Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 II 398



124 II 398

39. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10.
Juni 1998 i.S. Steiner AG und Denner AG gegen Staatsrat und Kantonsgericht
des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 18 LMG; Art. 15 ff. Rebbaubeschluss. Kantonale
Herkunftsbezeichnung "Goron" für Walliser Wein; Täuschungsverbot für
eine Lebensmittelbezeichnung.

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen kantonale
Entscheide, die sich auf das Lebensmittelrecht und den Rebbaubeschluss
des Bundes sowie auf kantonalrechtliche Vorschriften stützen (E. 1).

    Täuschungsverbot im Sinne von Art. 18 LMG (E. 3).

    Wenn ein Kanton die Verwendung eines Weinnamens an die Einhaltung
bestimmter Qualitätsanforderungen knüpft, kann dieser Name als
traditionelle Bezeichnung, die dem Produkt seinen Ruf gibt, eine
Herkunftsbezeichnung im Sinne von Art. 16 Rebbaubeschluss werden (E. 5).

    Die Bezeichnung "Goron" für Walliser Weine ist eine solche
Herkunftsbezeichnung; ihre Verwendung für nicht aus dem Kanton Wallis
stammende Weine ist eine Täuschung im Sinne von Art. 18 LMG (E. 6).

Sachverhalt

    Die Steiner AG lieferte im Jahre 1994 der Denner AG Rotwein, der wie
folgt etikettiert war:

    1993

    Vin de Romandie

    Goron

    Cépages nobles

    Saint Clovis

    Mis en bouteille par Caves A. Ruedin SA, Cressier

    Der Wein setzt sich unbestrittenerweise zu 25% aus Pinot Noir aus Genf
und Bonvillars sowie zu 75% aus Gamay Romand zusammen. Produktionsgebiete
und Vinifikationsstandorte liegen ausserhalb des Kantons Wallis.

    Der Wein wurde unter anderem in einer Filiale der Denner AG in Visp
verkauft. Der zuständige Lebensmittelinspektor erhob davon ein Muster. Mit
Bericht vom 9. August 1994 beanstandete das Kantonslaboratorium
des Kantons Wallis, der angebotene Wein verstosse gegen Art. 20 des
kantonalen Beschlusses vom 7. Juli 1993 über die Ursprungsbezeichnungen
der Walliser Weine (AOC-Beschluss 93). Auf Einsprache hin verfügte
das Kantonslaboratorium am 22. Dezember 1994, die Bezeichnung "Goron"
für nicht aus Walliser Anbau stammenden Rotwein, insbesondere für den
fraglichen Wein, sei verboten und der Restbestand des Weines müsse vom
Markt zurückgezogen werden.

    Dagegen erhoben die Steiner AG und die Denner AG erfolglos Beschwerde
an das Gesundheitsdepartement und anschliessend an den Staatsrat des
Kantons Wallis. Gegen den abweisenden Entscheid des Staatsrats erhoben
sie Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht des Kantons
Wallis. Dieses erwog mit Urteil vom 25. Oktober 1996, die Bezeichnung
"Goron" für nicht aus dem Wallis stammenden Wein widerspreche der
kantonalen Gesetzgebung über die Ursprungsbezeichnung der Walliser
Weine. Seit Jahrzehnten werde die Bezeichnung "Goron" mit Wein aus dem
Kanton Wallis in Verbindung gebracht. "Goron" sei eine Ursprungsbezeichnung
im Sinne von Art. 17 des Bundesbeschlusses vom 19. Juni 1992 über den
Rebbau (Rebbaubeschluss, nachfolgend RebBB; SR 916.140.1). Die Verwendung
dieser Bezeichnung für nicht aus dem Wallis stammenden Wein sei daher eine
nach Art. 18 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel
und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG; SR 817.0) verbotene
Täuschung. Aus diesen Gründen wies das Kantonsgericht die Beschwerden ab.

    Die Steiner AG und die Denner AG erhoben am 9. Dezember 1996
gemeinsam Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde
an das Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts
vom 25. Oktober 1996 sowie die Verfügungen des Kantonslaboratoriums vom
9. August 1994 und vom 22. Dezember 1994 aufzuheben.

