Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 124 III 436



124 III 436

76. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. August 1998 i.S.
Dresdner Forfaitierungs AG gegen Sezione Speciale per l'Assicurazione
del Credito all'Esportazione (SACE) (Berufung) Regeste

    Art. 1 Abs. 1 LugÜ, Art. 12 Ziff. 1 LugÜ, Art. 17 Abs. 3 LugÜ und
Art. 54 Abs. 1 LugÜ; Begriff der "Zivil- und Handelssache"; Anwendbarkeit
des LugÜ in Bezug auf eine vor dessen Inkrafttreten abgeschlossene
Gerichtsstandsvereinbarung.

    Werden in einer Rechtsbeziehung, an der ein Hoheitsträger beteiligt
ist, keine hoheitlichen Befugnisse wahrgenommen, liegt eine "Zivil-
und Handelssache" im Sinn von Art. 1 Abs. 1 LugÜ vor (E. 3).

    Die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, die vor dem
Inkrafttreten des Lugano Übereinkommens abgeschlossen wurde, beurteilt sich
gemäss Art. 54 Abs. 1 LugÜ nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens,
wenn die Klage nach dessen Inkrafttreten erhoben worden ist (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Mit Vertrag vom 3. März 1989 gewährte die Dresdner Forfaitierungs
AG mit Sitz in Zürich (nachfolgend: die Klägerin), der Al Harthy
Corporation mit Sitz in Ruwi (Sultanat Oman) ein Darlehen von US$
15'986'000.--. Dieser Kredit war bestimmt für den Bau des Geschäftszentrums
"Wattayah Center" in Ruwi und diente der Al Harthy Corporation zur
Bezahlung von Waren und Dienstleistungen, die von der Incori Estero
S.p.A mit Sitz in Rom nach Oman geliefert wurden. In der Folge liess
die Klägerin das der Al Harthy Corporation gewährte Darlehen bei der
Sezione Speciale per l'Assicurazione del Credito all'Esportazione (SACE)
(nachfolgend: die Beklagte) gegen politische und kommerzielle Risiken
versichern. Die entsprechende Versicherungspolice datiert vom 22. Februar
1989. In Art. 19 der Police trafen die Parteien eine Rechtswahl zugunsten
des italienischen Rechts und vereinbarten Rom als Gerichtsstand für alle
aus dem Vertragsverhältnis entstehenden Streitigkeiten.

    B.- Am 24. September 1996 erhob die Klägerin gegen die Beklagte
beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage mit dem Antrag, dass die
Beklagte zu verpflichten sei, die Versicherungsleistung zu erbringen,
da sich die Al Harthy Corporation mit der Darlehensrückzahlung in Verzug
befinde; weiter beantragte die Klägerin festzustellen, dass die gesamte
Darlehensforderung einschliesslich Zins versichert sei. Die Beklagte
beschränkte sich in ihrer Klageantwort vom 10. September 1997 auf die Frage
der örtlichen Zuständigkeit und beantragte, auf die Streitsache mangels
örtlicher Zuständigkeit nicht einzutreten. Mit Beschluss vom 2. März 1998
ist das Handelsgericht des Kantons Zürich auf die Klage nicht eingetreten.

