasse, gegenüber dem Leiter
der Bewährungshilfe drei Lohnklassen. Diese Unterschiede können mit der
erhöhten Verantwortung sachlich gerechtfertigt werden und bewegen sich
grundsätzlich im Rahmen des Zulässigen. Die Beschwerdeführerin macht
nicht geltend, dass in anderen Bereichen der solothurnischen Verwaltung
die Lohnunterschiede zwischen Stellen mit und ohne Führungsverantwortung
geringer seien.

    d) Es ist somit hinsichtlich der individuellen Einreihung der
Beschwerdeführerin im Vergleich mit den männlichen Sozialarbeitern keine
Diskriminierung glaubhaft gemacht.

Erwägung 5

    5.- a) Die Beschwerdeführerin erblickt eine Diskriminierung in der
generellen Einstufung der Funktion "Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin I"
in die Lohnklassen 14-16. Sie vergleicht diese Einstufung mit derjenigen
der Technischen Sachbearbeiter I, welche in die Klassen 18-22 eingestuft
sind. Es wird nicht geltend gemacht, dieser Unterschied basiere direkt
auf der Geschlechtszugehörigkeit oder auf einem Kriterium, das nur von
einem der beiden Geschlechter erfüllt werden kann. Es kann somit nicht
eine direkte, sondern bloss eine indirekte Diskriminierung zur Diskussion
stehen.

    b) Die Beschwerdeführerin beanstandet die im Rahmen des Projekts
BERESO durchgeführte Funktionsanalyse. Sie beantragte in ihrer Beschwerde
an das Bundesgericht ausdrücklich die Edition der Unterlagen betreffend
Einstufung der Staatsangestellten mit HFS-, HTL- oder HWV-Ausbildung. Der
Kanton hat dem Bundesgericht Botschaft und Entwurf des Regierungsrates
vom 5. April 1995 an den Kantonsrat vorgelegt, worin in groben Zügen das
Verfahren der vereinfachten Funktionsanalyse dargestellt wird. Nicht bei
den Akten befindet sich indessen die eigentliche Funktionsanalyse, aus
welcher offenbar die Bewertung der einzelnen Schlüsselstellen anhand der
in der Botschaft dargestellten Kriterien hervorginge. Das Bundesgericht
ist daher nicht in der Lage, die Funktionsanalyse nachzuvollziehen und
auf allfällige diskriminierende Elemente hin zu überprüfen.

    c) Der Regierungsrat hatte dem Kantonsrat für die Funktion
"Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin I" die Lohnklassen 15-17
vorgeschlagen. Der Kantonsrat übernahm bei den meisten Funktionen
den Vorschlag des Regierungsrates. Bei den Sozialbetreuern I traf er
jedoch einen Minusklassenentscheid und stufte sie in die Klassen 14-16
ein. Dies erfolgte gemäss Angaben des Kantons aufgrund von Quervergleichen
namentlich mit dem Pflegebereich; für diesen ganzen Bereich, in welchem
notorisch ein grosser Anteil von Frauen beschäftigt ist, hatte bereits
der Regierungsrat gegenüber den Ergebnissen der Funktionsanalyse einen
Minusklassenentscheid getroffen. Unter diesen Umständen ist nicht
ausgeschlossen, dass der Minusklassenentscheid bei den Sozialbetreuern
eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt.