    Der Staatsrat und das Kantonsgericht des Kantons Wallis beantragen
Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht
ein und weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- b) Der angefochtene Entscheid stützt sich auf Art. 18 des LMG
und auf die Art. 15 ff. des RebBB, mithin auf öffentliches Recht des
Bundes. Verfügungen in Anwendung des Lebensmittelgesetzes oder des
Rebbaubeschlusses sind mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar
(BGE 117 Ib 441 E. 1; nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts
vom 27. Oktober 1997 i.S. G., E. 2; vom 21. Juni 1996 i.S. P.,
E. 2; vom 7. November 1995 i.S. E., E. 1d). Daneben stützt sich der
angefochtene Entscheid auch auf Art. 20 in Verbindung mit Art. 5-11 des
AOC-Beschlusses 93. Ob es sich bei kantonalen Vorschriften über den Rebbau
um unselbständiges Ausführungsrecht zum Bundesrecht oder um selbständiges
kantonales Recht handelt, ist nicht generell, sondern in Bezug auf die
gerügten Rechtsverletzungen zu prüfen (nicht publizierte Urteile des
Bundesgerichts vom 15. Januar 1998 i.S. C., E. 2b, und vom 7. November
1995 i.S. E., E. 1b).

    c) Der AOC-Beschluss 93 beschränkt im Ergebnis die Verwendung
der Bezeichnung "Goron" auf Weine, die aus dem Wallis stammen. Das
Kantonsgericht hat deshalb angenommen, dass es eine gemäss Art. 18 LMG
unzulässige Täuschung der Konsumenten darstelle, wenn diese Bezeichnung
auch für nicht aus dem Wallis stammende Weine verwendet wird. Die vom
Kantonsgericht angewendeten kantonalrechtlichen Bestimmungen dienen somit
dazu, den bundesrechtlichen Begriff der Täuschung im Sinne von Art. 18
LMG zu konkretisieren. Ob - wie die Beschwerdeführerinnen vorbringen - der
AOC-Beschluss 93 bundesrechtswidrig ist oder falsch angewendet wurde, hat
somit direkte Auswirkungen auf die Tragweite von Art. 18 LMG. Es besteht
daher ein enger Sachzusammenhang zwischen dem AOC-Beschluss 93 und der zu
beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts, so dass die ganze Sache
im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilen ist. Für die
gleichzeitig eingereichte staatsrechtliche Beschwerde bleibt damit kein
Raum (Art. 84 Abs. 2 OG); es ist darauf nicht einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Die ursprünglich angefochtene Verfügung sowie der
Beschwerdeentscheid des Gesundheitsdepartements ergingen unter der
Herrschaft des alten Lebensmittelgesetzes vom 8. Dezember 1905 (aLMG; BS 4,
459) und der alten Lebensmittelverordnung vom 26. Mai 1936 (aLMV; BS 4,
469). Am 1. Juli 1995 traten das neue Lebensmittelgesetz vom 9. Oktober
1992 sowie die neue Lebensmittelverordnung vom 1. März 1995 (LMV; SR
817.02) in Kraft. Nach diesem Datum ergingen der Beschwerdeentscheid
des Staatsrates sowie das Urteil des Kantonsgerichts. Ob vorliegend die
alte oder - wovon das Kantonsgericht stillschweigend ausgeht - die neue
Lebensmittelgesetzgebung anwendbar ist, kann offen bleiben: Wie sich
aus dem Folgenden ergibt, stimmen die beiden Gesetzgebungen in den hier
relevanten Bestimmungen inhaltlich überein.

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss Art. 18 LMG müssen die angepriesene Beschaffenheit
sowie alle anderen Angaben über ein Lebensmittel den Tatsachen entsprechen
(Abs. 1). Anpreisung, Aufmachung und Verpackung der Lebensmittel dürfen
den Konsumenten nicht täuschen (Abs. 2). Täuschend sind namentlich Angaben
und Aufmachungen, die geeignet sind, beim Konsumenten falsche Vorstellungen
über Herstellung, Zusammensetzung, Beschaffenheit, Produktionsart,
Haltbarkeit, Herkunft, besondere Wirkungen und Wert des Lebensmittels
zu wecken (Abs. 3). Diese Vorschriften werden in den Art. 19 ff. LMV
konkretisiert. Die Art. 372 und 373 LMV enthalten ferner besondere
Bestimmungen über die Sachbezeichnung und Kennzeichnung von Wein.