    C.- Mit Berufung vom 6. April 1998 beantragt die Klägerin
dem Bundesgericht, den Beschluss des Handelsgerichtes des Kantons
Zürich vom 2. März 1998 aufzuheben, die Unzuständigkeitseinrede der
Beklagten abzuweisen und die Sache zur Fortführung des Verfahrens
ans Handelsgericht zurückzuweisen; eventualiter sei die Sache ans
Handelsgericht zurückzuweisen zur Abweisung der Unzuständigkeitseinrede
und anschliessenden Fortführung des Verfahrens. Die Beklagte beantragt
die Abweisung der Berufung. Das Handelsgericht hat auf Gegenbemerkungen
verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das Handelsgericht ist in seinem Beschluss vom 2. März 1998
zunächst der Auffassung der Klägerin gefolgt, dass im vorliegenden Fall
eine "Zivil- und Handelssache" im Sinn von Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ, SR 0.275.11) vorliege,
so dass die Frage der örtlichen Zuständigkeit nach den Bestimmungen des
LugÜ zu beurteilen sei. In einem zweiten Schritt ist das Handelsgericht
dann aber der Meinung der Beklagten gefolgt, dass eine internationale
Entscheidzuständigkeit der schweizerischen Gerichte nicht gegeben sei,
weil die Parteien in Art. 19 der Versicherungspolice die Zuständigkeit
der Gerichte in Rom vereinbart hätten. Zwar werde in Art. 12 Ziff. 1
in Verbindung mit Art. 17 Abs. 3 LugÜ bestimmt, dass im Bereich von
Versicherungssachen eine Gerichtsstandsklausel dann keine rechtliche
Wirkung entfalte, wenn die Vereinbarung vor der Entstehung einer
Streitigkeit getroffen werde. Da der Versicherungsvertrag und die
darin enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung vor dem Inkrafttreten
des LugÜ abgeschlossen worden seien, rechtfertige es sich in
intertemporalrechtlicher Hinsicht aber nicht, diese Bestimmungen auf
den vorliegenden Fall anzuwenden; das Interesse der Beklagten am Schutz
ihres Vertrauens in den Bestand der - seinerzeit gültig abgeschlossenen -
Gerichtsstandsvereinbarung überwiege das Interesse der Klägerin an der
Anwendbarkeit von Art. 12 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 3 LugÜ.

    b) Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass im vorliegenden Fall
keine "Zivil- und Handelssache" im Sinn von Art. 1 Abs. 1 LugÜ vorliege, so
dass die Frage, ob die in Ziff. 19 der Versicherungspolice abgeschlossene
Gerichtsstandsvereinbarung verbindlich sei, nicht aufgrund der Bestimmungen
des Übereinkommens zu beurteilen sei (vgl. nachfolgend E. 3). Demgegenüber
teilt die Klägerin die Meinung des Handelsgerichtes zur Anwendbarkeit des
LugÜ, wirft ihm aber vor, seine internationale Entscheidzuständigkeit
zu Unrecht verneint zu haben; im Bereich von Versicherungssachen seien
Gerichtsstandsvereinbarungen, die vor der Entstehung einer Streitigkeit
getroffen wurden, gemäss Art. 12 Abs. 1 Ziff. 1 in Verbindung mit
Art. 17 Abs. 3 LugÜ rechtlich ohne Wirkung. Diese Bestimmungen seien
auch auf Gerichtsstandsklauseln anwendbar, die vor dem Inkrafttreten des
LugÜ vereinbart worden seien, weil gemäss Art. 54 Abs. 1 LugÜ allein die
Rechtslage im Zeitpunkt der Klageerhebung massgebend sei. Ungeachtet
dessen, dass die Parteien seinerzeit den Gerichtsstand Rom vereinbart
hätten, sei sie somit berechtigt, die Klage gestützt auf Art. 8 Abs. 1
Ziff. 2 LugÜ an ihrem Sitz in Zürich zu erheben (vgl. nachfolgend E. 4).