    d) Nicht jede unzulässige Ungleichbehandlung verschiedener
Gruppen stellt eine Geschlechterdiskriminierung dar. Vielmehr ist dazu
erforderlich, dass durch die beanstandete Regelung im Ergebnis wesentlich
mehr Angehörige des einen Geschlechts gegenüber denjenigen des andern
benachteiligt werden (vorne E. 3a). Demgemäss liegt nach Lehre und
Rechtsprechung eine besoldungsmässige Geschlechterdiskriminierung nur
vor, wenn zum Nachteil einer geschlechtsspezifisch identifizierten
Arbeit sachlich unbegründete Lohnunterschiede bestehen (BGE 124 II
409 E. 8a S. 425, 436 E. 6a S. 439; ANDREAS C. ALBRECHT, Der Begriff
der gleichwertigen Arbeit im Sinne des Lohngleichheitssatzes «Mann
und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit"
[Art. 4 Abs. 2 BV]. Diss. Basel 1998, S. 159 ff. ELISABETH FREIVOGEL,
in BIGLER-EGGENBERGER/KAUFMANN, Kommentar zum Gleichstellungsgesetz,
Basel 1997, Rz. 115 ff. zu Art. 3 GlG). Ein Lohnunterschied zwischen zwei
typisch weiblich oder zwei typisch männlich identifizierten Tätigkeiten
kann demgegenüber keine geschlechtsbezogene Diskriminierung darstellen
(BGE 124 II 409 E. 8a, 436 E. 6a; BGE 113 Ia 107 E. 4a S. 116; FREIVOGEL,
aaO, Rz. 103 zu Art. 3 GlG). Gleiches gilt im Vergleich zwischen zwei
geschlechtsneutral identifizierten Berufen. In solchen Verhältnissen
finden nur die Schranken von Art. 4 Abs. 1 BV Anwendung.

    Die geschlechtsspezifische Identifizierung der benachteiligten Funktion
ist somit Tatbestandsvoraussetzung, damit eine Geschlechterdiskriminierung
in Frage kommt, und grenzt den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 BV
bzw. Art. 3 GlG von demjenigen des allgemeinen Rechtsgleichheitsgebots
von Art. 4 Abs. 1 BV ab.

    e) Damit Art. 4 Abs. 2 BV bzw. das Gleichstellungsgesetz für die
Beurteilung einer geltend gemachten generellen Ungleichbehandlung überhaupt
Anwendung finden, muss deshalb zunächst geprüft werden, ob die Tätigkeit,
deren Benachteiligung gerügt wird, geschlechtsspezifisch identifiziert
ist. Ob das der Fall ist, kann nicht immer einfach beantwortet werden
und hängt teilweise auch von Wertungen ab (ASTRID EPINEY/NORA REFAEIL,
in: BIGLER-EGGENBERGER/KAUFMANN, aaO, S. 403 Rz. 102; NORA REFAEIL/KARINE
SIEGWART, Das Konzept der mittelbaren Diskriminierung im europäischen und
schweizerischen Recht, in: REFAEIL ET AL, Die Gleichbehandlung von Mann
und Frau im europäischen und schweizerischen Recht. Ausgewählte Fragen,
Bern 1997, S. 5-42, 29). In erster Linie ist jedoch auf das quantitative,
statistische Element abzustellen (Botschaft zum Gleichstellungsgesetz,
BBl 1993 I 1296; ALBRECHT, aaO, S. 96). Der Anteil des einen Geschlechts
in der Gruppe der Benachteiligten muss erheblich höher sein als der
Anteil des andern Geschlechts (BBl 1993 I 1296; ALBRECHT, aaO, S. 96
f.; KATHRIN ARIOLI, Die Rechtsfigur der indirekten Diskriminierung,
AJP 1993 S. 1327-1335, 1330). Ferner kann die geschichtliche Dimension
mitberücksichtigt werden (FREIVOGEL, aaO, Rz. 118 f. zu Art. 3 GlG).