    Nach Art. 54 Abs. 1 aLMG erliess der Bundesrat die nötigen Vorschriften
zum Schutze der Gesundheit und zur Verhütung von Täuschungen. Gemäss
Art. 15 aLMV waren Bezeichnungen, die zur Täuschung über Natur oder
Herkunft von Lebensmitteln Veranlassung geben können, verboten. Spezifische
Vorschriften über die Bezeichnung von Wein waren in den Art. 336 ff. aLMV
(in der Fassung vom 13. August 1980, AS 1980 1155, und vom 20. Oktober
1982, AS 1982 1966 und 1514) enthalten.

    b) Die Lebensmittelkontrolle erstreckt sich auf die Einhaltung
der gesetzlichen Anforderungen (Art. 27 LMG). Dazu gehört auch das
Täuschungsverbot, und zwar bereits unter der Herrschaft des alten
Lebensmittelgesetzes (nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts vom 6.
Februar 1996 i.S. A., E. 3c; vom 10. März 1995 i.S. D., E. 3; vom 26. April
1991 i.S. K. und S., E. 4c). Täuschend im Sinne dieser Bestimmungen ist
eine Bezeichnung, die geeignet ist, beim durchschnittlichen Publikum
Verwechslungen herbeizuführen (BGE 111 IV 106; 107 IV 200 E. 2d-f); das
trifft insbesondere zu, wenn eine unwahre Herkunftsbezeichnung verwendet
wird (BGE 117 II 192 E. 4b/aa S. 197), so zum Beispiel, wenn durch die
Etikette einer Getränkeflasche tatsachenwidrig der Eindruck erweckt wird,
die zur Herstellung des Getränks verwendeten Früchte stammten aus einer
bestimmten Gegend (BGE 104 IV 140 E. 3b S. 143). Täuschend ist auch,
wenn durch die Bezeichnung wahrheitswidrig der Eindruck erweckt wird, das
Produkt erfülle bestimmte gesetzliche Qualitätsanforderungen (vgl. BGE 115
IV 225 E. 2d/e S. 228 f.). Verlangt wird nicht, dass nachgewiesenermassen
eine gewisse Zahl von Konsumenten getäuscht wurden. Es genügt, wenn die
Bezeichnung objektiv geeignet ist, eine Täuschung herbeizuführen.

    c) Nach Ansicht der Vorinstanz widerspricht die fragliche Etikettierung
den Vorschriften von Art. 20 des AOC-Beschlusses 93, da sie die Bezeichnung
"Goron" enthält, obwohl der Wein nicht aus im Wallis erlaubten und
kultivierten Rebsorten stamme und die von der Walliser Regierung an den
"Goron" gestellten strengen Qualitätsanforderungen nicht oder nur zum
Teil erfülle. Die Beschwerdeführerinnen behaupten nicht, der von ihnen
vertriebene Wein erfülle die Anforderungen, die der AOC-Beschluss 93 an
Wein mit der Bezeichnung "Goron" stellt. Sie bringen jedoch vor, dieser
Beschluss widerspreche dem eidgenössischen Rebbaubeschluss, soweit er
die Bezeichnung "Goron" für im Wallis produzierten Wein monopolisieren
wolle. Dies ist nachfolgend zu untersuchen.

Erwägung 4

    4.- a) Gemäss Art. 14 und 15 des Rebbaubeschlusses werden die
Traubenmoste aufgrund ihres natürlichen Zuckergehalts in drei Kategorien
eingeteilt. Traubenmost der Kategorie 1 kann zur Herstellung von Weinen
mit Ursprungsbezeichnung verwendet werden. Der natürliche Zuckergehalt muss
(für rote Gewächse) mindestens 15,8% Brix betragen. Ursprungsbezeichnungen
werden in Art. 17 RebBB umschrieben. Most der Kategorie 2 kann zur
Herstellung von Weinen mit Herkunftsbezeichnung verwendet werden; sein
Zuckergehalt muss mindestens 15,2% Brix betragen. Art. 16 RebBB umschreibt
den Begriff der Herkunftsbezeichnung. Most der Kategorie 3 kann nur
zu Weinen ohne Ursprungs- oder Herkunftsbezeichnung verarbeitet werden
(Art. 14 Abs. 1 lit. c RebBB). Gemäss Art. 20 Abs. 1 RebBB setzen die
Kantone für Moste der Kategorie 1 einen Höchstertrag pro Flächeneinheit
fest. Dieser darf für rote Gewächse nicht höher liegen als 1,2 kg/m2 oder
0,96 l/m2.