    c) Bei der Auslegung des LugÜ ist zu beachten, dass es sich nicht
um nationales Recht, sondern wie beim Europäischen Gerichtsstands- und
Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ) um internationales Einheitsrecht
handelt. Die Auslegung einer Bestimmung erfolgt deshalb vertragsautonom
und nicht anhand eines der berührten staatlichen Rechte. Aufgrund
der Parallelität zwischen dem LugÜ und dem EuGVÜ drängt sich eine
einheitliche Auslegung der beiden Abkommen auf. Aus dem Protokoll Nr. 2
über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens ergibt sich, dass
die vor dem Abschluss des LugÜ ergangenen Entscheide des Europäischen
Gerichtshofes (EuGH) zum EuGVÜ als verbindliche Entscheidungsgrundlage
zu berücksichtigen sind (SR 0.275.11, Protokoll Nr. 2, Präambel). Die
neueren Urteile des EuGH zum EuGVÜ sind insofern von Bedeutung, als es
die Vertragsstaaten des LugÜ für angezeigt halten, dass ihre Gerichte
bei der Auslegung des LugÜ den Grundsätzen gebührend Rechnung tragen,
die sich aus der Rechtsprechung des EuGH zum EuGVÜ ergeben (SR 0.275.11,
Protokoll Nr. 2, Art. 1); nur so kann die gewünschte Parallelität zwischen
beiden Übereinkommen gewährleistet werden (BGE 124 III 188 E. 4b S. 191;
123 III 414 E. 4 S. 421, je mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.- Im Folgenden ist zunächst zu prüfen, ob das Handelsgericht
zutreffend von einer "Zivil- und Handelssache" im Sinn von Art.
1 Abs. 1 LugÜ ausgegangen ist und damit die Frage der Wirksamkeit der
umstrittenen Gerichtsstandsklausel zu Recht aufgrund der Bestimmungen
des LugÜ geprüft hat.

    a) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff der "Zivil-
und Handelssache" im Sinn von Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ - und damit auch die
gleichlautende Bestimmung des LugÜ - weit auszulegen: So ist eine Klage
nur dann vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossen, wenn
eine Rechtsbeziehung zu einem Hoheitsträger zu beurteilen ist, welcher
in Ausübung hoheitlicher Befugnisse gehandelt hat; demgegenüber ist
selbst dann von einer Zivil- und Handelssache auszugehen, wenn Befugnisse
zwar von einem Hoheitsträger wahrgenommen werden, diese aber nicht von
den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden Regeln abweichen
(Rs. C-172/91, Urteil vom 21. April 1993, Slg. 1993, S. 1963 ff., S. 1996
f., Rz. 20 und insbes. 22). Damit erweist sich aber bereits der erste
Einwand der Beklagten als unbegründet, das LugÜ sei schon deshalb nicht
anwendbar, weil sie keine Privatperson, sondern eine juristische Person
des öffentlichen Rechtes mit sozialpolitischen Zielen sei; entscheidend ist
nicht, ob ein Hoheitsträger am Rechtsverhältnis beteiligt ist, sondern ob
es sich um ein Rechtsverhältnis handelt, das auch zwischen Privatpersonen
bestehen könnte.

    b) Damit bleibt noch die Frage zu prüfen, ob die Beklagte in Ausübung
hoheitlicher Befugnisse gehandelt hat. Die Beklagte stellt sich auf den
Standpunkt, dass dem Abschluss der Exportrisikoversicherung zwingend
eine Garantieverfügung des "Comitato di gestione" vorausgehe, so dass
das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der hoheitlichen
Natur dieses Aktes als öffentlichrechtlich zu qualifizieren sei. Dieser
Auffassung kann nicht gefolgt werden. Grundlage des geltend gemachten
Anspruchs ist der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag
sowie die später am 22. Februar 1989 von den Parteien unterzeichnete
Police. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die
vorausgegangene Verfügung bereits ein Rechtsverhältnis zwischen den
Parteien begründet hätte; es ist ihr auch nicht zu entnehmen, dass sie
der Klägerin eröffnet worden wäre. Wenn aber auf das Rechtsverhältnis
abgestellt wird, wie es aus der Police hervorgeht, ist nicht ersichtlich,
inwiefern die Klägerin der Beklagten untergeordnet sein soll. Damit weicht
aber die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien nicht von den im Verhältnis
zwischen Privatpersonen geltenden Regeln ab und ist infolgedessen nicht
als hoheitlich einzustufen; unter diesen Umständen ist irrelevant, dass
ein anderer Versicherer eine solche Versicherung mit Blick auf die Risiken
möglicherweise nicht oder zu anderen Konditionen offerieren würde bzw. dass
die Beklagte ihre Rechtsbeziehung aufgrund eines öffentlichrechtlichen
Gesetzes eingegangen ist.

    c) Aus diesen Gründen ist die Auffassung der Vorinstanz, es liege
eine "Zivil- und Handelssache" im Sinn von Art. 1 Abs. 1 LugÜ vor, nicht
zu beanstanden.