    f) Von welchem statistischen Verhältnis an eine Tätigkeit als
typisch weiblich betrachtet werden kann, gilt in der Literatur als offen
(ARIOLI, aaO, S. 1330; REFAEIL/SIEGWART, aaO, S. 28, mit Hinweisen).
Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, schon ein Verhältnis von 150:100
könnte unter gewissen Voraussetzungen erheblich sein (ALBRECHT, aaO, S.
160). Berufe, in denen drei Fünftel der Beschäftigten weiblich sind,
sind jedoch in der Regel noch nicht oder jedenfalls nicht notwendigerweise
typische Frauenberufe. So werden beispielsweise gesamtschweizerisch heute
rund vier Fünftel der Primarlehrerpatente an Frauen erteilt (Bundesamt
für Statistik, Bildungsabschlüsse 1996, S. 33 f.). Trotzdem gilt der
Primarlehrerberuf nicht als spezifisch weiblich; er wird im Gegenteil
als geschlechtsneutral identifizierter Vergleichsberuf herangezogen
für die Beurteilung, ob typische Frauenberufe wie Kindergärtnerinnen
oder Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen diskriminiert werden
(BGE 124 II 409 E. 8b, 436 E. 6b; FREIVOGEL, aaO, Rz. 115 FN 141
zu Art. 3 GlG). Gewisse Abweichungen von einer durchschnittlichen
Geschlechterverteilung sind normal und unterliegen auch einem zeitlichen
und örtlichen Wechsel. Beispielsweise sind notorisch gerade bei Lehrberufen
die Geschlechteranteile regional unterschiedlich; würde bereits ein
Frauenanteil von 60% genügen, um einen Beruf zu einem typischen Frauenberuf
zu machen, dann wäre der Lehrerberuf in einigen Kantonen typisch weiblich,
in anderen nicht; auch innerhalb eines Kantons wäre der Beruf je nach
Region oder Gemeinde unterschiedlich zu qualifizieren. Die Beurteilung,
ob der Beruf geschlechtsspezifisch identifiziert ist, wäre damit abhängig
davon, welche Grundgesamtheit (Gemeinde, Kanton, Region, Land) betrachtet
wird. Analoges würde für manche andere Berufe gelten. Das Verbot der
Geschlechterdiskriminierung zielt nicht auf derartige lokal und zeitlich
variable Unterschiede ab, die sich innerhalb einer gewissen Abweichung
von Durchschnittswerten bewegen, sondern auf typisch geschlechtsmässig
segmentierte Berufe.

    g) Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen
Gemeinschaft liegt eine mittelbare Diskriminierung nur vor, wenn
"erheblich" oder "wesentlich" oder "prozentual sehr viel mehr" Frauen
als Männer nachteilig betroffen sind (EuGH C-243/95 vom 17. Juni 1998,
Hill, zit. nach Wochenbulletin Nr. 16/98 S. 10 ff.; EuGH C-1/95, Gerster,
Slg. 1997 I-5253, Rn 30; EuGH 170/84, Bilka, Slg. 1986 1607 Rz. 31;
REFAEIL/SIEGWART, aaO, S. 28). Soweit in den bisher entschiedenen
Fällen das entsprechende Verhältnis quantitativ bekannt war, war der
Anteil der von einer Regelung benachteiligten Frauen durchwegs in der
Grössenordnung von ca. 10:1 oder mehr (EuGH 170/84, Bilka, Slg. 1986 1607,
1610: Verhältnis 10:1; EuGH 102/88, Ruzius-Wilbrink, Slg. 1989 4311, 4316:
88%; EuGH 171/88, Rinner-Kühn, Slg. 1989 2734, 2752: 89%; EuGH C-127/92,
Enderby, Slg. 1993 I-5535, 5550: 98 bzw. 99%; EuGH C-400/93, Royal
Copenhagen, Slg. 1995 I-1275, 1298: 155 von 156 Personen; EuGH C-1/95,
Gerster, Slg. 1997 I-5253: 87%; EuGH C-100/95, Kording, Slg. 1997 I-5289:
92,4p%; EuGH C-243/95, Hill: 98 bzw. 99,2%).

    h) Es ist im Lichte dieser Grundsätze zu prüfen, ob Sozialarbeit
bzw. die Funktion "Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin" eine typisch weibliche
Tätigkeit ist.

    aa) Nach der Darstellung des Beschwerdegegners sind in der
kantonalen Verwaltung vier Sozialarbeiter und drei Sozialarbeiterinnen
beschäftigt. Von der beanstandeten Regelung werden somit mehr Männer als
Frauen betroffen. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ist jedoch zu klein,
um abschliessende Folgerungen auf die Geschlechtsbezogenheit der Funktion
zuzulassen.

    bb) Die Beschwerdeführerin bringt vor, der Beruf der Sozialarbeiterin
sei wegen der überwiegend weiblichen Zahl der Absolventinnen als typischer
Frauenberuf zu betrachten. Aus den von ihr eingereichten Unterlagen
geht jedoch einzig hervor, dass im Jahre 1995 rund 77% der an Höheren
Fachschulen für Sozialarbeit Zugelassenen und rund 70% der Abschliessenden
Frauen waren und dass der Frauenanteil unter den Sozialarbeitern im
Jahre 1980 zwei Drittel betrug. Diese wenigen Angaben genügen nicht, um
zuverlässig beurteilen zu können, ob die Funktion "Sozialbetreuer" bzw. die
für diese Funktion erforderliche Berufsausbildung als geschlechtsspezifisch
im dargestellten Sinne betrachtet werden kann.