    b) Der AOC-Beschluss 93 übernimmt die vom Bundesrecht vorgegebene
Unterteilung der Weine in drei Kategorien. Er legt jedoch in Art. 5 für
Weine der Kategorie I und II höhere Mindestzuckergehalte fest als das
Bundesrecht, nämlich für Rotweine der Kategorie I 19,4 bis 20,0% Brix und
für Rotweine der Kategorie II 17,2% Brix. In den Art. 6 und 8 AOC-Beschluss
93 wird ein Höchstertrag von 1,2 kg/m2 für Rotweine der Kategorie I und
von 1,6 kg/m2 für Weine der Kategorie II festgelegt. Gemäss Art. 20 des
AOC-Beschlusses 93 können Rotweine der Kategorie II, die aus im Wallis
erlaubten und kultivierten Rebsorten stammen, unter der Bezeichnung "Goron"
in den Handel gebracht werden; sie müssen den Anforderungen der Art. 5-11
des AOC-Beschlusses 93 entsprechen.

    c) Der Staatsrat ist in seinem Entscheid vom 20. Dezember 1995 davon
ausgegangen, die Bezeichnung "Goron" sei eine Herkunftsbezeichnung im
Sinne von Art. 16 RebBB und dürfe daher nur für Weine aus Trauben verwendet
werden, die im entsprechenden Gebiet gewachsen seien. Demgegenüber vertrat
das Kantonsgericht die Ansicht, der "Goron" erfülle die Anforderungen der
bundesrechtlichen Kategorie 1 und sei im AOC-Beschluss 93 irrtümlich der
Kategorie II zugeordnet worden. Die Bezeichnung "Goron" könne daher als
Ursprungsbezeichnung im Sinne von Art. 17 RebBB gelten.

    d) Es trifft zu, dass Wein, der bezüglich des Zuckergehalts die
Walliser Anforderungen der Kategorie II erfüllt, nach Bundesrecht in
die Kategorie 1 eingestuft werden könnte. Eine solche Einstufung hätte
jedoch zur Folge, dass die Mengenbegrenzungen gemäss Art. 20 Abs. 1
RebBB beachtet werden müssten. Der AOC-Beschluss 93 erlaubt indessen
für die Kategorie II höhere Mengen als nach Bundesrecht für Kategorie
1 zulässig wäre. Die Auffassung des Kantonsgerichts hätte daher zur
Folge, dass die vom Staatsrat für den Goron festgelegte Mengenbegrenzung
bundesrechtswidrig wäre. Da nicht davon auszugehen ist, dass der Staatsrat
mit dem AOC-Beschluss 93 bundesrechtswidrig legiferieren wollte, ist
entgegen dem Kantonsgericht und in Übereinstimmung mit dem Staatsrat
davon auszugehen, dass der als "Goron" bezeichnete Wein in die Kategorie
II einzustufen ist.

    e) Weine der Kategorie II können nicht mit einer Ursprungsbezeichnung
(Art. 17 RebBB), wohl aber mit einer Herkunftsbezeichnung (Art. 16 RebBB)
versehen werden. Damit wird die Rüge gegenstandslos, das Kantonsgericht
habe das kantonale Recht willkürlich ausgelegt, indem es die Bezeichnung
"Goron" als Ursprungsbezeichnung betrachtet habe. Die Beschwerdeführerinnen
sind jedoch der Ansicht, die Verwendung einer Herkunftsbezeichnung könne
nicht den Weinproduzenten eines Kantons vorbehalten werden, sondern stehe
auch Produzenten anderer Kantone offen; überhaupt bestehe für kantonale
Vorschriften ein Spielraum nur im Rahmen der Kategorie 1, nicht aber der
Kategorie 2. Das ist im folgenden zu prüfen.

Erwägung 5

    5.- b) Art. 16 RebBB lautet wie folgt:

    1Als Herkunftsbezeichnung dient der Name des Landes, der Name eines

    Landesteiles oder eine traditionelle Bezeichnung, die einem Traubenmost
   oder Wein seinen Ruf geben.

    2Die Herkunftsbezeichnung darf nur für Produkte von Trauben verwendet
   werden, die im entsprechenden Gebiet gewachsen sind.