Erwägung 4

    4.- Ist aber die Frage der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung
aufgrund der Bestimmungen des LugÜ zu beurteilen, gilt es im Folgenden zu
prüfen, ob das Übereinkommen aufgrund der Übergangsvorschrift von Art. 54
LugÜ auch dann zur Anwendung gelangt, wenn die Parteien vor Inkrafttreten
des LugÜ für die Schweiz eine Gerichtsstandsvereinbarung abgeschlossen
haben und diese den Zuständigkeitsbestimmungen des Übereinkommens
zuwiderläuft. Nach Art. 8 Abs. 1 Ziff. 2 LugÜ kann nämlich der Versicherer,
der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, u.a. in
einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Bezirks verklagt werden,
in dem der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz hat. Davon kann durch
Vereinbarung u.a. nur dann abgewichen werden, wenn diese nach der
Entstehung der Streitigkeit getroffen wird (Art. 12 Abs. 1 Ziff. 1
LugÜ). Gerichtsstandsvereinbarungen, die diesem Grundsatz zuwiderlaufen,
haben keine rechtliche Wirkung (Art. 17 Abs. 3 LugÜ).

    a) Nach Art. 54 Abs. 1 LugÜ sind die Vorschriften dieses
Übereinkommens auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben worden sind,
nachdem das Übereinkommen im Ursprungsstaat in Kraft getreten ist. Da
das LugÜ für die Schweiz am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist
und die hier zu beurteilende Klage am 24. September 1996 eingereicht
wurde, sind die Zuständigkeitsvorschriften des LugÜ nach der erwähnten
übergangsrechtlichen Regelung anzuwenden. Keine Rolle spielt, dass die
Gerichtsstandsvereinbarung in Ziff. 19 der Versicherungspolice, die
vom 22. Februar 1989 datiert, vor Inkrafttreten des LugÜ abgeschlossen
worden war. In einem Entscheid aus dem Jahr 1979 hat der EuGH die mit dem
Wortlaut des LugÜ übereinstimmende übergangsrechtliche Regelung von Art. 54
Abs. 1 EuGVÜ ohne Einschränkung auch auf Gerichtsstandsvereinbarungen
für anwendbar erklärt, die vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens
abgeschlossen worden sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine
Gerichtsstandsvereinbarung "ihrem Wesen nach eine Zuständigkeitsoption,
die ohne rechtliche Folgen bleibt, solange kein gerichtliches Verfahren
eingeleitet ist, und die erst dann Wirkungen entfaltet, wenn eine Klage
erhoben ist." Wie aus Art. 54 hervorgehe, sei "die einzige notwendige und
gleichzeitig ausreichende Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmungen
des Übereinkommens auf Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten
des Übereinkommens entstandene Rechtsbeziehungen betreffen, dass die
Klage nach diesem Zeitpunkt erhoben worden ist" (Rs. 25/79, Urteil vom
13. November 1979, SANICENTRAL/COLLIN, Slg. 1979, S. 3423 ff., S. 3429
f., Rz. 6). Ob auf eine Gerichtsstandsklausel abgestellt werden kann, die
den zwingenden Zuständigkeitsbestimmungen des LugÜ zuwiderlaufen, hängt
somit gemäss Art. 54 Abs. 1 LugÜ einzig davon ab, ob das Übereinkommen im
Zeitpunkt der Klageerhebung im betreffenden Staat bereits in Kraft getreten
ist. Dass der Zeitpunkt der Klageerhebung das einzige Kriterium für die
Anwendbarkeit des Übereinkommens ist, kommt auch in der Ausnahmeregelung
von Art. 54 Abs. 3 LugÜ zum Ausdruck, wo allein die Zuständigkeit der
Gerichte Englands und Irlands ausdrücklich garantiert wird, wenn die
Parteien in ihrem Vertrag vor dem Inkrafttreten des LugÜ eine Rechtswahl
zugunsten des englischen oder irischen Rechtes getroffen haben. Wortlaut
und -sinn von Art. 54 Abs. 1 LugÜ schliessen es aus, diese Bestimmung mit
Rücksicht auf den Schutz des Vertrauens in den Bestand einer ursprünglich
gültig abgeschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung einschränkend und in
Abwägung der beidseitigen Interessen der Parteien auszulegen.