    cc) Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Tätigkeit der Fürsorgerin
sei aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte als typisch weiblich zu
betrachten. Auch dies kann jedoch aufgrund der Akten nicht als erstellt
betrachtet werden. Es ist auch nicht notorisch. Zwar mag zutreffen, dass
historisch ein erheblicher Teil der unentgeltlichen sozialen Arbeit von
Frauen wahrgenommen wurde. Ob das auch gilt für die berufsmässig ausgeübte
Sozialarbeit, ist jedoch dem Bundesgericht nicht bekannt. Entgegen der
Ansicht der Beschwerdeführerin kann auch nicht generell behauptet werden,
Arbeit im zwischenmenschlichen Bereich sei traditionell eine typisch
weibliche Tätigkeit. Es gibt zahlreiche Berufe, deren Aufgabenschwergewicht
im zwischenmenschlichen Bereich liegt, die aber weder historisch noch
aktuell als typisch weiblich betrachtet werden können (z.B. Pfarrer,
Arzt, Lehrer, Polizist).

Erwägung 6

    6.- a) Gesamthaft kann somit aufgrund der Akten nicht zuverlässig
beurteilt werden, ob die generelle Lohnklasseneinreihung der Sozialbetreuer
I eine geschlechtsbezogene Diskriminierung darstellt. Der Regierungsrat
hat die spezifischen Anforderungen an die Erhebung des Sachverhalts,
die ihm in Gleichstellungsangelegenheiten obliegen (BGE 118 Ia 35
E. 2; 117 Ia 262 E. 4), nicht genügend erfüllt. Insoweit ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde begründet. Aufgrund der Akten kann
allerdings auch nicht festgestellt werden, dass die Lohneinreihung
der Beschwerdeführerin in der Tat diskriminierend sei und - wie im
Hauptbegehren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt - in die
Klasse 17 anzuheben wäre. Die Frage muss vielmehr im Sinne des von der
Beschwerdeführerin gestellten Eventualbegehrens von den kantonalen Behörden
neu beurteilt werden.

    b) Entscheidet das Bundesgericht in der Sache nicht selber, so weist
es diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Art. 114 Abs. 2
OG). Vorinstanz war vorliegend der Regierungsrat. Seit 15. Februar 1997
wäre Vorinstanz indessen das Verwaltungsgericht (Art. 98a OG; vgl. BGE
123 II 231 E. 7). Das Bundesgericht hat in einem analogen, ebenfalls den
Kanton Solothurn betreffenden Fall deshalb den angefochtenen Entscheid
des Regierungsrates nicht aufgehoben, sondern die Sache zur Beurteilung
an das kantonale Verwaltungsgericht überwiesen (nicht publiziertes
Urteil vom 8. Juli 1998 i.S. Sch.). Das rechtfertigte sich deshalb,
weil dort einzig eine individuelle Diskriminierung geltend gemacht wurde,
deren Beurteilung von Sachverhalten im Einzelfall abhing, welche ein
Gericht seiner Natur nach besser abklären kann als eine politische
Behörde. Vorliegend steht indessen die generelle Lohneinreihung
der Funktion "Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin I" zur Diskussion.
Es rechtfertigt sich deshalb, den angefochtenen Entscheid aufzuheben
und die Angelegenheit an den Regierungsrat zurückzuweisen, damit dieser
Gelegenheit erhält, die generelle Funktioneneinreihung unter Würdigung
des gesamten Lohnsystems zu überprüfen. Der Regierungsrat wird dabei zu
beurteilen haben, ob die Funktion "Sozialbetreuer/Sozialbetreuerin I"
im dargestellten Sinne geschlechtsspezifisch ist und bejahendenfalls,
ob sich die gegenüber den technischen und administrativen Sachbearbeitern
I tiefere Lohneinreihung sachlich begründen lässt.