    Aus diesem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig, dass
Herkunftsangaben für das Gebiet nur eines Kantons unzulässig wären. Die
Beschwerdeführerinnen stützen sich zur Begründung ihrer Auffassung auf die
Botschaft zum Rebbaubeschluss, wonach "Bezeichnungen, die einen ganzen
Kanton oder Teile davon umfassen, nicht als Herkunft verwendbar" seien
(BBl 1992 I 482). Allerdings wird in der Botschaft weiter ausgeführt,
dass die Erfordernisse für die Verwendung einer Herkunftsbezeichnung
dann erfüllt seien, wenn das Publikum beim Lesen der Bezeichnung in der
Lage sei, sich gewisse Vorstellungen über die qualitativen Eigenschaften
des Produkts zu machen (ebenda). Das schliesst eine kantonale Begrenzung
jedenfalls nicht zwingend aus.

    Auch wenn der Begriff "Landesteil" im Sinne von Art. 16 RebBB eher eine
Bezeichnung wie "Westschweiz" oder "Ostschweiz" als einen Kanton meint,
ist zu beachten, dass gemäss Art. 16 RebBB nicht nur Landesteilnamen,
sondern auch traditionelle Bezeichnungen, die dem Produkt seinen Ruf geben,
als Herkunftsbezeichnung gelten. Es kann durchaus sein, dass sich gewisse
Vorstellungen im Publikum auf ein Produkt beziehen, welches spezifisch mit
einem bestimmten Kanton verbunden ist. Das ist insbesondere dann der Fall,
wenn ein Kanton im Rahmen seiner (originären oder vom Bund delegierten)
Rechtsetzungszuständigkeit bestimmte Qualitätsanforderungen aufstellt,
ihre Einhaltung kontrolliert und die Verwendung einer bestimmten
Bezeichnung an die Erfüllung dieser Anforderungen knüpft. In solchen
Fällen wird die Bezeichnung regelmässig mit Produkten aus dem betreffenden
Kanton in Verbindung gebracht werden, weil nur dort eine entsprechende
Qualitätsanforderung und -kontrolle besteht. Die Bezeichnung kann so eine
"traditionelle Bezeichnung" im Sinne von Art. 16 RebBB werden und damit als
Herkunftsbezeichnung gelten. Die Verwendung der entsprechenden Bezeichnung
für ein Produkt, welches nicht diese kantonalrechtlichen Anforderungen
erfüllt, kann dann täuschend im lebensmittelrechtlichen Sinne sein.

    c) Das Bundesgericht hat wiederholt entschieden, dass es den
Kantonen sowohl im Lichte von Art. 31 BV als auch von Art. 2 ÜbBest BV
offensteht, Qualitätsanforderungen für Weine festzulegen, die in ihrem
Gebiet hergestellt werden, und die Verwendung bestimmter Bezeichnungen
solchen Weinen vorzubehalten (BGE 120 Ia 67 E. 2b S. 71, 74 E. 4/5,
123 E. 2b; 109 Ia 116 E. 4). Der Rebbaubeschluss hat daran nichts
geändert; er sieht vielmehr in seinem Art. 20 Abs. 2 ausdrücklich vor,
dass die Kantone für ihr Gebiet eine alle Kategorien (das heisst auch die
Kategorie 2) umfassende Ertragsbegrenzung vorschreiben können, welche
Massnahme der Vermeidung von Überproduktionen, zugleich aber auch der
Qualitätsverbesserung dient (BBl 1992 I 471 f., 477 f.; vgl. BGE 120 Ia
67 E. 2b S. 71, 123 E. 2b S. 126). Die Ansicht der Beschwerdeführerinnen,
wonach im Bereich der Kategorie 2 keine kantonalen Vorschriften zulässig
seien, trifft jedenfalls in dieser allgemeinen Form nicht zu.

    Ist es zulässig, dass ein Kanton die Verwendung einer bestimmten
Bezeichnung für einen derart mengen- und qualitätsmässig kontrollierten
Wein regelt, so muss es ihm offenstehen, diese Bezeichnung auf den aus
seinem Gebiet stammenden und von ihm kontrollierten Wein zu beschränken, da
sonst die kantonalen Vorschriften ohne weiteres unterlaufen werden könnten.