    b) Aber auch Sinn und Zweck der einschlägigen
Zuständigkeitsbestimmungen gebieten in intertemporalrechtlicher Hinsicht
eine strikte Anwendung von Art. 54 Abs. 1 LugÜ. Dabei ist in Betracht
zu ziehen, dass im LugÜ zum Schutz der (in der Regel) sozial schwächeren
Partei - nämlich zum Schutz des Versicherungsnehmers und Verbrauchers
(Art. 12 Ziff. 1 bzw. Art. 15 Ziff. 1 je in Verbindung mit Art. 17
Abs. 3 LugÜ) sowie zum Schutz des Arbeitnehmers (Art. 17 Abs. 5 LugÜ) -
derogationsfeste Gerichtsstände vorgesehen sind. In der Literatur wird
denn auch die Meinung vertreten, dass die Klageerhebung als zeitliche
Anwendungsvoraussetzung jedenfalls dann einleuchtend sei, wenn die
Prorogation nach nationalem Recht zwar wirksam war, aber gemäss Art. 17
Abs. 3 LugÜ ein für derogationsfest erklärter Gerichtsstand abbedingt
werden sollte (KROPHOLLER, Europäischen Zivilprozessrecht, 5. Auflage,
Heidelberg 1996, N. 4 zu Art. 54 EuGVÜ). Irrelevant ist, dass im konkreten
Fall die Klägerin - vorliegend eine international tätige Bank - nicht
als sozial schwache und insoweit schutzbedürftige Vertragspartei gelten
kann. Vielmehr gelten die Art. 7 ff. LugÜ grundsätzlich uneingeschränkt
auch für internationale Grossversicherungen. Das Übereinkommen
lässt von Art 7 ff. LugÜ abweichende Gerichtsstandsvereinbarungen für
Versicherungsverträge nur in Bezug auf genau umschriebene Risiken im
Bereich des See- und Lufttransportes zu (Art. 12 Ziff. 5 in Verbindung
mit Art. 12a LugÜ; Schlosser, Bericht zum EuGVÜ, ABl. Nr. C 59 vom 5.3.79,
S. 112, Rz. 136; diese Regel gilt auch für das LugÜ, vgl. JENARD/MÖLLER,
Bericht zum LugÜ, ABl. Nr. C 189 vom 28.7.90, S. 70, Rz. 23).

    c) Aus diesen Gründen kann gemäss Art. 17 Abs. 3 in Verbindung
mit Art. 12 LugÜ einer Gerichtsstandsklausel aus dem Jahr 1989 keine
rechtliche Wirkung mehr beigemessen werden, wenn die Klage in einem
Zeitpunkt angehoben wurde, als das LugÜ bereits in Kraft getreten war. Die
aus den erwähnten Bestimmungen ersichtliche Wertung, durch derogationsfeste
Gerichtsstände den Versicherungsnehmer vor Gerichtsstandsvereinbarungen
zu schützen, geht dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes vor.

Erwägung 5

    5.- Insgesamt ist somit festzuhalten, dass die Unzuständigkeitseinrede
der Beklagten entgegen der Auffassung der Vorinstanz unbegründet ist,
so dass die Vorinstanz unter dem Gesichtspunkt der internationalen
Entscheidzuständigkeit hätte auf die Klage eintreten müssen.