    d) Dieses Resultat steht auch im Einklang mit dem Lebensmittelrecht:
Nach Art. 337 Abs. 5 aLMV (in der Fassung vom 13. August 1980) konnten die
Kantone für alle oder bestimmte Weine ihres Gebietes die Verwendung einer
Sammelbezeichnung erlauben. Der unzutreffende Gebrauch einer solchen
Sammelbezeichnung unterlag ausdrücklich dem Täuschungsverbot gemäss
Art. 336 Abs. 1 aLMV (in der Fassung vom 20. Oktober 1982). Die neue
Lebensmittelverordnung übernimmt in ihrem Art. 367 die vom Rebbaubeschluss
vorgenommene Einteilung in drei Kategorien. Gemäss Art. 372 Abs. 2 LMV
muss Wein der Kategorie 2 die Sachbezeichnung "Tafelwein" tragen. Als
Sachbezeichnung zulässig ist jedoch auch "Landwein", ergänzt durch
die Angabe der geographischen Herkunft, wenn die Traubenproduktion
einer Mengenbeschränkung nach dem Bundesbeschluss über den Rebbau
unterstellt ist. Da solche Mengenbeschränkungen in erster Linie durch
die Kantone festgelegt werden (Art. 20 Abs. 2 RebBB), kann sich insoweit
die "geographische Herkunft" nicht auf einen ganzen, mehrere Kantone
umfassenden Landesteil beziehen, sondern muss sich zwangsläufig auf einen
Kanton oder einen Teil eines Kantons beschränken. Das Lebensmittelrecht
ging und geht somit davon aus, dass auch für Weine der Kategorie 2
Bezeichnungen über die geographische Herkunft zulässig sind, die sich
bloss auf das Gebiet eines Kantons beziehen.

Erwägung 6

    6.- a) Das Kantonsgericht hat eingehend dargelegt, dass der Kanton
Wallis seit rund 40 Jahren die Bezeichnung "Goron" gesetzlich regelt und
nur zulässt für einen Wein, der im Wallis kultiviert wurde und gewisse
Qualitätsanforderungen erfüllt. Es hat ferner unter ausführlicher
Zitierung önologischer Literatur ausgeführt, dass alle am Weinmarkt
Beteiligten den "Goron" als typischen Walliser Wein betrachten. Dabei
handelt es sich um Sachverhaltsfeststellungen. Es ist weder von den
Beschwerdeführerinnen geltend gemacht noch sonstwie ersichtlich, dass diese
Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich unrichtig oder unvollständig
wären. Sie sind daher für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 2
OG). Es ist somit in tatbeständlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die
Bezeichnung "Goron" seit nahezu 40 Jahren ausschliesslich für qualitativ
gute Walliser Weine, die aber nicht die Qualität eines Dôle erreichen,
verwendet wurde. Damit kann "Goron" als mit dem Kanton Wallis verbundene
traditionelle Bezeichnung im Sinne von Art. 16 RebBB betrachtet werden,
die gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung nur für Walliser Weine verwendet
werden darf.

    b) Gemäss AOC-Beschluss 93 ist der Mindestzuckergehalt des Goron sogar
höher als der nach Bundesrecht für die Kategorie 1 festgelegte. Um nach
Walliser Recht als Goron zu gelten, muss der Wein also einen deutlich
höheren natürlichen Zuckergehalt aufweisen als ein in anderen Kantonen
hergestellter Wein der Kategorie 2. Nachdem bisher nur im Wallis die
Bezeichnung "Goron" verwendet wurde, erwarten deshalb die Konsumenten,
dass ein Wein, der diese Bezeichnung trägt, auch die entsprechenden
Walliser Anforderungen erfüllt. Die Verwendung der Bezeichnung für Wein,
der diese Anforderungen nicht erfüllt, ist geeignet, beim Konsumenten
falsche Vorstellungen über die Beschaffenheit und Herkunft zu wecken. Sie
ist daher nach Art. 18 LMG bzw. Art. 15 aLMV verboten.

    c) Die Beschwerdeführerinnen bringen vor, auf der Etikette des
fraglichen Weines seien auch die Worte "Vin de Romandie" aufgedruckt sowie
der Hinweis, dass der Wein in Cressier, also im Kanton Neuenburg, abgefüllt
worden sei. Das schliesst eine Täuschung jedoch nicht aus. Der Begriff
"Romandie" bezeichnet die ganze französischsprachige Schweiz. Wenn "Goron"
mit dem Wallis assoziiert wird, liegt es nahe, unter "Vin de Romandie,
Goron" einen Wein zu verstehen, der aus dem Kanton Wallis stammt. Auch
der Hinweis auf die Abfüllung in Cressier schliesst eine Täuschung
nicht aus. Möglicherweise wissen nicht alle Konsumenten, wo Cressier
liegt. Zudem ist es denkbar, dass auch ein im Wallis hergestellter Wein
in einem anderen Kanton in Flaschen abgefüllt wird.